Vereine fördern die Bestrebungen ihrer Mitglieder und stören die der Anderen.
Gehen wir einfach davon aus, dass Robert Musil (1880-1942) seinerzeit schon den Friedenauer TSC 1886 e. V. gemeint haben könnte. Der wurde während des Kaiserreichs als Männer-Turnverein gegründet. Später kamen Radsport und Fußball hinzu. 1914 schickte der Verein seine Jungs in die schweren Kämpfe an Ostpeußens Grenzen, wo sie den Heldentod für das Vaterland fanden. Über die Zeit von 1933 bis 1945 als Mitglied im Reichsbund für Leibesübungen hüllt sich der TSC sowieso in Schweigen. Heute besteht der (nach eigenen Angaben) familienfreundliche Mehrspartenverein aus acht Abteilungen. Es dominiert Fußball.
Vorsitzender ist der selbst im Verein scheel angesehene Christian Wille, dem gute Kontakte zur SPD nachgesagt werden. Er hat auch das Amt des Bezirkssportbundsprechers inne und als solcher wesentlichen Einfluss auf die Belegung von Sporthallen und Sportplätzen. In Friedenau sind das die Schulsportplätze Wiesbadener Straße, Eisackstraße, Perelsplatz und die Turnhallen von Rheingau-, Stechlinsee-, Fläming- sowie die alte und neue der Friedrich-Bergius-Schule. Ohne TSC geht gar nichts.
Man fragt sich schon, warum der TSC seit 1886 nicht die Notwendigkeit erkannt hat, eigene Möglichkeiten für Training und Spiel zu schaffen – und bisher nur als Nutznießer aufgetreten ist. Gelegen kommt dem TSC, dass der Senat 2018 das Bauprojekt Typenentwurf Sporthallen für diverse Bezirke konzipiert hat. Obwohl Tempelhof-Schöneberg nicht dabei ist, plädieren die Schöneberger Politiker für den Bau der Typensporthalle Modell TSH 60 auf der bisher unbebauten Sportfreifläche Perelsplatz. Praktisch ist, dass der Senat für alle Standorte einen Amtsentwurf vorsieht, der, einmal genehmigt, immer genehmigt, dem Bezirksamt Schöneberg-Tempelhof langwierige Bürgerbeteiligungen erspart.
Der Sportplatz Perelsplatz hat eine Größe von ca. 60x60m. Davon sind etwa 2/3 unbebaut und mit einem Kunstrasen belegt (60x40m). Auf dem restlichen Drittel befinden sich die Alte Sporthalle (25x21m), Basketballfeld, Weitsprunganlage und Wettkampflaufbahn. Das Modell TSH 60 würde eine Fläche von 45x32m einnehmen und mit einer Höhe von 12m mindestens bis zu 7m über dem Niveau des Bahndamms liegen. Schöne Aussichten für die gerade entstehenden Sozialwohnungen. Friedenau, der dichtbesiedelste Stadtteil, würde weiter verdichtet und hätte noch weniger Frei- und Grünfläche. Dem TSC geht es nicht um eine Halle für Sport und Spiel, sondern um eine Wettkampfhalle mit 60 Tribünensitzen. Freizeitsportler, Kinder und Jugendliche bleiben außen vor.
Ausschreibung gescheitert
Unter der Überschrift Ausschreibung gescheitert berichtete der Tagesspiegel am 27. Januar 2023 aus der Bezirksverordnetenversammlung: Nachdem ein Teil eines Ausschreibungsverfahrens der Senatsbauverwaltung für neue standardisierte Typensporthallen von der Vergabekammer des Landes gestoppt worden ist, müssen Schulen auf nicht absehbare Zeit ohne eine neue Halle auskommen, darunter die Friedrich-Bergius-Schule am Perelsplatz, für die eine zweigeschossige Halle geplant war. Der zuständige Stadtrat wies darauf hin, dass gerade in diesem Ortsteil Sporthallen fehlen. Auswirkungen sieht er nicht nur für den Schul-, sondern auch für den Vereinssport – und läßt damit eientlich die Katze aus dem Sack.
