II. Gemeindeschule, 1906 (Stechlinsee-Schule)

Rheingaustraße Nr. 7

II. Gemeindeschule

(Stechlinsee-Grundschule)

 

Es bedurfte erst einer Empfehlung der Schul-Deputation, die Einweihung des neuen Schulgebäudes an der Rheingaustraße in feierlicher Weise stattfinden zu lassen. Nach dem der kollegialische Gemeinde-Vorstand diesem Vorschlage im Hinblick auf den Umfang und die Bedeutung der neuen Schule zugestimmt hatte, war schließlich auch die Gemeindevertretung einverstanden. Dennoch hatte die Gemeinde-Verwaltung zur Einweihungsfeier am 24. November 1906 Einladungen nur in beschränktem Maße ergehen lassen.

 

Bürgermeister Bernhard Schnackenburg war der Vorgang peinlich. In seiner Rede ging er auf jene ein, denen eine solche Feier bei einer Volksschule nicht angebracht erschien. Für unsere Gemeinde bedeutet aber die Errichtung einer Volksschule ein weiterer Fortschritt. Wir sind mit diesem Gebäude weit über das notwendige Maß hinausgegangen und haben nicht bloß einer Zwangspflicht genügt. Wir haben Einrichtungen getroffen, die nicht in jeder Schule zu finden sind.

 

Eine gewisse Zwangspflicht gab es schon. Die Situation wär prekär. Die selbstherrlich bestimmenden Roennebergs hatten das außerordentliche Anwachsen von Friedenau nicht erkannt. Die Familie mit den Brüdern Georg und Albert als Gemeindevorsteher und den Schwestern Hedwig, Henriette und Melida hatten geglaubt, daß es mit der 1873 gegründeten privatgeführten Roennebergschen Höhere Mädchenschule in der Moselstraße erst einmal getan ist. 1875 duldeten sie eine einklassige Gemeindeschule in der Ringstraße, die 1876 in das Landhaus Albestraße einquartiert wurde. Argwöhnisch wurde hingenommen, daß Dr. Carl Lorenz in der Schmargendorfer Straße 1883 eine private Knabenschule eröffnete. Nebenan wurde dann ein Schulhaus für 15 Klassen errichtet. Es blieb bis 1906 das einzige kommunale Schulgebäude von Friedenau. Da dort auch die ersten vier Gymnasialklassen untergebracht waren, wurde der Bau eines Gymnasiums erforderlich. Da das Gemeindebaubureaux mit Bauwart Wilhelm Linke damit überfordert war, wurde kurzerhand 1901 der Berliner Architekt Johannes Duntz für eine monatliche Entschädigung von 220 Mark als Bauleiter für das Gymnasium am Maybachplatz engagiert.

 

Nach dem Rücktritt von Major a. D. Albert Roenneberg als Amtsvorsteher wurde deutlich, daß Friedenau auf über 18.000 Einwohner zusteuerte und etwas geschehen musste. 1903 erwarb die Gemeinde vom Berlin-Charlottenburger-Bau-Verein südlich der Wiesbadener Straße Grundstücke für Schulbauten. Noch bevor Bauleiter Johannes Duntz das Gymnasium 1903 übergeben konnte, beauftragte ihn die Gemeinde mit Entwurf und Bau der II. Gemeindeschule (Stechlinsee-Schule) in der Rheingaustraße.

 

In der Gemeindevertretersitzung am 20. Januar 1905 führte Architekt Duntz aus: In dem neuen Gebäude sollen 48 Klassen nach Süden, 16 nach Osten und 10 nach Westen zu liegen kommen. Die Klassen sind für die Aufnahme von bis zu 64 Schülern berechnet. Das Gebäude wird 19 Meter hoch und steht mit der geplanten Turnhalle nicht in direkter Verbindung. Der zunächst zu erbauende Flügel erhält 22 Klassen und kostet ohne Einrichtung 190.000 M. Die Wohnräume für den Heizer und Schuldiener kommen in den Keller zu liegen. Die Schulhöfe erhalten einen Flächenraum von 2279 bzw. 4313 Quadratmeter. Das ganze Gebäude fasst 72 Klassen und würde beim ganzen Ausbau 600.000 M. kosten.

