Gymnasium am Maybachplatz vor der Eröffnung, 1903. Archiv Rüdiger Barasch

Gymnasium am Maybachplatz

Baugeschichte

 

Die Geschichte beginnt mit einem Eklat. Der Friedenauer Lokal-Anzeiger hatte in der Donnerstags-Nummer vom 5. Januar 1899 mitgetheilt, daß der Berliner Magistrat als Bauland für unser Gymnasium das Terrain am Maybachplatz zum Preise von 250 M. für die Ruthe angeboten habe. Für den Gemeindevorsteher Major Roenneberg hatte das Blatt damit Sachen veröffentlicht, die im Interesse der Gemeinde hätten geheim bleiben müssen. Am 7. Januar 1899 erhielt Zeitungsverleger Leo Schultz einen Brief: Wir haben beschlossen, die amtlichen Bekanntmachungen in dem ‚Friedenauer Lokal-Anzeiger‘ vom 10. d. Mts. ab nicht mehr zu veröffentlichen und entziehen Ihrem Blatte damit die Befugniß, sich fernerhin als ‚Amtliches Verkündigungsblatt des Amts- und Gemeinde-Vorstandes von Friedenau‘ zu bezeichnen.

 

 

 

 

Verleger Leo Schultz antwortete unter dem Titel In eigener Sache am 10. Januar 1899: Ich bemerke hierzu, dass mir diese Mittheilung ein dem Herrn Gemeindevorsteher gesellschaftlich nahestehender Herr gemacht hat mit dem Bemerken, dieselbe könne getrost veröffentlicht werden, denn ‚die Sache sei allgemein bekannt‘. Der Friedenauer Lokal-Anzeiger wird nach wie vor ein unparteiisches, unabhängiges, die kommunalen Interessen Friedenaus förderndes Blatt bleiben und eine sachliche Behandlung aller Fragen beibehalten.

 

Im September 1899 war der Vertrag zwischen der Gemeinde Friedenau mit der Stadt Berlin über den Ankauf eines Magistratsgeländes zwischen Maybachplatz und Ringbahntrasse geschlossen, in dem sich die Gemeinde verpflichtet, auf dem Terrain ein Gymnasialgebäude zu errichten. Mit dem Bau des Gymnasiums muss spätestens am 1. Oktober 1900 begonnen werden. Aus der engeren Preisbewerbung, die unter drei in Berlin und seinen Vororten ansässigen Architekten ausgeschrieben war, ist im März 1900 der mit dem Motto ‚Glück auf‘ bezeichnete Entwurf der Regierungsbaumeister Paul Engelmann und Erich Blunck als Sieger hervorgegangen. Es ist den Verfassern gelungen, bei in der Hauptsache dreigeschossiger Anlage einen knapp zusammengehaltenen, praktischen Grundriss mit schöner, geräumiger Flur- und Treppenanlage zu schaffen. Wenn er insbesondere auch das Gepräge eines Gymnasiums nicht ganz so gut trifft, so ist er doch im Allgemeinen als eine gute und recht ansprechende Leistung zu bezeichnen. Die Ausführung des Entwurfes kann als geeignete Grundlage für die Ausführung bezeichnet werden. Gelobt wurde das Äußere, ein ansprechendes Architekturbild, etwas entfernt vom Straßengeräusch, ein großer freier Schulhof, und im Innern die gute Beleuchtung der Klassenräume, die geschickte Verbindung des Haupttreppenhauses mit den stattliche Wandelhallen.

 

Bekannt ist, dass Paul Engelmann aus Dürrenberg an der Saale stammt, 1884/85 als Studierender des Bau- und Maschinenfaches die erste Staatsprüfung ablegte und zum Regierungsbauführer ernannt wurde. Da er sich durch besonders tüchtige Leistungen ausgezeichnet hatte, wurde ihm eine Prämie von 900 Mark zu dem Zwecke einer Studienreise zuerkannt. 1887 veröffentlichte er zusammen mit Regierungsbaumeister Georg Lübke (1859-1924) die Baugeschichte der Klosterkirche in Thalbürgel. 1889 wurde Paul Engelmann zum Regierungsbaumeister im Hochbaufach ernannt. 1905 ist Engelmann im Ressort des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten in den technischen Bureaus der Abteilungen für das Bauwesen tätig, 1907 als Bauinspektor bei der Ministerial-Baukommission in Berlin, 1911 wird er Baurat. Als Autor taucht er 1906 in der Zeitschrift für Bauwesen auf: Das Warenhaus Wertheim an der Leipziger Straße in Berlin.

