Name seit 2. November 1892, benannt nach dem Baumeister Hermann Hähnel (1830-1894), vorher Straße 43a. Hähnel war Mitbegründer des 1871 gegründeten Landerwerb- und Bauvereins auf Actien Friedenau. Seine Ehefrau Auguste (1828-1902) soll nach der Unterzeichnung des Friede von Frankfurt im Jahr 1871 für die Landhauskolonie den Namen Friedens-Aue vorgeschlagen haben. Am 9. November 1874 genehmigte Kaiser Wilhelm II. der neuen Landgemeinde den Namen Friedenau.

 

Die Grundstücke Hähnelstraße Nr. 1 und Nr. 2 sowie Nr. 19 und Nr. 20 gehörten zu Friedenau, Nr. 3 bis Nr. 18 zu Schöneberg. Erst im Oktober 1900 wurde über die Zukunft der Hähnelstraße nachgedacht. Die kleine östlich vom Maybachplatz und der Lauterstraße angelegte Hähnelstraße war vorläufig noch als Sackgasse angelegt.

 

Inzwischen gab es die Idee, von Schöneberg über Friedenau, Wilmersdorf und Schmargendorf einen Straßenzug mit zwei Doppelgeleisen für die elektrische Straßenbahn nach dem Grunewald durchzulegen. Die Hähnelstraße ist nämlich bestimmt, den Anfang zu bilden. Der zukünftigen Bedeutung der Straße entsprechend ist ihre Breite in Friedenau auf 30 Meter festgesetzt. Die Gemeindevertretung hat bereits erwogen, den an der nördlichen Seite des Maybachplatzes vorgesehenen Fahrdamm zu kassiren und dafür später den südlichen Fahrdamm, der die Verlängerung der Hähnelstraße bildet, zu verbreitern. Der Maybachplatz würde dann zu einem großen Vorplatz vor dem Gymnasialgebäude werden.

 

Als diese Projekt vom Tisch war, bemerkte die Gemeinde Friedenau, daß die Querverbindung zwischen Friedrich-Wilhelm-Platz und Hauptstraße unzureichend ist. Diskutiert wurde über Verlängerungen von Albe-, Nied- und Feurigstraße (Schnackenburgstraße) über die Lauterstraße hinaus bis zur Hauptstraße bzw. über zwei neue Straßen entweder parallel oder schräg zur Hähnelstraße. Dazu kam es wegen der fortgeschrittenen Bebauung nicht.

 

1940 kamen zu Friedenau die Grundstücke Nr. 1 bis Nr. 5 sowie Nr. 16 bis Nr. 20 und zu Schöneberg Nr. 6 bis Nr. 15A. Erst Mitte der 1950er Jahre kam die komplette Hähnelstraße zum Ortsteil Friedenau.

 

Die Hähnelstraße zwischen Lauter- und Stierstraße soll auch 2024 wieder eine temporäre Spielstraße werden. Aktuell befindet sich der Antrag einer lokalen Initiative im Genehmigungsprozess. Da die Finanzierung durch den Senat wohl schon gesichert ist, dürfte das Plazet des Bezirksamtes eine Formsache sein. Die Ortsgruppe Friedenau - Bündnis 90/Die Grünen wird ja noch für die nächsten Wahlen gebraucht. Wenn es denn so kommt, wird der Straßenabschnitt jeweils am ersten Freitag eines Monats von Juli bis November zwischen 15 und 18 Uhr für Verkehr und Parken gesperrt. Bezirksstadträtin Saskia Ellenbeck fand für die Genehmigung 2023 eine einfältige Begründung: Mit den Spielstraßen werden, insbesondere in Gebieten mit wenig Grünflächen und Spielplätzen, Räume geschaffen, in denen Kinder ungehindert und sicher spielen können. Ihr Referent Konrad Wiener formulierte es am 14. März 2024 diplomatischer: Wir wollen schwächeren Verkehrsteilnehmenden mehr Räume einrichten.

 

Nachvollziehbar ist das nicht, da nur wenige Schritte weiter auf dem grünen Perelsplatz ein Spielplatz existiert – und es obendrein an der Lauterstraße einen begrünten und mit stabilen Zäunen gesicherten Sport- und Spielplatz gibt, der mit seinen diversen Anlagen weitaus kinderfreundlicher ist.

 

Der lokalen Initiative geht es nicht ums Spielen, sondern nach dem vermeintlichen Pyrrhussieg mit der Fahrrad-Handjerystraße um eine Frage der Macht. Da lohnt ein Blick in die Geschichte. Der Gemeinde Friedenau war bereits 1902 klar, daß die einzige Verbindung zwischen Friedrich-Wilhelm-Platz und Hauptstraße unzureichend ist. Diskutiert wurden seinerzeit Verlängerungen von Albe-, Nied- und Feurigstraße (heute Schnackenburgstraße) über die Lauterstraße hinaus bzw. zwei neue Straßen entweder parallel oder schräg zur Hähnelstraße. Dazu kam es wegen der fortgeschrittenen Bebauung nicht. Mit dieser Hähnelstraße werden wir leben müssen.

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Mit der Sperrung wird der Verkehr in die Lauterstraße mit den Eínmündungen von Schnackenburg-, Albe- und Niedstraße bis auf den Breslauer Platz oder alternativ über die Bennigsenstraße geführt. Das Bezirksamt erlässt die verkehrsrechtliche Anordnung und überlässt die Umsetzung der lokalen Initiative. Die Anmietung der Verkehrszeichen (VZ) hat im vergangenen Jahr 459,- € pro Termin gekostet, die vom Senat finanziert wurden. Da es sich um monatliche Termine handelt, werden die VZ für jeden Termin gesondert geliefert – also 6 An- und 6 Abtransporte und noch mehr Belastung. Der sonstige Aufwand, Absperrgitter, mobile WCs, wird durch ehrenamtliches Engagement der Initiative sowie von Anwohnenden geleistet.

 

Durchdacht ist das alles nicht. Vorhandene Potenziale werden nicht ausgeschöpft. Dreh- und Angelpunkt ist der (weithin nicht ausgelastete) Sport- und Spielplatz Lauterstraße. Seit Jahren bekommen es Schulamt, Sportamt, Sportvereinen und weitere Aktivisten nicht hin, einen Plan für die effektive Nutzung der zweifellos unterschiedlichen Bedürfnisse aufzustellen. Dafür werden die Kinder auf die Straße geschickt. Vor und nach den Sperrzeiten bleibt alles wie bisher – Verkehr und Parkplatzsuche. Die Anwohner bleiben sich sich selbst überlassen.

 

Hähnelstraße 1. Foto LDA, 2000

Hähnelstraße Nr. 1

Ecke Lauterstraße Nr. 37

 

Das viergeschossige Mietwohnhaus Hähnelstraße 1 Ecke Lauterstraße 37 wurde 1891 nach Plänen des Architekten Emil Rösler in barockisierenden Formen gebaut. Das Eckhaus wird von zwei Treppenaufgängen erschlossen. Das Souterrain und das Erdgeschoß sind in Putzrustika ausgeführt. Die beiden Fassaden weisen dreizehn Achsen an der Hähnel- und sieben an der Lauterstraße auf. Die Ecke wird durch einen Standerker akzentuiert, die Fassade an der Hähnelstraße symmetrisch durch zwei Standerker beiderseits der Mittelachse gegliedert. An der Lauterstraße dagegen wird die Fassade in der Mittelachse durch einen Standerker betont, der originellerweise gleichzeitig die Eingangshalle für den Eingang Lauterstraße bildet. Die Laibungen und Ädikulen der Fenster werden in den einzelnen Geschossen variiert. Das Haus ist schon im Vorgriff auf die Bauordnung von 1892 entworfen worden. Topographie Friedenau, 2000

 

Hähnelstraße Nr. 1A

 

Zwischen dem 1891 vom Architekten Emil Rösler errichteten Eckhaus Hähnelstraße Nr. 1 und dem 1905 entstandenen Wohnhaus Hähnelstraße Nr. 2 macht – inmitten der verputzten Bauten – das ungewöhnlich schmale Haus Hähnelstraße Nr. 1A mit der verklinkerten Fassade neugierig. Es dürfte nach unseren Recherchen in den Jahren nach 1990 errichtet worden sein.

