Ein Jahr nach dem Tod von Pfarrer Ludwig Frege erfolgte am 29. April 1884 die Umbenennung der bisherigen Straße 27 in Fregestraße. Zeitgleich wurde die als Verbindung zwischen Schmargendorf, Friedenau und Tempelhof gedachte Schmargendorfer Straße von der Rheinstraße an mit dem Namen Hedwigstraße bedacht – benannt nach Hedwig Neumann geb. Frege (1841-1921), der einzigen Tochter des Pfarrers Ludwig Frege, so die bis heute gängige Begründung. Die Benennung in Hedwigstraße bleibt ein Rätsel.

 

Grabstätte der Familie Frege. Foto Hahn & Stich, 2015

Die Geschichte der Familie Frege

 

Ferdinand Ludwig Frege (1804-1883) war der Sohn des Berliner Schneidermeisters Johann Christoph Frege (1750-1829) und seiner in Berlin geborenen Ehefrau Marie Caroline Wolf (1816-1910). Er besuchte das Gymnasium zum Grauen Kloster, studierte Theologie an der Friedrich-Wilhelms-Universität und wurde nach seiner Ordination 1829 zunächst Erzieher der Prinzen Adalbert (1884-1948) und Waldemar (1889-1945) von Preußen. 1835 wurde er Schloßprediger in Schwedt und Küstrin, wo Tochter Hedwig Maria Gertrud (1841-1922) und Sohn Franz Friedrich Konrad (1843-1920) geboren wurden. 1845 wurde Ludwig Frege zum Pfarrer von Schöneberg und Lankwitz berufen. Die Familie zog in das Pfarrhaus Alt Schöneberg. Er wird als geborener Städter und politischer Mensch beschrieben, als einer der ersten Befürworter für den Anschluss von Schöneberg an Berlin. 1864 gründete er in seinem Amtsbezirk die Zwölf-Apostel-Gemeinde und legte das erste Kirchenbuch an. Bereits 1839 verfasste er Berlin unter dem Einfluss der Reformation im 16. Jahrhundert, dem 1850 die Geschichte des preußischen Volksliedes und 1855 Das Interim und der Augsburger Religionsfriede folgten.

 

 

 

 

 

Ludwig Frege starb am 6. Juli 1883 und wurde auf dem Evangelischen Kirchhof Alt Schöneberg im Grab Abt. W-3-4 beigesetzt. Das Teltower Kreisblatt schrieb seinerzeit: Der Schloßprediger Ludwig Frege hierselbst, 79 Jahre alt, ist am Freitag früh um 10 Uhr verstorben. Der Tod ereilte ihn gerade an seinem Geburtstage, und die von allen Seiten nach dem Pfarrhause eilenden Gratulanten traten in ein Todtenhaus. Von Allen, die ihn gekannt haben, hochgeachtet, von seinen Gemeinden geliebt und verehrt, hat er nahe an 40 Jahre in unserem Orte segensreich gewirkt. Prediger Frege ist einer derjenigen Menschen, die nach ihrem Tode keinen Feind zurücklassen. Er war ein steter Wohltäter der Armen und ließ sich nicht abschrecken, wenn auch seine Wohlthaaten häufig gemißbraucht wurden.

 

Ein Jahr nach seinem Tod erhielt die bisherige Straße 27 am 29. April 1884 den Namen Fregestraße. Zeitgleich wurde die als Verbindung zwischen Schmargendorf, Friedenau und Tempelhof gedachte Schmargendorfer Straße von der Rheinstraße an mit dem Namen Hedwigstraße bedacht – benannt nach Hedwig Neumann geb. Frege (1841-1921), der einzigen Tochter des Pfarrers Ludwig Frege, die zu diesem Zeitpunkt erst 43 Jahre alt war, in erster Ehe eine verheiratete Apel, in zweiter Ehe eine verheiratete Neumann und die schließlich zur Majors-Witwe wurde. Hedwig lebte noch bis 1921 und soll auf der Grabstelle ihres Vaters auf dem alten Schöneberger Kirchhof beigesetzt worden sein – wofür die Kirchhofsverwaltung bis heute keine Unterlagen vorlegen kann. Die Benennung in Hedwigstraße bleibt ein Rätsel.

 

Schloßpredigers-Witwe Marie Frege geb. Wolf zog nach dem Tod ihres Ehemannes 1899 nach Görlitz, zuerst in die Hartmannstraße Nr. 5, später in die Moltkestraße Nr. 13 pt. Dort war ihr Sohn Franz Friedrich Konrad (1843-1920) nach dem Studium und einer Zwischenstation als Königlicher Staatsanwalt-Gehilfe in Angermünde erster Staatsanwalt für Liegnitz und Görlitz geworden – mit Wohnung in Görlitz, Berliner Straße Nr. 42. Später wurde er Generalbevollmächtigter des Fürsten Solms-Baruth. Er heiratete 1873 Auguste Hedwig Agnes Nitsche (geb. 1846). Aus seiner zweiten Ehe mit Anna Maria Luise Christiani stammt der in Potsdam geborene Sohn Wolfgang Christian Ludwig Frege (1884-1964). Dieser studierte in Heidelberg, Berlin und Breslau Rechts- und Staatswissenschaften, promovierte 1908, trat 1912 in den preußischen Justizdienst ein und brachte es beim Preußischen Oberverwaltungsgericht in Berlin bis zum Oberverwaltungsgerichtsrat. 1918 heiratete er laut Trauregister Berlin-Grunewald Eva Reitzenstein (1894-1964) die Tochter des Landgerichtspräsidenten Dr. jur. Hermann Freiherr von Reitzenstein und Hermina geb. Friedensburg. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er zunächst Präsident des Bezirksverwaltungsgerichtes Berlin-Zehlendorf und 1953 erster Präsident des Bundesverwaltungsgerichtes.

