Grab von Kurt Hilscher, Abt. 24-22. Foto Hahn & Stich, 2016

Kurt Hilscher (1904-1980)

 

Jean-Claude Hilscher ist der Sohn des Werbedesigners Kurt Hilscher. Er wurde 1931 in Paris geboren, besuchte die Grundschule in der Offenbacher Straße in Friedenau und bestand 1951 das Abitur. Danach studierte er in Berlin und Tübingen Chemie. An der Freien Universität Berlin promovierte er zum Dr. rer. nat., arbeitete 33 Jahre als Chemiker und Forscher bei Schering. Nach seiner Pensionierung begann er 1994 an der FU ein Studium in Kunstgeschichte, das er mit der Magisterarbeit Über Varieté und Zirkus im Werk Kurt Hilschers abschloss. 2009 promovierte er zum Dr. phil. Mit dieser Arbeit stellt Jean-Claude Hilscher seinen Vater als einen Menschen vor, der Werbung zeitlebens als ein Bindeglied zwischen Kunst und Wirtschaft betrachtete, und bestrebt war, den Raum für Kunst, der bei derartigen Auftragsprodukten übrig bleibt, ganz selbstverständlich voll auszufüllen.

 

Die Dissertation von Jean-Claude Hilscher ist zugleich ein mehrere Jahrzehnte umfassendes Zeitdokument zur Gebrauchsgrafik und eine kulturhistorische Zeitreise.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Kurt Hilscher, um 1960. Archiv Jean-Claude Hilscher

Kurt Hilscher wurde 1904 in Dresden geboren. Nach der Schulzeit absolvierte er ab 1922 eine kaufmännische Lehre in der Farbenfabrik Otto Baer Radebeul. 1924 begann er ein Studium an der Kunstgewerbeakademie in Dresden, ging 1926 nach München und 1927 nach Paris, wo er als freier Grafiker in Werbeagenturen arbeitete. 1929 heiratete er die Französin Andree Thomas (1907-2000). 1931 wurde Sohn Jean-Claude geboren. 1932 machte er sich selbständig. Kurt Hilscher erhielt Aufträge von Peugeot, Ford, Dunlop, Mobiloil, Shell, Osram, Nestle und Decca. Die Familie zog vom Vorort in die Avenue Daumesnil am Gare de Lyon.

 

Nach 1933 wurde es für Deutsche in Frankreich schwierig, an Aufträge für Werbeentwürfe zu kommen. 1934 kehrte Kurt Hilscher nach Deutschland zurück. Die Familie bezog eine Wohnung in der Charlottenburger Kastanienallee 29, ab 1935 Südwestkorso 18 in Wilmersdorf. Da er von Paris aus den Kontakt mit deutschen Firmen aufrechterhalten hatte, erhielt er Aufträge. Er arbeitete für die Zeitschriften Jugend und Lustige Blätter. Für die Modezeitschrift Elegante Welt schuf er Titelblätter, für die Filme Sechs Frauen und ein König - Das Privatleben Heinrichs VIII. (1933), Die vier Musketiere (1934) und Die Pompadour (1935) entstanden Plakate. Er fertigte Kalenderillustrationen, Schmuckblatt-Telegramme für die Reichspost, Anzeigen für das Kurbad Elster. Dazu kamen Arbeiten für Operette, Varieté und Zirkus sowie Aufträge der Kosmetikbranche (Leichner, 4711, Elisabeth Arden, L'Oreal, Schwarzlose).

 

In den Kriegsjahren wurde Hilscher für die Truppenbetreuung in Polen eingesetzt. In Krakau entstanden Städteradierungen, die 1943 in Deutsche Künstler sehen das Generalgouvernement ausgestellt wurden. Das Kriegsende erlebte die Familie in Radebeul.

 

In den Wirtschaftswunderjahren sprudelten die Aufträge. Friedrichstadtpalast und Metropoltheater bestellten wieder Plakate und Programmtitelblätter. 1954 übernahm Kurt Hilscher die Werbung für die Berliner Cigaretten- und Tabakfabrik Paicos – die Marken P4, Kent, Lady, American waren präsent – auch die Lichtreklame auf dem Dach des Maison de France am Kurfürstendamm.

 

 

 

Alte Auftraggeber wie die Firmen Leichner, 4711, J. F. Schwarzlose kamen wieder zurück, neue kamen dazu, Nymphenburg (Sekt), AEG, Pfaff (Nähmaschinen), Felina (Damenwäsche), Hormocenta, Guhl (Kosmetik), Lysoform (Hygieneartikel), Hertling (Umzüge). In den 1960er Jahren war Kurt Hilscher überwiegend für die Nord-West-Papierwerke Tigerkraft tätig. Für diese Firma, die sich stolz als Europas größter Hersteller von Tragetaschen bezeichnete, gestaltete er die Eigenwerbung und entwarf für ihre Kunden aus der Lebensmittelindustrie Packungen (Sarotti), Kaffeebeutel, Tragetaschen. Daneben entwarf er für die Musikverlage Apollo, Hohner und Ralph Maria Siegel Notentitelblätter.

 

1978 musste er seine Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen einstellen. Kurt Hilscher, der am Südwestkorso 18 wohnte, verstarb am 31. Oktober 1980 an den Folgen einer Lungenkrebsoperation. Sein Grab befindet sich in der Abt. 24-22.

 

Arbeiten von Kurt Hilscher 1929 bis 1967

Aus dem Archiv von Jean-Claude Hilscher