 

Diese Baugenehmigung ist wohl wesentlich aus der Geschichte heraus zu erklären. Die Lauterstraße war einst die Grenze zwischen den Gemarkungen Friedenau und Schöneberg. Die Grundstücke Hähnelstraße Nr. 1 & Nr. 2 sowie Nr. 19 & Nr. 20 gehörten zu Friedenau, Hähnelstraße Nr. 3 bis Nr. 18 zu Schöneberg. Dementsprechend verzeichnete das Adreßbuch: Nr. 3-18 gehört postalisch zu Friedenau, politisch zu Schöneberg, so daß Baugenehmigungen vom Gemeindebaubureau Friedenau und und von der Baupolizei Schöneberg erteilt wurden.

 

Den Friedenauer Bebauungsplänen von 1903 und 1910 sowie dem Übersichtsplan der Stadt Schöneberg von 1909 ist zu entnehmen, daß zwischen den Häusern Hähnelstraße Nr. 1 und Hähnelstraße Nr. 2 eine Baulücke eingezeichnet ist, die zum Grundstück Nr. 1 gehört. Ersichtlich ist auch, daß Nr. 2 mit zwei Seitenflügeln errichtet wurde. Zwischen Nr. 1 und Nr. 2 existierte eine Baulücke, ein sogenannter Bauchwich, jene Abstandsfläche, die bei der Bebauung zwischen zwei benachbarten Gebäuden freizuhalten war, um ausreichende Belichtung, Belüftung und Brandschutz zu sichern. Auf Grund der immer wieder geänderten Bauordnungen für Berlin und seine Vororte von 1887, 1892 und 1903 kann davon ausgegangen werden, daß zwischen Nr. 1 und Nr. 2 ein Abstand vorgeschrieben wurde.

 

Nach seinem Amtsantritt als Friedenauer Gemeindebaurat stellte Hans Altmann fest, daß die sich entwickelnde Bautätigkeit Straßenbilder geliefert hat, die jedes Beschauers Auge aufs Gröblichste verletzen und das Straßenbild verunzieren. Er erarbeitete ein Ortsstatut gegen die Verunstaltung der Ortschaft, das von der Gemeindevertretung am 6. Januar 1910 beschlossen wurde. Festgelegt wurde, daß Gebäude auch an den Bauwichfronten architektonisch im Sinne der Vorderfassade so durchgebildet werden müssen und das Straßenbild durch sie nicht beeinträchtigt wird. Die Herstellung von fensterlosen Giebelflächen oder solchen ohne architekronische Ausbildung ist unzulässig. Die Bauwiche mit einem Abstand von 6 Metern selbst sind wie die Vorgärten gärtnerisch anzulegen und im guten Zustand zu unterhalten. Die Anlegung von Zufahrten innerhalb derselben ist nur zulässig, sofem und soweit dieselben für die baupolizeilich notwendigen Zufahrten in Betracht kommen.

 

Altmanns Forderung könnte wohl mit dazu beigetragen haben, daß das Bezirksamt Schöneberg in den 1990er Jahren dem Bauantrag genehmigte und den Bauchwich zwischen Nr. 1 und Nr. 2 mit dem Neubau Hähnelstraße Nr. 1A schließen ließ.

 

Hähnelstraße 2. Foto Hahn & Stich, 2022

Hähnelstraße Nr. 2

 

Im Adreßbuch für die Vororte von Berlin ist die Hähnelstraße 1903 als unbebaut eingetragen. 1904 erscheint für die Grundstücke Hähnelstraße Nr. 2 bis Nr. 15 Baustellen, Eigentümer Baumeister Ewald Utz (Berlin SW, Bernburgerstraße 29). Ein Jahr später findet sich für Nr. 2 der Eintrag: Eigentümer Witwe A. Franke (Wilmersdorf) und Architekt F. P. Siebert (Illstraße 4). Acht Mietparteien waren eingezogen.

 

In Friedenau ist es Sieberts zweites Bauprojekt als Architekt und Bauherr. Im Friedenauer Lokal-Anzeiger offerierte er 1901 Wohnungen von 3, 4 u. 5 Zimmern mit Erker, Balkon, Bad, Mädchenkammer etc. Rheinstraße 53 u. 54, Ecke Illstraße. Näheres daselbst oder bei F. P. Siebert, Steglitz, Florastraße 2a. Siebert scheute nicht die Auseinandersetzung mit dem eh überforderten Gemeindevorsteher Major a. D. Roenneberg, das Verbot der Maurerarbeiten bei 2 Grad Kälte betreffend. Am 22. Mai 1902 erhielt Herr Architekt Siebert, Illstraße 4, folgendes Schreiben: Der Kgl. Regierungs-Präsident. Tagebuch Nr. I 994/5: Der Amtsvorsteher in Friedenau ist aufgefordert, die bestehende Polizeiverordnung aufzuheben und eine neue, der Berliner Polizeiverordnung entsprechende zu erlassen, nach welcher nur für die Dauer der Zeit, in welcher die Temperatur unter minus 3 C fällt, das Verbot der Maurerarbeiten gilt.

 

F. P. Siebert hatte sein Büro für Architektur in der Illstraße Nr. 4. Eigentümer waren Witwe A. Franke (Wilmersdorf) und F. P. Siebert. Im Haus wohnten 14 Parteien, darunter der Architekt selbst und Helene Franke, die bereits 1902 neben Siebert und (vermutlich) Witwe A. Franke in das Firmenregister Nr. 3251 eingetragen: Das zu 3. aufgeführte Fräulein Helene Franke ist jetzt verehelichte Architekt Siebert. Fortan waren die Namen Franke und Siebert als Eigentümer sowohl mit der Hähnel- als auch mit der Illstraße verbunden – bis nach dem Zweiten Weltkrieg.

 

Die in den Wirtschaftswunderjahren entdekorierte Fassade des Haues Hähnelstraße Nr. 2 kann nicht vergessen machen, daß der inzwischen weitgehend vergessene F. P. Siebert in der Steglitzer Markelstraße Nr. 58–61 in den Jahren von 1904 bis 1906 als Architekt und Bauherr beeindruckende Mietshäuser geschaffen hat. Sie sind erhalten und stehen unter Denkmalschutz.

 

Hähnelstraße 3. Foto Hahn & Stich, 2020

Hähnelstraße Nr. 3

 

Das Grundstück Hähnelstraße Nr. 3 wurde 1904 vom Baumeister Ewald Utz aus der Bernburger Straße Nr. 23 in Berlin erworben. Innerhalb eines Jahres entstand ein Vorderhaus mit zwei langgezogenen Seitenflügeln, die einen relativ schmalen Innenhof einrahmten. Es ist davon auszugehen, daß Utz zugleich als Bauherr und Architekt fungierte. 1907 war das Haus von 20 Parteien bezogen. Als Eigentümerin wurde Witwe G. Mais aufgeführt. Von 1920 bis nach dem Zweiten Weltkrieg ist das Anwesen im Besitz der Familie Balcke aus Dresden.

 

Zur Geschichte dieses Grundstücks gehört, daß sich die Gemeinde Friedenau und die Stadt Schöneberg über die Zuständigkeit für die Hähnelstraße über Jahrzehnte nicht einigen konnten. In den Adreßbüchern wurde bei Nr. 3 stets betont: Gehört politisch zu Schöneberg, postalisch zu Friedenau. Bis 1940 gehörten zu Friedenau die Häuser Nr. 1 & Nr. 2 sowie Nr. 19 & Nr. 20, zu Schöneberg Nr. 3 bis Nr. 18. Ab 1940 zählten zu Friedenau Nr. 1 bis Nr. 5 und Nr. 16 bis Nr. 20, zu Schöneberg Nr. 6 bis Nr. 15A.

