Hans Altmann am Rathaus Friedenau. Foto Hahn & Stich, 2020

Hans Altmann und seine Bauten

 

 

General-Lotterie-Direktion, Zeichnung von Hans Altmann, 1899

1903

General-Lotterie-Direktion

Berlin, Wilhelmstraße Nr. 63

Entwurf Baurat Paul Kieschke

Ausführung Baurat Adolph Bürckner & Regierungsbaumeister Hans Altmann

 

Der preußische Staat begann am Ende der neunziger Jahre mit einer Neueinteilung der Diensthäuser seiner Zentralverwaltung. 1899 wurde das Palais auf dem Grundstück Wilhelmstraße Nr. 63 aufgekauft, das seit dem Februar 1874 Otto Graf zu Stolberg-Wernigerode gehörte. Es folgte eine Einigung mit dem Reichsfiscus über das Hinter- oder Gartengelände des Grundstücks Wilhelmstraße Nr. 64, das Eigentum des preußischen Staates wurde. Damit war die Möglichkeit gegeben, über den hinteren Teil der Nr. 64 die Grundstücke Wilhelmstraße Nr. 65 und Nr. 63 zu verbinden.

 

 

Auf dem nunmehr zusammenhängenden Grundstück entstanden 1. ein Erweiterungsbau des Preußischen Justizministeriums im Garten der Wilhelmstraße Nr. 64, 2. ein Neubau des Preußischen Staatsministeriums auf dem Grundstück Nr. 63, 3. ein Neubau für die General-Ordenskommission sowie 4. ein Neubau für die General-Lotterie-Direktion. In diesem Gebäudeteil wurden im Lauf der Zeit ständig wechselnde Nutzer untergebracht: Justizministerium (1910), Reichsernährungsamt (1918), Reichs- und preußisches Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft (1938), Hochschule für Musik Hanns Eisler (1949), Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft der DDR und schließlich nach einer Sanierung ab 2010 der zweite Dienstsitz des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft.

 

Regierungsgebäude der Provinz Brandenburg in Potsdam, 1907

1907

Regierungsgebäude der Provinz Brandenburg

Potsdam, Friedrich-Ebert-Straße Nr. 79-81

Entwurf Baurat Paul Kieschke

Ausführung Baurat Adolph Bürckner & Regierungsbaumeister Hans Altmann

 

Das Haus wurde ab 1902 im Ministerium für öffentliche Arbeiten von Baurat Paul Kieschke entworfen und 1907 als Sitz der preußischen Regierungsprovinz Brandenburg übergeben. Die Ausführung lag wiederum bei Baurat Adolph Bürckner und Regierungsbaumeister Hans Altmann. Entstanden ist ein mit Sandstein verkleideter neobarocker Staatsbau in Form eines Palais mit Mansarddach und zentraler Kuppel in der Tradition preußischer Herrschaftsbauten. Das Gebäude umfasst 478 Räume, die sich um vier Innenhöfe gruppieren. Diensträume liegen getrennt vom Publikumsverkehr in den hinteren Gebäudeteilen. Im ersten Stock in der Mittelachse befindet sich der Sitzungssaal, davor gelagert das 16 Meter hohe Treppenhaus. Das Gebäude war bis 1945 Sitz der Regierung für den Regierungsbezirk Potsdam. 1947 wurde das Haus der Stadt Potsdam als Stadthaus (Rathaus) überlassen.

 

 

Bedürfnisanstalt Maybachplatz, 1909. Archiv Rüdiger Barasch

1909

Bedürfnisanstalt Maybachplatz

Entwurf Hans Altmann

Bauherr Gemeinde Friedenau

 

Am Ostrand des Maybachplatzes (heute Perelsplatz) hat Friedenaus Gemeindebaurat und Architekt Hans Altmann 1909 eine eingeschossige Bedürfnisanstalt errichtet. Der Fachwerkpavillon mit geschwungenem und schiefergedecktem Bohlenbinderdach hat zwei Zugänge. Im Osten zur Lauterstraße hin befand sich der Eingang zum Pissoir für Männer, zum Park hin entstand als halboffene Laube ein Vorraum zum Toilettenzugang für Damen.

 

Einen ausführlichen Bericht finden Sie unter Exkurs Perelsplatz

 

 

Abb. 1 Ansicht von der Homuthstraße mit Haupteingang

1910

Realgymnasium

(heute Rheingau-Gymnasium)

Schwalbacher Straße Nr. 3-4

Entwurf Hans Altmann

Bauherr Gemeinde Friedenau

 

Mit der schnellen Zunahme der Bevölkerungsziffer Friedenaus machte sich in den Jahren 1907/08 das Bedürfnis für die in der Entwiklung begriffene, vorläufig in anderen Schulen untergebrachte Realschule, ein eigenes Schulgebäude zu beschaffen, bald besonders lebhaft bemerkbar. Als Bauplatz wurde ein Grundstück an der Rheingau-, Schwalbacher und Homuthstraße gewählt; dasselbe schien seiner Lage zu den Himmelsrichtungen nach besonders hierfür geeignet.

 

 

 

Das gesamte Grundstück, das eine Größe von 11535 qm umfaßte, wurde mit einer Fläche von 5932 qm für die Schule in Anspruch genommen. Der übrige Teil sollte für eine spätere Bebauung freibleiben. Von der Fläche des Schulgrundstückes sind 2483 qm bebaut. Die für den eigentlichen Schulhof freibleibende Fläche beträgt 2120 qm, so daß bei einer Schülerzahl von 800 Schülern 2,65 qm Schulhoffläche auf ein Schulkind entfallen. Das Bauprogramm war recht umfangreich und schloß sich dem für die Groß-Berliner höheren Lehranstalten maßgebend gewordenen im großen und ganzen an. Außer 24 Klassenzimmern und 1 Aushilfsklasse sollten in dem Gebäude u. a. untergebracht werden: 1 Gesangsaal für etwa 90 Schüler, der auch als Doppelklasse benutzt werden könnte, 4 Räume für den physikalischen, 3 für den chemischen und 2 für den naturwissenschaftlichen Unterricht, 2 Räume für Büchereien, Lehrer- und Direktorzimmer nebst Vorzimmer, 2 Zeichensäle für 50 und 30 Schüler; 1 Turnhalle und 1 Aula mit Nebenräumen; ferner auf dem Dache 1 Plattform für astronomische Beobachtungen, darunter 1 verschließbarer Raum für Aufbewahrung von Instrumenten und 1 Werkstatt im Kellergeschoß; 1 Dienstwohnung von 7 Zimmern und Nebengelaß für den Direktor der Anstalt und kleine Wohnungen für Schuldiener und Heizer.

 

Es sollte hierbei dem Wunsche der Gemeindevertretung Rechnung getragen werden, daß bei Ermangelung eines geeigneten öffentlichen Saales zur Veranstaltung von Vorträgen und Festen innerhalb des Gemeindegebietes von Friedenau die Aula der Anstalt in ihrer Größe und Ausbildung so gestaltet werden sollte, daß sie als Bürgersaal dienen könnte. Während. der Bauausführung wurde auch seitens der Kirchengemeinde der Antrag gestellt, ihr die Aula bei hohen kirchlichen Festtagen als Andachtsraum zur Verfügung zu stellen; so mußte auch dieser zukünftigen Bestimmumg des Raumes bei der Durchbildung Rechnung getragen werden. Um einem Wunsche des Schulleiters zu entsprechen und den Klassen möglichst Westlicht zu sichern, wurde die Bauanlage mit einem nach der Schwalbacher Straße offenen Hofe in der Form eines U so angeordnet, daß das eigentliche Klassengebäude mit seiner Hauptfront nach Westen an die Rheingaustraße zu liegen kam, während in dem sich anschließenden, von Westen nach Osten gerichteten, Querflügel mit Süd- und Nordlicht hanptsächlich die nicht für den Klassenunterricht bestimmten Räume und die Zeichensäle ihren Platz gefunden haben. Der an der Homuthstraße belegene Flügelbau enthält endlich die Turnhalle, die Aula, den Gesangsaal und die Aushilfsklasse und ist dem übrigen Schulgebäude so angegliedert, daß er bei festlichen Anlässen von der Gemeinde getrennt in Benutzung genommen werden kann; infolgedessen, ist der Haupteingang zu dem Gebäude mit der Haupttreppe in die Homuthstraße gelegt. Geräumig gestaltete Vorhallen sind der Haupttreppe sowohl im Erdgeschoß wie auch im I. Stockwerk vorgelagert: Von den übrigen Eingängen soll der an der Hofseite des Klassenflügels befindliche Mitteleingang als hauptsächlicher Zugang zum Schulgebäude dienen, während der Zugang durch den an der Nordostecke des Hofes befindliche Turm als Nebeneingang gilt. Ein weiterer Zugang befindet sich in dem am Ende des Klassenflügels belegenenTreppenturm. Neben dem Hauptschuleingang ist im Untergeschoß eine nach dem Hofe zu offene; 21 m lange und 5,74 m breite Wandelhalle angeordnet, die den Knaben bei schlechtem Wetter vor dem Öffnen des Schulgebäudes und während der Pausen eine Unterkunft bietet und mit der Vorhalle am Haupteingang des Aulaflügels in Verbindung gebracht ist, so daß der Verkehr von den Klassen zur Turnhalle und Aula erfolgen kann, ohne daß man den Schulhof zu betreten braucht. Vor der Turnhalle befindet sich nach dem Hofe zu ein geräumiger Abort, der vom Hofe aus zugänglich ist, während die hauptsächlichen Abortanlagen für das Schulgebäude an der Nordfront belegen und mit dem Schulgebäude über einen offenen Vorraum unmittelbar verbunden sind. An den eigentlichen Turnsaal von 12 x 25 m Größe schließen sich nach der Hofseite Umkleideräume und ein kleiner Abortraum sowie ein Lehrerzimmer an. Da die Turnhalle bei festlichen Anlässen als Kleiderablage für 800 bis 1000 Personen benutzt werden soll, so wurden die unter den seitlichen Galerien befindlichen, nach der Straße zu gelegenen geräumigen Geräteräume und die verschließbaren Kleiderablagen und Waschräume an der Hofseite mit leicht abnehmbaren Einrichtungen versehen, daß die Kleidungsstücke an zwei 19 m langen Tischen schnell und bequem abgegeben werden können. Diese Einrichtungen haben sich bereits bestens bewährt. Die Aula oder der.Bürgerfestsaal in einer Breite von 16 m und einer Länge von 25 m hat einen Bühnenanbau von etwa 9 X 9 m erhalten. Sie ist außerdem mit einer an drei Seiten herumlaufenden Galerie von etwa 175 qm versehen, so daß in ihr 800 bis 900 Personen auf Stühlen untergebracht werden können. Um den bei verschiedenen Anlässen in früheren Jahren empfundenen besonderen Bedürfnissen Rechnung zu tragen, ist die Bühne mit ihren Nebenräumen besonders geräumig gestaltet. Neben der Aula; sind nach der Homuthstraße zu in drei übereinanderliegenden Geschossen Wirtschaftsräume angeordnet, welche der Gemeinde ein Festessen oder eine ähnliche Veranstaltung in eigenen Räumen herzurichten gestatten. Zu ebener Erde befindet sich eine mit allen Einrichtungen versehene Küche und ein Nebenraum; von hier führen zwei Speiseaufzüge nach dem Aulageschoß und den hier belegenen Anrichteräumen mit umfangreichen Wärmevorrichtuugen: Zwischen beiden Geschossen befindet sich eine Spülküche. Ebenfalls nach der Homuthstraße und abgesondert von den übrigen Schulräumen ist der Gesangsaal in Höhe der Aulaempore angeordnet, um bei festlichen Anlässen eine direkte Verbindung zwischen beiden zu haben.

