Am 26. März 1889 wurde die Schöneberg-Friedenauer Terraingesellschaft gegründet. Eingebracht wurde ein Terrain hinter dem Wannseebahnhof Friedenau von über 26 ha, begrenzt durch die Trassen von Wannseebahn und Anhalter Bahn. Ziel war der Ankauf von Land, Parzellierung und Verkauf von Grundstücken. Der Bebauungsplan war verabschiedet, erste Straßen angelegt, baureife Parzellen bereits verkauft, einzelne Mietswohnhäuser schon errichtet. Am 12. Januar 1892 wurde aus dem Neubaugebiet das Malerviertel, versehen mit Namen von Malern, die keinerlei Bezug zu Schöneberg hatten: Beckerstraße (vorher Straße 7), Begasstraße (6), Canovastraße (9), Cranachstraße (9), Dürerplatz (5), Knausstraße (46), Menzelstraße (3), Rembrandtstraße (5), Rubenstraße (1) und Peter Vischer Straße (8). Am 15. November 1901 kamen Thorvaldsenstraße (vorher Straße 72) und 1914 Semperstraße hinzu.

 

Die Terraingesellschaft hatte 1892 am Dürerplatz Nr. 4 ein Verkaufsbüro eingerichtet. Geworben wurde mit Gesunde Lage, vorzügliche Verbindung nach Berlin durch Wannseebahn (fast durchweg 10-Minuten-Verkehr, Fahrtzeit 9 Minuten). Ringbahn, Dampfbahn, Pferdebahn, fertige Straßen-, Kanalisations-, Gas- und Wasseranlagen. Im Adressbuch von 1893 wird die Gegend unter Friedenau, gehört zu Schöneberg geführt, später genauer Gehört postalisch zu Friedenau, politisch zu Schöneberg. Vor dem Ersten Weltkrieg waren letzte Baustellen und Häuser verkauft – vorwiegend an Beamte und Rentiere. Persönlichkeiten sind eine Rarität. Von anno dunnemals bleiben Rosa Luxemburg und ihre Liebhaber Leo Jogiches und Kostja Zetkin.

 

Adolph Menzel, Die Berlin-Potsdamer-Bahn, 1847

Im Jahre 1847 schuf Adolph von Menzel (1815–1905) sein Ölgemälde von der ersten Eisenbahnstrecke in Preußen, die seit 1838 von Berlin nach Potsdam führte. Dieses Gemälde hat neben seiner herausragenden künstlerischen Qualität nicht zuletzt deshalb Berühmtheit erlangt, weil es als die erste Darstellung einer Eisenbahnstrecke in der bildenden Kunst im deutschen Raum angesehen wird. Menzel gelingt in seinem Gemälde die Verbindung von Stadt und Land. Im Vordergrund dominieren Wiesen und Felder in den Erdfarben Braun und Grün, während im Hintergrund nur schemenhaft und in Grautöne übergehend Berlin dargestellt wird. Es entsteht der optische Eindruck, dass Berlin nach und nach die die Stadt umgebende Landschaft überzieht. Stadt und Land werden im oberen Bilddrittel von einem stark mit Wolken verhangenen Himmel überwölbt. Die horizontale Komposition des Bildes wird vertikal von einem aufgeschütteten eingleisigen Bahndamm mittig durchschnitten, auf dem eine Dampflokomotive aus der Stadt heraus etliche Güter- und Personenwaggons in einem Bogen durch die Landschaft in Richtung Potsdam zieht und dabei das Land in eine Rauchschwade hüllt. Eine überdimensionierte Baumgruppe dominiert am linken Bildrand. Links vom Bahndamm befindet sich eine Hofstelle und direkt am Damm im Scheitelpunkt des Bogens ein Bahnwärterhäuschen an der Kreuzung des Dammes mit einer Straße oder einem Weg ...

Uwe Schaper, Die Berlin-Potsdamer Bahn (Auszug)

Menzelstraße 1. Foto LDA 2005

Menzelstraße Nr. 1

 

In der aktuellen Denkmaldatenbank wird das 1891-94 von Regierungsbaumeister Schmedes errichtete Mietshaus unter Menzelstraße 1 Rembrandtstraße 8 aufgeführt. Das ist nicht korrekt. Dieses Gebäude gehört zur Rembrandtstraße Nr. 8. Unmittelbar an das auch unter dem Namen Signalberg bekannte Eckhaus Rembrandtstraße Nr. 8 entstand direkt anschließend etwa 1894-95 das Haus Menzelstraße Nr. 1. Im Adressbuch werden 1895 drei Eigentümer genannt: Amtsmaurermeister G. Koch (Berlin), Schlossermeister R. Baumann (Berlin) und Architekt Rudolf Schröder, der wohl auch den Entwurf lieferte.