 

Erst Mitte der 1950er Jahre kam die Straße zum Ortsteil Friedenau. Unter dem Dach lebte eine für Friedenau typische Mieterschar, Angestellte, Handelsvertreter, Gürtler, Ingenieur, Oberlehrer, einige Militär a. D., Privatiere und Witwen. Das könnte sich nun ändern, da nach Abschluss der Sanierung des Berliner Altbaus in der Hähnelstraße Nr. 3 ein Palais Friedenau angekündigt wird. Selbstverständlich wurden keine Kosten und Mühen gescheut. Zum liebevoll gestalteten Innenhof mit viel Grün und attraktiven Spielflächen wurden neue Balkone angefertigt und eine Aufzugsanlage im Vorderhaus eingebaut. Als krönender Abschluss wurden im Dachgeschoss luxuriöse Penthouse-Wohnungen geschaffen. Alles in allem also  ein außergewöhnliches Haus für außergewöhnliche Menschen.

 

Als Wohneigentum werden 18 Wohnungen offeriert: Seitenflügel Hochparterre rechts 50 m², 2 Zimmer, 400.000€, Vorderhaus 2. OG links 139 m², 5 Zimmer, 1.536.360€, Vorderhaus Dachgeschoss links 163 , 4-5 Zimmer,  2.243.600€ (Quelle The Property Connection UG Berlin). Schmackhaft gemacht wird das Angebot mit den gängigen Floskeln der Immobilienbranche: Friedenau ist ein Berliner Klassiker. Entspannt und bürgerlich, zentral und ruhig, grün und voller Charme. Hier lässt es sich gut leben – ausgenommen von Juli bis November, wenn jeweils am ersten Freitag des Monats die Hähnelstraße zwischen Lauterstraße und Stierstraße von 15 bis 18 Uhr durch beteiligte Initiativen zur Spielstraße erklärt wird – und der wenige Schritte liegende und weitaus kinderfreundlichere Spiel- und Turnplatz an der Lauterstraße verschlossen bleibt.

 

Hähnelstraße 4

Hähnelstraße Nr. 4

 

An diesem Haus fällt der große Lebensbaum im Giebel mit der Inschrift ERBAUT A. D. 1904 auf. Unbekannt bleibt, wer diesen Fassadenschmuck initiiert hat. Das Grundstück gehörte dem Baumeister Ewald Utz, Berlin SW, Bernburgerstraße 29. Laut Adreßbuch Schöneberg ist das Anwesen bereits 1905 im Besitz von Schlächtermeister W. Behr (Kolonnenstraße 58) und bezogen. Da sich unter den Hausbewohnern u. a. die Namen Architekt C. Frederichs sowie Frederichs & Großmann, Bureau für Architektur, befinden, könnte davon ausgegangen werden, daß Frederichs & Großmann Entwurf und Bauausführung übernommen hatten. Entstanden ist ein Vorderhaus mit zwei unterschiedlich großen Seitenflügeln, wobei der längere unmittelbar an den Seitenflügel von Nr. 3 gesetzt wurde, und damit für die Häuser Hähnelstraße Nr. 5 sowie Stierstraße Nr. 12 & Nr. 13 eine relativ große Hof- und Grünfläche geschaffen wurde.

 

Hähnelstraße Nr. 4 blieb bis 1930 im Besitz der Familie Behr. Danach werden als Eigentümer die Namen Dehnel (1930), Dehnel’sche Erben (1935) und Goldner (1943) aufgeführt.

 

Hähnelstraße 5

Hähnelstraße Nr. 5

Antiquariat Rüdiger Barasch

 

Rüdiger Barasch lebt seit 40 Jahren in Friedenau. 1972 zog er in den 3. Stock des Gartenhauses Perelsplatz Nr. 16. Auf den zwei Ecken von Hähnel- und Stierstraße hatte er seine Antiquariate, zuerst 1977 in Hähnelstraße Nr. 5 Ecke Stierstraße Nr. 12 als Nachmieter des alternativ-bunten Kinderladen, dann ab 1978 in Hähnelstraße Nr. 6 Ecke Stierstraße Nr. 6.

Eigentümer war Schlächtermeister Wilhelm Behr, Inhaber der Fleischwarenfabrik in der Schöneberger Kolonnenstraße Nr. 57/58, Aktionär der Viehmarkts-Aktiengesellschaft von Johann Christian August Sponholz und Kunde der einflussreichen Vieh- und Fleischmarktbank Sponholz, Ehestädt & Schröder. Im Jahr 1905 zog Behr ein. Fünf Jahre später war er Rentier und Abonnent der Allgemeinen Fleischer Zeitung aus dem Verlagshaus Sponholz GmbH Berlin-Schöneberg. Im Haus gab es zwei Läden, mal Schlächter, Schuhmacher, Parfümerie oder Sattler.

Im Vergleich zu den permanenten Eigentümerwechseln der benachbarten Anwesen bleibt das Eckhaus Hähnel- Nr. 5 Ecke Stierstraße Nr. 12 bis nach dem Zweiten Weltkrieg im Besitz des Wurstfabrikanten. Am 1. April 1978 bot sich Rüdiger Brasch die Gelegenheit, günstigst einen Eckraum in der Stier- Nr. 6 Ecke Hähnelstraße Nr. 6 zu mieten. 1998 beendete er das Mietverhältnis. In den folgenden zwei Jahrzehnten gab es Ein- und Auszüge mit variantenreichen Nutzungen. Aktuell ist dort die Putz-Zeit Gebäudereinigung Deutschland GmbH & Co. KG untergekommen, nach eigener Beurteilung flexibel, kompetent, leistungsstark und zuverlässig.

 

 

Rüdiger Barasch hat seine Friedenauer Geschichte auf Zetteln zu Papier gebracht, die er uns für die Veröffentlichung zur Verfügung stellte. Weiteres zur Rüdiger Barasch finden Sie unter Aus fremden Federn - Barasch' Streunereien.

 

Hähnelstraße 6

Hähnelstraße Nr. 6

 

Die Grundstücke Hähnelstraße Nr. 6 bis Nr. 15 gehörten einst dem Schöneberger Grund- und Gärtnereibesitzer Gustav Mette aus der Hauptstraße Nr. 115. Nachdem seine Erben das 24 Morgen große rechtwinklige Dreieck, das von der Friedenauer- und Stierstraße, wie dem Bahnkörper der Ringbahn eingeschlossen wird, an ein Konsortium verkauft hatten, wurde das Gelände zu Bauzwecken parzelliert. Die Bennigsen- und die Hähnelstraße, welche bis jetzt nur von der Lauter- bis zur Stierstraße führten, werden über das oben bezeichnete Dreieck nach Osten verlängert und münden dann in die Friedenauerstraße. Der Maybachplatz und das ehemalige Sportplatzterrain (Wagnerviertel) erhalten dadurch bequeme Verbindung mit der Friedenauerstraße und den Südgelände Schönebergs. Mit der Bebauung des genannten Dreiecks soll sogleich begonnen werden werden.

 

Chronik:

1905 Baustellen, Eigentum Hewald’sche Erben

1908 Baustellen, Eigentum Holzhandlung Cassirer & Söhne

1909 Baustellen, Eigentum Cassirer & Söhne

1911 Nr. 6 (s. a. Stierstraße Nr. 6), Eigentümer Baumeister v. d. Heyden plus 7 Mietparteien

1912 Nr. 6 (s. a. Stierstraße Nr. 6) Eigentümer Müller (Berlin)

1913 Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das Hähnelstraße 6, Ecke Stierstraße 6 belegene, auf den Namen der Bodengesellschaft des Westens mit beschränkter Haftung zu Berlin-Schöneberg, Hähnelstr. 6, eingetragene Grundstück am 11. Februar 1914, vormittags 10 Uhr. versteigert werden. Das Grundstück ist bei einem Gebäudesteuernutzungswert von 15.600 Mark zu 624 M. jährlicher Gebändesteuer veranlagt.

