Johannes Duntz
Die Informationen über die Baumeister der Friedenauer Siedlungsphase nach 1881 bleiben dürftig. Das gilt vor allem für Johannes Duntz und Max Nagel. Dem Teltower Kreisblatt vom 24.09.1885 ist zu entnehmen, dass bei der heute stattgehabten Wahl Herr Architekt Max Nagel mit 78 von 85 abgegebenen Stimmen zum Gemeindevertreter gewählt wurde. In der Topographie Friedenau von 2000 heißt es, dass Johannes Duntz nach dem Tod des Gemeindearchitekten Max Nagel im Jahre 1904 bis zur Berufung von Hans Altmann 1906 kommissarischer Stellvertreter des Gemeindearchitekten war. Belege dafür gibt es nicht.
Kurz nach dem Amtsantritt von Hans Altmann als Gemeindebaurat beschloss die Gemeindevertretersitzung, Herrn Architekt Duntz vom 1. Oktober 1906 ab lebenslänglich anzustellen. Das Gehalt wurde auf 3900 M. festgesetzt und endet nach 15 Jahren mit dem Höchstgehalt von 4800 M. Gleichzeitig wurde Herr Diplom-Ingenieur Mulertt, der den Bau des Elektrizitätswerks an der Kreuznacher Straße nach den Entwürfen von Johannes Duntz ab 1905 als Bauleiter begleitete, zum Direktor ernannt und auf weitere 3 Jahre vom 1. Oktober 1906 ab mit der Leitung des Elektrizitätswerks beauftragt.
Der Architekt Johannes Duntz hat für Friedenau drei kommunale Bauten geschaffen: 1904-1906 II. Gemeindeschule & Turnhalle in der Rheingaustraße Nr. 7, Schuldirektorenwohnhaus am Maybachplatz (1907) sowie das Elektrizitätswerk Friedenau (1907) in der Rheingaustraße Nr. 30.
1906
Perelsplatz Nr. 5
Schuldirektorenwohnhaus
Entwurf Johannes Duntz
Bauherr Gemeinde Friedenau
Das Direktorenwohnhaus östlich der Schule wurde 1905-06 von Duntz erbaut, der als Architekt in Friedenau - kurz vor dem Amtsantritt Altmanns 1906 - mit dem Bau der II. Gemeindeschule (heute Stechlinsee-Schule) 1904-06 und des Elektrizitätswerks Friedenau 1905-07 erfolgreich tätig gewesen war.
Das zweigeschossige Landhaus mit einer Grundfläche von 13 x 14 Metern ist auf niedrigem Souterrain errichtet und mit einem steilen Walmdach, das nach Osten einen Schildgiebel zeigt, gedeckt. An der Südwestecke ist ein zweigeschossiger Standerker angeordnet. Der Eingang befindet sich an der Westseite. Die Wohnräume im Erd- und die Schlafräume im Obergeschoß fügen sich ein in einen Vierfelder-Grundriss, in den eine Halle mit Treppe eingeschoben ist. Die Fassaden des Hauses sind asymmetrisch angelegt, die Befensterung folgt funktionalen Erfordernissen. Das Haus ist ein Landhaus im Sinne der Landhausbewegung. Heute wird es vom Bezirk Schöneberg als Kindertagesstätte genutzt.Topographie Friedenau, 2000.
1906
II. Gemeindeschule Friedenau
Rheingaustraße Nr. 7
Entwurf Johannes Duntz
Bauherr Gemeinde Friedenau
Seit 1873 bestand in der Moselstraße Nr. 5 die Roennebergsche Höhere Mädchenschule. 1875 kam eine Gemeindeschule mit einer Klasse in der Ringstraße Nr. 49 hinzu. Ab 1876 diente die Villa Albestraße Nr. 32 als Schule. Dr. Carl Lorenz (1851-1914) eröffnete in der Schmargendorfer Straße Nr. 24-26 eine Privatschule für Knaben, anfangs nur mit Vorschulklassen, später als Höhere Knabenschule, 1891 erweitert um eine Höhere Mädchenschule. Die Gemeinde Friedenau errichtete 1890 eine Schule mit Turnhalle in der Albestraße. Die Villa Albestraße Nr. 32 wurde 1895 abgerissen. Auf dem Grundstück entstand ein Schulhaus mit 15 Klassen, das bis 1906 das einzige kommunale Schulgebäude des Ortes blieb. 1897 gab die Lorenz‘sche Privatschule auf.