 

 

 

 

Menzelstraße 2. LDA 2005

Menzelstraße Nr. 2

Baudenkmal Mietshaus

Entwurf und Bauherr Rudolf Schröder

1891-1892

 

Nördlich anschließend an Menzelstraße Nr. 1 errichtete Architekt Rudolf Schröder in eigener Bauherrenschaft 1891/92 das Mietshaus Menzelstraße Nr. 2 mit Seitenflügel und einer rot verklinkerten Straßenfassade, die mit gotisierenden Gestaltungsdetails an mittelalterliche Burgenarchitektur anknüpft. Zwei schmale sechsgeschossige Standerker mit spitzen Pyramidendächern und geböschten Sockeln flankieren turmartig die Mittelachse, wo das spitzbogige Eingangsportal von Zinnenkranz und Strebepfeilern gerahmt, die eingespannten Balkone darüber mit Maßwerk dekoriert und ein Dreiecksgiebel mit strebepfeilerartigen Vorsprüngen betont sind. Die Fenster in unterschiedlichen Formaten mit Rundbogen-, Segmentbogen- oder Spitzbogenabschluss oder als gekuppelte Rechteckfenster sind symmetrisch über die Fassade verteilt und heben sich mit weiß abgesetzten Stürzen und Sohlbänken, zum Teil mit seitlich eingestellten Säulen, von den roten Wandflächen kontrastreich ab. Das Treppenhaus ist mit floraler Schablonenmalerei und geschnitzten Treppengeländern ausgestattet. (Topographie Friedenau, 2000)

 

 

 

 

 

Menzelstraße 3. Wikipedia, Definitiv

Menzelstraße Nr. 3

Baudenkmal Mietshaus

Entwurf Rudolf Schröder

Bauherr G. Koch & Schröder, Rudolf & Baumann, Rudolf

1891-1894

 

Auf der gegenüberliegenden Straßenseite ist eine Reihe von drei Mietshäusern etwa zeitgleich entstanden. Der Architekt und Zimmermeister Rudolf Schröder war bei allen als Bauherr, bei den Häusern Menzelstraße 2 und 3 auch als Ausführender beteiligt. Das 1891-94 erbaute fünfgeschossige Mietshaus Menzelstraße Nr. 3 mit einem Seitenflügel zeigt an der Straßenfassade eine symmetrische Gliederung: Die Mittelachse betont ein viergeschossiger Standerker mit hohem Rundbogenportal, einer korinthischen Pilasterordnung an den oberen Geschossen sowie Balkonen an den Seiten und darüber. Souterrain und Hochparterre sind verputzt, während an den drei Hauptgeschossen der Kontrast von schmalen rot verklinkerten Wandstreifen mit dem hellen Stuckdekor der kräftigen Fensterrahmungen in Formen der Neorenaissance das Bild bestimmt. Mit qualitätsvollem Stuckdekor ist auch das Vestibül ausgestattet. Topographie Friedenau, 2000

 

Menzelstraße Nr. 5

 

Von dem Grundstück Menzelstraße Nr. 5 Ecke Beckerstraße Nr. 17 sind Aufnahmen aus den Nachkriegsjahren erhalten. Am 25. November 1953 fotografierte Herwarth Staudt im Auftrag des Baulenkungsamtes Schöneberg gestapelte Trümmer auf dem Gelände der Menzelstraße 5 Ecke Beckerstraße 17. Am 18. Oktober 1979 entstand die Aufnahme eines Wandbildes an einer Brandwand an einem Spielplatz in der Menzelstraße  5-6 und der Beckerstraße 17 von Jürgen Henschel (1923-2012), der über zwei Jahrzehnte als Pressefotograf für die Tageszeitung Die Wahrheit der Sozialistischen Einheitspartei Westberlins (SEW) tätig war. Seine Bilder gaben den sozialen Auseinandersetzungen ein Gesicht. 1991 überließ er dem Kreuzberg Museum rund 20.000 Negative, darunter Aufnahmen von Friedenau und Schöneberg, die vom Museum Schöneberg übernommen wurden.

 

 

 

 

 

 

Menzelstraße 11, 1954. Sammlung Staudt, Museum Schöneberg

Menzelstraße Nr. 11

 

Foto von Herwarth Staudt, aufgenommen am 6. Januar 1954 im Auftrag des Baulenkungsamtes Schöneberg.