 

Am 29. Dezember 1900 beschloss die Gemeindevertretung einstimmig, zur erweiterten Ausführung des Gymnasialbaues die Genehmigung zu erteilen. Es wurde hierfür folgender Beschluss gefasst: Die Gemeindevertretung ermächtigt den Gemeindevorstand, die Vorbereitungen zur Aufnahme einer Anleihe im Betrag von 550000 M zu treffen. Der Betrag entspricht den anschlagsmäßigen Summen von 415000 M für das Gymnasialgebäude, 40000 M für die Turnhalle, 8000 M für die Aborte, 24000 M für die Nebenanlagen, 35000 M für die Schulbänke, 8000 M für die Turngeräte, 5000 M für die Bauleitung und 15000 M Architektenhonorar.

 

Zur Grundsteinlegung am 23. April 1901 hob der zukünftige Schulleiter Dr. Busch hervor, dass Paul Engelmann die Bauleitung übernommen hat. Den Bauberichten lässt sich entnehmen, dass sich Paul Engelmann in dem Hin und Her innerhalb der Gemeindevertretung und immer neuen Vorschriften von Provinzial-Schulkollegium und Ministerium auf die Bauleitung konzentrierte und Erich Blunck für die architektonische Gestaltung zuständig war. Zwei Jahre später lud Friedenaus Bürgermeister Bernhard Schnackenburg (1867-1924) für Sonnabend, den 18. April 1903 vormittags 11 Uhr, zur Einweihung des Friedenauer Gymnasiums am Maybachplatz ein. Das Zentralblatt der Bauverwaltung fand in seiner Bausprechung am 27. Juni 1903 lobende Worte: Das Äußere ein ansprechendes Architekturbild, im Innern von besonderem Reiz die stattliche Wandelhalle. Durch geschickte Verbindung des Haupttreppenhauses mit den Wandelhallen haben die Architekten es verstanden, eine prächtige künstlerische Raumwirkung hervorzurufen. Durch ein Zusammenfassen der künstlerischen Mittel ist eine verhältnismäßig reiche Wirkung erzielt worden.

 

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Das neue Gymnasium in Friedenau
Zentralblatt der Bauverwaltung, 27. Juni 1903

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Architekt Erch Blunck am Zeichentisch

Erich Blunck (1872-1950)

 

Erich Blunck besuchte etwa zur selben Zeit wie Heinrich (1871-1950) und Thomas Mann (1875-1955) das Katharineum in Lübeck. Während Thomas Mann (1875-1955) bereits auf dem Progymnasium eine Klasse wiederholen musste, für die drei Klassen der Mittelschule fünf Jahre benötigte und das Institut schließlich als 19-Jähriger nur mit der Mittleren Reife verließ, absolvierten Heinrich Mann (1871-1950) und Erich Blunck die Ausbildung problemlos.

 

Erich Blunck wurde am 18. April 1872 in Heide (Holstein) als Sohn des Baumeisters Carl Heinrich Friedrich Blunck (1847-1929) und seiner Ehefrau Anna Christina geborene Egge geboren. 1874 zog die Familie nach Lübeck in die Catharinenstraße Nr. 1. Der Vater betrieb ein Baugeschäft und schuf als Architekt zwischen 1878 und 1928 eine stattliche Anzahl von Bauten für die Hansestadt.

 

Nach dem Abitur begann Erich Blunck am 6. Mai 1891 eine Maurerlehre. Die Bauhütte der Freie und Hansestadt Lübeck beurkundete am 28. September 1894, dass der Maurerlehrling Erich Blunck bei dem Innungsmeister Carl Blunck (sein Vater) das Maurerhandwerk während 3 Jahre wohl erlernt habe, und am heutigen Tage in Gegenwart der Prüfungskommission und des Vorstandes vom Burschenstande freigesprochen und zum Gesellen erhoben worden ist“.