 

Wie aus den beigefügten Grundrissen hervorgeht, hat das Gebäude im wesentlichen drei Treppen, welche für den Verkehr der Schüler bestimmt sind. Die im Erdgeschoß an der Ecke der Rheingau- und der Schwalbacher Straße angeordnete Direktorwohnnng, besteht aus 7 Zimmern, Küche, Nebengelaß und Nebenräumen und ist so angeordnet, daß sie zum Teil in das Schulgebäude hineinreicht, zum Teil sich durch einen landhausartigen Anbau nach außen hin als Wohnung zur Geltung bringt; von der Straße trennt sie ein kleiner Garten.

 

Von den Einzelheiten der Ausführung sei noch einiges besonders hervorgehoben: Wenn das Gebäude sowohl im Äußeren wie auch im Inneren über den Rahmen eines einfachen Schulgebäudes hinausgeht; so war hierbei der Gedanke maßgebend, daß das neue Realgymnasium in nichts hinter dem bedeutsamen älteren Gymnasialgebände zurückstehen sollte, anderseits erforderte auch die weitere Zweckbestimmung der Aula seine reichere Ausgestaltung; so zeigt das Gebäude im Äußeren eine reichere Anwendung von Sandstein in den Gliederungen und Zieraten, während die Flächen mit Wasserkalk geputzt sind. Der Giebelbau an der Homuthstraße ist durch vier überlebensgroße Köpfe der Geisteshelden Goethe, Humboldt, Werner v. Siemens und Richard Wagner geschmückt. An dem Hofe sind die überlebensgroßen Figuren von Goethe und Luther über dem Schuleingang als Sinnbilder des Geistes, der in der Anstalt für alle Zeiten gelten soll, zur Aufstellung gelangt. An dem Schulflügel in der Rheingaustraße befinden sich die Köpfe von Archimedes und Newton als den Vertretern der älteren und neueren Naturwissenschaft. Außerdem sind am Hofe Bossenquadern mit sinnbildlichen Darstellungen der verschiedenen Berufe angebracht, die von den Schülern der Anstalt nach dem:Verlassen ergriffen werden. Der baukünstlerische Schwerpunkt im Inneren des Gebäudes liegt in den an der Homuthstraße angeordneten Hallen und in den kleineren Treppenhallen des Klassenflügels. Letztere haben in jedem Geschoß einen etwa 2 m breiten und 2 m hohen Laufbrunnen aus gebranntem Ton erhalten, aus dem die Kinder Wasser zum Trinken entnehmen können. Die Brunnen sind zum Teil in Putzmosaik, zum Teil von der Kunsttöpferei Rothersche Kunstziegeleien in Mutzkeramik und zum Teil von der Veltener Ofenfabrik Blumenfeld u. Ko. hergestellt und bilden einen schönen Schmuck des Schulgebäudes. Nach in anderen Schulgebäuden gemachten Erfahrungen wurde für die Beleuchtung der Klassen und Sammlungsräume nur indirekte elektrische Beleuchtung gewählt, bei der die Lichtstrahlen durch einen matten gewölbten Glasschirm gesammelt und an die Decke geworfen werden, um von dieser in gleichmäßiger ruhiger Lichtfülle in den Raum hinunterzustrahlen.

 

Diese Art der Beleuchtung hat den großen Vorteil, daß die Kinder nicht in die Lichtquelle hineinschauen und die Augen geschont werden. Eine gute Helligkeit erreicht man bei einer Klasse für 50 Schüler durch vier Stück 100kerzige Metallfadenlampen, bei einer solchen für 40 oder 30 Schüler durch drei oder auch nur zwei derartige Lampen. Diese Art der Beleuchtung hat sich durchaus bewährt. Das Gestühl der gesamten Anstalt ist nach der seit längerer Zeit erprobten schwellenlosen Bauart durch die Firma Uhlmann, Gera (Reuß), geliefert worden; besonderes Gewicht wurde darauf gelegt, daß die Tischplatten aus Eichenbolz waren. Die Tafeln in den Klassen sind hölzerne Schiebetafeln von 1 X 2 m Größe. Die Baukosten haben für das Schulgebäude 700.000 Mark, für die innere Einrichtung 72.000 Mark und für die Nebenanlagen 30.200 Mark, insgesamt also 802.000 Mark betragen.

 

Hans Altmann, Das neue Realgymnasium in Friedenau. Zentralblatt der Bauverwaltung Nr. 96, 25. November 1911

 

1911

Gasthaus zum Rabenstein

 

Kein Gast hat Krummhübel in der Literatur so bekannt gemacht wie Theodor Fontane. Dafür stehen die Erzählung über den ungeklärten Mord an einen Förster im Quitt oder die Geschichten Von, vor und nach der Reise. Zwischen 1872 und 1890 hatte Fontane am Riesengebirge mehrmals den Sommer verbracht. Damals war es Mode geworden, direkt unter der Schneekoppe in oft recht bescheidenen Unterkünften Ferien zu machen. Mit der Riesengebirgsbahn von Erdmannsdorf nach Krummhübel kamen im Jahr 1895 mehr Gäste, darunter Gemeindebaurat Hans Altmann mit Ehefrau Gertrud und den Söhnen Günther und Hans-Peter. Es ist davon auszugehen, dass Altmann 1911 als Freundschaftsdienst den Entwurf für das Wirtschaftsgebäude fertigte. Im Fragebogen der Reichskammer für Bildende Künste, Fachverband der Architekten führt er den Bau als persönliches Werk auf.

 

Königin-Luise-Mädchenlyzeum, 1927

1912

Königin-Luise-Mädchenlyzeum

(heute Paul-Natorp-Schule)

Goßlerstraße Nr. 13-15

Entwurf Hans Altmann

Bauherr Gemeinde Friedenau

 

Auf dem Areal zwischen Wiesbadener-, Rheingau- und Goßlerstraße entstanden innerhalb von wenigen Jahren drei Schulgebäude. Den ersten Bau, die 2. Gemeindeschule für Mädchen in der Rheingaustraße Nr. 7 (heute Stechlinsee-Grundschule), schuf 1906 der Architekt Johannes Duntz, der nach dem Tod des Gemeindearchitekten Max Nagel 1904 kommissarisch die Leitung des Friedenauer Bauamtes übernommen hatte.

 

Nachdem Hans Altmann 1906 von Bürgermeister Bernhard Schnackenburg zum Leiter der Friedenauer Bauverwaltung ernannt wurde, fertigte er 1908-1910 die Entwürfe für das Realgymnasium in der Schwalbacher Straße Nr. 3-4 (heute Rheingau-Gymnasium) und 1910-1912 für das Königin-Luise-Mädchenlyzeum (heute Paul-Natorp-Schule) auf dem Grundstück Goßlerstraße Nr. 13-15.