 

Sein Sohn Joachim Frege (1919-1997) studierte Jura, wurde Richter und heiratete die Engländerin Jeannie Whittaker (1926-2000). Aus der Ehe stammen fünf Kinder, darunter der 1962 geborene Andreas Frege – bekannt unter seinem Künstlernamen Campino, dem Frontmann der Toten Hosen.

 

Soweit, so gut. Ludwig Frege war fast vier Jahrzehnte Pfarrer von Schöneberg. Sein Grab auf dem Ev. Kirchhof Alt Schöneberg existiert seit 1883. Im Jahr 1910 wurde dort auch seine Ehefrau Marie Frege geb. Wolf beigesetzt. Die verwitterte Inschrift lautet: Hier ruhet in Gott Frau Prediger Marie Frege geb. Wolf geb. in Berlin am 19. September 1816, gestorben in Görlitz am 23. November 1910. Da in allen Friedenau-Publikationen zu lesen ist, dass Tochter Hedwig Neumann geb. Frege auf dem alten Schöneberger Kirchhof auf der Grabstelle ihres Vaters beigesetzt wurde, suchten wir am 25. September 2022 unter dem mit Efeu überwucherten Grab nach einem Hinweis und fanden eine flach auf dem Boden liegende Grabplatte mit der Inschrift: Hedwig Neumann geb. Frege 1841-1921. Selig sind die da Leid tragen. Die geschiedene Majors-Witwe Hedwig Neumann geb. Frege war ein Jahr nach ihrer Mutter nach Görlitz gezogen und wohnte dort im Haus der Mutter Moltkestraße Nr. 13 Parterre. Nach ihrem Tod wurden die sterblichen Überreste nach Berlin überführt und auf dem Kirchhof Alt Schöneberg bestattet.

 

Erfreulich ist, dass die Evangelische Kirchengemeinde Alt-Schöneberg die Grabstätte Frege Abt. W-3-4 bisher nicht eingeebnet hat. Getan hat die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz allerdings für Erhalt und Pflege nichts. Vergessen ist, dass der Pfarrer von seinen Gemeinden in Schöneberg und Lankwitz geliebt und verehrt wurde, segensreich gewirkt hatte, ein steter Wohltäter der Armen war, und sich nicht abschrecken ließ, wenn auch seine Wohlthaaten häufig gemißbraucht wurden. Es ist an der Zeit, dass Bischof Christian Stäblein seinen warmen Grußworten Taten folgen läßt und sich persönlich dafür einsetzt, Pfarrer Ludwig Frege und seiner Familie eine würdige Ruhestätte zu gewähren.

 

Wir haben 2003 mit der Initiative Lange Nacht auf dem Südwestkirchhof, wo mehr als 120 Künstler ohne Honorar auftraten und 30.000 Euro für die Sanierung von Grabdenkmälern eingingen, auch mit dem Auftun von privaten Spendern für die Sanierung der Grabstätte des Pfarrers Paul Vetter auf dem Friedhof Stubenrauchstraße einiges für die Erinnerung getan. Jetzt ist die Kirche dran!

 

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Programm Lange Nacht auf dem Südwestkirchhof 2003

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Hedwigstraße 3, 1950. Sammlung Staudt, Museum Schöneberg

Hedwigstraße Nr. 3

 

Der Fotograf Herwarth Staudt hat seine Aufnahme von 1950 mit Hedwigstraße 3 beschriftet. Nach den örtlichen Gegebenheiten müsste es sich um das Eckhaus Hedwigstraße Nr. 3 (Eigentümer bis 1943 Müller’sche Erben) und Hedwigstraße Nr. 3A Ecke Fregestraße Nr. 6 (Eigentümerin bis 1943 G. Corradi) handeln.

 

 

 

 

Hedwigstraße 7, 1953. Sammlung Staudt, Museum Schöneberg

Hedwigstraße Nr. 7

 

Eigentümerin des Anwesens Hedwigstraße Nr. 7 war bis 1925 Frau G. Richter. 1926 geht der Besitz an die verwitwete Dr. Reg. Rat Ch. Hülsberg. 1939 wird als Eigentümer der Kaufmann H. Helm genannt. 1940 heißt es E. ungenannt und 1943 E. ungenannt, V. (Verwalter) Kaufmann H. Helm (Friedenau, Schnackenburgstraße Nr. 2). Wenig später ist die Villa an der Ecke zur Wielandstraße eine Ruine. Nach dem Abriss entsteht ein dreistöckiger Neubau. Über das weitere Schicksal von Witwe Hülsberg ist (bisher) nichts bekannt.

 

 

Weiteres in Vorbereitung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Hedwigstraße 8, Landhaus, LDA 2005

Hedwigstraße Nr. 8

1888

Entwurf Heinrich Franzke

Bauherr A. Thorleuchter

 

Die Handschuhfabrik von A. Thorleuchter wird im Berliner Adressbuch von 1870 erstmals unter Kochstraße Nr. 71 erwähnt, zieht 1880 an den Schloßplatz Nr. 11 und hat ihren Sitz ab 1890 in der Potsdamer Straße Nr. 139. Fünf Jahre später ist Frau Helene Huth Inhaberin der Handschuhfabrik Thorleuchter. In der Zwischenzeit hatte sich Thorleuchter 1888 vom Maurermeister und Bauunternehmer Heinrich Franzke das zweigeschossige Wohnhaus Hedwigstraße Nr. 8 errichten lassen. Aufgefallen war Franzke 1885 mit seinem in Putzbauweise geschaffenen Landhaus Handjerystraße Nr. 70 und 1888 mit dem Mietshaus Handjerystraße Nr. 71, in dem er Putzrustika (im Erdgeschoss) und Verblendung mit roten Ziegeln (in den beiden Obergeschossen) kombinierte.