 

Erich Blunck wollte Architektur studieren. Seine in frühen Jahren entstandenen und im Architekturmuseum der TU Berlin bewahrten Zeichnungsstudien sind bemerkenswert. Da folgen auf die „Schattenprojektionen“, signiert mit E. Blunck, Lübeck, 10.8.1889, I b seine an der Technischen Hochschule Charlottenburg von Prof. Heinrich Strack für das Fach Ornamentzeichnen von Dezember 1891 bis April 1893 abgenommenen Arbeiten. Die Professoren Carl Wilhelm Schäfer (Mittelalter), Friedrich Ohmann (Barock) sowie Johannes Vollmer (Backsteinbau) prägten seinen weiteren Werdegang. Vollmer war es dann auch, der 1895 Bluncks Entwurf zu einer Villa im Verlag Ernst Wasmuth Berlin mit der Anmerkung publizierte: Erich Blunck stud., entwickelt unter Leitung von J. Vollmer“. Nach Abschluss des Hochschulstudiums müsste er nach Erinnerungen der Familie „eine Grand Tour durch das europäische Ausland“ unternommen haben, von der es eine Reihe wunderschöner Landschafts- und Gebäudeskizzen im Familienbesitz gibt.

 

Es blieben ihm sechs Monate Zeit für die Bewerbung beim preußischen Ministerium der öffentlichen Arbeiten, um eine Anstellung in der staatlichen Bauverwaltung Preußens zu erhalten und damit auch sein erstes Staatsexamen abzulegen. Dafür fertigte er 1894/95 den Entwurf zu einem Rathaus und versicherte an Eidesstatt, dass ich diese Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe angefertigt habe. Der Bewerber: Erich Blunck. Die Ausbildung im Staatsbaudienst dauerte mindestens drei Jahre, ohne Besoldung. Dafür wechselte Blunck offenbar in das Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten, das als Kultusministerium für Kirchen, Schulen und Universitäten zuständig war. Zum Ressort zählten auch Akademie der Wissenschaften, Kunstakademien, Museen und Königliche Bibliothek. Er legte das zweite Staatsexamen ab. Am 8. April 1899 wurde aus dem Regierungsbauführer der Regierungsbaumeister Erich Blunck. Danach konnte er zum Bauinspektor und später zum Baurat ernannt werden.

 

Ein langer Beamtenweg, den Blunck so nicht gehen wollte. Dafür stellte er die Weichen, mit dem Entwurf eines Einfamilienhauses für die Ausgabe der Monatskonkurrenz der Architektenzeitschrift sowie mit detaillierten Ansichten, Perspektiven, Grundrissen, Schnitten und Wanddetails, selbst mit Angaben für Lüftung, Heizung und Dachbinderberechnung. Am 13. März 1898 wurde er vom Architektenverein zu Berlin mit dem Schinkel-Preis ausgezeichnet: Von den 30 eingereichten Entwürfen zu einem Stadthause ist Erich Blunck in Berlin durch den Staatspreis und die Denkmünze des Vereins ausgezeichnet worden. Während einer Feierstunde würdigte Baurat Christian Havestadt diese Leistung. Als sich Blunck zur Erwiderung erhoben hatte, um dem allverehrter Lehrer der akademischen Jugend ein Hoch auszubringen, war der 71-Jährige Oberbaurat Friedrich Adler, der Vater des Gedankens der Schinkelwettbewerbe, beim Mahle leider nicht mehr anwesend.

 

Am 25. Mai 1900 gab es erst einmal die Hochzeit von Erich Blunck und Ehefrau Karin geb. Martens. In der Folge kamen drei Töchter und fünf Söhne zur Welt: Erich Philipp Carl (1901, später Landwirt), Jenny (1902, später verheiratete Germelmann), Klaus (1905, später Oberbaurat), Otto (1906), Karin Margarethe (1909, später verheiratete Bramigk), Henning (1911), Jochen (1917-1921) und Christine (1918).

 

Damals hatte die Gemeinde Friedenau mit der Stadt Berlin einen Vertrag über den Ankauf eines Magistratsgeländes zwischen Maybachplatz und Ringbahntrasse geschlossen, in dem sich die Gemeinde verpflichtet, auf dem Terrain ein Gymnasialgebäude zu errichten. Mit dem Bau des Gymnasiums muss spätestens am 1. Oktober 1900 begonnen werden. Aus der engeren Preisbewerbung, die unter drei in Berlin und seinen Vororten ansässigen Architekten ausgeschrieben war, ist im März 1900 der Regierungsbaumeister Paul Engelmann als Sieger hervorgegangen. Zur Mitarbeit an seinem Entwurf hatte der Genannte den Regierungsbaumeister Erich Blunck herangezogen.