 

Diesen unkonventionellen Schulbau hat Altmann als 'Hallenschule' auf T-förmigem Grundriß mit einer breiten Front zur Goßlerstraße und um eine sich in die Tiefe des Grundstücks erstreckende, zentrale Aula mit den flankierenden Klassenräumen entwickelt. Das kompakte Schulgebäude wird durch einen Portalvorbau und ein Vestibül erschlossen, das sich zur Aula hin öffnet. Die zweigeschossige Aula ist vertieft angelegt, wird durch ein Glasoberlicht belichtet und auf drei Seiten in zwei Geschossen von galerieartigen Fluren umzogen. An der vierten Seite ist die Bühne angeordnet. Die Klassen liegen außen an den Fluren, nach innen kann man in die hallenartige Aula hinabschauen.

 

 

Der Straßentrakt und der westliche Klassentrakt sind viergeschossig, der östliche Klassentrakt dagegen ist nur zweigeschossig, so daß der Lichteinfall durch das Glasdach über der Aula gesichert ist. Die Aula selbst ist bei den Instandsetzungsarbeiten um 1985 in ihrer Gestaltung stark vereinfacht worden.Die Straßenfront wird durch zwei hohe Quergiebel beiderseits der Mittelachse mit reicher Gliederung durch Fialen sowie durch einen eingeschossigen Eingangsvorbau mit Altan im ersten Obergeschoß malerisch gegliedert.

 

Die Fassade ist verputzt, die schmückenden Architekturglieder - Fenstergewände, Vorbau, Fialen und Konsolen - sind jedoch aus Naturstein gearbeitet. Auch die Seitenfassaden sind aufwendig gestaltet: Ihr Knick bei der Umschließung des Bühnenbaus der Aula wird durch einen Rundturm mit spitzem Kegeldach vermittelt. Das Ende der viergeschossigen Klassentrakte wird durch hohe Querhäuser und -giebel betont. Das ungewöhnliche Schulgebäude zeichnet sich auch durch eine reich gegliederte Dachlandschaft aus. Topographie Friedenau, 2000.

 

Friedenauer Verein für Ferienkolonien Zinnowitz, 1914

1912

Friedenauer Verein für Ferienkolonien

Zinnowitz, Forststraße 26 (heute Dr. Wachsmann-Straße)

Entwurf Hans Altmann

Bauherr Gemeinde Friedenau

 

Im Bericht über die Wohlfahrtseinrichtungen von Groß-Berlin des Jahres 1913 wird vom Verein für Ferienkolonien und der Zusammenarbeit mit der Zentralstelle für Balneologie des Physiologen Nathan Zuntz (1847-1920) berichtet. Vorsitzender des Friedenauer Vereins war Bürgermeister Erich Walger (1867-1945). Er beauftragte Gemeindebaurat Hans Altmann, ein Kinderheim für den Friedenauer Verein für Ferienkolonien in Zinnowitz zu schaffen. Im Jahr 1912 entstand in der Forststraße 26 (heute Dr. Wachsmann-Straße) zirka 600 Meter von der Küste entfernt und hinter dem 450 Meter breiten Dünenwald ein zweigeschossiges Haus mit Mansarddach.

 

Nach Informationen von Ute Spohler, Vorsitzende der Historischen Gesellschaft Zinnowitz, existiert das einstige Feriendomizil für Friedenauer Kinder noch immer. Nach einer Nutzung als Lazarett während des Krieges wurden nach Kriegsende zeitweise elternlose Kinder und versprengte Gruppen aus der Kinderlandverschickung untergebracht. Zu DDR-Zeiten erhielt das Haus den Namen Elli-Voigt-Heim, benannt nach der Widerstandskämpferin Elli Voigt geborene Elli Lotte Garius (1912-1944). Sie wurde im Alter von 32 Jahren am 8. Dezember 1944 in Plötzensee hingerichtet. Das Gebäude wird heute vom Christlichen Jugenddorfwerk Deutschland CJD als Kinderheim betrieben.

 

 

Pfarr- und Gemeindehaus Zum Guten Hirten, um 1930

1913

Pfarrhaus Zum Guten Hirten

Bundesallee Nr. 76 & 76A Goßlerstraße Nr. 30

Entwurf Hans Altmann

Bauherr Kirchengemeinde Zum Guten Hirten

 

Das viergeschossige Gemeinde- und Pfarrhaus der Kirchengemeinde auf dem spitzen Grundstück Bundesallee Nr. 76-76 A Ecke Goßlerstraße Nr. 30 wurde 1911-13 erbaut. Durch seine originellen Staffelgiebel zum Platz und zu den beiden Straßen hin wird das Gemeindehaus als öffentlicher Bau charakterisiert und der stadträumliche Bezug zur Kirche mit ihren Quergiebeln über den Seitenschiffen hergestellt. Der Baukörper des Hauses ist unter anderem durch Erker, Loggien und ungewöhnliche Fensterformate gegliedert.

 

Der große zweigeschossige Gemeindesaal mit Empore befindet sich im Bauteil Bundesallee Nr. 76 A im zweiten und dritten Obergeschoss, darunter liegen die Konfirmandensäle und die Küsterei. Die vier großen Pfarrwohnungen sind im Kopfbau am Friedrich-Wilhelm-Platz angeordnet und jeweils in einen dienstlichen und einen privaten Bereich geteilt. Weitere kleine Gemeindesäle und die Schwesternstation befinden sich im Bauteil Goßlerstraße Nr. 30.

Topographie Friedenau, 2000

III. Gemeindeschule, 1916. Archiv Rüdiger Barasch

1914 III. Gemeindeschule Friedenau

(heute Ruppin-Grundschule)

Laubacher Straße Nr. 22-27/Offenbacher Straße Nr. 5A

Entwurf Hans Altmann

Bauherr Gemeinde Friedenau

 

Die Doppelschule auf dem Grundstück Laubacher Straße Nr. 22-27 und Offenbacher Straße Nr. 5 A wurde 1913/14 als III. Gemeindeschule Friedenau für Knaben und Mädchen erbaut. An der Ecke Laubacher und Fehlerstraße entstand das Turngerätehaus. Die Gebäude waren die letzten Schulbauten von Altmann für die Gemeinde Friedenau. Unmittelbar nach der Fertigstellung begann der Erste Weltkrieg. Aus dem Haus wurde ab Dezember 1914 ein Lazarett. Erst ab Ostern 1919 konnte es als Schule genutzt werden.

 

 

 

Die Anlage aus rotem Sichtziegelmauerwerk und reichlichem Terrakotta-Bauschmuck besteht aus zwei dreigeschossigen, winkelförmig zueinander angeordneten Baukörpern, die durch ein Brückenbauwerk miteinander verbunden sind. Der Südflügel an der Offenbacher Straße ist im Grundriss zweibündig; nach Süden orientiert sind die Klassenräume sowie die beiden Treppenhäuser an den Giebeln im Westen und im Osten, nach Norden die beiden Turnhallen sowie die Aula, die alle übereinander angeordnet sind. Eine Segmentbogentonne überwölbt die mit einer Bühne und einer Empore ausgestattete Aula. Diese ist weitgehend original erhalten, die Tonnendecke und die Emporenbrüstung sind reich dekoriert. Im ersten Obergeschoss schwingt sich das Brückenbauwerk auf einem Rundbogen vom Süd- zum Nordflügel und verbindet im ersten und zweiten Obergeschoss - sowie im dritten Obergeschoss als Terrasse - die beiden Flügel. Auch der Nordflügel ist im Grundriss zweibündig angelegt, die Klassenräume sind nach Westen zum Sportplatz und nach Osten zum Friedhof an der Stubenrauchstraße orientiert. Auch in diesem Flügel sind zwei Treppenhäuser an den Giebeln im Norden und im Süden angeordnet.

 

Im Nordflügel befindet sich im dritten Obergeschoss eine weitere, kleine Aula. Die beiden dreigeschossigen Bauten auf hohem Souterrain mit steilen Walmdächern sind als Pfeilerbauten ausgeführt. Je drei Fensterachsen belichten einen Klassenraum, je drei Achsen sind zu einem Risalit oder zu einer Rücklage zusammengefasst. Die Hauptfassaden des Nordflügels werden durch drei um ein Geschoss überhöhte Risalite gegliedert, die mit steilen Giebeln bekrönt sind, und die Schmalseiten durch einen überhöhten Risalit und Giebel betont.

 

Die Hauptfassaden des Südflügels werden ebenfalls durch Eckrisalite gegliedert. Die Nordfassade wird durch sechs Giebel, hinter denen die Aula liegt, rhythmisiert, die Südfassade jedoch nur durch zwei Giebel bekrönt und durch zwei Erker belebt. Im Erdgeschoss befinden sich neben den Treppen zwei rundbogige Eingangsportale mit Kindergruppen aus Terrakotta an den Portalgewänden sowie mit Kinderköpfen aus Terrakotta an den Archivolten. Die Terrakotten stammen von dem Bildhauer Bernhard Butzke. An der Ostseite des Südflügels ist eine halbrunde Terrakotta-Platte mit der Inschrift 'Erbaut im Jahre 1913' eingelassen. An der Ecke Offenbacher/Laubacher Straße befindet sich ein Hofbereich der Schule, der von einer erhöhten, winkelförmigen Ziegelmauer eingefriedet ist.