 

Hedwigstraße Nr. 8 gehört zu den wenigen Beispielen eines villenartigen Hauses in geschlossener Bebauung im Bereich des Friedenauer Teils von Schöneberg. Wie das ‚Normal-Landhaus‘ der Erstbebauung in Friedenau ist es dreiachsig, mit Erker und Giebel sowie einem zurückgesetzten Eingangsbereich gegliedert. Anders als bei den bescheideneren Vorgängern besteht das Hauptcharakteristikum bei diesem Gebäude jedoch in dem reichen Stuckdekor auf roten Klinkerwänden, insbesondere am Drempel mit Ovalfenstern und einem breiten Konsolgesims. Je eine etwa 140 Quadratmeter große herrschaftliche Wohnung in Erd- und Obergeschoss war mit vier Räumen, Küche, Bad und Mädchenkammer ausgestattet. Topographie Friedenau, 2000

 

Der wohl berühmteste Besitzer des Hauses Hedwigstraße Nr. 8 ist Theodor Scheidl (1880-1959). Er zieht 1927 mit Ehefrau Emma geb. Hausser und Tochter Dorothea ein. Die Biographie des 1880 in Wien Geborenen ist ungewöhnlich. Er wird Drogist, hält einige Jahre den österreichischen Rekord über 68 Meter Brustschwimmen und erreicht bei den Olympischen Spielen 1906 in Athen im Fünfkampf den neunten und im Standweitsprung den 13. Platz. 1910 gibt er sein Debüt als Opernsänger an der Wiener Volksoper in der Rolle des Heerrufers in Lohengrin. Es folgen Engagements in Olmütz, Augsburg und Stuttgart. 1914 tritt er bei den Bayreuther Festspielen als Klingsor in Parsifal und als Donner im Rheingold auf. In den 1920er Jahren kommen der Amfortas in Parsifal, Telramund in Lohengrin und Kurwenal in Tristan und Isolde hinzu.

 

Nach der bejubelten Uraufführung von Paul Hindemiths Oper Mörder, Hoffnung der Frauen 1921 in Stuttgart wird er Mitglied der Berliner Staatsoper und zieht erst einmal mit Ehefrau Emma in die II. Etage der Luitpoldstraße Nr. 31 in Berlin W 30, wo 1923 Tochter Dorothea geboren wird. Am 10. Dezember 1928 erwartet Berlin ein Kulturereignis ersten Ranges, die Uraufführung der Oper Der Singende Teufel von Franz Schreker in der Staatsoper Unter den Linden. Dirigent Erich Kleiber besetzt die Hauptrollen mit den besten Opernsängern, darunter Theodor Scheidl. Das Urteil der Kritik über Schreker war vernichtend. Die Opernhäuser in Breslau, Prag, München und Frankfurt sahen sich plötzlich außerstande, das Werk aufzuführen. Um das Stück für weitere Berliner Aufführungen zu retten, wurde die Partitur um eine halbe Stunde gekürzt. Theodor Scheidl hat es nicht geschadet. Neben seinem Wagner-Repertoire singt er den Jago in Verdis Otello, Alfio in Cavalleria rusticana, nimmt bei der Deutschen Grammophon Lieder Robert Schumann, Franz Schubert, Franz Liszt, Richard Strauss und einige Wienerlieder auf. 1933 wird er Mitglied der NSDAP. Die hohe Zeit als Staatsopernsänger nähert sich dem Ende. George Szell engagiert Scheidl für Boris Godunow (1934) und Arabella (1937) für das Neue Deutsche Theater in Prag. 1938 erhält er den Ehrentitel Kammersänger. Im Berliner Adressbuch von 1938 erscheint er unter Hedwigstraße Nr. 8 zwar noch als Eigentümer mit dem Ehrentitel Kammersänger, aber schon mit dem Zusatz München.

 

Scheidls Weg nach München hat eine Vorgeschichte. Am 10. Februar 1933 hatte Thomas Mann an der Ludwig Maximilians Universität München einen Vortrag zu Wagners 50. Todestag gehalten, in dem er keinen Hehl aus seiner Leidenschaft für Wagners Oper machte, aber auch nicht seine Einwände gegen dessen Gesamtkunstwerksidee verschwieg. Wagners Texte hätten oft etwas Schwulstiges und Barockes, auch Kindliches, etwas von großartiger und selbstherrlicher Unberufenheit. Thomas Mann sah frappierende Übereinstimmungen des Psychologen Wagner mit Sigmund Freud, ein Mutterkomplex treibe sowohl den Jüngling Siegfried als auch Parsifal an. Das war zu viel. Staatsoperndirektor Hans Knappertsbusch initiierte am 19. April 1933 einen Protest der Richard-Wagner-Stadt-München gegen Thomas Mann wegen dessen Herabsetzung unseres großen deutschen Musikgenies, der von 45 Personen unterschrieben wurde, darunter die Komponisten Hans Pfitzner, Richard Strauss, Richard Trunk, Mitglied der NSDAP seit 1931 (Nr. 659.692) und seit 1934 Präsident der Staatlichen Akademie der Tonkunst München, – und womöglich auch Theodor Scheidl, der kurz darauf am 1. Mai 1933 in die NSDAP eintrat (Nr. 2.656.461).