 

Die Architekturliteratur hält sich über Paul Engelmann zurück. Bekannt ist, dass er aus Dürrenberg an der Saale stammt, 1884/85 als Studierender des Bau- und Maschinenfaches die erste Staatsprüfung ablegte und damit zum Regierungsbauführer ernannt wurde. Da er sich durch besonders tüchtige Leistungen ausgezeichnet hatte, wurde ihm eine Prämie von 900 Mark zu dem Zwecke einer Studienreise zuerkannt. 1887 veröffentlichte er zusammen mit Regierungsbaumeister Georg Lübke (1859-1924) die Baugeschichte der Klosterkirche in Thalbürgel. 1889 wurde Paul Engelmann zum Regierungsbaumeister im Hochbaufach ernannt.

 

Im Zentralblatt der Bauverwaltung schreibt Herausgeber Otto Sarrazin am 27. Juni 1903 vom gemeinsamen Entwurf der Architekten Landbauinspektor Paul Engelmann und Regierungs-Baumeister Erich Blunck in Berlin. Engelmann ist 1905 im Ressort des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten in den technischen Bureaus der Abteilungen für das Bauwesen tätig, 1907 als Bauinspektor bei der Ministerial-Baukommission in Berlin. 1911 wird er als Baurat erwähnt. Als Autor taucht er 1906 in der Zeitschrift für Bauwesen auf: Das Warenhaus von A. Wertheim an der Leipziger Straße in Berlin, mitgeteilt vom Bauinspektor Engelmann in Berlin. Mehr ist über ihn nicht zu erfahren.

 

Nicht bekannt ist, was zur Zusammenarbeit zwischen beiden geführt hat. Unter Würdigung der später von Erich Blunck geschaffenen Bauten, Landhaus Borsig (1905), Wohnhaus Burgunder Straße (1907), Evangelische Kirche Nikolassee (1909), Hochbauten auf dem Friedhof Heerstraße (1921), und dem Umstand, dass Paul Engelmann als Architekt nach dem Friedenauer Schulbau nicht mehr in Erscheinung trat, könnte davon auszugehen sein, dass Blunck die architektonische Gestaltung übernommen hatte. Bestätig wird das indirekt auch in den Berichten über die Baugeschichte. In dem Hin und Her innerhalb der Gemeindevertretung von Friedenau und der Konfrontation mit den neuen Vorschriften von Provinzial-Schulkollegium und Ministerium war Engelmann vor allem mit Erklärungen beschäftigt.

 

Schließlich stand fest: Für das Preisgericht erreichte der mit dem Motto ‚Glück auf‘ bezeichnete Entwurf der Regierungsbaumeister Paul Engelmann und Erich Blunck in architektonischer Hinsicht die Vorzüge des Konkurrenzentwurfs ‚Campus pacis‘ bei weitem nicht, hinsichtlich des Grundrisses ist er aber diesem letzteren so erheblich überlegen, dass dem Entwurf ‚Glück auf‘ der Preis einstimmig zugesprochen worden ist. Es ist den Verfassern gelungen, bei in der Hauptsache dreigeschossiger Anlage einen knapp zusammengehaltenen, praktischen Grundriss mit schöner, geräumiger Flur- und Treppenanlage zu schaffen. Wenn er insbesondere auch das Gepräge eines Gymnasiums nicht ganz so gut trifft, so ist er doch im Allgemeinen als eine gute und recht ansprechende Leistung zu bezeichnen. Die Ausführung des Entwurfes kann als geeignete Grundlage für die Ausführung bezeichnet werden“.

 

Am 29. Dezember 1900 beschloss die Gemeindevertretung einstimmig, zur erweiterten Ausführung des Gymnasialbaues die Genehmigung zu erteilen. Es wurde hierfür folgender Beschluss gefasst: Die Gemeindevertretung ermächtigt den Gemeindevorstand, die Vorbereitungen zur Aufnahme einer Anleihe im Betrag von 550000 M zu treffen. Der Betrag entspricht den anschlagsmäßigen Summen von 415000 M für das Gymnasialgebäude, 40000 M für die Turnhalle, 8000 M für die Aborte, 24000 M für die Nebenanlagen, 35000 M für die Schulbänke, 8000 M für die Turngeräte, 5000 M für die Bauleitung und 15000 M Architektenhonorar.