 

 

In Vorbereitung

 

Menzelstraße Nr. 12

 

Das linke Foto mit der komplett erhaltenen Fassade wurde am 22. Mai 1951 von Herwarth Staudt im Auftrag des Baulenkungsamtes Schöneberg aufgenommen. Das rechte Foto, betitelt mit gestapelte Trümmer auf dem Gelände der Menzelstraße 12, aufgenommen von Herwarth Staudt, entstand am 23. Oktober 1953 im Auftrag des Baulenkungsamtes Schöneberg.

 

Menzelstraße 14-16, 1951. Sammlung Staudt, Museum Schöneberg

Menzelstraße Nr. 16

Friedrich Wendel (1886-1960)

 

Der Schriftsteller Friedrich Wendel leitete von 1924 bis 1928 die Buchgemeinschaft Der Bücherkreis. 1924 veröffentlichte er im Dietz-Verlag Hans Baluschek. Eine Monographie.

 

Leser, der du kein Sozialist bist, du wirst vielleicht am Schluss dieses Buches fragen, war es nötig, eine Einführung in das Werk des Künstlers Baluschek vom Standpunkt erklärter sozialistischer Parteinahme zu geben? Ja, es war nötig. Um Himmelswillen nicht deshalb also, um die Darstellung eines Lebenswerkes von ernstestem künstlerischen und kulturellen Wert zur Propagierung jener Ideen auszunützen, die die Menschheit des Baluschekschen Stoffgebietes beherrschen und bewegen. Es war nötig aus dem Grunde, weil der hier betrachtete Künstler die Ideenwelt des Sozialismus vertritt, in ihr das Regulativ seines Lebens gefunden hat und von ihr die Gesundung einer leidenden Zeit erwartet. Man kann die entscheidenden Linien seines Werkes nicht erfassen, wenn man ihm nicht auf den Boden seiner Weltanschauung folgt. Die Betrachtung und das Studium seines Werkes ist keine Angelegenheit des dreimal verfluchten „Erholungs-Bedürfnisses“, dem zu diesen Gedankenlosigkeit den künstlerisch produktiven Menschen zwingen will. Was Baluschek geleistet hat, ist Arbeit – Arbeit am Bau der Einung, nach der Millionen Seelen schreien. Im Namen der Arbeit schuf er und schafft er. Im Namen der Arbeit wirken und werken Millionen. Einung ward zur Gewissheit. Denn die erhabene Vernunft der Natur lässt sich nicht spotten.

 

Erstmals wurde das umfangreiche Werk von Baluschek mit den Berliner Bildern, Tempelhofer Feld, Hasenheide, Laubenkolonie, Leipziger Straße, über die sozialkritischen Zeichnungen bis hin zu seinen Eisenbahnmotiven ausführlich gewürdigt. Es blieb bis zur Gedächtnis-Ausstellung Hans Baluschek von 1948 die einzige Veröffentlichung.

 

 

Menzelstraße 17, 1951. Sammlung Staudt, Museum Schöneberg

Menzelstraße Nr. 17

 

Fotografie des zerstörten Eckhauses in der Menzelstraße 17 Ecke Peter-Vischer-Straße 1, aufgenommen von Herwarth Staudt am 16. März 1951 im Auftrag des Baulenkungsamtes Schöneberg.

 

 

In Vorbereitung

Menzelstraße 30. LDA

Menzelstraße Nr. 30

Baudenkmal Mietshaus

Entwurf Architekt Richard Draeger (1857-1923)

Bauherr Richard Draeger

1895-1896

 

Auf der Erbbegräbnisstätte Draeger an der Begrenzungsmauer zur Fehlerstraße (Abt. Ia 174/175) haben viele Familienangehörige ihre letzte Ruhe gefunden – im Mittelpunkt die Stele mit der Inschrift Richard Draeger, Architekt, Gemeindeältester zu Friedenau, * 18.10. 1857, † 4.1.1923. Angelegt wurde die Familiengrabstätte offensichtlich erst nach seinem Tod.

 

Richard Draeger wird im Adressbuch erstmals 1888 unter Handjerystraße Nr. 7 aufgeführt. 1889 ist er bereits Inhaber eines Büros für Bauausführungen, Handjerystraße Nr. 7. Im Jahr 1893 erwirbt er das Haus Albestraße Nr. 30, zu dem später noch die Anwesen Wielandstraße Nr. 31 (1896) und Kirchstraße Nr. 26/27 (Schmiljanstraße) hinzukommen. 1899 wurde Draeger zum Gemeindeschöffen gewählt wurde. Zu diesem Zeitpunkt hatte er als Architekt mit einigen viergeschossigen Mietswohnhäusern Zeichen gesetzt. Es war nur eine Frage der Zeit, bis Richard Draeger von der Gemeindevertretung in die Ausschüsse für Bauwesen und Straßenbauten gewählt wurde. Eine heftige Debatte gab es in der Gemeindevertretung am 1. März 1912. Der Bildhauer Valentino Casal hatte 1899 das Grundstück Wilhelmstraße Nr. 7 (Görresstraße) mit einem weit in die Tiefe reichenden Areal erworben und mit dem Atelier V. Casal bebaut. Als die Gemeinde Friedenau unter Gemeindebaurat Hans Altmann den Bebauungsplan änderte und die Straße 12 (ab 1910 Bachestraße) anlegte, reichten die Bauten über Vorgarten und Bürgersteig hinweg bis 6,40 m in die Bachestraße hinein. Nun sollte der Engpass beseitigt werden. Die Gemeinde hat allerdings die Rechnung ohne den Wirt gemacht.