 

Hähnelstraße Nr. 7. Hahn & Stich, 2018

Hähnelstraße Nr. 7

 

Das viergeschossige, sechsachsige Mietshaus wurde 1910 nach Plänen des Regierungsbaumeisters und Magistratsbaurat Otto Jäckel erbaut. Das Vorderhaus auf hohem Souterrain weist je eine 4- und eine 5-Zimmer-Wohnung pro Geschoss auf, der Seitenflügel je eine 2-Zimmer-Wohnung. Alle Wohnungen haben Bad/WC. Die Straßenfassade ist asymmetrisch aufgebaut: In der Mittelachse wird der Hauseingang durch ein ionisches Säulenportal mit einem aufgebrochenen Giebel betont. In den drei Obergeschossen ist in der Mitte ein zweiachsiger Erker mit Balkons an der Ostseite angeordnet, die größere Wohnung verfügt über breite und tiefe Loggienbalkons. Der Eingang führt über ein elegantes Vestibül mit kassettiertem Tonnengewölbe, Vertäfelung und prismatischen Wandlampen im Jugendstil in das vornehme Treppenhaus. Topographie Friedenau, 2000

 

 

 

Hähnelstraße Nr. 8. LDA Berlin

Hähnelstraße Nr. 8

Baudenkmal Mietshaus

Entwurf Architekt und Maurermeister Eugen Freier

Bauherr Gertrud Mais

1908

 

Das viergeschossige, achtachsige Mietshaus verfügt pro Geschoss im Vorderhaus über zwei 5-Zimmer-Wohnungen und in den Seitenflügeln über je eine Kleinwohnung. Die Straßenfassade ist beiderseits der mittleren vier Fensterachsen durch flach vortretende Risalite und seitliche Loggien gegliedert. Souterrain und Hochparterre sind durch Putzbänderung als Sockel gekennzeichnet, die Obergeschosse sind glatt verputzt und weisen sparsamen Schmuck auf. Das Vestibül zeigt eine kassettierte Decke, mit feinem Dekor stuckierte Wandfelder über Stuckmarmor sowie einen Fußboden und eine Treppe aus Marmor. Der Vorgarten ist mit einem originalen Jugendstilgitter zwischen verputzten Pfeilern eingefriedet. Topographie Friedenau, 2000.

 

 

Hähnelstraße Nr. 9

Kurt Hiller (1885-1972)

 

Das  viergeschossige, neunachsige Mietshaus wurde 1908/09 nach einem Entwurf von Ernst Buckenauer für die Bauherren Eduard & Salo Cassirer errichtet. Die Straßenfassade weist eine Mittelachse auf und ist trotzdem asymmetrisch aufgebaut: In der Mittelachse befindet sich das Eingangsportal mit zwei Pilastern, die einen kleinen Giebelaufbau tragen, in dem zwei Frauenfiguren Girlanden halten. Darüber befinden sich Loggien, hinter denen sich das Treppenhaus verbirgt. Westlich der Achse ist ein Risalit mit abgeschrägten Ecken angeordnet, seitlich davon Loggien; auf der anderen Seite sind nur Fenster in die Fassade eingefügt, die ansonsten schmucklos ist. Die originale Einfriedung des Vorgartens ist erhalten. Eine Berliner Gedenktafel erinnert daran, daß hier von 1921 bis 19-24 der Schriftsteller Kurt Hiller

 

Kurt Hiller war ein wortmächtiger, streitbarer und nach allem, was aus seiner Biografie und seinem literarischen Werk herauszulesen ist, ein einsamer Mensch. Nach dem Motto Der ist der stärkste Mann der Welt, der ganz allein steht! focht er lebenslang für eine gerechte Gesellschaft, überraschte immer wieder mit undogmatischen Analysen und Urteilen. Damit machte er sich viele Feinde. Der humanitäre Aktivismus, so Thomas Mann, den Hiller aus den Wurzeln seiner Sexualität zieht, ist mir fremd, oft widerwärtig. Kurt Hiller hatte seine Homosexualität nicht bloß bedacht und beschrieben, sondern auch gelebt.Bereits 1908 vertrat er in Das Recht über sich selbst die Ansicht, dass gleichgeschlechtliche Liebe zu Unrecht strafrechtlich verfolgt werde. Mit dem § 175 – Die Schmach des Jahrhunderts – meinte er nicht nur die Sache – ich meinte mich und die Sache.

 

 

 

Je ferner mir leibliche Berührung des Jünglings, den ich liebte, lag, desto wilder brodelte in mir ein an keine bestimmte Person geknüpftes animalisches Begehren. Nicht, dass ich mit Bedacht mich zwang beides auseinanderzuhalten; nein, ein Etwas oberhalb meiner Willensvorgänge zwang mich ohne mein Zutun dazu und fast außerhalb meiner Beobachtung und Selbsterkenntnis. Ich erlegte mir kein Gesetz auf, sondern ich gehorchte einem Gesetz in mir ohne das Gefühl eines Gehorchens. Als ich begonnen hatte, zu ahnen, was mit mir los sei, erfuhr ich (durch wen oder was, habe ich vergessen), dass gewisse Stellen im Tiergarten an seinem Rande sich nachts als zwar stockdunkel, aber bevölkert erweisen, bevölkert von Menschen, unter denen mit einiger Vorsicht mal Ausschau zu halten (doch Ausschau ging wegen der Dunkelheit kaum!) mir reizvoll schien. Eines Tages im Oktober unternahm ichs. Im Tiergartenstück zwischen Lennestraße und Brandenburger Tor. Da teils vom Nachthimmel teils von den Laternen der angrenzenden beiden Straßen her ein paar Lichtstrahlen ins Düster der Büsche gelangten, vermochte man die Umrisse und Antlitze der dort Wandelnden oder auf Bänken Wartenden halbwegs zu erkennen. Auf einer Bank setzte ich mich neben einen Mann, der, ein bis zwei Jahrfünfte älter als ich, schnittig und drahtig wirkte und in dessen Gesicht kein Zug mich abstieß. Ein Gespräch entwickelte sich; ich fragte ihn vor allem, ob er Muskeln hätte. Statt zu antworten, hlt'll er mir seinen Oberarm hin. Ich prüfte; der Bizeps war geräumig gewölbt und wie aus Stahl. Wohin nun? Er bot seine Wohnung an. Weiß nicht mehr, wo sie lag. Sie war sehr klein und sehr sauber. Als ersieh entkleidete, kam ein toll trainierter Körper zum Vorschein, bedeckt mit Tätowierungen. Die mochte ich nicht, doch die Skulptur seines Rumpfs und seiner Gliedmaßen erzeugte in mir unerhört viel mehr Lust als die Tätowierung Unlust. Wechselseitige Mastur bation stand weder damals noch späterje auf meinem Programm. So wenig wie Analsachen, Oralsachen. Wir legten uns ins Bett und umarmten einander; und kaum hatte ich meinen zu weichen Körper an seinen prachtvoll harten gepresst, als ,es geschehen war'. Ob oder wann bei ihm, entglitt meinem Gedächtnis. Als wir uns wieder angezogen hatten, verlangte er höflich einen geringen Preis. Ich zahlte ihn, und wir sahen uns niemals wieder.