 

Dokumentiert sind Briefe der NSDAP an Fritz Wiedemann, Adjutantur der Reichskanzlei wg. Anstellung Theodor Scheidl (6.7.1937) und Richard Trunk, Präsident der Staatlichen Akademie der Tonkunst München an Fritz Wiedemann, Adjutantur der Reichskanzlei wg. Anstellung Theodor Scheidl (23.7.1937).  Scheidl wurde 1937 Gesangslehrer und schließlich 1939 zum Professor an der Staatlichen Akademie der Tonkunst München ernannt. 1943 verkaufte er das Anwesen Hedwigstraße Nr. 8 an Georg Schibalski, dem Besitzer des Kinos Globus-Palast in der Borstellstraße Nr. 1 in Steglitz. Mit der Zerstörung des Münchener Odeonsgebäudes wurde der Unterrichtsbetrieb eingestellt. Scheidl zog nach Tübingen, arbeitete dort als Gesangspädagoge, gab Liederabende, auch mit seiner Tochter, der Konzertsängerin Dorothea Scheidl, was im Tübinger Verwaltungsbericht von 1952 positiv erwähnt wird, und überstand die Entnazifizierung durch die Spruchkammer Tübingen. Er starb am 22. April 1959 in Tübingen.

 

 

Hedwigstraße Ecke Wielandstraße, 1914. Archiv Rüdiger Barasch

Hedwigstraße Nr. 13

 

Der Geheime Sanitätsrat Dr. med. Benno Fromm mit Praxis in der Berliner Schellingstraße Nr. 4 hatte in den Saisons von 1868 bis 1886 auch als Badearzt auf Norderney gewirkt. Damit war es nun genug. Wenige Jahre vor seinem 50-jährigen Doktorjubiläum erwirbt er 1890 im Schöneberger Teil der Hedwigstraße das Grundstück Nr. 13. An der Straße entsteht ein freistehendes zweigeschossiges Wohngebäude, weder Landhaus noch Villa, umgeben von einem weitläufigen Garten. Nr. 12 war unbebaut, in Nr. 14 wohnte Eigentümer Rechnungsrat Gebauer und die Mieter Schmied Kluge, Tischler Sablewski und Leutnant a. D. Teucher. In Friedenau engagiert sich der Balneologe für den Verein für Ferienkolonien. Mit Gemeindebaurat Hans Altmann findet er ein Grundstück in Zinnowitz und sorgt für die Finanzierung des Baus.

 

 

 

 

Nach einem Entwurf von Altmann wird das gemeindeeigene Ferienheim 1909 eröffnet. Das Haus, mitten im Walde, etwa 6 Minuten vom Strande entfernt an dem Forstweg, von der Hauptstraße in Zinnowitz beträgt die Entfernung etwa 10 Minuten, existiert heute noch, allerdings in anderer Trägerschaft. Als dem Sanitätsrat 1908 der Rote Adlerorden verliehen wurde, resümiert die Gemeinde: Der Dekorierte ist eine in Friedenau sehr hoch geschätzte Persönlichkeit und namentlich als Wohltäter der Menschheit bekannt. 1913 holt sich Fromm den Buchbinder K. Klein als Mieter ins Haus. Klein blieb, mitunter als Portier, später als Portefeuiller, über die beiden Weltkriege hinweg, obwohl die Eigentümer wechselten: Fromm’sche Erben (1923), Kaufmann Max Grünfeld (1925).

 

Max Grünfeld

Max Grünfeld war der Sohn von Falk Valentin Grünfeld (1837-1897) und dessen Ehefrau Johanna geb. Schück (1843-1897), dem Besitzer der Landeshuter Leinen- und Gebildweberei F. V. Grünfeld. Aus dieser Ehe stammen die Kinder Ludwig (1864-1929), Heinrich (1865-1936), Georg (1866-1871), Doris (1868-1895), Sophie (1871-1872), Bianca (1873-1942) und als Nachzügler Sohn Max (1884-1939).

1862 hatte Falk Valentin Grünfeld in Landeshut F. V. Grünfeld Mode-, Schnitt- und Weisswarengeschäft eröffnet. Getreu dem Weberspruch, vor Unkraut hüt‘ uns Gott in Gnaden, nur reiner Flachs gibt guten Faden, produzierte er alsbald eigenes Leinen und machte über einen Post-Versand Leinen aus Schlesien europaweit bekannt. 1875 wurde er Hoflieferant Sr. Majestät des deutschen Kaisers. 1884 entstand in Landeshut ein neues Geschäftshaus mit Weberei, Näherei und Stickerei für Schlesisches Leinen, Baumwollen – und Tischzeugfabrikate. 1889 eröffnete der F. V. Grünfeld, Hoflieferant Sr. Maj. d. Kaisers u. Königs, Sr. Maj. d. Königs v. Bayern, Sr. Maj. d. Königs v. Rumänien, Sr. Kgl. Hoheit d. Großherzogs v. Mecklenburg, in der Leipziger Straße in Berlin ein Verkaufshaus mit Wäsche f. Herren, Damen u. Kinder, Tischwäsche, Hauswäsche, Küchenwäsche, Bettwäsche. In diesem fünfgeschossigen Jugendstilbau der Architekten Georg Rathenau und Friedrich August Hartmann mit den Korbbogenfenstern und dem geschwungenen Walmdach von 1904, nun das größte Sonderhaus der Welt für Leinen und Wäsche, residierten fortan als Berliner Statthalter die Söhne Heinrich und Ludwig

 

 

Die Landeshuter Leinen- und Gebildweberei F.  V.  Grünfeld um 1925.