 

Das Turngerätehaus an der Ecke Laubacher Straße/Fehlerstraße ist ein eingeschossiger, winkelförmiger Bau nach Plänen von Altmann. An der Ecke erhebt sich auf einem hohen Souterrain ein eingeschossiger Rundbau auf ovalem Grundriss aus rotem Sichtziegelmauerwerk, zu dem eine leicht gebogene Freitreppe hinaufführt und der mit einem Mansarddach gedeckt ist. Zur Ecke hin ist dem Mansarddach ein gebogener Quergiebel mit zwei Fenstern vorgesetzt. In beiden Straßen schließen sich walmdachgedeckte Holzbau-Seitenflügel mit vertikaler Holzverschalung an, die sich ursprünglich als Veranden zum Sportplatz hin öffneten und heute verglast sind. (Erwin Ehrenberg, Berlin 1927)

 

Die Schulen im Bezirk Schöneberg wurden 1956 mit Namen nach Landschaften jenseits des Eisernen Vorhangs bedacht. Die Doppelschule bekam gleich zwei Namen: Ruppin-Grundschule und Bobertal-Oberschule. Ruppin bezog sich auf die Mark Brandenburg und die Ruppiner Schweiz. Mit dem Namen Bobertal wurde an den Fluss Bober im ehemaligen Schlesien erinnert. Irgendwann war es genug mit dem Kalten Krieg. Seit 2009 ist Bobertal verschwunden. Beide Gebäudeteile firmieren nun unter Ruppin-Grundschule. Geblieben sind Turngerätehaus, das der TSC Friedenau als Vereinshaus und Casino nutzt, und der Sportplatz, der von Schule und Verein genutzt wird.

 

1914

Waldfriedhof Friedenau in Gütergotz

(heute Wilmersdorfer Waldfriedhof Güterfelde)

Güterfelde, Potsdamer Damm Nr. 11 A-C

Entwurf Bauten Hans Altmann

Entwurf Parkanlage Garteninspektor Ernst Stabe

Bauherr Gemeinde Friedenau

 

Die Berliner Friedhöfe in Stahnsdorf sind Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden: 1909 der Südwestkirchhof von Garteningenieur Louis Meyer, 1914 der Waldfriedhof Friedenau Gütergotz (heute unter dem Namen Wilmersdorfer Waldfriedhof Güterfelde) von Hans Altmann (Bauten) und Garteninspektor Ernst Stabe (Gartenarchitur), 1921 Wilmersdorfer Waldfriedhof Stahnsdorf von Gartenarchitekt Erwin Barth 1921. Ihre Einrichtung außerhalb der Stadtgrenze hängt mit dem Werden von Berlin zusammen. Es drohte ein Notstand an Bestattungsfläche sowohl auf den Friedhöfen der Kirchengemeinden als auch auf den kommunalen Anlagen. So waren auch die selbstständigen Vororte Friedenau und Wilmersdorf gezwungen, Friedhofsflächen an der Peripherie zu schaffen.

 

 

Einen ausführlichen Beitrag finden Sie unter Friedenauer Waldfriedhof Güterfelde.

 

1916

Urnenhalle Friedhof Stubenrauchstraße

Bauherr Gemeinde Friedenau

 

Im Fragebogen für den Bund Deutscher Architekten von 1930 führt Hans Altnmann unter der Rubrik Angaben von Werken eigenen Entwurfs, unter eigenem Namen ausgeführt den Bau der Urnenhalle (Kolumbarium) auf dem Friedhof an der Stubenrauchstraße nicht auf.

 

In der im Jahr 2000 erschienenen Topographie Friedenau heißt es: Die Urnenhalle, die 1916-17 von Hans Altmann erbaut worden sein soll, ist nach anderer Zuschreibung 1914-16 nach Plänen des Architekten M. Scherler entstanden. Im letzteren Fall darf man annehmen, das der Entwurf von Altmann beeinflußt worden ist.

 

Die Urnenhalle setzt sich aus einem zweigeschossigen Rundbau mit Kuppel und zwei eingeschossigen, asymmetrischen Flügeln mit Satteldach zusammen. Der Südflügel weist drei, der Nordflügel fünf Arkaden auf. Das Kolumbarium besteht aus je acht Kammern im Unter- und im Erdgeschoss. Im Untergeschoss hat jede Kammer vier Reihen mit Urnennischen, im Erdgeschoss nur drei Reihen übereinander. Im Erdgeschoss ist zwischen Kuppelrundbau und erster Arkade beiderseits des Rundbaus je ein Zugang mit Gittertür angeordnet, dem im Inneren je ein Treppenabgang ins Untergeschoss gegenüberliegt.

 

Der Rundbau enthält im Erdgeschoss keine Urnennischen, er dient als Versammlungsraum. Die Kammern des Kolumbariums sind in beiden Geschossen mit Durchgängen verbunden, außerdem fällt in die Kammern im Untergeschoss durch Opäen mit Gittern von oben Licht ein; im Erdgeschoss öffnen sich die Kammern durch die Arkaden - durch Balustraden geschützt - zum Friedhof. Der Rundbau hat ein offenes Keramik-Rundbogenportal, dessen Schlußstein einen Phoenix über Flammen zeigt, und zwei Engelsköpfchen tragen einen Kämpfer aus Keramik mit dem 'Auge Gottes' im Dreieck. Das Portal ist mit einem Gittertor geschlossen. Die Urnenhalle ist ein ungewöhnlicher Sepulkralbau, dessen künstlerische Gestaltung eine große, stille Würde ausstrahlt.

 

Einen ausführlichen Bericht finden Sie unter Friedhof Stubenrauchstraße.

 

Askania-Werke AG mit dem Lanhaus von 1887

1915-1924

Askania-Werke

Bundesallee Nr. 86 & 87 & 88, Stubenrauchstraße Nr. 72

Entwurf Hans Altmann

Bauherr Askania Werke

 

Die Geschichte beginnt 1887. Da zog der Mechaniker und Optiker Carl Bamberg (1847-1892) von der Berliner Linienstraße Nr. 158 in die Kaiserallee Nr. 16 in Friedenau (heute Bundesallee Nr. 87), wo er sich vom Architekten Max Gronau (Architektenbüro Kreuschmer & Co.) neben einer zweigeschossigen Werkstatt ein Landhaus hatte errichten lassen. Nach dem Tod des Firmengründers übernahmen Witwe Emma Bamberg geb. Roux (1847-1937) und später Sohn Paul (1876-1946) den Betrieb. Immer umfangreichere Aufträge der Marine führten dazu, dass 1912 der Ingenieur Max Roux (1886-1946) als Mitinhaber an das Haus gebunden wurde.

 

 

 

 

Max Roux gelang es, das Familienunternehmen weiter auszubauen – und den bisherigen Friedenauer Gemeindebaurat Hans Altmann als Hausarchitekten an das Unternehmen zu binden. 1919 übernahm Carl Bamberg Optik die Firma für Feinmechanik und Optik Otto Toepfer & Sohn Potsdam. Nach der Fusion von Bambergwerk Berlin-Friedenau mit der Zentralwerkstatt für Gasgeräte GmbH Dessau firmierte das Unternehmen ab 1921 als Askania-Werke AG.

 

Zwischen 1887 und 1937 ist die ausgedehnte Fabrikanlage der ehemaligen Firma Werkstätten für Präzisions-Mechanik und Optik Carl Bamberg (später Askania-Werke) in der Bundesallee Nr. 86-88/Stubenrauchstraße Nr. 72 in neun Bauabschnitten nach den Plänen verschiedener Architekten auf einer Fläche von 0,5 Hektar entstanden. In der im Jahr 2000 erschienenen Topographie Friedenau ist die Baugeschichte detailliert beschrieben:

 

Die beiden Bauten des ersten Bauabschnitts, die kleine Villa und das zweigeschossige Werkstattgebäude von 1887-88, reichten in den ersten Jahren für die etwa 60 Mitarbeiter Bambergs aus. 1915 wurde das alte Werkstattgebäude nach Plänen des Architekten Max Gronau um ein Geschoss aufgestockt. Aufgrund der immer größer werdenden Raumnot wurde im zweiten Bauabschnitt 1916 von Gronau ein neuer, viergeschossiger Werkstattbau als Stahlskelettbau auf dem Nachbargrundstück Nr. 88 rechtwinklig zur Straße als Mittelflügel für ein geplantes Vorderhausgebäude errichtet. Das geplante viergeschossige, siebenachsige Vorderhaus wurde 1918-19 als dritter Bauabschnitt nach Plänen Altmanns südlich der immer noch vorhandenen Villa als dreiständriger Stahlbetonskelettbau erbaut, außen mit Sichtziegelmauerwerk verkleidet und mit reichem, farbigem keramischen Bauschmuck ausgestattet.

 

Die geplante Erweiterung des Vorderhauses nach Norden um weitere acht Achsen anstelle der alten Villa von 1887-88 kam nach dem Ersten Weltkrieg wegen der Wirtschaftskrise vorerst nicht zustande. Stattdessen entstand im vierten Bauabschnitt 1923-24 das fünfgeschossige Quergebäude zum vorhandenen Mittelflügel von 1916 nach Plänen Altmanns als dreiständriger Stahlbetonskelettbau. Außerdem wurde im fünften Bauabschnitt 1924 die zweigeschossige Tischlerei in der Südwestecke des Grundstücks von Altmann erbaut.

 

1928 beabsichtigte die Firmenleitung, in einem weiteren Bauabschnitt endlich das Vordergebäude an der Straße nach Norden zu verlängern, verschob aber die Ausführung - vermutlich wegen der 1929 einsetzenden Wirtschaftskrise - immer weiter bis zum Jahr 1933.