 

Am 14. Mai 1906 wurde über die Bewilligung der Mittel für den Bau einer zweigeschossigen Turnhalle beraten: Für die im Bau begriffene Gemeindeschule ist die Errichtung eines Turnhallengebäudes erforderlich, in welchem zwei Hallen übereinander angeordnet werden sollen. Die Errichtung ist auf dem zwischen der Goßler- und Rheingaustraße belegenen Gemeindeterrain so geplant, dass der an das Grundstück anstoßende unschöne Brandgiebel des Hauses Ecke Goßler- und Hertelstraße durch denselben wieder verdeckt wird. Die beiden Turnhallen, von denen die obere auf einer 1,90 Meter breiten Treppe erreicht wird, erhalten eine Abmessung von 12x24 Meter; an dieselben schließen sich in jedem Geschosse je ein Auskleideraum von 35 Quadratmeter, ein Geräteraum von 26,18 Quadratmeter und ein Turnlehrerzimmer von 11,55 Quadratmeter an. Außerdem sind für jede Turnhalle ein Lehrerabort, 2 Schulaborte und einige Pissoirstände vorgesehen. In der unteren Turnhalle, welche auch zeitweise als Festsaal bzw. Aula für die Volksschule dienen soll, ist eine balkonartige Galerie für Zuschauer geplant, auf welcher in zwei Reihen 45 bis 50 Personen sitzen können. Die Baukosten betragen 80.000 M. ohne innere Ausrüstung. Durch einen Mehraufwand von 5000 M. lässt sich im Dachgeschosse eine Wohnung von 3 Zimmern und Küche für einen Turnhallenwärter herstellen.

 

Die II. Gemeindeschule wurde am 1. Oktober 1906 eingeweiht. Das Schulgebäude ist ein viergeschossiger Putzbau auf hohem Souterrain mit steilem Walmdach auf einem Rechteckgrundriss, zweibündig angelegt mit einem Mittelflur und Klassenräumen an jeder Längsfront. Auf dem Dach erhebt sich ein Dachreiter. In der Mittelachse jeder Längsfront ist ein breiter Mittelrisalit eingefügt, in dem jeweils asymmetrisch ein erkerartig vorspringendes Treppenhaus so angeordnet ist, dass im Grundriss die beiden Treppenhäuser an der Ost- und der Westseite des Schulbaus nicht genau einander gegenüber, sondern versetzt liegen, um die Fluchtwege zu verkürzen. Der Mittelrisalit wird mit einem großen neobarocken Giebel mit Uhr überhöht, dem ein kleinerer Giebel für den Treppenhauserker vorgesetzt ist, in dem die Jahreszahl „1906“ als Datum der Fertigstellung der Schule zu lesen ist. Auch die Seitenfronten sind durch neobarocke Giebel bekrönt. Die Längsfronten mit ihren gleichmäßig gereihten Fensterachsen werden durch Bauschmuck kaum belebt, dafür sind die 26 Buchstaben des Alphabets in Fraktur in die Pfeiler des Gebäudes beiderseits des Treppenhauses eingelassen. Topographie Friedenau, 2000

 

Johannes Duntz hatte inzwischen den Bau des Elektrizitätswerkes Rheingaustraße (1905) und der II. Gemeindeschule (1906) zur Zufriedenheit der Gemeinde gelöst und wurde auf Beschluss der Gemeindevertretung vom 1. Oktober 1906 ab lebenslänglich angestellt. Am 15. April 1907 erschienen beim Standesamt Deutsch-Wilmersdorf zum Zwecke der Eheschließung 1. der Architekt Johannes Gottwald Ernst Duntz, wohnhaft in Berlin Beusselstraße Nr. 15, evangelischer Religion, geboren am 18. März 1873 zu Berlin, wohnhaft in Berlin NW, Beusselstraße 15, Sohn des Gärtners Louis Hermann Duntz und seiner Ehefrau Friederike Wilhelmina Albertina geborene Hahn, und 2. die Maria Berta Seelig, evangelischer Religion, geboren am 4. Januar 1888 in Berlin, wohnhaft in Deutsch-Wilmersdorf, Ringbahnstraße Nr. 110, Tochter des Maurers Karl Eduard Seelig und seiner Ehefrau Friederike Berta geborene Tröltsch. 1908 zog das Ehepaar in die Schwalbacher Straße Nr. 2, 1. Aufgang, III. Stock. Dabei blieb es über fünf Jahrzehnte. Nach der Eingemeindung von Friedenau wurde Duntz Stadtbaurat von Schöneberg. Über seine Tätigkeit ist nichts bekannt. 1936 wurde er pensioniert. Ehefrau Bertha starb am 1. April 1963 im Sankt Gertrauden-Krankenhaus, Johannes Duntz im Alter von 91 Jahren am 26. Dezember 1964 in der Klinik am Großen Wannsee.

