Grabstätte Gerson Fehrenbach. Foto Hahn & Stich, 2016

Gerson Fehrenbach (1932-2004)

Atelier Offenbacher Straße Nr. 5

 

Der erste Blick auf die Skulptur macht neugierig. Am Sockel die Inschrift Gerson Fehrenbach,. Bildhauer, 18.2.1932 – 20.11.2004. Ein zweiter Blick auf die Häuserfront hinter der Friedhofsmauer hätte nicht schaden können. Genau gegenüber hatte Gerson Fehrenbach über viele Jahre in der Offenbacher Straße Nr. 5 sein Atelier. Die Grabskulptur ist namenlos, und das, obwohl Robert Musil einst mit dem Vorschlag aufwartete, der Kunst im öffentlichen Raum bewährte Aufschriften zu verpassen, weil Bildhauer, wie es scheint, leider nicht unser Zeitalter des Lärms und der Bewegung verstehen.

 

Gerson Fehrenbach wurde im badischen Villingen geboren. Nach einer Holzbildhauerlehre absolvierte er die Kunstgewerbeschule in Bonndorf. Mit 22 Jahren zog er nach Berlin und studierte von 1954 bis 1960 bei Bildhauer Karl Hartung (1908-1967) an der Hochschule der Künste. 1963 wurde Fehrenbach Assistent von Erich Fritz Reuter (1911-1997), dem Inhaber des Lehrstuhls für Plastisches Gestalten an der Technischen Universität Berlin. Unter dem Titel Plastik IV/63 entstand ein Werk, das nach Aufstellung im Bayerischen Viertel als frühestes öffentliches Denkmal für das zerstörte jüdische Leben in Berlin oder auch Synagogen-Mahnmal bezeichnet wird. Erst 1985 kam eine Erklärung hinzu: Hier stand von 1909-1956 eine Synagoge. Sie wurde während der Reichspogromnacht am 9. November 1938 wegen ihrer Lage in einem Wohnhaus nicht zerstört. Nach der Vertreibung und Vernichtung der jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger durch die Nationalsozialisten verlor sie ihre Funktion und wurde 1956 abgerissen.

 

1964 kam die documenta III, mit der die Frage nach dem Verhältnis zwischen Kunstwerk und Raum aufgeworfen wurde – unter den 361 eingeladenen Künstlern war auch Gerson Fehrenbach – ein äußerst produktiver Bildhauer, der in den Mauerjahren Berlin (West) mit seinen Skulpturen regelrecht möblierte. Nicht uninteressant ist, dass seine Arbeiten damals über das Senatsprogramm Kunst im Stadtraum gefördert wurden, weil der Bonner Finanzier bemüht war, das Leben in der geteilten Stadt auch über die Kunst angenehmer zu machen. Die Künstler profitierten davon. Die meisten Werke dürften in seinem Atelier Offenbacher Straße Nr. 5 entstanden sein. Auf der Webseite www.bildhauerei-in-berlin.de wurden diese ausreichend dokumentiert:

 

Skulptur Große Knospe III/63 (1963) auf dem Reichstagsgelände als Zeichen des Protests gegen die Errichtung der Berliner Mauer.

 

Bronzeplastik Hellas Königsfigur (1966), seit 1992 als „Dauerleihgabe des Künstlers“ im Skulpturenpark des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin in Buch

 

Wannseeplastik (1969) auf dem Gelände des Hahn-Meitner-Instituts in Wannsee als Mahnung und Hinweis auf die verheerende Wirkung der Atomtechnologie

 

Fünf Skulpturen Steinzeichen (1984-1985) für die BUGA 1985. Gerson Fehrenbach: Das mythische der Norddeutschen Landschaft, die Urstromtäler der letzten Eiszeit mit ihren Findlingen, die Stonehenge in England, die Menhire in Nord-Frankreich haben mich angeregt, in diese künstliche Parklandschaft etwas davon einzubringen. So entstanden meine Sternzeichen – eine räumliche, plastische Gruppierung, die vom Menschen eingenommen werden soll, vielleicht nachdenkend, meditierend. Die plastischen Elemente sind aus Carrara-Marmor gehauen.

 

Brunnenanlage (1983) auf der DRK-Wohnanlage für Senioren und Behinderte an der Bundesallee Nr. 33-34: Das oktogonal figurierte Becken wird durch eine niedrige Klinkermauer konturiert. Das Becken, zum Zentrum hin leicht abschüssig und mit einem Abfluss versehen, ist innen mit kleinformatigem Granitpflaster belegt. In die Beckenrandung eingeschoben sind im Westen drei große Sichtbetonstelen und ebenso seitlich und östlich sieben weitere, unterschiedlich hohe, aber allesamt kleinere Sichtbetonstelen. Die drei großen Stelen, etwa 2,15 Meter hoch, stehen nicht in gleichen Abständen zueinander. Die Stelen haben die stark stilisierte und abstrahierte Form von Wasservögeln. Dieser Eindruck wird durch die schnabelartige Formulierung der beiden dreieckigen Kupferbleche verstärkt, die als ‚Verdachung‘ und ‚Tülle‘ die Wasseraustrittsrohre rahmen, die aus jeder Stele in deren Kopfbereich nach innen zum Becken ausgerichtet, herauslugen. Bei aller Abstraktion ist das Thema der Skulptur als ‚Wasservogelfamilie am Wasser‘ zu deuten.

 

Hofgartensäule (1985-1986) in Riehmers Hofgarten

 

Brunnenlandschaft Kranoldplatz (1983-1986). Die Anlage entstand im Rahmen eines Bildhauersymposiums, an dem sich neben Gerson Fehrenbach die Bildhauer Mehmet Aksoy, Justus Chrukin, Peter Fromlowitz, Makoto Fujiwara, Peter Herbrich und Maciej Szankowski beteiligten. Vorgegeben war als gemeinsames Material hellgraugeäderter Bardiglio-Marmor. Die Einzelskulpturen der Bildhauer sollten sich bei aller Individualität zu einem Ganzen zusammenfügen. Fehrenbach schuf eine Skulptur aus vier horizontal und vertikal ausgerichteten Quadern mit erhabenen und vertieften Partien.

 

1984 konnte sich Fehrenbachs Geburtsstadt Villingen, die sich seit 1972 Villingen-Schwenningen nennen muss, entschließen, seine Skulptur Königspaar (1976-1979) zu erwerben. Nun steht sie in einer 1982 entstandenen Bronze-Ausführung vor dem ehemaligen Franziskaner Kloster am Romäusring – der König mit 195 x 53 x 43 cm und die Dame mit 182 x 45 x 36 cm.