 

Erst 1934 wurde die Villa von 1887/88 abgebrochen und 1934-35 im sechsten Bauabschnitt das viergeschossige Vordergebäude um weitere acht Achsen nach den alten Plänen Altmanns von 1918/19 nach Norden verlängert, so dass sich die Firma nun mit einem stilistisch einheitlichen Rohziegel-Pfeilerbau von 80 Metern Länge mit reichem, farbigem keramischen Bauschmuck an der Kaiserallee präsentieren konnte. Ferner wurde 1935 im siebten Bauabschnitt von Altmann ein Garagenbau an der westlichen Grundstücksgrenze im Anschluss an die Tischlerei errichtet. Auf dem Grundstück Stubenrauchstraße Nr. 72 entstand 1935-36 im achten Bauabschnitt das schmale viergeschossige Laboratoriumsgebäude mit langem Seitenflügel als Betonskelettbau ebenfalls nach Plänen Altmanns. Die Fassade an der Stubenrauchstraße zeigt durchlaufende Fensterbänder im Stil der Neuen Sachlichkeit, die mit keramischem Bauschmuck eingefasst sind. Besonders elegant ist das kleine Säulenportal aus farbiger Keramik. Auf dem hinzuerworbenen Grundstück Nr. 86 wurde an der Straße der viergeschossige Fabrikbau dann 1936-37 im neunten Bauabschnitt noch einmal mit einem Stahlbetonskelettbau um drei Achsen erweitert, allerdings nun in der Formensprache der Neuen Sachlichkeit, aber immer unter Verwendung von farbiger Baukeramik. Aus einer Werkstatt mit Villa entstand so im Lauf von 50 Jahren eine Fabrikanlage, die in vielen Einzelschritten zu einer rationalen Struktur zusammengewachsen ist. Hans Altmann, der den Ausbau der Fabrikanlage von 1918 bis 1937 über nahezu 20 Jahre betreute, versuchte dabei, aus den Erweiterungsanfängen eine systematische Industriebaustruktur aus Vordergebäuden, Mittelflügeln und Quergebäuden zu entwickeln. Ihm schwebte eine erweiterbare Stockwerksfabrik vor, die in kleinen H-förmigen Bauabschnitten linear erweitert werden konnte. Dies konnte er auch durchführen, bis die drei Grundstücke an der Bundesallee bebaut waren.

 

Die ehemalige Fabrikanlage der Firma Carl Bamberg, die wie die Goerz-Fabrik von einer großen Grundstücksverwaltungsgesellschaft aufgekauft wurde, erfreut sich heute als Gewerbehof eines großen Zuspruchs von vielen kleineren und größeren Betrieben als Mieter, die die kleinteilige Anlage wegen ihrer flexiblen Nutzbarkeit und ihres atmosphärischen Erscheinungsbilds sehr schätzen.

 

Nachtrag: Max Roux war Mitglied der NSDAP und Wehrwirtschaftsführer des nationalsozialistischen Staates. Nach dem Einmarsch der Roten Armee wurde er in seinem Potsdamer Haus in der Höhenstraße Nr. 3 abgeholt und nach Angaben seiner Kinder nicht mehr gesehen.

 

1917

Rathaus Friedenau

Niedstraße Nr. 1

Entwurf Hans Altmann

Bauherr Gemeinde Friedenau

 

Kiosk am Südwestkorso, 1973. Quelle LBB

1920

Kiosk & Bedürfnisanstalt

Südwestkorso Ecke Rheingau- und Wilhelmshöher Straße

(heute Liane-Berkowitz-Platz)

Entwurf Hans Altmann

Bauherr Gemeinde Friedenau

 

Am 9. November 1918 wird die Republik ausgerufen, am 11. November der Waffenstillstand von Compiègne unterzeichnet, am 28 November dankt Kaiser Wilhelm II. ab – und am 22. Dezember diskutieren die Friedenauer Gemeindevertreter über Bedürfnisanstalten. Am 19. März 1919 berichtet der Friedenauer Lokal-Anzeiger, dass nunmehr für die am Südwestkorso Ecke Wilhelmshöher Straße genehmigte Bedürfnisanstalt mit Zeitungsverkauf ein endgültiger Entwurf von Baurat Hans Altmann und ein Kostenanschlag aufgestellt worden ist. Zu diesen Kosten leistet die ‚Deutsche Kiosk-Gesellschaft‘ einen Zuschuss. Die Arbeiten sind seitens des Demobilmachungsausschusses als Notstandsarbeiten anerkannt, so dass mit einer Erstattung aus Reichs- und Staatsmitteln zu rechnen sein dürfte.

 

Am 23. Februar 1920 überreicht Altmann Bauzeichnungen und Lageplan. Am 12. März 1920 ist die Bedürfnisanstalt bereits fertiggestellt, allerdings müssen sämtliche Aborte Luft und Licht unmittelbar von außen erhalten. Auf einer Grundfläche von 5,80 m x 5,80 m hatte Hans Altmann einiges unterzubringen. Auf der linken Seite zur Rheingaustraße die Männer mit PP, 2 WC, Waschraum, rechts zur Wilhelmshöher Straße die Frauen mit Vorraum und Waschbecken, 3 WC, dazwischen der Raum für die Wärterin. Im vorderen Teil zum Südwestkorso der Zeitungsverkauf aus dem Erker heraus, flankiert von Geräteraum und Telefonkabine.

 

Das Häuschen hat den Zweiten Weltkrieg überstanden. 1995 wurde der Bau mit seiner Welschen Haube und dem Erkervorbau in die Liste der Kulturdenkmäler von Friedenau aufgenommen. Damals gab es noch Hunderte von Zeitungsläden in Berlin. Sie gehörten zum Leben in der Großstadt, aber mit immer weniger Umsatz wurden viele geschlossen. 1997 beantragte die Pächterin eine Nutzungsänderung: Einbau eines Stehimbisses. Schönebergs Untere Denkmalschutzbehörde erteilte die Zustimmung, wenn folgende Auflagen eingehalten werden: 1. Das Gebäude ist von außen unverändert zu halten. Dies bezieht sich auf die Fassaden, Fenster, Türen, Dach, Abzug und auch die Beschriftungen, die auf die ehem. Funktion des Gebäudes hinweisen und zur Ursprungskonzeption gehören. 2. Folgende Funktionen sind zu wahren: a) der zum Südwestkorso gelegene Teil ist weiterhin als Zeitungskiosk erkenntlich zu halten, b) die öffentliche Toilette ist noch in ihrer Funktion im Gebäude weiterhin vorhanden. 3. Der Innenentkernung wird zugestimmt, wenn der ehemalige Wandverlauf durch Markierung an der Decke sichtbar gemacht wird.

 

Altmanns Raumaufteilung wird aufgegeben. Ein H-WC und ein D-WC kommen auf die linke Seite zur Rheingaustraße. Als Abtrennung zwischen den Bereichen Toiletten und Kiosk mit Imbiss wird eine durchgehende Massivwand gesetzt. Da es eine Wärterin nicht mehr gibt, entstehen auf dieser Fläche Imbiss, Tresen und Lebensmittellager. Eine Schiebetür trennt den Imbiss vom Zeitungskiosk im Erker ab. Die Wände werden entsprechend der Auflagen des Gesundheitsamtes auf 2 Meter mindestens mit Ölfarbe gestrichen. Der Boden wird gefließt. Heizung und Entlüftung werden über zwei von drei vorhandenen Schornsteinzügen geführt. Geheizt wird mit Erdgas. Warmwasserversorgung erfolgt über eine Kombitherme. Es werden vier Wasserzapfstellen vorgesehen, zwei davon im Toilettenbereich. Das Gebäude bleibt von außen unverändert.

 

Der Bauantrag der Pächterin sah an der rechten Seite auf einer 3,50m x 5,80m großen Grünfläche die Aufstellung von vier Stehtischen vor. Die Zeichnung erhielt den Stempel „Nicht Gegenstand der Genehmigung“. Die Untere Denkmalschutzbehörde erklärte hierzu: Einer Veränderung der den Kiosk umgebenden Platzfläche durch Freiräumen der Buschanpflanzungen zur Schaffung einer Fläche für Stehtische kann hingegen nicht zugestimmt werden. Zur Begründung: Die Ansicht des Kiosk wird durch festes Platzmobiliar einschneidend verändert.

 

2014 gab die Pächterin nach 24 Jahren den Kiosk am Südwestkorso Nr. 62a auf. Danach ging es für Schöneberger Verhältnisse ziemlich schnell. 2016 lieferte eine Restauratorin ein Gutachten und das Architekturbüro Braun Busse bekam den Auftrag für die denkmalgerechte Sanierung Kiosk ‚Kaiserdiele‘. Südwestkorso 62a, 12161 Berlin. Bauherr: Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg von Berlin. Bauzeit: Okt. – Nov. 2016. Leistungsphasen: LPH 1-8. Nutzfläche: 28 m². Restaurierung Metallfenster: Haber & Brandner GmbH Metallrestaurierung. Fenster-Türen: Holzwerkstatt Potsdam GmbH. Dachdecker: Fa. G. Heinrich GmbH, Berlin.

 

Der Sanierungsbereich umfasst das Dach und die Zwischendecke, die Holzfenster und Türen, und die Erkerfassade samt der Stahlfensterkonstruktion. Da es sich um ein denkmalgeschütztes Gebäude handelt, hat die Erhaltung und Wiederherstellung des Originalbestandes oberste Priorität. Das architektonische Erscheinungsbild als früherer Kiosk mit öffentlicher Nutzung und die Multifunktionalität durch die vielen Öffnungen und Zugänge muss erhalten werden. Besonders die straßenseitige Stahlfensterfassade ist ein markantes Element, an dem sich die frühere Nutzung ablesen lässt.