 

F. V. Grünfeld Leipziger Straße 20-22

Falk Valentin Grünfeld und seine Ehefrau Johanna starben 1897. Es ist davon auszugehen, dass Heinrich und Ludwig ihren erst 13-jährigen Bruder Max nach Berlin holten. Nach der Obersekunda leistete Max den Wehrdienst als Einjährig-Freiwillige. Noch vor dem Ersten Weltkrieg werden Max sowie seine Neffen Fritz Vincenz und Franz Viktor neben Heinrich und Ludwig 1912 Mitinhaber der Firma F. V. Grünfeld. Bekannt ist, dass Fritz Vincenz nach 1914 an der Westfront im Einsatz war. Mit 26 zieht Kaufmann Max Grünfeld 1910 in die Rosenthaler Straße Nr. 40-41, die erste eigene Wohnung. 1913 nennen sich die drei Grünfelds im Adressbuch Fabrikbesitzer mit dem Zusatz siehe F. V. Grünfeld usw. Heinrich wohnt W 10, Lützowufer Nr. 5, Ludwig W 35, Lützowstraße Nr. 88, und Max W 30, Motzstraße Nr. 58, seit 1919 technischer Leiter und Personalchef des Familienunternehmens. Am 24. August 1920 heiratet der 36-Jährige in Schöneberg Ilse Hahn aus Gleiwitz (1897-1961). Das Ehepaar zieht in die Wohnung Hauptstraße Nr. 63. Noch vor der Geburt ihres Sohnes Falk ziehen sie in das Haus Hedwigstraße Nr. 13.

Dr. Fritz Vincenz Grünfeld (1897-1982), Neffe von Max und Sohn von Heinrich und Margarethe Grünfeld, dem 1938/39 die Reise nach Palästina geglückt ist, veröffentlichte 1979 Heimgesucht-Heimgefunden. Betrachtung und Bericht des letzten Inhabers des Leinenhauses Grünfeld. Er beruft sich darauf, dass die Kunden nie einer anonymen Gesellschaft, sondern Herrn F. V. Grünfeld Vertrauen schenkten, und die Firma sich daher sogar im Schriftwechsel des ‚Ich‘ statt des sonst üblichen ‚Wir‘ bediente. So kommt es, dass er viel vom ‚Ich‘ und wenig über ‚Wir‘ berichtet. Schwamm drüber, er ist nicht mehr, nehmen wir das, was der Nachwelt von Interesse sein könnte.

 

F. V. Grünfeld Kurfürstendamm Ecke Joachimsthaler Straße

1887/88 war auf dem Eckgrundstück Kurfürstendamm Nr. 227 und Joachimsthaler Straße ein viergeschossiges, vornehmes Mietshaus entstanden. In den 1920er Jahren avancierte die Gegend rund um die Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche zum angesagten Treffpunkt. Grünfelds durften da nicht fehlen und erwarben 1924 das Grundstück. 1926 wurde im Erdgeschoss erst einmal eine Filiale für Strümpfe, Taschentücher, Schlüpfer und Hemdhosen eröffnet. Der Erfolg ermutigte zum Bau eines großen Geschäftshauses. Über ein Jahr lang hatten wir mit dem Architekten Otto Firle jedes Detail festgelegt, vom genialen Wurf des oft kopierten und doch nirgends so eindrucksvoll gestalteten gläsernen Fahrstuhls bis zur hundertprozentigen Durchführung des Grünfeldschen Baugrundsatzes ‚möglichst viel und helles Licht‘.

 

Aus dem Umbau wurde ein Neubau – das sogenannte Grünfeld-Eck, das laut Firle in mächtigem Schwunge um die Ecke greift und damit den Rhythmus des um sie flutenden Verkehrs auf nimmt. Der Architekt ließ die Stuckverzierungen abschlagen und schuf mit einer Eisenkonstruktion eine dreifach horizontal gegliederte Fassade aus Glas und Chrom. Das Dach wurde mit dicht gestaffelten senkrechten Neonleuchten und dem Schriftzug F. V. Grünfeld gekrönt – hinter der Leuchtreklame die doppelgeschossige Dachgartenwohnung von Mitinhaber Fritz Vincenz Grünfeld, in der sich bisweilen unser Freundes- und Bekanntenkreis traf, um Kammermusik mit Franz Osborn oder einer Lesung von Hans J. Rehfisch zu lauschen.

 

Bei seiner Eröffnungsansprache kommentierte damals am 12. Juni 1928 mein Vater Heinrich Grünfeld dies mit den Worten: ‚Ich möchte es als erzieherisch bezeichnen, dass man bei so viel Licht nicht einmal den Versuch wagen kann, minderwertige Waren, sei es in Stoff- oder Näh- bzw. Stickerei-Ausführung, einzuführen, die vielleicht im Halbdämmer noch irgendwie als vollwertig dargeboten werden könnten. So wird auch die Bautechnik zur Förderin kaufmännischer Grundsätze‘. Ludwig Grünfeld starb 1929, Heinrich Grünfeld 1936.