 

Nach dem Amtsantritt von Bürgermeister Bernhard Schnackenburg und Gemeindebaurat Hans Altmann entstanden südlich der Wiesbadener Straße nach Plänen von Altmann 1910 das Realgymnasium (Rheingau Gymnasium) in der Schwalbacher Straße und 1912 das Königin-Luise-Lyzeum (Paul-Natorp-Gymnasium) in der Goßlerstraße.

 

1956 wurden die Schöneberger Schulen mit Namen nach Landschaften jenseits des Eisernen Vorhangs bedacht. Die Doppelschule in der Offenbacher Straße bekam gleich zwei Namen: Ruppin-Grundschule und Bobertal-Oberschule. Ruppin bezog sich auf die Mark Brandenburg und die Ruppiner Schweiz. Mit Bobertal wurde an den Fluss Bober im ehemaligen Schlesien erinnert. 2009 verschwand der Name. Beide Gebäudeteile firmieren nun unter Ruppin-Grundschule. Die II. Gemeindeschule in der Rheingaustraße wurde mit dem Namen: Stechlinsee-Grundschule bedacht. Dabei blieb es. Sie ist eine von 14 musikbetonten Berliner Grundschulen. Die Webseite der Stechlinsee-Grundschule ist im Vergleich zu den Angeboten anderer Friedenauer Schulen mehr als dürftig, aber  gendergerecht. Wir zitieren: Rund 640 Schüler*innen lernen bei uns, rund 55 Lehrer*innen unterrichten, 29 Erzieher*innen betreuen die Schüler*innen zwischen 6:00 Uhr und 16:00 bis 18:00 Uhr im verlässlichen Ganztagsbereich des KAH und PFH. Die Betreuung erfolgt vor, während und nach dem Unterricht sowie in allen Schulferien. Da wird sich das Gendern durchsetzen.

 

Rheingaustraße 19. Topographie Friedenau. Aufnahme 1999

Rheingaustraße Nr. 19

Baudenkmal Mietshaus, 1910

Entwurf Heinrich Möller

Bauherr Schlossermeister Max Obst

 

Das viergeschossige, zwölfachsige Mietwohnhaus Rheingaustraße Nr. 19 kann als Musterbeispiel für die Auswirkungen der Bauordnung von 1892 gelten. Es wurde auf L-förmigem Grundriss erbaut. Das einseitig freistehende Wohnhaus bildet mit dem benachbarten Haus ein Doppelmietwohnhaus. Zwei Treppenhäuser erschließen das Haus, eines an der Straßenfront, das andere im Bauwich. Die Straßenfassade ist asymmetrisch konzipiert. Die freistehende Ecke wird von einem Eckquerhaus mit flachem, klassizistischem Giebel gebildet und die Front durch einen asymmetrischen, im ersten Obergeschoss auskragenden, breiten Vorbau mit zwei Loggien pro Geschoss gegliedert, die in der Mitte jeweils zwei übereinanderstehende ovale Fenster einfassen. Im Erdgeschoss sind beiderseits des Säulenportals Balkons angeordnet. Topographie Friedenau, 2000

 

 

 