 

Menschlich, allzumenschlich. Hiller hätte wissen müssen, dass solcherart Bekenntnisse eine Frage des Geschmacks und nicht jedermanns Sache sind. Siegfried Jacobsohn, der Herausgeber der unabhängigen politischen Wochenschrift Die Weltbühne, klagte in einem Brief an Kurt Tucholsky vom 8. März 1926: Ich fürchte, dass es mit mir und Kurtchen Hiller nicht mehr lange währen wird. Es ist nicht zu sagen, was dieser arme Homosaxone sich an Hysterie, Verfolgungswahn, Eitelkeit, Empfindlichkeit, Anmaßung und Geschmacklosigkeit brieflich leistet. Mir ist kein Redakteur bekannt, der sich das so lange gefallen ließe wie ich Engel an Sanftmut und Geduld. Aber eines Tages wird sie wohl auch mir reißen. Bet für mich!

 

Kurt Hiller war von 1915 bis 1918 und von 1924 bis 1933 Mitarbeiter der Weltbühne. Insgesamt schrieb er in all den Jahren 167 Beiträge. Jacobsohn schätzte seine Texte. Auseinandersetzungen gab es immer wieder. Nahm es Jakobsohn im November 1917 locker hin, dass Hiller ihn zum Feuilletonistenpack zählte, das sämtliche Amüsierpremieren würdigt, weil sie gesellschaftliche Begebenheiten sind, so kam es im Dezember 1918 vollends zum Zerwürfnis, als Jacobsohn in der Rubrik Antworten seinen Austritt aus Hillers Aktivisten-Verein Rat geistiger Arbeiter begründete und zu dem Schluss kam: Eine Arbeitsgemeinschaft ist unmöglich. Im März 1924 druckte Jacobsohn erstmals wieder einen Text von Hiller. Das der erneuten Mitarbeit vorausgegangene Gespräch charakterisierte Hiller 1969 im Rückblick: Gegen Ende Februar fand die Begegnung in seiner Redaktion statt. Wir unterhielten uns etwa drei Stunden lang. Über das meiste, was er mir sagte, war ich platt. Seine Polemik gegen mich aus 1918 erwähnte weder er noch ich; und er ließ mich auf eine verhaltene, mich ehrende Art wissen, dass er über die Wiederaufnahme meiner Mitarbeit froh sei. Mindestens so froh war ich. Mich zu identifizieren mit der Weltbühne vermochte ich indessen nie.

 

Diesen Beitrag haben Peter Hahn & Jürgen Stich in Friedenau – Geschichte & Geschichten (Oase Verlag, 2015) publiziert. Die letzte bekannte Veröffentlichung über Kurt Hiller stammt von Daniel Münzner. Das Buch erschien 2015 unter dem Titel Der Intellektuelle als Außenseiter im Wallstein Verlag Göttingen und wurde am 15. Juni 2016 in der FAZ mit einer Rezension bedacht.

Hähnelstraße Nr. 10. Hahn & Stich, 2018

Hähnelstraße Nr. 10

Ecke Hauptstraße Nr. 70

Baudenkmal Mietshaus

Entwurf & Bauherr Baumeister Max H. Grunewald

 

 

In Vorbereitung

 

 

 

 

 

Hähnelstraße 11 & 11A

Hähnelstraße Nr. 11 & 11A

 

Der Fotograf Herwarth Staudt fotografierte von 1949 bis 1957 die noch stehenden Ruinen in Friedenau. Auftraggeber war das Baulenkungsamt des Bezirksamtes Schöneberg, das die Bausubstanz der angeschlagenen Häuser zu prüfen hatte, bevor über den Abriss entschieden wurde. Erstaunlich ist, daß in der so umfangreichen Sammlung keine Aufnahmen von den Häusern Hauptstraße Nr. 68, Nr. 68A sowie Nr. 69 mit Eckhaus Hähnelstraße 11A zu finden sind. Wir gehen auf Grund der dort errichteten Neubauten davon aus, daß die Häuser Nr. 68A und Nr. 69 den Zweiten Weltkrieg nicht überlebt haben. Das Wohn- und Geschäftshaus Hauptstraße Nr. 69 Ecke Hähnelstraße Nr. 11A müsste im Rahmen des West-Berliner Aufbauprogramms nach 1955 entstanden sein.

 

 

Die Grundstücke Hähnelstraße Nr. 11 bis 15 sind 1910 im Besitz der Holzhandlung Cassirer & Söhne als Baustellen ausgewiesen. Ein Jahr später gehören Nr. 11 dem Baugeschäft Großkopf & Schulz und Nr. 12 bis 14 dem Architekten Max Traeger. 1912 ist der Neubau Hähnelstraße Nr. 11 Ecke Hauptstraße Nr. 69 von 14 Mietparteien bezogen, darunter die Verlagsbuchhandlung F. W. Barsch, der Zahnkünstler (Dentist) Otto Lassig, der Bildhauer J. Wolff, das Pensionat von Marie Spitzeck und der Thronlehnsekretär (Rechnungsrat) M. Schmidt. Ab 1927 heißt es Hähnelstraße Nr. 11 & 11A. 1930 geht das Anwesen an die Bau- und Terrain AG Grunewald. Als letzter Eigentümer wird 1943 Domprediger E. A. Merensky (Naumburg a. S.) aufgeführt. Alles Weitere bleibt unbekannt.

 

Hähnelstraße 12. Foto Hahn & Stich, 2023

Hähnelstraße Nr. 12

Notwasserpumpe

 

Mit dem Bau der ersten Landhäuser in Friedenau nach 1870 wurden Bauherren und Baumeister zur Anlage von Brunnen verpflichtet, da eine zentrale Wasserversorgung durch die Gemeinde in weiter Ferne lag. Das war auch noch 1889 der Fall, als der Architekt Max Nagel die Baupläne für die Villa in der Fregestraße Nr. 58 einreichte. Nachdem Wasser und Abwasser reguliert worden waren, verloren die privaten Brunnen auf den Grundstücken an Bedeutung. Erhalten wurden jedoch bis heute die Pumpen an den Straßen für den Notfall. Sie wurden erst Eigentum der Gemeinde, später des Landes Berlin.

 

Zuständig für Wartung und Reparatur der noch vorhandenen rund 20 Friedenauer Notwasserpumpen ist das Straßen- und Grünflächenamt von Schöneberg, so daß eine Funktionstüchtigkeit nur noch erhofft werden kann, Die Berliner Wasserbetriebe gehen davon aus, daß die Hälfte davon defekt ist, neue Ventile und Frosthähne braucht – und gegebenenfalls neue Bohrungen erforderlich sind.

 

An den Friedenauer Straßenrändern stehen verschiedene Wasserpumpen. Das älteste reich verzierte Modell wurde 1890 vom Berliner Baurat Otto Stahn entworfen und in der Eisengießerei Lauchhammer produziert. In Friedenau stehen nur Rekonstruktionen, genannt Lauchhammer-Pumpe Typ I. Sie wurden 1978 von der Eisengießerei Schoening und Winkelhoff in Wedding hergestellt und zur 750-Jahr-Feier von Berlin zur Aufhübschung von Albe-, Hedwig-, Odenwald-, Stubenrauchstraße, Bundesallee und Varziner Platz aufgestellt.

 

 

 

Die nächste Generation der Notwasserpumpen kam ab 1925 zum Einsatz – die einfachen schlanken Krause-Pumpen, gegossen im Eisenhütten- und Emaillierwerk Wilhelm von Krause in Neusalz an der Oder. Zu besichtigen in der Eva-, Goßler-, Handjery-, Schmargendorfer Straße und am Friedrich-Wilhelm-Platz. Ähnlich gebaut, aus Rohr mit Schwengel und Auslauf, folgte das Einrohrghäuse der sogenannten Wolf-Säule in der Dickhardt-, Deidesheimer-, Lauter-, Fehler- und Kreisauer Straße.