 

Die Beschreibung verdeutlicht, dass das Bezirksamt eigentlich nur Schönheitsreparaturen bewilligte. Das mag damit zusammenhängen, dass der Platz inzwischen nach der Widerstandskämpferin Liane Berkowitz (1923-1943) benannt wurde – und würdevoll ausschauen sollte. Dabei hätte der Bau grundlegend saniert werden müssen. Dem Bauamt war der Untergrund bekannt, stand doch die Gegend nach jedem Regenguss unter Wasser. Kriechkeller bedeutete auch, dass Altmann auf ein Kellergeschoss verzichtet und das Häuschen direkt auf den Naturboden gesetzt hatte.

 

Es mag sein, dass das Bezirksamt dem Pächter der Kaiserdiele signalisiert hatte, dass für all die nötigen Maßnahmen nicht genug Geld da wäre. Da aber waren die Hofberichte schon angelaufen. Morgenpost und rbb scheuten sich nicht, aus dem Bau ein ehemaliges Straßenbahnerhäuschen zu machen, wo Rosa Luxemburg 1915 nach ihrer Frankfurter Rede verhaftet wurde und Kaiser Wilhelm II. noch heute als Auftraggeber in den Bauunterlagen steht. Nichts davon stimmt. Rund lief es von Anfang an nicht. Die Bewertungen der Kaiserdiele in den sozialen Medien reichen von ausgezeichnet bis ungenügend. Im Sommer wird der Biergarten gelobt, im Winter ist es in dem Ein-Zimmer-Lokal immer etwas kalt und zugig. Andere beklagen mal auf, mal nicht, mal Essen, mal nicht. Und zu guter Letzt: Einfach nur überflüssig. Keiner braucht diese Diele.

 

Im Herbst 2019 war zu erfahren, dass die Kaiserdiele geschlossen und der Streit inzwischen bei den Gerichten gelandet ist. Der Pächter argumentiert mit Bauruine und nicht angemessener Instandhaltungspflicht. Für das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg sind die Baumaßnahmen ordnungsgemäß abgeschlossen. Das ist definitiv nicht so. Eine wirkliche Sanierung ist notwendig. Dazu braucht es ein tragfähiges Konzept. 

 

1925

Haus Haenel am Roseneck

Hohenzollerndamm 92-94, Karlsbader Straße 18 und Teplitzer Straße 40-42

1924/25 und 1929

 

Das Wohn- und Geschäftshaus auf dem Grundstück Hohenzollerndamm 92-94, Karlsbader Straße 18 und Teplitzer Straße 40-42 wurde in zwei Bauabschnitten 1924/25 und 1929 nach Entwürfen von Hans Altmann für die Grundstücks-AG Haus Haenel am Roseneck errichtet. Die Anlage besteht aus zwei getrennten Baukörpern. Eine bauliche Einheit bilden die Häuser Hohenzollerndamm 93 a, 94 und Teplitzer Straße 40-42. Am Eckhaus Hohenzollerndamm 94 befindet sich das Portal mit der Aufschrift „Haus Haenel“. Davor liegt eine kleine Grünfläche. Die Häuser Hohenzollerndamm 92/93 und Karlsbader Straße 18 bilden den zweiten Baukörper. Die Anlage besteht aus drei bis viergeschossigen Putzbauten mit steilen Walm- und Mansardendächern. Die dunkelrot gestrichene Fassade ist stark gegliedert und in den erhalten gebliebenen Teilen reich verziert. Vereinzelt sind Balkone, Loggien und Erker eingefügt. Im Erdgeschoss der Gebäude befinden sich zahlreiche Geschäfte. Die Gebäude wurden während des Zweiten Weltkrieges teilweise zerstört und sind später mit zum Teil vereinfachter Fassadengestaltung wiederhergestellt worden. Die Gesamtanlage steht unter Denkmalschutz. Landesdenkmalamt Berlin

1925

AOK-Badeanstalt

Rheinstraße Nr. 9

Entwurf Hans Altmann

Bauherr AOK Schöneberg

 

Das Mietshaus Rheinstraße Nr. 9 wurde 1897 nach einem Entwurf von Architekt Oskar Haustein gebaut. 1907 zog dort die Friedenauer Ortskrankenkasse ein. 1919 richtete die AOK Schöneberg ein Ambulatorium mit Badeanstalt ein. 1920 kam eine Zahnärztliche Klinik hinzu. Da der Raumbedarf größer wurde, entstand 1924/25 nach Plänen des Architekten Hans Altmann ein zweigeschossiger Anbau an den Ostgiebel des nördlichen Seitenflügels als Sichtziegelbau, dem zum Hof hin ein Souterrain vorgelagert wurde.

 

 

Der Anbau mit einer Grundfläche von 8,5 x 6,5 Metern besteht im Erdgeschoss aus einem Empfangs- und Warteraum mit weißen Fliesen. Eine Treppe führt ins Obergeschoss und ins Souterrain. Im Obergeschoss ist ein tonnengewölbter, mit grünen Fliesen verkleideter Ruheraum untergebracht. Im Souterrain befindet sich ein ehemaliger Naßraum, der sich in den Hof vorschiebt und mit gelben Fliesen verkleidet ist. Die farbige Keramik ist im Stil des Art déco der Zeit reich ornamentiert. Die aufwendige, gestalterisch herausragende Keramik-Ausstattung der Räume macht diesen bescheidenen Anbau zu einem kleinen Meisterwerk des Architekten Altmann. 1924-1925 Über die heute Nutzung ist nichts bekannt. Quelle Topographie Friedenau, 2000.

Gartenstadt am Südwestkorso mit Künstlerkolonie

1927-1933

Gartenstadt am Südwestkorso

Entwurf unter Beteiligung von Hans Altmann

Bauherr Gemeinnützige Heimstätten GmbH

 

Für die Reichskammer der bildenden Künste - Fachverband der Architekten gibt Hans Altmann 1934 an: Mitwirkung an der Planung der „Gartenstadt am Südwestkorso mit Künstlerkolonie (1927/33). 1926 wurde das Areal zwischen der Laubenheimer Straße und dem Breitenbachplatz von der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger (GDBA) und dem Schutzverband Deutscher Schriftsteller erworben. Für die Bauausführung des Projekts Gartenstadt am Südwestkorso mit Künstlerkolonie wurde die Gemeinnützige Heimstätten GmbH gegründet, die zusammen mit der Heimat Bau- und Siedlungs AG, Gehag, Vorsorge-Versicherungs AG und Wohnstätten Gesellschaft als Bauherr fungierte. Nach der Grundsteinlegung am 30. April 1927 wurde mit dem Bau der drei Wohnblöcke um den Laubenheimer Platz (heute Ludwig-Barnay-Platz) begonnen. Die Federführung oblag der Architektensozietät Paulus & Paulus (Ernst (1868-1935) und Günther Paulus (1898-1976).

 

 

 

 

An den Entwürfen waren folgende Architekten beteiligt: Hans Altmann, Josef Braun, Alfred Gunzenhauser, Erich Bohne, Heinrich Iwan, Stephan von Zamojski, Hans Jessen, Jean Krämer, Hans Kraffert, Karl Roethele, Ernst Rossius-Rhyn, Georg Schmidt, Heinrich Straumer, Hugo Virchow. Nach Angaben von Hans Altmann aus dem Jahr 1934 beteiligte er sich mit Entwürfen für die Häuser Geisenheimer-, Laubenheimer- und Markobrunner Straße.

 

1929

Wohn- und Geschäftshaus

Bismarckstraße Nr. 72-73

Entwurf Hans Altmann

Ausführung Baugeschäft A. und F. Bolle

Bauherr Stöckelsche Erben

1930

Landhaus Roux

Potsdam, Höhenstraße Nr. 2

Entwurf Hans Altmann

Bauherr Max Roux

 

Am 8. Mai 1930 hatte Max Roux, Inhaber der Askania AG, von Major a. D. Rudolf von Oppen und seiner Frau Emily Henriette geb. von Arnim, wohnhaft Höhenstraße Nr. 1-2, das 3203 Quadratmeter große Nachbargrundstück Nr. 3 erworben – wie es steht und liegt. Für Güte und Beschaffenheit des Bodens sowie für bestimmte Eigenschaften übernehmen die Verkäufer keinerlei Gewähr.

 

 

 

 

 

Die Höhenstraße am Pfingstberg war noch vor dem Weltkrieg angelegt worden. Das Haus Nr. 4 hatte die Potsdamer Architekten-Sozietät Estorff & Winkler 1927 für Marie von Estorff gebaut, die Mutter der Brüder Hans und Otto von Estorff. 1929 errichtete das Büro Haus Nr. 1-2 für die Familie von Oppen. Nun kam mit Nr. 3 und Blick auf Jungfernsee, Langhansscher Meierei und Sacrower Heilandskirche nach einem Entwurf von Hans Altmann ein Ziegelbau dazwischen. Backstein statt Glattputz. Eine Provokation.

 

Sieben Jahre nach der Bauabnahme forderte Herr Dr. Ing. Fritsch von der Baupolizei Potsdam am 14. Mai 1937: „Die Klinkervilla muss hellgrau gestrichen werden.“ Hinter diesem Ansinnen hat wohl weniger Nachbarin Marie von Estorff als vielmehr der Architekt Otto von Estorff gestanden, der das Potsdamer Monopol von Estorff & Winkler gefährdet sah. Grund hatte er, denn seine schlichten ein - bis zweigeschossigen hellen Putzbauten mit symmetrischen Fassaden und Walmdächern gingen über einen handwerklich gediegenen Baustil nicht hinaus.