 

Zur Grundsteinlegung am 23. April 1901 hob der zukünftige Schulleiter Dr. Busch hervor, dass Engelmann die Bauleitung übernommen hat. Zwei Jahre später lud Friedenaus Bürgermeister Bernhard Schnackenburg (1867-1924) für Sonnabend, den 18. April 1903 vormittags 11 Uhr, zur Einweihung des Friedenauer Gymnasiums am Maybachplatz ein. Das Zentralblatt der Bauverwaltung fand in seiner Bausprechung am 27. Juni 1903 lobende Worte: Das Äußere ein ansprechendes Architekturbild, im Innern von besonderem Reiz die stattliche Wandelhalle. Durch geschickte Verbindung des Haupttreppenhauses mit den Wandelhallen haben die Architekten es verstanden, eine prächtige künstlerische Raumwirkung hervorzurufen. Durch ein Zusammenfassen der künstlerischen Mittel ist eine verhältnismäßig reiche Wirkung erzielt worden.

 

Unter Würdigung der später von Erich Blunck geschaffenen Bauten muss davon ausgegangen werden, dass Blunck die architektonische Gestaltung übernommen hatte. Bestätig wird das indirekt auch in den Berichten über die Gemeindevertretungssitzungen, wo Engelmann permanent mit „Erklärungen“ beschäftigt war – gegenüber der Gemeinde sowie der ständig neuen Vorschriften für Schulbauten von Provinzial-Schulkollegium und Ministerium. Erich Blunck kümmerte sich um die Architektur. Gelobt wurde das Äußere, ein ansprechendes Architekturbild, etwas entfernt vom Straßengeräusch, ein großer freier Schulhof, und im Innern die gute Beleuchtung der Klassenräume, die geschickte Verbindung des Haupttreppenhauses mit den stattliche Wandelhallen.

 

Wandgemälde von Vital Schmitt in der Aula. Quelle Friedrich-Bergius-Schule

Die Aula

 

Der Maler Vital Schmitt (1858-1935), Lehrer am Kunstgewerbemuseum, hat in einem Schreiben an den Gemeindevorstand sich erboten, die zwei Längsseiten der Aula unseres Gymnasiums am Maybachplatz mit Monumental-Wandgemälden auszumalen. Die Größe der Wandfläche beträgt 80 Quadratmeter. Zu der einen Wandfläche hatte Herr Prof. Schmitt eine Skizze angefertigt, die im Sitzungssaal ausgestellt war. In der Mitte stellt eine weibliche Figur die Muse der Geschichtsschreibung dar. Links sind die vier alten Sprachen, die in der Schule gelehrt werden, durch Pallas Athene, Cicero, Homer und einem alten Germanen, der liegend die Rede Ciceros anhört, bildlich verkörpert. Rechts sollen die Figuren von Moliere, Schiller, Goethe und einem Deutschen die neueren Wissenschaften darstellen. Das andere Gemälde soll die Realien verbildlichen, die in der Schule gelehrt werden.

 

Die Figuren werden eine Höhe von etwa 2 Meter erhalten. Als Honorar verlangt Herr Schmitt 6000 M. Gegen die Ausführung der Ausschmückung machen sich nur die Bedenken geltend, dass die Wände noch nicht trocken sein werden, da sonst die Malerei leiden würde. Dem gegenüber wird ausgeführt, dass die Ausmalung der Wandgemälde erst im nächsten Sommer stattfinden sollen. Es handele sich jetzt nur um die Zustimmung des Plans, damit der Farbenton der Gemälde mit dem der dekorativen Ausschmückung der Aula einheitlich wirke. Letztere müsse bei der Einweihung fertig gestellt, damit der Unterricht der Anstalt nicht gestört wird. Übrigens sei der Preis nur eine Ehrengabe für den Künstler. Es wird darauf in erster Lesung für die Ausführung der Wandgemälde die Summe von 6000 Mark bewilligt.