 

Das Geschäftshaus am Kudamm von Architekt Otto Firle hat den Weltkrieg nur teilweise überlebt. 1951 wurden die unteren drei Geschosse in einer der ursprünglichen Fassade angenäherten Form ausgebaut. 1972 kam das erste Kudamm-Eck von Architekt Werner Düttmann. Der 14-geschossige Bau mit Kino im Kellergeschoss, Geschäften bis zum 4. Stock, Bowlingbahn im 5. und Panoptikum im 6. Stock sprengte jedes am Kudamm gekannte Gebäudemaß. Auf der 300 m² großen Lichtraster-Fläche wurden Werbespots gezeigt. Ende der 1990er Jahre wurde das Haus abgerissen. 2002 kam der massive 12-geschossige Rundbau der Architekten Gerkan, Marg und Partner. Weder das erste noch das zweite Kudamm-Eck können dem spektakulären Firle-Bau von 1926 das Wasser reichen.

 

Inhaber F. V. Grünfeld, oben v. links Heinrich und Ludwig Grünfeld, unten von links Fritz Vinzenz, Max und Franz Viktor Grünfeld. Quelle Fritz

Nach der Machtergreifung begannen die Attacken gegen das jüdische Unternehmen F. V. Grünfeld. Den Auftakt machte die Berliner Nachtausgabe am 1. April 1933 mit Fotografien der zu boykottierenden Artikel, darunter das Foto eines Modells aus unserer Preisliste für ‚Bade- und Strandneuheiten 1933‘ mit dem Grünfeld-Badeanzug Hausmarke ‚Falke‘ und Aufnahmen der ‚Stars‘ von damals, zitiert mit dem Satz: ‚Wir alle kaufen unsere Badekleidung bei Grünfeld‘, namentlich Käthe Haack, Magda Schneider, Lucie Englisch, Hilde Hildebrand, Lil Dagover, Hans Adalbert von Schmettow, Max Hansen.

 

Im März 1938 startete Herausgeber Julius Streicher im Stürmer Nummer 10 ein regelrechtes Kesseltreiben mit der Schlagzeile Kaiser der Leipziger Straße, flankiert von den Artikeln Die Judenfirma F. V. Grünfeld und Hinter den Kulissen eines üblen Judenbetriebes. Mit dem schon bekannten Slogan Die Juden sind unser Unglück ging Der Stürmer nun gegen Angestellte, Kunden und Zulieferer vor – nannte Namen, Beruf und Adressen mit Hausnummern.

 

Diffamiert wurden die Firmeninhaber, der Jude Franz Viktor Grünfeld, der sich ‚Doktor‘ nennt, und in der Nähe von Arosa in der Schweiz Güter besitzt. Man nennt ihn allgemein den ‚dummen Jungen‘, der sich von jeder Arbeit drückt, seinem Onkel Max alles zuträgt und ein Schmarotzer übelster Art ist. Er wohnt in der Schlüterstraße 7. Für den Stürmer ist Max Grünfeld ein Gauner der übelsten Art und fühlt sich als ‚Napoleon‘ des Betriebes. Seine Wohnung befindet sich in der Hedwigstraße 13 zu Berlin-Friedenau. Mit Vorliebe interessiert er sich für die persönlichsten, intimsten Belange seiner Angestellten. Er stellt nur blonde deutsche Mädels ein und drückt die Gehaltsbezüge seiner Belegschaft, wo er nur kann. ‚Leistungszulagen‘ zahlt er nur für die – Denunzianten! Er sabotiert die nationalsozialistischen Einrichtungen des Betriebes und maßt sich Rechte an, die nur den deutschen Arbeitern und Angestellten zukommen. Der Jude Max Grünfeld sei der Betreuung durch die Staatspolizei bestens empfohlen.

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Der Stürmer, März 1938

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Die Familie Grünfeld sah sich zum Verkauf gezwungen. Der am 15. September 1938 notariell von mir und meinen beiden Sozien und Herrn Walter Kühl unterzeichnete ‚Kaufvertrag‘ enthält in der Präambel den Satz: ‚Wir sind Juden.‘

 

§ 1: Die Verkäufer verkaufen das von ihnen in der Rechtsform einer offenen Handelsgesellschaft unter der Firma Landeshuter Leinen- und Gebildweberei F. V. Grünfeld, Berlin W 8, Leipziger Straße 20-22, und Berlin W 50, Kurfürstendamm 227, mit Zweigniederlassungen in Landeshut in Schlesien und Köln am Rhein betriebene gewerbliche Unternehmen mit Aktiven und Passiven ... an die Käuferin zum Zwecke der Fortsetzung des Unternehmens in dem bisherigen Rahmen. Die Käuferin ist berechtigt, die Firma mit oder ohne Beifügung eines das Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatzes weiterzuführen.

 

§ 3: Die Übergabe des Unternehmens einschließlich der Grundstücke erfolgt am Tage nach Eingang der ausdrücklichen schriftlichen Genehmigung durch den Reichswirtschaftsminister.

 

§ 8: Zur reibungslosen Überleitung der Geschäftsführung stehen die Verkäufer der Käuferin im Rahmen ihrer bisherigen Tätigkeit bis zum Jahresschluss 1938 zur Verfügung.

 

Die Eintragung im Handelsregister beim Amtsgericht in Landeshut vom 6. Dezember 1938 lautet: Landeshuter Leinen- und Gebildweberei F. V. Grünfeld. Inhaber Max Kühl … Die Gesellschafter Kaufmann Max Grünfeld, Kaufmann Dr. Franz Viktor Grünfeld und Kaufmann Dr. Fritz Vincenz Grünfeld sind ausgeschieden. Das Handelsgeschäft ist an die Kommanditgesellschaft in Firma Max Kühl in Berlin mit dem Recht der Firmenfortführung veräußert worden. Auch die 1925 eröffnete Grünfeld-Filiale im Industriehof Köln Krebsgasse 5-7 wurde arisiert und annoncierte fortan unter Grünfeld in deutschem Besitz.