Der Architekt und Maler Heinrich Möller (1879-1943) ist heute leider in Vergessenheit geraten. Seine noch existierenden Bauten legen nahe, Möller sowohl als Architekten als auch als Maler in Erinnerung zu rufen. Die Recherchen gestalten sich schwierig. Das Landesdenkmalamt Berlin nennt u. a. das Wohnhaus für den Kaufmann Leo Kestel In der Halde Nr. 18/20: Möller erschuf mit jedem seiner Bauten ein Gesamtkunstwerk, bei dem sowohl die innere Erschließung und Gestaltung als auch die Ausbildung des Baukörpers einschließlich Materialwahl und Farbgebung seinem künstlerischen Entwurf unterworfen waren. Er arbeitete mit den ornamentalen Möglichkeiten des Backsteins und erzeugte eine lebhafte Textur mit kristallin anmutenden Musterungen. Auch beim Haus Kestel ging Möller von einer einfachen, wohl proportionierten kubischen Großform aus und entwickelte seine künstlerischen Vorstellungen überwiegend im Detail. Für die Straßenfassade schuf er eine starke Plastizität dadurch, dass die Wand in der Mittelachse über dem Eingangsportal abgetreppt zurücktritt und gleichzeitig mit dem sich vorwölbenden Fenster im Obergeschoss eine Gegenbewegung einleitet. Dieses Spiel mit plastischen Formen, wie es auch in den Ziegelmustern und Fenstereinfassungen der übrigen Fassaden zu finden ist, belebt die Wandflächen, ohne die Ruhe des gesamten Baukörpers zu stören. Die Bedeutung des Gebäudes liegt in seiner expressionistischen Gestaltungsweise in Verbindung mit dem Material Klinker, die im deutlichen Gegensatz steht zur vorherrschenden Bebauung in der Umgebung. Ausführung Baugesellschaft Kronos. LDA Berlin

 

Rheingaustraße 22, Aufnahme von 1999. Topographie Friedenau

Rheingaustraße Nr. 22

Baudenkmal Mietshaus

Entwurf Schüler & Montag

Bauherr F. M. Max Ohlrich

1910-1911

 

Das Eckhaus Rheingaustraße Nr. 22/Schwalbacher Straße Nr. 8 wurde 1910-11 von Schüler & Montag mit einem rechteckigen Grundriss errichtet. Es ist an das Nachbarhaus Schwalbacher Straße Nr. 7 gebaut worden. Das Haus hat zwei Treppenaufgänge, je einen in der Rheingaustraße und in der Schwalbacher Straße. Die beiden Straßenfronten weisen je zehn Achsen auf und sind identisch im Aufbau: Ihre Mitte wird jeweils durch einen breiten, im ersten Obergeschoss auskragenden Erker- und Loggienblock eingenommen, der in der Mitte Doppelloggien aufweist. Die Brüstungen der Erker und Loggien im zweiten Obergeschoss sind mit antikisierenden Relieffiguren (Faunen, Mänaden und anderen) besetzt. Ansonsten ist das Eckhaus - von den Eingangsrundbogenportalen abgesehen - fast schmucklos.

Topographie Friedenau, 2000

 

Protest der Anwohner gegen den Abriss. Foto Sebastian Rinker, 2024

Rheingaustraße Nr. 29 & Nr. 30

Elektrizitätswerk der Gemeinde Friedenau

 

In der Rheingaustraße läßt die Bauwert AG derzeit Gebäude abreißen, die zwischen 1904 und 1905  errichtet wurden. Entstehen soll auf dem Areal ein fünfgeschossiger Neubau mit Tiefgarage für 69 Eigentumswohnungen. Die Genehmigung erteilte die Bezirksstadträtin für Stadtentwicklung Eva Majewski.

 

Für die Anwohner ein Desaster aus sozialer, städtebaulicher und ökologischer Sicht in einer gewachsenen Siedlungsstruktur. Sie fordern einen Abriss-Stopp und eine Prüfung, ob Gebäudeteile unter Denkmalschutz gestellt werden können. Das ist nachvollziehbar, da der Architekturhistoriker Peter Lemburg das Ensemble bereits in den 1980er Jahren für eine Aufnahme in die Denkmalschutzliste vorgeschlagen hatte.

 

Eva Majewski, ausgestattet mit dem Bachelor und Master of Science in Betriebswirtschaftslehre, in der CDU aufgestiegen über politische Kärnerarbeit, und bar jeglicher Referenzen für Stadtentwicklung, Ortsgeschichte und Architektur, verschanzt sich nun hinter Friedenauer CDU-Parteiaktivisten.