 

Die Aula im zweiten Obergeschoss wurde für 700 Personen ausgelegt. Sie ist mit dem Gesangssaal im ersten Obergeschoss durch eine Treppe verbunden. Damit ist es möglich, dass der Chor ohne Nutzung der Flure unmittelbar nach dem Sängerpodium in den Festsaal gelangen kann. Wichtig ist diese Anordnung auch für Konzert- und Theateraufführungen bzw. Sitzungen der Gemeindevertreter, zu welchen der Festsaal gelegentlich benutzt werden soll. Die Gesangsklasse kann dann als Ankleidezimmer dienen. Eine zweite bis zum Hof hinabführende Treppe an der Ostseite dient als Nottreppe.

 

 

Im Jahr 2012 wird mit der Sanierung des Südflügels der Schule begonnen. Die Aula wird gesperrt und entkernt. Sichtbar werden die ursprüngliche architektonische Struktur des Raumes und die 1902/3 gefertigten Wandmalereien von Vital Schmitt. Im Mai/Juni 2014 gibt der vom Schöneberger Bezirksamt beauftragte Restaurator Hans-Jürgen Wunderlich das detailierte Gutachten zur denkmalgerechten Wiederherstellung der Aula ab. Zeitgleich entsteht die Magisterarbeit von Diana Walter für die Universität Viadrina in Frankfurt/Oder: Der Umgang mit teilzerstörten, figürlichen Wandgemälden von 1903 der Aula Friedrich-Bergius-Oberschule in Berlin-Friedenau. Im Sommer 2017 findet letztmalig eine Baubesprechung unter Beteiligung von Landesdenkmalamt Berlin und Bezirksamt Schöneberg statt. Vereinbart wird eine Denkpause. Seither gibt es keine Bauaktivitäten. Die Aula ist gerade in diesen schwierigen Zeiten für den Unterrichtsbetrieb nicht nutzbar. Zuerst fehlen die finanziellen Mittel, nun fehlt dem Stadtbauamt von Tempelhof-Schöneberg das Personal, so dass noch nicht einmal die erforderliche Ausschreibung formuliert werden kann.

 

Schulleiter Michael Rudolph in der ehemaligen Aula. Foto Hahn & Stich, 2019

Schulleiter Michael Rudolph

 

In Deutschland ist Schule bekanntlich 16mal anders. So kommt es, dass Sachsen im bundesdeutschen Bildungsranking den ersten und Berlin den letzten Platz belegt. Damit sich das ändert, leistete sich die Senatsverwaltung für Bildung eine hausinterne Arbeitsgruppe Schulinspektion, die 2018 eine Bewertung der Friedrich-Bergius-Schule präsentierte. Bescheinigt wurden sehr gute Leistung der Schüler, stimmige Arbeits- und Lernatmosphäre, hohe Zustimmung von Eltern und Schülern, enge Identifikation mit Friedenau – und dennoch eine Problemschule mit einem erheblichen Entwicklungsbedarf, die Hilfe von außen bekommen müsse.

 

Gegen diese Beurteilung wehrten sich Schulleiter, Kollegium und Eltern, da allgemein bekannt ist, dass es in Berlin kaum eine vergleichbare Sekundarschule gibt, bei der 50 Prozent der Zehntklässler einen guten Mittleren Schulabschluss erreichen.

 

 

 

 

Michael Rudolph, geboren 1953, seit vierzig Jahren im Berliner Schuldienst, übernahm 2005 die Leitung der Friedrich-Bergius-Schule – eine Problemschule, was die Friedenauer registrierten. Am Perelsplatz gehörten Schulschwänzer, Drogenhandel und gewalttätige Auseinandersetzungen zum Alltag. Rudolph hat draußen und drinnen aufgeräumt. In wenigen Jahren wandelte sich die Schule zu einer begehrten Unterrichtsstätte – mit klaren Regeln für ein diszipliniertes Lernen. Wenn die Kinder nach der Grundschule nicht das kleine Einmaleins oder nicht richtig lesen können, ist etwas komplett falsch gelaufen.

 

Als sich die Schulverwaltung bemühte, pensionierte Lehrkräfte wieder für den Schuldienst zu aktivieren, um den Lehrkräftemangel zu beheben, hatte Schulleiter Michael Rudolph angeboten, seine Arbeit über die Altersgrenze bis 31.07.2020 hinaus fortzusetzen. Senatorin Scheeres schrieb am 28.05.2018 zurück: Ihrem Antrag kann leider nicht entsprochen werden. Die Schulaufsicht legte dar, kein dienstliches Interesse an einer Weiterbeschäftigung zu haben.