Da die ersten vier Klassen des Gymnasiums bisher in der Gemeindeschule Albestraße untergebracht waren, wurde es durch das außerordentliche Anwachsen der Bevölkerung erforderlich, für das Gymnasium ein eigenes Gebäude zu errichten. Nach den Plänen der Regierungsbaumeister Erich Blunck und Paul Engelmann entstand zwischen April 1901 (Grundsteinlegung) und Juni 1903 (Einweihung) das Gymnasium am Maybachplatz (Perelsplatz). 1904 kam die Turnhalle dazu, 1905 das Direktorenhaus.
1903 erwarb die Gemeinde Friedenau vom Berlin-Charlottenburger-Bau-Verein Grundstücke für Schulbauten zwischen Goßler- und Rheingaustraße. In der Gemeindevertretersitzung am 20. Januar 1905 gab es eine lebhafte Debatte über das Bauprojekt. Dazu führte der Architekt und Gemeindebaurat Johannes Duntz aus: In dem neuen Gebäude sollen 48 Klassen nach Süden, 16 nach Osten und 10 nach Westen zu liegen kommen. Die Klassen sind für die Aufnahme von bis zu 64 Schülern berechnet. Das Gebäude wird 19 Meter hoch und steht mit der Turnhalle nicht in direkter Verbindung. Der zunächst zu erbauende Flügel erhält 22 Klassen und kostet ohne Einrichtung 190000 M. Die Wohnräume für den Heizer und Schuldiener kommen in den Keller zu liegen. Die Schulhöfe erhalten einen Flächenraum von 2279 bzw. 4313 Quadratmeter. Das ganze Gebäude fasst 72 Klassen und würde beim ganzen Ausbau 600000 M. kosten.
Die II. Gemeindeschule nach Plänen von Architekt Johannes Duntz wurde am 1. Oktober 1906 eingeweiht. Das Schulgebäude ist ein viergeschossiger Putzbau auf hohem Souterrain mit steilem Walmdach auf einem Rechteckgrundriss, zweibündig angelegt mit einem Mittelflur und Klassenräumen an jeder Längsfront. Auf dem Dach erhebt sich ein Dachreiter. In der Mittelachse jeder Längsfront ist ein breiter Mittelrisalit eingefügt, in dem jeweils asymmetrisch ein erkerartig vorspringendes Treppenhaus so angeordnet ist, dass im Grundriss die beiden Treppenhäuser an der Ost- und der Westseite des Schulbaus nicht genau einander gegenüber, sondern versetzt liegen, um die Fluchtwege zu verkürzen. Der Mittelrisalit wird mit einem großen neobarocken Giebel mit Uhr überhöht, dem ein kleinerer Giebel für den Treppenhauserker vorgesetzt ist, in dem die Jahreszahl „1906“ als Datum der Fertigstellung der Schule zu lesen ist. Auch die Seitenfronten sind durch neobarocke Giebel bekrönt. Die Längsfronten mit ihren gleichmäßig gereihten Fensterachsen werden durch Bauschmuck kaum belebt, dafür sind die 26 Buchstaben des Alphabets in Fraktur in die Pfeiler des Gebäudes beiderseits des Treppenhauses eingelassen.