 

Lageplan von 2023

In einer Mail vom 19. November 2024 teilen uns diese mit, daß das Grundstück durch die Bestandsgebäude von der Kubatur her schlecht ausgenutzt wird. Die Gebäude stehen als Gewerbe nicht unter Denkmalschutz und dürfen abgerissen werden. Daß ein Investor 69 frei finanzierte Wohnungen schaffen will, begrüßen wir, denn dieses Vorhaben nimmt etwas vom immer größeren Siedlungsdruck. Diese Christdemokraten haben jeden Bezug zu Friedenau verloren. Betriebswirtschaft über alles.

Elektrizitätswerk der Gemeinde Friedenau, 1905

Die Bauten des Architekten Johannes Duntz markieren die letzte Phase der Bauerschließung von Friedenau. Sie stehen für den Übergang vom ehrenamtlichen Gemeindevorsteher Major a. D. Albert Roenneberg zum professionellen Verwaltungsfachmann Bernhard Schnackenburg als Bürgermeister und dem erfahrenen Regierungsbaumeister Hans Altmann als Gemeindebaurat. Von ihren Bebauungsplänen und Bauten profitiert Friedenau bis heute.

 

Noch bevor Schnackenburg und Altmann Friedenau in eine neue Zeit führen konnten, hatte die Gemeinde jedoch eine Stromlieferung vom Elektrizitätswerk Süd-West abgelehnt und den Bau eines eigenen Elektrizitätswerkes an der Rheingaustraße beschlossen. Friedenau war in der Bredouille. Das Gemeindebaubureaux mit Bauwart Wilhelm Linke war überfordert. Kurzerhand wurde damit Johannes Duntz beauftragt, der 1901 für eine monatliche Entschädigung von 220 Mark als Bauleiter für das Gymnasium am Maybachplatz engagiert worden war.

 

Für die hiesige Verwaltung war entscheidend, die Stromerzeugung mit Diesel-Motoren zu gewährleisten, da damit keine Kohlen gebraucht werden, jede Feuerung entfällt und ein Schornstein nicht nötig wird. Der zum Direktor des Elektizitätswerkes der Gemeinde Friedenau ernannte Dipl. Ing. Max Mulertt brachte es auf den Punkt: Das unschöne Bild eines Schornsteines und die dann nicht zu vermeidende Rauchbelästigung in einem vornehmen ruhigen Vorort sollte unter allen Umständen vermieden werden. Von vornherein wurde ein besonderer Wert darauf gelegt, daß die Zentrale in ihrem Äußeren möglichst den Charakter eines Wohnhauses erhält. Vorsorglich erwarb die Gemeinde vom Berlin-Charlottenburger Bau-Verein die Grundstücke Rheingaustraße Nr. 27 bis Nr. 30.

 

Auf Nr. 27 & 28 wurde das Depot der Straßenreinigung untergebracht. Auf Nr. 29 & 30 Ecke Kreuznacher Straße Nr. 2 setzte Duntz ein repräsentatives Wohngebäude. Dahinter versteckte er die Maschinenhalle. Von der Kreuznacher Straße, die schon zu Steglitz gehörte, konnte nur ein schmaler Kopfbau wahrgenommen werden. Die Maschinenhalle wurde als massiver Mauerwerksbau mit Stahlbinder-Satteldach, hohen Fenstern und Ziegeldach ausgeführt und mit zwei Zwillings-Dieselmotoren ausgestattet. Beide Gebäude wurden als Putzbauten erstellt.

 

Als Verwaltungsgebäude entstand auf hohem Souterrain ein zweigeschossiges Wohnhaus mit einem Walmdach. Die Fassade war symmetrisch angelegt. In der Mitte das Treppenhaus mit den Zugängen zu zwei Wohnungen für Maschinisten im ersten Stock – jeweils mit Balkonen ausgestattet. Der Dachboden mit Gauben wurde als Lagerraum vorgesehen. Im Keller wurden die Akkumulatoren untergebracht. Im Ergeschoß befanden sich die Bureauräume, von denen man unmittelbar in den Maschinensaal gelangte. Der Hauseingang von der Rheingaustraße erhielt eine ausladende Treppe. Getreu der Friedenauer Ortssatzung wurden um das Grundstück herum Vorgärten angelegt. Im April 1905 hatte die Gemeindeverwaltung die Bedingungen drucken lassen, unter denen die Stromabgabe erfolgen sollte. Laut Beschluss der Gemeindevertretung erfolgte der Anschluss bis zum Zähler auf Kosten der Gemeinde. Am 28. September 1905 wurde das Werk in Betrieb genommen.