 

Altmanns Bau jedoch war mehr. Außen setzte er auf beständiges Material und abwechslungsreiche Gliederung, innen sorgte er für eine intelligente Wohntechnik. Altmann und Roux gingen in die Offensive: „Die Pläne haben der Stadtverwaltung vorgelegen und sind genehmigt worden. Auch die Besitzerin des Nachbargrundstückes hat durch ihren Sohn, den Erbauer ihres Hauses, die Bauzeichnungen meines Hauses einsehen lassen. Bei dieser Gelegenheit wurde auch darüber Übereinstimmung erzielt, dass die Lage meines Hauses in gleicher Weise wie das Haus Höhenstraße 5 in Nordsüdrichtung erfolgen solle, so dass also das v. Estorffsche Haus Nr. 4 sozusagen in der Mitte darüber zu liegen kommt und von den beiden Häusern Nr. 3 und Nr. 5 flankiert wird. Dabei ist auch besprochen worden, dass mein Haus in holländischen Klinkern erbaut und durch ein graues Pfannendach abgedeckt wird ... Von einem einheitlichen Straßenbilde in der Höhenstraße kann unseres Erachtens überhaupt nicht gesprochen werden, denn von den in der Höhenstraße errichteten 7 Häusern haben zum mindesten 4 Häuser einen gänzlich voneinander abweichenden Baustil und auch voneinander abweichende Farben. Ich würde es daher für eine unbillige Härte halten, wenn man mich veranlassen wollte, mein Haus anzustreichen. Der Wetteranfall auf meinem hochgelegenen Grundstück ist so stark, dass schon nach kurzer Zeit der auf die Klinker aufgetragene Anstrich verwittern würde ... Endlich würde der repräsentative Zweck meines Hauses für die mit meiner Stellung verbundenen häufigen in- und ausländischen Besucher nicht erfüllt sein...“

 

Am 9. August 1937 sah die Baupolizei „von einem Anstrich der Backsteinschauseiten des Hauses Höhenstr. 3 vorläufig ab. Um jedoch eine Verbesserung des gesamten Eindrucks zu erzielen, bitte ich wenigstens die Fensterläden heller anstreichen zu lassen. Den erforderlichen Farbton wollen Sie mit der städtischen Bauberatungsstelle näher vereinbaren“.

 

Das Schicksal meinte es mit der Familie dennoch nicht gut. Am 24. April 1945 war die Rote Armee in Babelsberg, am 30. in Potsdam. Als Churchill, Truman und Stalin am 15./16. Juli eintrafen, waren die Rouxschen Kinder längst in Ratingen am Rhein. Max Roux blieb. Ziemlich eigensinnig. Immerhin war er Mitglied der NSDAP und als Chef eines Rüstungsbetriebes Wehrwirtschaftsführer des nationalsozialistischen Staates. Nach Angaben seiner Kinder Hans-Georg und Ingeborg wurde er 1946 von Russen abgeholt und nicht mehr gesehen. Hier endet seine Geschichte.

 

Das Haus Höhenstraße Nr. 3 lag bis zum Abzug der Roten Armee im August 1994 außerhalb des sowjetischen Militärstädtchen Nr. 7., dem Sperrgebiet innerhalb der Stadt Potsdam. Es wurde weder von den Sowjets beschlagnahmt noch von der DDR enteignet. Deutlich wurde dies 1950 mit der Forderung des Potsdamer Finanzamtes gegen die Erben mit dem Eintrag einer Sicherungshypothek in Höhe von 12.000 DM in das Grundbuch. Nachdem die Zahlung an den Gläubiger über die Deutsche Investitionsbank Berlin an die DDR abgewickelt war, herrschten ab 1952 wieder klare Verhältnisse. Auf Grund des Erbscheins des Staatlichen Notariats Potsdam vom 16. Dezember 1957 wurde der Bauherr Max Roux am 5. Mai 1958 aus dem Grundbuch als Eigentümer gelöscht und Frau Ingeborg Dulk geb. Roux (19202003) in Berlin-Lichterfelde und Diplom Kaufmann Hans-Georg Roux (1915-2011) in Ratingen bei Düsseldorf in ungeteilter Erbengemeinschaft eingetragen. Nach der Wende hätten die Erben mit dem Verkauf des Anwesens beinahe Schlimmes angerichtet. Ein windiger Investor wollte das schnelle Geld machen und auf dem Hang unterhalb der Klinkervilla Einfamilienhäuser errichten. Die Untere Denkmalschutzbehörde Potsdam, nicht immer glücklich agierend in den ersten 1990er Jahren, verhinderte dies, wies Landhaus und Garten als Grün-, Sport- und Erholungsfläche aus und erhob alles zusammen zum Einzeldenkmal. Nach dem seinerzeit üblichen Hin und Her zwischen Investor und Banken konnte der Unternehmer Marcel ‚Otto‘ Yon 2004 Grundstück und Haus erwerben. Jahre waren inzwischen vergangen, Jahre, in denen im Innern einiges von Altmann und Roux ohne Sinn und Verstand zunichte gemacht wurde. Für Friedenauer gibt es am Kamin in der Halle ein Wiedersehen mit der farbigen Keramik des Bildhauers Bernhard Butzke, die Hans Altmann an so vielen öffentlichen und privaten Bauten zwischen Offenbacher Straße und Bundesallee hinterlassen hat.

 

 

 

1930

Wohn- und Geschäftshaus

Königin-Luise-Straße Nr. 38

Entwurf Hans Altmann

Bauherr

 

Das Wohnhaus mit Ladenzone, Königin-Luise-Straße 38 und Takustraße 47, wurde 1929-30 nach Entwurf von Hans Altmann errichtet. Das zweigeschossige Eckgebäude mit hohem Walmdach steht im spitzen Winkel der beiden Straßen; es bildet mit seiner konkav geschwungenen Stirnseite einen kleinen Vorplatz und schafft so eine städtebaulich reizvolle Situation. Von den ursprünglich zehn Ladenlokalen im Erdgeschoss, denen jeweils ein Kellerraum direkt zugeordnet war, gibt es heute durch Zusammenlegungen nur noch sieben. Die sich um die Straßenfassaden des dreiflügeligen Gebäudes herumziehende Schaufensterfront, insbesondere die der Dorfapotheke an der Stirnseite mit Stahlfensterrahmen und grün verglasten Flächen, ist in ihrem Äußeren jedoch weitgehend bewahrt.

 

 

Die Wohnungen in Ober- und Dachgeschoss, die zum Teil schon in den 1930er Jahren, vor allem aber in der Nachkriegszeit mehrfach verändert und ausgebaut wurden, sind in ihrer Grundstruktur noch erhalten. Das Eckhaus schließt in seinem Innenhof einen kleinen Garten ein, zu dem sich die Rückfassaden mit Balkonen und Außentreppen öffnen. Die architektonische Gestaltung des Gebäudes als heller Putzbau mit weißen Sprossenfenstern, grünen Klappläden, Dacherkern, schmalen Gurt- und Sohlbankgesimsen sowie breitem Traufgesims zeigt ein neobarock-expressionistisches Gepräge, das sich auf eine für die Entstehungszeit vergleichsweise konservative Weise dem ländlichen Charakter des Dorfkerns anpasst. Quelle LDA

 

1934

Wohnhaus Dr. Ing. Erwin Roux

Kleinmachnow, Schlehdornweg Nr. 8

Entwurf Hans Altmann

Bauherr Erwin Roux

 

Das Gebiet südlich der Grenze von Zehlendorf und westlich des Zehlendorfer Damms wurde nach 1895 von diversen Gesellschaften für Siedlungszwecke erworben, darunter die „Siedlungsgenossenschaft Eigenherd GmbH“ und jene des Preußischen Baurats Carl Gérard. Mit dem Fluchtlinienplan von 1929 konnte die Parzellierung gestartet werden. Die Parzellengröße betrug sowohl bei „Eigenherd“ als auch bei „Gérard“ in der Regel 500 qm. Für das auf der westlichen Seite des Schlehdornwegs gelegene Grundstück Nr. 8 ist keine Siedlungsgesellschaft als Eigentümer ersichtlich. Es muss „frei verfügbar“ gewesen sein, wofür auch die ungewöhnliche Grundstücksgröße von über 1000 qm spricht. Erstaunlich ist, dass die Architekturhistorikern Nicola Bröcker in ihren Kleinmachnower Dokumentationen „Südwestlich siedeln“ und „Kleinmachnow – Wohnen zwischen Stadt und Land 1920-1945“ das Landhaus Schlehdornweg und den Architekten Hans Altmann nicht erwähnt.

 

Altmann hatte am 27. September 1933 bei der Baupolizei des Amtsbezirks Kl. Machnow die „Bauzeichnung für den Neubau des Hauses von Dr. Ing. Erwin Roux, wohnhaft zu Berlin-Friedenau, Hähnelstraße 13, für das in Kl. Machnow, Schlehdornweg Parzelle 17 belegenes Grundstück mit der Bitte um baldige Genehmigung“ eingereicht. Das Grundstück nimmt mit einer Gesamtfläche von 1081,98 qm und einer vorgesehenen Bebauung von 117,12 qm im Vergleich zu den sonstigen Parzellen in dieser Gegend eine Sonderstellung ein. Auch der Bau selbst, Tiefgarage im Untergeschoss, Anbau im Erdgeschoss mit davorliegender Terrasse und Balkon im Obergeschoss, setzte sich vom gängigen Siedlungsstil ringsum ab.