 

Als nach dem Mauerbau 1961 die Situation unübersichtlich wurde, rückten Straßenbrunnen zur Notwasserversorgung wieder ins Blickfeld. Da der Designer Fridtjof Schliephacke mit seiner aus gängigen Handelsteilen gefertigten Stehlampe, die sogenannte Berliner Bratpfanne, gerade Furore machte, erhielt er den Auftrag für eine neue Notwasserpumpe. Die kunstgeschichtliche Einordnung der Schliephacke-Pumpe ist so umständlich formuliert wie das Aussehen selbst: Das Brunnengehäuse für das Kolbengestänge als kantige Form im Bauhausstil. Ein Stahlzylinder von durchgehendem Umfang ist mit acht Schrauben bodengleich auf dem Sockelrohr aufgesetzt. Der Handschwengel mit funktionellem Handgriff am flachen Stahlband, ist mit dem Drehpunkt in einem rechtwinkligen Haltestück am zylindrischen Abschluss des Pumprohrs angebracht. Der Wasserauslauf wurde als quadratische Stahlplatte am Zylinder aufgesetzt, darin mündet das Austrittsrohr verdeckt. Der Wasserauslass ist hakenförmig wie ein „J“ geformt und eignet sich zum Einhängen von Eimern. In Friedenau wurde die Schliephacke-Pumpe nicht aufgestellt.

 

Dafür gibt es in der Bache-, Dickhardt-, Hertel-, Nied-, Taunus- und in der Hähnelstraße je eine schlichte Notwasserpumpe unter der Modellbezeichnung Einteilige Säule mit Schwengel und Auslauf. Die Pumpe mit der Kennungs-Nr. 27 steht vor dem Haus Hähnelstraße Nr. 12 am Pflasterrand des Gehwegs und besitzt für abfließendes Wasser eine im Kleinpflaster eingelassene Rechteckmulde, die mit der Längsseite quer zum Gehweg unter dem Wasseraustritt liegt. Von dieser fließt das Wasser über den Bordstein ab. An den Brunnen ist (vorbeugend) das Schild Kein Trinkwasser angebracht.

 

Nachtrag

 

Über die zur Gemarkung Friedenau gehörenden Häuser Hähnelstraße Nr. 19 & Nr. 20 ist wenig bekannt. 1905 war Eigentümer von Nr. 19 der Baumeister G. Herold aus Berlin, so daß davon ausgegangen werden kann, daß das Wohnhaus mit zwei langen Seitenflügeln von ihm entworfen, errichtet und die Wohnungen anfangs an 9 Parteien vermietet wurden. 1910 wurde das Anwesen erstmals verkauft. Eigentümer von Nr. 20 und eventuell auch Bauherr war der Ingenieur Ernst.Grüder aus der Friedenauer Kirchstraße Nr. 24. Er blieb Besitzer bis nach dem Zweiten Weltkrieg. Grüder, mittlerweile Oberingenieur, erwarb 1930 von den Scharwenka’schen Erben das Sommerhaus des Komponisten und Pianisten Xaver Scharwenka (1850-1924) in der Scharwenkastraße Nr. 7 in Bad Saarow. In diesem Haus wohnte bis 1945 die Familie Grüder mit Scharwenkas Tochter Isolde und ihrem Ehemann, dem Landgerichtsdirektor Albert Knauer. Die 1910/12 errichtete Villa in Holz-Rahmen-Bauweise steht seit 2005 unter Denkmalschutz und wurde 2014 von der Scharwenka-Stiftung als Kulturforum eröffnet. Xaver Scharwenka, um die Geschichte zum Ende zu bringen, fand seine letzte Ruhe in einem Familiengrab auf dem Alten St.-Matthäus-Friedhof. Das Ehrengrab des Landes Berlin wurde 2014 vom Senat aufgekündigt und danach von der Scharwenka-Stiftung restauriert (Abt. P-004-008/009).

Hähnelstraße 13. Foto Hahn & Stich, 2023

Hähnelstraße Nr. 13

Musikwissenschaftler Carl Krebs (1857-1937)

 

Die Grundstücke Hähnelstraße Nr. 11-15 kamen nach 1910 unter den Hammer. Nr. 11 & 15 gingen von der Nutzholzhandlung Cassierer & Söhne an das Baugeschäft Großkopf & Schulz und Nr. 12-14 an den Architekten Max Traeger, der auf Nr. 13 für den Bauherrn Maurermeister Ernst Buckenauer ein Mietwohnhaus mit zwei Seitenffügeln errichtete. Zu den ersten Mietern gehörten die Verwaltung der Deutschen Kunstvereinigung sowie eine Gewerbe- und Kunstgewerbeschule. Am 2. Oktober 1913 soll im Wege der Zwangsvollstreckung das Hähnelstr. 13 belegene, auf den Namen des Maurermeisters Ernst Buckenauer zu Berlin-Schöneberg, Hauptstraße 68, eingetragene Grundstück vormittags 10 Uhr, versteigert werden. Das Grundstück ist mit einem jährlichen Nutzungswert von 11.300 M. und einer jährlichen Gebäudesteuer von 432 M. eingetragen.

 

In den ersten drei Weltkriegsjahren gibt es offensichtlich keine Einigung. Eingetragen ist eine Administration. 1917 ist Ernst Buckenauer wieder Eigentümer. 1921 erwirbt der Kaufmann F. Goy das Anwesen, anfangs beheimatet außerhalb, später Polen und ab 1940 Berlin NO 18, Elbinger Straße 22. So bleibt es bis 1943. Das Danach ist unklar.

 

In diesem Haus wohnte von 1915 bis zu seinem Tod der Musikwissenschaftler Prof. Dr. Carl Krebs (1857-1937). Nach seinem Klavier-Studium am Klindworth-Scharwenka-Konservatorium Berlin studierte er an der Königlichen Hochschule für Musik bei Philipp Spitta und gleichzeitig Musikwissenschaft und Philosophie an der Friedrich-Wilhelms-Universität. Von 1895 bis 1923 war Carl Krebs Nachfolger von Philipp Spitta im Fach Musikgeschichte an der Königlichen Hochschule für Musik und Sekretär der Berliner Akademie der Künste. Gerühmt werden seine Musikkritiken in der Vossischen Zeitung, in Moderne Kunst, Deutsche Rundschau und der Zeitung Der Tag.

 

Hähnelstraße Nr. 14. Hahn & Stich, 2006

Hähnelstraße Nr. 14

Baudenkmal Mietshaus & Einfriedung

Entwurf Architekt Max Traeger

1910-1911

 

Das viergeschossige, achtachsige Mietshaus verfügt über je eine 5- und eine 6-Zimmer-Wohnung pro Geschoss. Die Fassade ist weitgehend symmetrisch aufgebaut, beiderseits der beiden mittleren Fensterachsen treten flache Standerker mit seitlichen Balkons vor, außen sind Loggien angeordnet. Die obersten Geschosse der Erker sind mit Ziegelbehang versehen, der östliche Erker ist asymmetrisch noch um ein Dachgeschoss erhöht. Die Rücklage zwischen den Erkern ist über dem Hochparterre durch einen Fusswalm mit Ziegeln geschützt, darunter ist der Hauseingang zwischen Jugendstilpilastern asymmetrisch eingefügt: Über einem Segmentbogenportal mit Maske im Giebelfeld umgibt ein Flechtbandornament das ovale Oberlicht des Vestibüls. Das Vestibül zeigt an den Seitenwänden eine biedermeierlich anmutende Wandverkleidung mit je fünf Spiegeln, die durch Säulchen getrennt werden. Auch die Wohnungstüren zeigen biedermeierliche Gestaltung. Die Jugendstil-Vorgarteneinfriedung ist erhalten. Topographie Friedenau, 2000.