Zur Gemeindeschule gehört auch das Turnhallengebäude, das als zweigeschossiger Bau über zwei übereinanderliegende Turnhallen verfügt. In neobarocken Formen ist es mit einem breiten Walmdach gedeckt und an beiden Giebelseiten durch Eingänge und Treppen erschlossen, so daß jede der beiden Schulen zu der von ihr genutzten Turnhalle einen eigenen Zugang von ihrer Seite hat. Topographie Friedenau, 2000
In der Gemeindevertretersitzung vom 14. Mai 1906 wurde über die Bewilligung der Mittel für den Bau einer zweigeschossigen Turnhalle beraten: Für die im Bau begriffene Gemeindeschule ist die Errichtung eines Turnhallengebäudes erforderlich, in welchem zwei Hallen übereinander angeordnet werden sollen. Die Errichtung ist auf dem zwischen der Goßler-und Rheingaustraße belegenen Gemeindeterrain so geplant, dass der an das Grundstück anstoßende unschöne Brandgiebel des Hauses Ecke Goßler- und Hertelstraße durch denselben wieder verdeckt wird. Die beiden Turnhallen, von denen die obere auf einer 1,90 Meter breiten Treppe erreicht wird, erhalten eine Abmessung von 12x24 Meter; an dieselben schließen sich in jedem Geschosse je ein Auskleideraum von 35 Quadratmeter, ein Geräteraum von 26,18 Quadratmeter und ein Turnlehrerzimmer von 11,55 Quadratmeter an. Außerdem sind für jede Turnhalle ein Lehrerabort, 2 Schulaborte und einige Pissoirstände vorgesehen. In der unteren Turnhalle, welche auch zeitweise als Festsaal bzw. Aula für die Volksschule dienen soll, ist eine balkonartige Galerie für Zuschauer geplant, auf welcher in zwei Reihen 45 bis 50 Personen sitzen können. Die Baukosten des Entwurfes betragen 80000 M. ohne innere Ausrüstung. Ferner lässt sich durch einen Mehraufwand von 5000 M. im Dachgeschosse eine Wohnung von 3 Zimmern und Küche für einen Turnhallenwärter herstellen.
1907
Rheingaustraße Nr. 30
Elektrizitätswerk Friedenau
Entwurf Johannes Duntz
Bauherr Gemeinde Friedenau
Nachdem Bernhard Schnackenburg (1867-1924) zum ersten hauptamtlichen Bürgermeister von Friedenau gewählt war, fasste die Gemeindevertretung den Beschlus, Friedenau mit elektrischer Beleuchtung, nicht nur in den Häusern, sondern auch auf den Straßen zu versehen. Anstatt jedoch den von dem Elektrizitätswerk Süd-West angebotenen Lieferungsvertrag anzunehmen, entschloss sich die Gemeindevertretung dazu, sogleich ein eigenes Elektrizitätswerk an der Rheingaustraße Nr. 30 Ecke Kreuznacher Straße Nr. 2 zu errichten. Im April 1905 ließ die Gemeindeverwaltung bereits die Bedingungen drucken, unter denen die Stromabgabe erfolgen soll. Es dürfte sich empfehlen, die Anmeldungen frühzeitig zu bewirken, damit der Anschluss an die Häuser leichter bewerkstelligt werden kann und unnötige Buddeleien vermieden werden. Laut Beschluss der Gemeindevertretung wird der Anschluss bis zum Zähler auf Kosten der Gemeinde hergestellt. In allen Straßen östlich und inkl. der Kaiserallee sollen Kabel gelegt werden. Die Gasgesellschaft hat sich bereit erklärt, die Gaslaternen stehen zu lassen, bis die elektrische Beleuchtung funktioniert.