 

Hedwigstraße 13. Google, 2008

Verkauft wurde auch das Wohnhaus von Max Grünfeld in der Hedwigstraße. 1940 heißt es Eigentümer ungenannt. 1943 Eigentümer Kaufmann M. Siebert. Was danach mit der Hedwigstraße Nr. 13 geschah, wird erstaunlich unklar formuliert. Es heißt, dass das Anwesen von der Reichspost übernommen und für die Postbeamtenkrankenkasse genutzt wird. Damals sind erste bauliche Erweiterungen vorgenommen worden. Am Haus selbst ist zu erkennen, dass die Lücke zwischen Nr. 13 und Nr. 14 leicht zurückversetzt mit einem Anbau geschlossen wurde. Damals wurde wohl auch das Dachgeschoss ausgebaut. Inwieweit die Fassade vereinfacht wurde, lässt sich mangels historischer Aufnahmen nicht nachvollziehen. Derzeit wird dort wieder gebaut – diesmal die Lücke zwischen Nr. 13 und Nr. 14 geschlossen – offiziell Umbau + Erweiterung Kindertagesstätte Hedwigstraße 13. Bauherr ist der Verein Nachbarschaftsheim Schöneberg. Diesmal werden wenigstens die Architekten genannt: Daniel & Rahmiye Gutmann, Büro GKK & Partner Architekten.

 

Ende Dezember 1938 erhielten Max, Fritz und Franz Grünfeld ihre Pässe und verließen Deutschland.  Max Grünfeld ging nach Palästina. Er starb am 9. Dezember 1939 mit nur 55 Jahren in Haifa. Seine Frau Ilse blieb in Haifa wohnen und starb dort im Jahr 1960. Ihr gemeinsamer Sohn Falk (Horst) Grünfeld, der sich als einziges Mitglied der Familie Grünfeld später den Nachnamen Gadiesh zulegte, ist vermutlich im Jahr 2005 in Israel gestorben.

 

Neffe Fritz Vincenz und Ehefrau Hilde geborene Osborn, die einst die Kölner Filiale Grünfeldschen Unternehmens in der Krebsgasse 5-7 geleitet hatte entschieden sich ebenfalls für Palästina. Sie waren es, die in Tel Aviv die Firmengeschichte mit der Gründung des F.V.Grünfeld Wäschesalon in gewisser Weise fortschrieben. Dem Metier blieb Fritz Vincenz treu und arbeitete nach dem Krieg als Berater für Einzelhandelsgeschäfte der Textilfabrik Ata, später als Lehrer in der Erwachsenenbildung für das Erziehungsministerium. Mit dem 1967 erschienenen Buch Das Leinenhaus Grünfeld hat er die Erinnerung an das einstige Familienunternehmen bewahrt. Er starb am 30. März 1982 in Tel Aviv, kurz danach auch seine Ehefrau Hilde.

 

Franz Viktor, verheiratet mit Elfriede Neumann, emigrierte in die Vereinigten Staaten von Amerika und erwarb die dortige Staatsbürgerschaft. Als Graphologe hat er sich in der neuen Heimat beruflich umorientiert. In Zürich ist er am 16. Oktober 1965 gestorben. Auch seinen Schwestern Edith (mit Georg Tietz verheiratet) und Thea (mit Louis Marx verheiratet) gelang die Emigration in die USA. Mutter Gertrud Grünfeld, Witwe des Firmengründers Ludwig Grünfeld, gelangte nach London, wo sie am 12. Januar 1948 verstorben ist. Die Geschichte von Max Grünfelds Schwester Bianca und deren Mann, dem Bankier Ludwig Simon, endet im Jahr 1942 in Theresienstadt.

 

 

 

Stammbaum der Familie Grünfeld

 

I. Generation

 

Falk Valentin Grünfeld * 09.02.1837 Leschnitz; † 19.01.1897 San Remo

Ehefrau: Johanna Schück * 06.06.1843 Oppeln; † 28.01.1897 Landeshut

Heirat: 16.06.1863

 

Kinder:

1. Ludwig * 21.05.1864 Landeshut; † 31.08.1929 Bühlerhöhe

2. Heinrich * 10.04.1865 Landeshut; † 25.07.1936 Berlin

3. Georg * 16.04.1866 Landeshut: † 23.04.1871 Landeshut

4. Doris * 17.05.1868 Landeshut; † 05.02.1895

5. Sophie * 27.12.1871 Landeshut; † 29.05.1872 Landeshut

6. Bianca * 03.10.1873 Landeshut; seit 1942 in Theresienstadt, verschollen

7. Max * 27.01.1884 Landeshut; † 09.12.1939 Haifa

 

II. Generation

 

1. Ludwig Grünfeld, Ehefrau Gertrud Goldstein * 16.02.1870 Kattowitz; † 12.01.1948 London

Heirat: 28.01.1893 in Breslau

Kinder:

1. Edith * 25.07.1894 Berlin; † 02.12.1984 New York

2. Franz Viktor * 24.11.1895 Berlin; † 16.10.1965 Zürich

3. Dora Thea * 22.12.1898 in Berlin, † nach 1939

 

2. Heinrich Grünfeld, Ehefrau Margarethe Loewenthal * 20.06.1877 Breslau; † um 1946 Palästina

Heirat: 1896

Kinder:

1. Fritz Vincent * 15.01.1897 Landeshut; † 30.03.1982 Tel Aviv

2. Hildegard * 1899, † 05.03.1978 Nahalal

3. Ilse * 12.10.1904 Berlin

 

4. Doris Grünfeld, Ehemann Ewald Jacubowski * 04.09.1860 Kurnik; † 24.10.1940 Breslau

Heirat: 24.06.1889 in Landeshut. Sohn Herbert * 1892 Bromberg; † 13.11.1916 Breslau. Ewald Jacubowski war in 2. Ehe mit Mathilde Zadig * 16.09.1862 Breslau; † vor 1940 verheiratet.

