Dilek Kolat tritt ab
In letzter Zeit ist es ruhig geworden um Dilek Kolat. Zuerst musste sie als Senatorin für Arbeit, Integration und Frauen aufgeben, dann verlor sie ihr Amt als Stellvertreterin des Regierenden Bürgermeisters und wurde schließlich mit dem Senatorenposten für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung abgespeist. Nun wird sie „überraschend“ als SPD-Kreisvorsitzende von Tempelhof-Schöneberg abgelöst.
„SPDerneuern“ nennt sich das. Die heute 51-Jährige wurde 1995 in das Schöneberger Rathaus gewählt. Ab 2001 war sie Mitglied des Abgeordnetenhauses für den Wahlbezirk Tempelhof-Schöneberg, Wahlkreis 3, Friedenau. 2004 wurde sie Kreisvorsitzende der SPD Tempelhof-Schöneberg. Sie eröffnete in der Schmiljanstraße das „Wahlkreisbüro Dilek Kolat“ ein. Das nennt sich inzwischen menschenfreundlicher „Bürgerbüro Dilek Kolat“. Zu den Eigenheiten gehört, dass diese Einrichtung als einziges Berliner „SPD-Bürgerbüro“ die Namen der Mitarbeiter nicht nennt. Bekannt war bisher als „Büroleiterin“ Marijke Höppner (SPD), seit 2008 Mitglied der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) von Tempelhof-Schöneberg. Friedenauer haben dort aber auch schon den Juso-Vorsitzenden Kevin Kühnert gesichtet, obwohl er nach eigenen Angaben im Berliner Abgeordnetenhaus für Melanie Kühnemann arbeitet und obendrein der SPD-Fraktion in der BVV Tempelhof-Schöneberg angehört.
Am 14. April 2018 wird der neue SPD-Kreisvorstand Tempelhof-Schöneberg gewählt. „Alles hat seine Zeit“ lässt Dilek Kolat vorab verkünden. Nach dem Abtritt gibt es zehn Tage später noch einmal den Auftritt „Kolat hört zu“ im noblen „Ristorante Mario“ am Südwestkorso.
Und wie das bei der SPD so üblich ist, liefert sie vorab noch einen Personalvorschlag, der laut Kolat bzw. laut Sprachregelung des Kreisverbandes „Erneuerung und Kontinuität verbindet“. Das soll der 32-jährige Lars Rauchfuß liefern. Er ist Referent in der Senatskanzlei, Chef der SPD-Abteilung Mariendorf und Mitglied der SPD-Fraktion in der BVV, wo er den Vorsitz im allesentscheidenden Hauptausschuss innehat und obendrein noch in den Ausschüssen für Eingaben, Beschwerden, Stadtentwicklung und Wirtschaft wirkt. Doch damit nicht genug. Sein Bruder Jan Rauchfuß, geboren 1986, besorgt den Rest. Er ist Vorsitzender der SPD-Fraktion in der BVV, Mitglied im Hauptausschuss sowie in den Ausschüssen für Schule, Rechnungsprüfung, Geschäftsordnung, Ältestenrat und Bildung, Bibliotheken und Kultur. Damit können die Brüder Einfluss auf mehr als die Hälfte der im Rathaus Schöneberg etablierten Ausschüsse nebst den zu behandelnden Anträgen nehmen.
Vor ihrem weiteren Aufstieg liegen nun erst einmal die Mühen der kommunalpolitischen Ebenen. Kevin Kühnert ist sich da gar nicht sicher, ob „unsere Partei in Zukunft überhaupt noch geile Jobs zu vergeben hat. Wer da nur auf Karriere aus ist, könnte sich ganz schnell in einer toten Partei wiederfinden, wo garantiert niemand mehr Karriere machen wird“. Und doch strebt er laut „Spiegel“ in der Partei nach höherem. Dafür musste er, wie sein Vorbild Klaus Wowereit, jetzt erst einmal klare Kante zeigen. Hatte er vor dem Mitgliederentscheid immer nur von seiner Schöneberger WG gesprochen, outete er sich im März 2018 in einem Interview in der Zeitschrift „Siegessäule“ als homosexuell. Das ist seine private Sache. Die Rauchfuß-Brüder und Kevin Kühnert sollten allerdings schleunigst zur Kenntnis nehmen, dass die Wähler unter „SPDerneuern“ etwas anderes verstehen. Der SPD-Filz in Tempelhof-Schöneberg wuchert weiter.