Am 28. September 1905 war der langersehnte Augenblick gekommen, wo die Maschinen unseres Werkes zum ersten Male in Betrieb gesetzt wurden. Gegen 5 Uhr Nachmittags fand sich unser Herr Bürgermeister mit seiner Frau Gemahlin im Elektrizitätswerk ein, wo dieselben von der Bauleitung empfangen und mit einem Ehrentrunk begrüßt wurden. Dann trat Herr Diplom-Ingenieur Mulertt mit den Maschinisten an die zum Anlasten der Maschine dienenden Ventile. Dieselben wurden geöffnet, komprimierte Luft unter einem Druck von 50 Atmosphären strömte in die Zylinder und in demselben Augenblick setzten sich die zweigewaltigen Schwungräder in Bewegung. Nachdem dann am Schaltbrett die nötigen Schaltungen ausgeführt waren betraten Herr und Frau Bürgermeister die Galerie vor der Schalttafel. Dann drehte Frau Bürgermeister an einem Schalter und sofort erstrahlte die ganze Schalttafel im Glanze elektrischer Lampen. Die erste Lichtabgabe unseres Werkes hatte stattgefunden. Für die nächsten Tage sind nun noch umfangreiche Versuche in der Zentrale nötig. Stellt es sich dann heraus, daß alle Maschinen und Apparate tadellos funktionieren, so wird sofort mit der Ladung der Akkumulatoren begonnen und dann erhalten auch die Konsumenten Strom.
Schon bald war die Anlage zu klein. Der Friedenauer Lokal-Anzeiger stellte bereits am 6. Oktober 1906 folgende Überlegungen an: Die Anlagen für Stromentwickelung bei unserem Elektrizitätswerk sind, nachdem das Werk erst vor einem Jahre eröffnet wurde, bereits zu klein und der Direktor des Werkes ist so vorsichtig, schon rechtzeitig für Aufrechterhaltung des Betriebes zu sorgen. In den Abendstunden (bis 0 Uhr abends) ist der Bedarf an Elektrizität bereits so groß, daß trotz voll belasteter Betriebsmaschine die Akkumulatorenbatterie noch ca. 80-100 Amp. zu liefern hat. Die zuletzt angegebenen Zahlen werden sich auf ca. 150 Amp. erhöhen, wenn die Straßenbeleuchtung westlich der Kaiserallee und auf dem Sportpark in Betrieb kommt. Hierbei ist noch nicht berücksichtigt, dass fortwährend neue Anlagen angeschlossen werden. (Vom 1.-3. Oktober weitere 12 Stück.) Da die Batterie nur im Stande ist, mährend 4 Stunden 150 Amp. zu liefern, so lässt sich schon jetzt mit Bestimmtheit sagen, dass zur Deckung des Dezemberbedarfs beide Hauptmaschinen während der Abendstunden in Betrieb genommen werden müssen. Eine Reserve ist dann also nicht mehr vorhanden. Da nun bis zur Inbetriebsetzung einer dritten Maschine reichlich 1 Jahr vergeht, vorausgesetzt, dass die Maschine sofort bestellt wird, so ist noch gar nicht abzusehen, welche Schwierigkeiten im nächsten Winter der Betrieb bieten wird. Die Frage ist nun die, ob wieder eine Maschine von 250 oder sofort eine solche von 500 PS. Aufgestellt werden soll. Die Kosten für eine betriebsfertige Maschine inkl. Dynamo und Schaltanlage, so berechnet Herr Direktor Mulertt, belaufen sich an ca. 90000 Mark für eine 250 PS. und ca. 140000 M. für eine 500 PS. Maschine, also für letztere 50000 M. mehr. Rechnen wir 8 Proz. für Verzinsung, Amortisation und Erneuerung, so wären also bei Anschaffung der größeren Maschine ca. 4000 M. jährlich mehr aufzubringen. Dafür ist aber dann eine sichere Gewähr geboten, dass für die nächste Zeit nicht wieder Neubauten nötig werden. Obwohl durch die größere Maschine die Rentabilität des Werkes vorläufig verschlechtert wird, so erscheint doch die Aufstellung einer größeren Maschine für die Zukunft vorteilhafter zu sein.
Am 31. März 1911 wurde das Elektrizitäts-Werk der Gemeinde Friedenau stillgelegt. Ab 1. April 1911 übernahm das Elektrizitätswerk Steglitz an der Birkbuschstraße die Stromversorgug von Friedenau.