Die Tagesspiegel-Autorin Sigrid Kneist verschweigt in ihrem Artikel einiges, voran die Proteste der Anwohner, die immer wieder darauf hinweisen, dass Friedenau der dichtbesiedelste Ortsteil mit dem geringsten Grünflächenangebot ist.
Zur Geschichte gehört, dass 1960 an der Lauterstraße eine neue Schulturnhalle errichtet wurde. Fakt ist, dass diese klein und marode, aber sanierungsfahig ist. 2011 wurde auf den Schulhof entlang des Bahndamms für die Schule eine Mehrzweckhalle mit Mensa und Freizeiträumen im Erdgeschoss und eine Turnhalle im Obergeschoss gebaut, die tagsüber für den Schulsport und abends vom Friedenauer TSC 1886 genutzt wird – der seither zusätzlich auch die Halle an der Lauterstraße nutzt.
Um was geht es tatsächlich? Für den Standort Perelsplatz ist das Typenmodell TSH 60 mit einer Spielfeldfläche von 22x45m vorgesehen. Verschwiegen wird, dass die Halle noch einen Vorbau von 10x45m erhält. Konkret bedeutet dies, dass mit der Halle 2/3 des bestehenden unbebauten Sportplatzes versiegelt werden. Da 60 Tribünenplätze nebst Fahrstuhl für den behindertengerechten Zugang geplant sind, entsteht ein 12 Meter hoher Bau, der den Neubauten der Friedenauer Höhe neben der Sicht auch die Luft nimmt. Modell TSH 60 bedeutet, dass die Halle für Sport-Events konzipiert wird. Mit dem Hallenbau würde die letzte Freifläche im Kiez verschwinden.
Die Alternative
Das Land Berlin ist seit 2009 alleiniger Eigentümer der denkmalgeschützten Gebäude und Freiflächen des ehemaligen Flughafens Tempelhof, die von der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) verwaltet werden. Bekannt ist, dass die BIM derzeit einen Antrag auf eine dauerhafte Nutzungsänderung bestimmter Bereiche vorbereitet. Dessen ungeachtet, ist das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg für Genehmigungen aller Art zuständig.
Zum Gebäudekomplex gehören sieben Hangars mit Flächen von 6350 m² (Hangar 6) bis 3670 m² (Hangar 5). Die Ausmaße betragen jeweils 139x44m (Hangar 6) bis 86x44m (Hangar 6) und eine Höhe zwischen 12 und 16m. In allen Hangars sind Toiletten für Damen und Herren vorhanden. Die leeren Hangars fassen 3800 (Hangar 6) bis 2000 (Hangar 3) Personen.
Unabhängig davon, dass für zwei bzw. drei Hangars bereits zukünftige Nutzungen angedacht sind, so z. B. für den Hangar 7 (Alliierten Museum), gibt es für die meisten Hangars noch keine zukunftsträchtige Verwendungsmöglichkeit – auch nicht für Hangar 2, der gegenwärtig noch nicht nutzbar ist und dessen Dach denkmalgerecht saniert werden muss.
Flughafen Tempelhof
Hangar 2
Warum greifen TSC und Bezirk nicht auf die ungenutzten Hangars des Tempelhofer Flughafens
zurück. Länge 93m, Tiefe 44m, Höhe 12-16m. Toiletten sind dort vorhanden für Damen 5 Kabinen und für Herren 3 Kabinen plus 4 Urinal.
Der ehemalige Tempelhofer Flughafen offeriert eine großzügige Gelegenheit, die Trainings-, Spiel- und Event-Bedürfnisse des Friedenauer TSC auf lange Sicht zu befriedigen. Über kurz oder lang muss auch das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg mit darüber entscheiden, wie es mit dem Baudenkmal Flughafen Tempelhof weitergehen soll. Das Argument des TSC-Vorsitzenden Wille, Tempelhof liegt zu weit weg von Friedenau, ist nicht stichhaltig, zumal ein großer Teil der Kicker eh nicht in Friedenau lebt.