 

Der Fall Rudolph wurde öffentlich, auch – weil es zuvor den ähnlich gelagerten Fall Pentzliehn in Marienfelde gab. Der Verdacht lag nahe, dass Michael Rudolph unbequem geworden ist. Nachdem der Fall Rudolph auch bundesweiten Protest ausgelöst hatte, lenkte Senatorin Sandra Scheeres ein. Im Mai 2019 erfolgte nun doch die Dienstzeitverlängerung.

 

Senatsschulverwaltung und Schöneberger Bezirksamt haben es der Schule nicht leicht gemacht. Viele Jahre stand neben dem vergammelten Sportplatz nur die heruntergewirtschaftete „alte Turnhalle“ von 1959 zur Verfügung. Erst im April 2010 wurde mit dem Bau des Mehrzweckgebäudes mit Turnhalle, Mensa und Unterrichtsräumen begonnen. Kaum war diese im Oktober 2011 fertig und der Sportplatz erneuert, begann 2012 die Sanierung des Südflügels der Schule. Das zog sich bis 2017 hin. Vom Baubeginn am ebenso maroden Westflügel – oder gar von der Beseitigung der baulichen Mängel am erst zehn Jahre alten Mehrzweckgebäude – spricht im Bezirksamt keiner.

 

Die Aula im zweiten Obergeschoss, 1903 für 700 Personen ausgelegt und mit einer zweiten bis zum Hof hinabführenden Nottreppe versehen, ist seit 2010 gesperrt und für den Unterrichtsbetrieb nicht nutzbar. Im Mai/Juni 2014 gab der beauftragte Restaurator Hans-Jürgen Wunderlich das Gutachten zur denkmalgerechten Wiederherstellung der Aula ab. Unter Beteiligung von Landesdenkmalamt Berlin und Schönebergs Baustadtrat Jörn Oltmann fand im Sommer 2017 letztmalig eine Baubesprechung statt. Seither tut sich nichts. Derzeit fehlt dem Stadtbauamt von Tempelhof-Schöneberg Personal, so dass noch nicht einmal die Ausschreibungen für Maler, Maurer, Tischler, Schlosser und Restauratoren formuliert werden können.

 

Michael Rudolph wird eine restaurierte und funktionstüchtige Aula als Schulleiter nicht mehr erleben. Für ihn ist 2021 endgültig Schluss. Ein halbes Jahr vor dem Ende haben Schulsenatorin Sandra Scheeres und Bezirksschulrat Oliver Schworck (beide SPD) die Nachfolge nicht geregelt. Michael Rudolph hat wohl auch nichts anderes erwartet. Am 26. Januar 2021 erscheint im Rowohlt Verlag Wahnsinn Schule. Was sich dringend ändern muss von Michael Rudolph und Koautorin Susanne Leinemann.

 

Im Klappentext heißt es: Wenn die Kinder nach der Grundschule nicht das kleine Einmaleins oder nicht richtig lesen können, ist etwas komplett falsch gelaufen. Aber genau das, sagt Michael Rudolph, sei allzu oft traurige Realität. Der erfahrene Schulleiter hat in wenigen Jahren die Berliner Friedrich-Bergius-Schule von einer Problemschule zu einer begehrten Unterrichtsstätte gewandelt – mit klaren Regeln für ein diszipliniertes Lernen. Für ihn sind Tugenden wie Pünktlichkeit und höflicher Umgang entscheidend, um wieder Ruhe und Verlässlichkeit in den Schulalltag zu bringen. In diesem Buch beschreibt Rudolph zusammen mit seiner Koautorin Susanne Leinemann, wie man eine schulische Umgebung schaffen kann, egal wo, in der Lernen das wichtigste Ziel ist. Es braucht Mut, so die Botschaft, Mut, den Auftrag der Schule ernst zu nehmen. Schule ist kein Selbstzweck, im Gegenteil. Sie liefert die Basis, damit Schüler später gut in der Arbeitswelt ankommen können. Aufstieg durch Bildung ist aktueller denn je, doch nur wer am Ende wirklich etwas kann, hat gute Chancen. Verstrickt in pädagogische Grabenkämpfe und Bildungstheorien, haben wir viel zu oft das Ziel aus den Augen verloren: Was soll Schule? Rudolph antwortet mit dem Mut zum Wesentlichen: Schule ist zum Lernen da!