 

In der Hähnelstraße Nr. 14 wohnte von 1927 bis zu seinem Tod 1961 der Ingenieur, Hochfrequenztechniker und Schriftsteller Dr. Eugen Nesper (1879-1961) – ein Pionier der drahtlosen Übertragung. Sein Vater Josef war Schauspieler am Meininger Hoftheater. Der Sohn verließ die Schule vorzeitig und begann 1896 ein Volontariat in der Berliner Filiale der Deutzer Gasmotoren-Fabrik Möller & Bluhm. Als Hilfsassistent nahm er an den Versuchen zur drahtlosen Telegraphie von Adolf Slaby und Georg Graf von Arco in Potsdam-Babelsberg teil. Ab 1898 studierte er Elektrotechnik, Maschinenbau und Nationalökonomie an der Technischen Hochschule in Charlottenburg. 1904 promovierte Nesper mit der Arbeit Die Strahlung von Spulen. 1906 wechselte er zur C. Lorenz AG. Von 1917 bis 1921 führte er die Niederlassung der Lorenzwerke in Wien. 1921 kehrte er nach Berlin zurück. Im März 1923 improvisierte er gemeinsam mit Siegmund Loewe, Manfred von Ardenne und Otto Kappelmayer vor Reichskabinett und  Reichspräsident Friedrich Ebert eine Vorführung englischer Rundfunksendungen und gründete danach mit Siegmund Loewe den Deutschen Radio-Klub. Am 29. Oktober 1923 gab es die erste Unterhaltungssendung des Senders Funk-Stunde Berlin aus dem Vox-Haus – der Beginn des Hörfunks in Deutschland. In den 1940er Jahren befasste er sich mit dem Bau von Lautsprechern. Für ein Raumtonsystem erhielt er 1949 ein Patent – der spätere 3-D-Klang.

 

Hähnelstraße Nr. 15. Hahn & Stich, 2006

Hähnelstraße Nr. 15

Baudenkmal Mietshaus & Einfriedung

Entwurf und Bauherr Baugeschäft Grosskopf & Schulz

1910-1911

 

Das viergeschossige, achtachsige Mietshaus besitzt je zwei 6-Zimmer-Wohnungen pro Geschoss. Die Fassade ist - dem spiegelbildlichen Grundriss entsprechend - symmetrisch aufgebaut: Neben zwei Fensterachsen beiderseits der Mittelachse tritt je ein Erker vor, den jeweils tiefe Loggien flankieren. Der mittlere Fassadenbereich mit den Erkern wird durch einen hohen Dachpavillon bekrönt. Das Erdgeschoss ist durch Putznutung als Sockel betont. Die Obergeschosse zeigen nur wenig Dekor, die mittleren Achsen sind durch Pilaster gegliedert. Durch ein einfaches Rundbogenportal mit Oberlicht betritt man ein tonnengewölbtes, flach kassettiertes Vestibül, das mit einer Holztäfelung, ovalen Spiegeln, Marmorstufen und einem Glühlampenbogen am Durchgang zum Treppenhaus ausgestattet ist. Topographie Friedenau, 2000

 

Als Eigentümer des Grundstücks ist 1915 die Holzhandlung Cassirer Söhne eingetragen, allerdings noch mit der Anmerkung Baustellen, gehört zu Schöneberg. Als wir vor Jahren einmal das Haus bewunderten, machte uns der damalige Besitzer auf die Einfriedung des Vorgartens aufmerksam. Die Splitter der Weltkriegsbombe, die an der Kreuzung Hähnel- und Stierstraße niederging, hatte selbst an den stählernen Gitterstäben ihre bis heute sichtbaren Spuren hinterlassen.

 

Hähnelstraße 16 Ecke Stierstraße, 1978. Foto Jürgen Henschel, Museum Schöneberg

Hähnelstraße Nr. 16

Ecke Stierstraße

 

 

 

 

 

In Vorbereitung

Hähnelstraße 17. Foto Hahn & Stich, 2023

Hähnelstraße Nr. 17

 

Die Grundstück Hähnelstraße Nr. 17 kam 1900 in den Besitz von Zimmermeister August Vogler (Wilmersdorf, Berliner Straße 123). 1904 war das Haus errichtet und von 11 Mietparteien bezogen, darunter Eigentümer August Vogler und als Mieter der Architekt und Baumeister Paul Vogler, der als Eigentümer von Hähnelstraße Nr. 18 den Entwurf für das Mietshaus fertigte. 1904 war das Haus von 17 Mietsparteien bezogen, darunter im Erdgeschoss die Bäckerei von G. Schmidt..

 

Nr. 18 wurde 1925 verkauft. Eigentümer wurde eine Familie Birgen (Schweiz). Die Bäckerei erlebte mehrere Pächterwechsel und bestand bis mindestens 1943. Das Haus Nr. 17 blieb bis nach dem Zweiten Weltkrieg im Besitz von Paul Vogler und dessen Atelier für Architektur und Bauausführung.

 

 

 

 

 

Hähnelstraße Nr. 18

 

Das Grundstück Hähnelstraße Nr. 17 kam 1900 in den Besitz des Wilmersdorfer Zimmermeisters August Vogler. 1903 war das Haus errichtet. Laut Adreßbuch waren 11 Mietparteien eingezogen, darunter der Eigentümer sowie Baumeister Paul Vogler, Besitzer des Nachbargrundstücks. Das Atelier für Architektur und Bauausführung Paul Vogler erstellte offensichtlich den Entwurf für das Mietswohnhaus Hähnelstraße Nr. 18, in das 1904 gut zwei Dutzend Mietsparteien eingezogen waren, darunter eine Bäckerei, die bis 1943 existierte. Nr. 18 wurde Mitte der 1920er Jahre an die Familie Birgen in der Schweiz verkauft. 1940 ging das Anwesen an Elfriede Olowson (Breslau) - bis nach dem Zweiten Weltkrieg. Nr. 17 blieb bis in die Nachkriegszeit im Besitz von Architekt Paul Vogler.

 

Bauherr und Architekt Paul Vogler nutzte die neue Bauordnung von 1903, mit der eine verdichtete Bebauung erzielt werden konnte. Dabei hielt er sich an das Preußische Fluchtlienengesetz von 1875, nachdem auf den Grundstücken nur Baukörper errichtet werden dürfen, die die Baufluchtlinie nach vorne nicht überschreiten. Zur Straße hin schuf er unter Einhaltung der Baufluchtlinie einen dreigliedrigen Bau mit einem Mittelteil und zwei kurzen Seitenflügeln bis an den vorgeschriebenen 6 Meter breiten Vorgarten. So entstand vor dem Vorderhaus ein Vorhof, der dem Mietwohnhaus ein herrschaftliches Entrée verleiht – ähnlich dem Anwesen Stierstraße Nr. 20-21, dessen ursprüngliche Wirkung auch nach der teilweisen Zerstörung im Zweiten Weltkrieg noch zu erahnen ist. Im Hinterhof von Hähnelstraße Nr. 18 entstanden (wie auch in der Stierstraße) im gesetzlich festgelegten Abstand von 12 Metern zwei langgezogene Seitenflügel mit kleineren Wohnungen. Mehr bauliche Verdichtung und mehr Gewinn konnte auf diesem Grundstück nicht erreicht werden.

 

Gartenbau-Ingenieur Fritz Zahn (1872-1942), Befürworter von Schmuckplätzen (wie dem von ihm konzipierten Maybachplatz (Perelsplatz), ergriff auf der Sitzung des Haus- und Grundbesitzer-Vereins am 18. März 1905 die Gelegenheit, die Friedenauer Vorgärten zumindest infrage zu stellen. Die Vorgartenfrage gipfle in der Hauptsache in der Baufrage, und rief dazu auf, mit der geraden Baufluchtlinie zu brechen. Er habe mit Freude gesehen, daß in dieser Hinsicht schon der Anfang gemacht worden sei, in der Hähnelstraße Nr. 18 und in der Stierstraße Nr. 20-21.