 

6. Bianca Grünfeld, Ehemann Ludwig Simon * 02.02.1863 Berlin; † 25.12.1942 Theresienstadt

Heirat: 26.05.1896 in Landeshut

Kinder:

1. Hanna Jeanette * 09.11.1897 Berlin; † 30.04.1987 Stamford (USA)

2. Franz Wolfgang * 06.10.1905 Berlin; † 1989

 

7. Max Grünfeld, Ehefrau Ilse Hahn * 21.05.1897 Gleiwitz, † 00.01.1961 Haifa

Heirat: 24.08.1920 in Berlin. Der gemeinsame Sohn Falk (Horst) Grünfeld änderte als einziges Mitglied der Familie Grünfeld seinen Nachnamen in Gadiesh. Er ist vermutlich 2005 in Israel gestorben.

 

 

Während der Recherchen zum Haus von Max Grünfeld in der Hedwigstraße Nr. 13 entdeckten wir die Homepage www.kreislandeshut.de von Frau Hella Tegeler zu Landeshut in Niederschlesien, darunter neben dem Stammbaum der Familie Grünfeld, den Tauf- und Traubüchern der jüdischen Gemeinde Landeshut und Standesamt Landeshut aus dem Staatsarchiv Jelenia Góra auch Dokumente zur Geschichte der Landeshuter Leinen- und Gebildweberei F. V. Grünfeld. Besonders beeindruckend sind die in den 1920er Jahren entstandenen Aufnahmen der Produktionsstätten der Fa. F. V. Grünfeld aus dem Archiv von Herrn Bartosz Bebenek sowie das von Robert Glowczyk zur Verfügung gestellte Material. Wir danken den Herren Bebenek und Glowczyk und Frau Tegeler für die Erlaubnis zur Veröffentlichung auf dieser Webseite.

 

Hedwigstraße Ecke Rheinstraße, 1901. Archiv Rüdiger Barasch

Hedwigstraße Nr. 18 & 19

 

Dem Haus an der Ecke Hedwigstraße Nr. 18/19 und Rheinstraße Nr. 66 drohte Ende der 1980er Jahre der Abriss. Gerettet wurde es durch einen Kompromiss: Erhebung zum Baudenkmal für die Altbausubstanz und Genehmigung für einen ergänzenden Neubau – die schlechteste Lösung.

 

Mit dem ursprünglichen Bau dieses Wohn- und Geschäftshauses sind die Namen von Baumeistern verbunden, die in Friedenau herausragende Häuser geschaffen haben: Max Nagel hatte den Entwurf von 1886 geliefert, die Umbauten erledigten Otto Hoffmann (1890) und Oskar Haustein (1900).

 

 

 

 

 

 

 

Das Haus erhebt sich wegen des Zuschnitts des Grundstücks auf einer trapezförmigen Grundfläche (14,4x17,0 Meter). Es war von vornherein als Geschäftshaus mit einem Laden und einer Ladenwohnung im Erdgeschoss und als Wohnhaus mit einer großen Eigentümerwohnung im Obergeschoss sowie zwei Kleinwohnungen im Dachgeschoss konzipiert worden. Das Haus Karig wird von zwei Seiten her erschlossen: Der Eingang zum Laden befand sich in der Hedwigstraße, östlich davon öffnete sich ein Eingang, der über einen Flur zur Haupttreppe ins Obergeschoss führte; die Ladenwohnung im Erdgeschoss wurde von Norden her über das angebaute Nebentreppenhaus erschlossen, das auch als Bedienstetentreppe für das Obergeschoss und als Zugang zum Dachgeschoss diente. Die fünfachsige Fassade zur Rheinstraße ist durch zwei flache Seitenrisalite und eine Rücklage in der Mitte gegliedert. Der im Erdgeschoss abgeschrägte und im Obergeschoss gerundete Eckrisalit trägt ein rundes Turmgeschoss mit einer Kuppel. Topographie Friedenaum 2000.

 

Das zweigeschossige ehemalige Landhaus wurde für den Kaufmann Emil Karig errichtet. Im Jahre 1884 war er Inhaber von Emil Karig Kolonialwaren, Farben- und Drogenhandlung, Parfümerie- und Toilette- Seifen-Fabrik, Thee und Cigarren in der Friedrichstraße Nr. 196 mit Wohnung Zimmerstraße, III. Stock. Das Geschäft lief gut, weil er sich für Berlin den alleinigen Verkauf von Bernleys Pferdehufsalbe gesichert hatte, ein Präparat aus Baumharz, Talg und Rüböl, mit dem die Pferdehufe regelmäßig eingefettet werden sollten und damit das Spalten der Hufe verhindert werden konnte: Blechbüchse Preis M 1,50. Als es mit den Pferden nicht mehr so gut lief, sicherte er sich das Berliner Hauptdepot für kondensierte Milch und Dr. Link’s Malzextract in sämmtlichen Varietäten, stark gehopft, mit Eisen, mit Chinin, mit Pepsin, mit Kalk nach Dr. P. Reich (Originalpräparat).