 

Erwin Wilhelm Eduard Roux, der am 7. Februar 1891 in Innsbruck geboren wurde, besuchte bis zum Abitur 1909 das Stadtgymnasium in Halle. Nach praktischer Arbeit in zwei Maschinenfabriken in Halle studierte er bis zum Herbst 1910 Naturwissenschaften und Rechte und ab Oktober 1911 an der Technischen Hochschule in Breslau Maschinenbau. Während des Weltkriegs diente er in den Funkerabteilungen von Thorn und Köln. Im Februar 1919 setzte er sein Studium in Breslau fort. Die Prüfung zum Diplom-Ingenieur bestand er am 18. Oktober 1919 „Mit Auszeichnung“. Vom September 1919 bis September 1921 war er 1. Assistent am Institut für Dampfmaschinen der TH Breslau. Im Juli 1921 promovierte er zum Dr. Ing. „Mit Auszeichnung“. Nach dem Studium arbeitet er als Konstrukteur bei der Lokomotivfabrik Maffei in München-Hirschau.

 

Unmittelbar nach der Fusion von „Bambergwerk Berlin-Friedenau“ mit der „Zentralwerkstatt für Gasgeräte GmbH Dessau“ hatte der Firmeninhaber der so entstandenen „Askania-Werke AG“ Max Roux seinen Cousin Erwin Roux 1921 von München nach Friedenau geholt. Er hatte dort zunächst als Vorsteher die Abteilung für wärmetechnische Instrumente übernommen. Als die bauliche Erweiterung von Askania mit dem fünfgeschossigen Quergebäude und der zweigeschossigen Tischlereiwerkstatt nach Plänen von Hans Altmann anstand, wurde ihm die Bauleitung übertragen. 1923 wurde er zum Betriebsleiter und Prokurist ernannt. Dr. Ing. Erwin Roux wohnte in Friedenau zunächst in der III. Etage des Mietshauses Hertelstraße 6 und von 1929 bis zur Fertigstellung seines Hauses in Kleinmachnow 1933/34 in der Hähnelstraße 13.

 

Nach 1935 nahm bei Askania die Spezialisierung für die Rüstungsindustrie zu: Kreiselinstrumente für Schiffe und Flugzeuge, Zieloptiken für Flak-Geschütze und U-Boot-Periskope, Flugleitsystem für Marschflugkörper. Firmeninhaber Max Roux wurde Mitglied der NSDAP und Wehrwirtschaftsführer. Sein Cousin Dr. Ing. Erwin Roux beschäftigte sich mit der Weiterentwicklung der Geräte. Am 29. Mai 1936 wurde ihm vom Deutschen Patentamt das Patent Nr. 82525 „Cinetheodolite“ erteilt – ein kombiniertes Fotoaufzeichnungs- und Vermessungsinstrument, das z. B. Flugwege von Projektilen, Raketen oder Flugzeugen verfolgt und fotografiert. Am 15. März 1938 wurde „Cinetheodolite“ unter der Nr. 2111516 auch vom United States Patent Office bestätigt.

 

Im April 1945 wurde Erwin Roux von der Roten Armee verhaftet und in das Speziallager der Sowjetischen Militäradministration nach Sachsenhausen gebracht. Dort ist der 54-jährige Erwin Roux am 6. Oktober 1945 an Erschöpfung gestorben. Seine letzte Ruhe fand er in einem Massengrab in den Wäldern von Oranienburg. Nach Angaben seiner Kinder Hans-Georg und Ingeborg wurde Max Roux ebenfalls von den Russen abgeholt – und nicht mehr gesehen. Geblieben ist die ungewöhnlich große Familiengrabstelle Abt. X Nr. 63 mit vier Grabplatten auf dem Neuen Friedhof an der Heinrich-Mann-Allee in Potsdam, darunter ein Grab als Gedenkstein: „Max Roux. Geboren 26. Februar 1886 zu Leipzig, gestorben Dez. 1945 zu Potsdam.“ Der Text macht deutlich, dass weder das Todesdatum noch der Verbleib der sterblichen Überreste bekannt sind.

 

Das nach einem Entwurf von Hans Altmann errichtete Einfamilienhaus im Kleinmachnower Schlehdornweg Nr. 8 hat den Zweiten Weltkrieg überstanden. Witwe Else Roux lebte mit den Kindern Inge, Dieter und Helmuth vorerst weiter in Kleinmachnow. Mit dem Umzug der Familie nach West-Berlin blieb das Anwesen auch während der DDR-Jahre im Familienbesitz. Die Gemeinde Kleinmachnow teilte das Haus in Erd- und Obergeschoss auf und brachte dort zwei Familien unter. Nach der Wiedervereinigung wurde die Immobilie 1991 verkauft. Der neue Eigentümer besorgte für die „Altmieter“ einvernehmlich neue Wohnungen. Nach der gründlichen Renovierung zog die Familie und drei Kindern ein. Das ist 26 Jahre her. Das Altmannsche Haus und der schon damals großzügig angelegte Garten haben ihren Charme bewahrt.

 

Askania-Werke Mariendorf

1938-1940

Askania-Werke Mariendorf

Großbeerenstraße Nr. 2

Entwurf Hans Altmann

Bauherr Max Roux, Askania-Werke AG

 

Das Grundstück Großbeerenstraße Nr. 2, Ringstraße Nr. 44-66 und Rathausstraße Nr. 48 gehörte ursprünglich zum Gaswerk Mariendorf. In den 1930er Jahren ging es an die Askania-Werke AG, die 1921 aus der Fusion mit der Centralwerkstatt Dessau für Gasgeräte GmbH der Deutschen Continental Gas AG hervorgegangen war. Kurz vor dem Zweiten Weltkrieg war die Askania AG zu einer gewaltigen Produktionssteigerung gezwungen. Da ein weiterer Ausbau des Stammwerks in Friedenau nicht mehr möglich war, entstand nach Plänen von Hans Altmann, dem Hausarchitekten des Unternehmens, 1938-1940 neben dem Gaswerk Mariendorf eine ausgedehnte Fabrikanlage.

 

 

Hans Altmann entwarf moderne, auf klaren Linien aufbauende Gebäude im sachlichen Stil der 1920er und 1930er Jahre. Die Stahlbetonskelettbauten sind mit dunkelbraunen Klinkern verkleidet. Durch die nüchterne architektonische Grundhaltung und das durchgängig verwendete Klinkermaterial entsteht ein einheitliches Bild. Den Kern der Fabrikanlage bilden zwei sechsgeschossige Stockwerksbauten mit quer anbindenden achtgeschossigen Fahrstuhl- und Treppenhaustürmen. Die liegenden Fenster der Stockwerksbauten sind durch lang gestreckte, von Gebäudeecke zu Gebäudeecke reichende Muschelkalkrahmungen zu horizontalen Fensterbändern zusammengefasst. Über dem auskragenden Gesims aus Muschelkalk ist eine niedrige, geschlossene Attika ausgebildet. Zu jedem Stockwerksbau gehört eine großflächige rechteckige Shedhalle. Für eine großzügige Belichtung der mehrschiffigen Hallen sorgen die pultdachförmig angelegten Sheds und die fast vollständig verglasten Längsfronten.

 

Dem nördlichen Stockwerksbau ist das Heizkraftwerk vorgelagert, das aus spannungsvoll gestaffelten kubischen Bauteilen besteht. Der Mitteltrakt ist durch zwei an der Westseite angeordnete rechteckige Schornsteine hervorgehoben. Das Gegenstück zum Heizkraftwerk ist die Montagehalle vor dem südlichen Stockwerksbau. Die lang gestreckte Halle wird an der östlichen Längsseite durch ein Stützenraster und zwei übereinander stehende Fensterreihen gegliedert. An die südliche Giebelseite schließt sich der markante, an drei Seiten freistehende Versuchsturm an. Der kubische, flach gedeckte Turmblock besitzt einen weit geöffneten Turmraum, in dem optische und geodätische Geräte getestet wurden. Topographie Schöneberg, 2000

 

Wohnhaus Familie Altmann. Foto Hahn & Stich, 2015

1938

Wohnhaus Familie Altmann

Dahlem, Föhrenweg Nr. 17

 

Hans Altmann ist mit Frau und den Söhnen Günther und Hans Peter mehrfach umgezogen: Stubenrauchstraße Nr. 67 II (1907), Lauterstraße Nr. 19-20 (1910), Ringstraße Nr. 50 I (1912) und Stubenrauchstraße Nr. 12 II (1913). Im Jahr 1930 gibt er als Wohn- und Geschäftsadresse Kaiserallee Nr. 64/5 an. Danach zog es die Familie nach Dahlem, zuerst unter der Adresse Am Schülerheim Nr. 4, danach ab 1938 im eigenen Haus Föhrenweg Nr. 17 - die letzte Adresse in Berlin.

 

Hans Altmann starb am 27. Januar 1965 und wurde auf dem Waldfriedhof Dahlem, Feld 001, Nr. 746, bestattet. Das Nutzungsrecht lief 1985 aus. Das Grab existiert nicht mehr. Die Recherchen zu Altmanns Nachfahren sowie zur Geschichte des Hauses Föhrenweg Nr. 17 blieben bisher ohne Ergebnis.