 

Allerdings mische sich etwas unangenehm ein, daß alle Vorgärten gleichmäßig in einer Breite von 6 m durchgeführt seien. Von diesen 6 m ginge aber noch ein Teil durch Gitter, Weg usw. verloren. Es werde dadurch das Gelände für das Grün ganz besonders vermindert. Dann komme hierzu, daß sich in einem Teile der Vorgärten trotz größter Pflege das Wachstum nicht recht entwickle. Es seien dies die Gärten, die nach der Nordseite liegen. Die Nordseite dürfte also mit Rücksicht darauf Vorgärten nicht erhalten. Dann seien auch die Straßenbäume gleichmäßig durchgeführt und dadurch für das Wachsen in den Vorgärten hinderlich. Durch den Weg zur Haustüre werde der Garten überdies in 2 Teile geteilt. Auf diese Weise verliere man wieder Terrain.

 

Sein Vorschlag gehe nun dahin, man betrachte das ganze Baugelände als einen Garten, dorthin würden die Gebäude gesetzt, die Gitter zwischen den einzelnen Gärten müßten fallen, es sei also eine einzige Anlage in der Straße auszuführen. Es könne dann allerdings gesagt werden, der Hausbesitzer verliere das Anrecht an seinem Garten, das gebe er zu, aber sei der Vorgarten in vielen Fällen mehr ein Schmerzens- oder Sonnenkind für den Besitzer gewesen? Es gebe Hausbesitzer, die betrachten den Vorgarten als notwendiges Übel. als etwas von der Polizei aufgezwungenes. Das sei auch der Grund, weshalb den Vorgärten in vielen Fällen nicht das nötige Interesse entgegen gebracht wird

 

Zahn sprach sich außerdem gegen die Anpflanzung von Straßenbäumen aus und schlug vor, die Bäume in die Vorgärten zu setzen, wenn man den Baum auf eigenem Grund und Boden habe, könne man sie so ziehen, wie sie am besten zum Gebäude paßten. Man müsse unterscheiden, was die Vorgärten sein sollen, nur ein Schmuck für die Straße, für die Vorübergehenden oder ob der Vorgarten gleichzeitig einen praktischen Nutzen haben soll.

 

Gemeindevorsteher Bernhard Schnackenburg erwiderte: Als er selbst zum ersten Male nach Friedenau gekommen sei, sei ihm das Herz aufgegangen beim Anblick der reizenden Straßen, und er müsse sagen, er habe es hier ganz allerliebst gefunden. Die schönen Vorgärten seien dasjenige, was uns im Wesentlichen von Berlin unterscheide, man müsse den Reiz bieten, den Berlin nicht habe und das seien eben die Vorgärten. Die eingestreuten Villen, die dem Orte den ländlichen Charakter gaben, verschwinden von Jahr zu Jahr. Daß man in der Nähe Berlins nicht Villenort bleiben könne, sei zweiffellos. Wohl aber könne man Sorge tragen, daß auch bei den Hochbauten der Ort einen schönen Anblick biete, denn ein Ort müsse doch den Charakter gewinnen, der ihm beschieden.

Hähnelstraße 19. Foto Hahn & Stich, 2023

Hähnelstraße Nr. 19

 

 

 

In Vorbereitung

Hähnelstraße 20. Foto Hahn & Stich, 2023

Hähnelstraße Nr. 20

Ecke Lauterstraße Nr. 38

 

Das Grundstück Hähnelstraße Nr. 20 Ecke Lauterstraße Nr. 38 wird erstmals 1904 erwähnt: Neubau, Eigentümer Baugeschäft Siegmund Stöckel. 1905 erscheint im Friedenauer Lokal-Anzeiger eine Annonce: Lauterstraße 38 Ecke Hähnelstraße 20, am Birkenwäldchen, nahe Gymnasium, 5 Minuten von der Ring- und elektrischen Straßenbahn. Hochherrschaftlich elegant ausgestattete Wohnungen im verschlossenen Hause von 5 und 6 Zimmern, große Räume, Bad, große Mädchenstube, 2 Balkons, 2 Toiletten, Hinteraufgang, elektrische Lichtanlage und Gas. Zum 1.4.1905 (früher beziehbar) zu vermieten. Zentralheizung, event. Telephon. Näheres daselbst oder bei Siegmund Stöckel.

 

 

 

 

Kurz danach waren die Wohnungen teilweise vermietet und das Eckhaus im Besitz von Ingenieur Ernst Grüder, Geschäftsführer der Gesellschaft für Metallkeramik. Es gab einen Portier und Mieter Oberstleutnant a. D. Hahn suchte zum 1. August bei hohem Lohn ein tüchtiges Mädchen, das selbständig kocht. Geblieben ist eine Aufnahme von 1905. Zu sehen ist die Attika, jener brüstungsartiger Aufbau über dem Hauptgesims, mit dem das dahinterliegende Walmdach verborgen werden sollte, in dem einst Waschküche und Trockenboden untergebracht waren, das Türmchenan der Ecke Hähnelstraße, und auch das Atelierfenster im Attikageschoss. In der vom Landesdenkmalamt Berlin veröffentlichten Aufnahme von 1999 sind Walmdach und Türmchen verschwunden. Erhalten ist an der Ecke zur Hähnelstraße als Point de vue ein Relief mit bildlichen Zitaten aus der Bauwelt, Zirkel, Klüpfel, Meißel, Hammer, Amboss, Fäustel, Winkel, das aus der Bauzeit stammen könnte.

 

Siegmund (Samuel Nuchem) Stöckel (1868-1939) war erst wenige Jahre zuvor als Bauunternehmer aktiv geworden. Bereits länger und sehr erfolgreich im Geschäft war sein älterer Bruder Moritz (Moses Ber) Stöckel (1862-1910), der seit der Mitte der 1890er Jahre zahlreiche Mietshäuser in Friedenau und Schöneberg hat errichten lassen. Um das Jahr 1901 war Siegmund in das Baugeschäft des Bruders eingestiegen und führte es nach dessen Tod im Jahr 1910 erfolgreich weiter. Über die Familie Stöckel gibt es einen ausführlichen Beitrag unter Fregestraße.

 

1910 zog in dieses Haus der Schriftsteller cand. phil. Theodor Rehtwisch (1864-1912) ein. Der gebürtige Holsteiner lebte seit 1890 in Berlin und hatte 1895 gemeinsam mit Alfred Langewort den Verlag Rehtwisch & Lagewort, Spezialsortiment für evangelische Literatur und Kunst, in der Zimmerstraße 19 gegründet. Seine Werke erschienen jedoch durchweg bei anderen Verlagen: Georg Frenssen, der Dichter des Jörn Uhl (Verlag A. Duncker Berlin, 1902), Leuzhen. Blätter der Erinnerung an den großen König und das Jahr 1757 (Verlag G. Wigand Leipzig, 1907), Von der Etsch bis an den Belt. Geschichtsbilder aus den Jahren 1806 und 1809 (Verlag Turm Leipzig, 1908), Das Volk steht auf, der Sturm bricht los! Geschichte der Freiheitskriege in den Jahren 1812-1815 (Verlag G. Wigand Leipzig, 1908). Ein Friedenauer wurde Theodor Rehtwisch nicht. Er starb am 18. Oktober 1912 im Alter von 47 Jahren.

 

Theodor Rehtwisch beschäftigte sich hauptsächlich mit den Biographien von Politikern und Militärs, die deutsche Sicht über den Siebenjährigen Krieg und die Befreiungskriege. Posthum erschienen Die große Zeit – ein Jahrhundertbuch (Verlag G. Wigand Leipzig, 1013) und Fridericus rex (Brunnen-Verlag Berlin, 1922). Erstaunlich ist, dass sich die Deutsche Nationalbibliothek Leipzig im Jahr 2022 aufmachte, von Deutschlands Befreiungskriege 1813-1815 (Original 1913) und Vom Großen Kurfürsten (Original 1911) elektronische Reproduktionen herzustellen.