 

 

Johannes Duntz hatte die Aufgabe zur Zufriedenheit der Gemeinde gelöst und wurde auf Beschluss der Gemeindevertretung vom 1. Oktober 1906 ab lebenslänglich angestellt. Am 15. April 1907 erschienen beim Standesamt Deutsch-Wilmersdorf zum Zwecke der Eheschließung 1. der Architekt Johannes Gottwald Ernst Duntz, wohnhaft in Berlin Beusselstraße Nr. 15, evangelischer Religion, geboren am 18. März 1873 zu Berlin, wohnhaft in Berlin NW, Beusselstraße 15, Sohn des Gärtners Louis Hermann Duntz und seiner Ehefrau Friederike Wilhelmina Albertina geborene Hahn, und 2. die Maria Berta Seelig, evangelischer Religion, geboren am 4. Januar 1888 in Berlin, wohnhaft in Deutsch-Wilmersdorf, Ringbahnstraße Nr. 110, Tochter des Maurers Karl Eduard Seelig und seiner Ehefrau Friederike Berta geborene Tröltsch. 1908 zog das Ehepaar in die Schwalbacher Straße Nr. 2, 1. Aufgang, III. Stock. Dabei blieb es über fünf Jahrzehnte. Nach der Eingemeindung von Friedenau wurde Duntz Stadtbaurat von Schöneberg. Über seine Tätigkeit ist nichts bekannt. 1936 wurde er pensioniert. Ehefrau Bertha starb am 1. April 1963 im Sankt Gertrauden-Krankenhaus, Johannes Duntz im Alter von 91 Jahren am 26. Dezember 1964 in der Klinik am Großen Wannsee.

 

 

Ein Jahr nach Inbetriebnahme stellte sich heraus, daß das Elektrizitätswerk zu klein war. Nach dem Amtsantritt von Erich Walger zum Friedenauer Bürgermeister wurde das Gemeinde-Elektrizitätswerk aufgegeben und das Gelände an die Berliner Vororts-Elektrizitätswerke Steglitz verpachtet. Die Stromversorgung Friedenaus übernahm am 1. April 1911 das Elektrizitätswerk Steglitz an der Birkbuschstraße. Mit Übernahme durch die Berliner Städtische Elektrizitätswerke AG (Bewag) wurde daraus ein Umspannwerk. Rheingaustraße Nr. 29 ging in den Besitz der Stadt Berlin. Nr. 30 wurde Eigentum der Bewag. Noch 1943 wohnten dort die Maschinenmeister Kaschig und Segieth. In Nr. 27 & 28 wurde das Depot der Straßenreinigung Friedenau untergebracht.

 

In den Mauerjahren wurde die Anlage aufgegeben. Die Gebäude standen leer. 2003 startete Blackbird Music Studio mit einer Planungsbauzeit von acht Monaten Umbau und Modernisierung der Maschinenhalle. 2007 veranlasste Blackbird Music Film- und Synchron Produktions GmbH den Dachgeschossausbau im Wohnhaus. 2012 bis 2013 kam die SDI Media Deutschland GmbH mit dem Ausbau von Studio, Regie, TV-Mischung und Büros Rheingaustraße Nr. 29. Der unsägliche Bau zwischen dem Duntz’schen Wohnhaus und dem Grundstück Rheingaustraße Nr. 28 hätte nie genehmigt werden dürfen. Der fensterlose und mit schwarzen Platten verkleidete Gewerbebau war stets ein Fremdkörper in dieser um 1910 mit viergeschossigen Mietwohnhäusern erbauten Gegend.

 

Nun haben sich Synchron und Musik angesagtere Quartiere ausgesucht. Geblieben ist nur noch Geschichte von anno dunnemals – der erste kommunale Gewerbebau in Friedenau. Frau Eva Majewski von der CDU hätte das Wohnhaus und den Maschinensaal retten können. Das hat sie mit Blick auf die schlecht ausgenutzte Kubatur des Gesamtgrundstücks nicht getan. Schlimm ist, daß sie dabei noch im Recht ist, da Gewerbebauten momentan noch nicht unter den Denkmalschutz fallen.