 

 

Der Friedenauer Lokal-Anzeiger berichtet: Herr Casal hat Gegenvorschläge gemacht. Danach will Herr Casal mit seinem Grundstück bis zur Vorgartengrenze zurücktreten, er verlangt aber, daß ihm die Gemeinde dann nach der Wilhelmstraße einen neuen Schuppen errichtet. Die Kosten hierfür würden etwa 10.000 M. betragen. Ferner beansprucht er die Freistellung von jeglichen Anliegerbeiträgen, was ebenfalls einen Betrag von 2700 M. er geben dürfte. Auch die Kanalisations- und gerichtlichen Kosten müsse die Gemeinde tragen, so daß 12-14.000 M. Kosten der Gemeinde erwachsen würden. Außerdem stellt Herr Casal aber noch die Bedingung, daß der Streifen, den er abtrete, ihn als bebauungsfähige Fläche angerechnet werde. Dass ihm solches genehmigt würde, sei aber ganz ausgeschlossen. Selbst wenn man alle diese Bedingungen anerkennen würde, wäre doch noch nicht reiner Tisch gemacht, da das Gebäude immer noch in den Bürgersteig hineinspringen würde.

 

Die Gemeindevertreter waren uneins. Für den einen war der Engpass dort nicht so schlimm, es ist Raum genug vorhanden für die Feuerwehr und der Verkehr werde auch sonst nicht behindert. Wenn sich die Nachbarn über das unschöne Aussehen beschweren, so mögen sie doch die Kosten der Beseitigung tragen. Ein anderer war der Ansicht, dass der Herr noch ganz von selbst kommen werde, das sei nur eine Frage der Zeit. Das Grundstück gewinne ja auch nur an Wert, wenn es geregelt wird. Und ein dritter meinte, dass da eine öffentliche Verkehrsstörung vorliegt und man den Besitzer zur Abtretung des Geländes zwingen könne. Darauf erwiderte Schöffe Richard Draeger, dass das Enteignungsrecht der Gemeinde selbstverständlich frei stehe, aber man müsse dann das ganze Grundstück erwerben, mindestens aber das Atelier. Die Neuerrichtung des Ateliers könne Herr Casal dann aber verlangen. Die Angelegenheit wurde vertagt. Mit dem Ersten Weltkrieg wurde der Italiener Valentino Casal enteignet und später entschädigt. Am 22. März 1922 wurden die auf die Bachestraße ragenden Bauteile abgerissen. Als es im Jahr 1900 um die „Zustimmung zur Durchlegung der Baufluchtlinie der Hähnelstraße auf Schöneberger Gebiet (zur Sponholzstraße)“ ging, referierte Draeger: Die Fahrbahnbreite soll 11,50 m breit, die Bürgersteige je 3,75 m und die Vorgärten je 4 m breit projektiert sein. Schöneberg hat in allen seinen Friedenauer Straßen 4 m breite Vorgärten, während die Vorgärten der Gemeinde Friedenau die Breite vom 6 m ausweisen.“ Danach wurde allgemein die Ansicht geäußert, dass „die 6 m Breite auch in der Hähnelstraße beibehalten werden.

 

Gravierender waren allerdings die Probleme mit Wasser und Abwasser. Die Gründer von Friedenau hatten an einen Villenvorort im Grünen gedacht. Wasser kam aus privaten Brunnen der Grundstücke, Abwasser ging in den Schwarzen Graben. Der Spezialist für Stadtreinigung und Kanalisation Friedrich Wilhelm Büsing (1834-1904) war 1886 nach Friedenau gezogen und von 1888 an ehrenamtlicher Berater der Gemeindevertretung. Gemeinsam mit Richard Draeger haben sie sich mit dem Zustandekommen der gemeinsamen Wasserversorgung und Entwässerung zwischen den Charlottenburger Wasserwerken sowie Schöneberg, Wilmersdorf und Friedenau hervorragende Verdienste erworben. Ganz uneigennützig war das nicht. Der Architekt und (teilweise auch) Bauherr Draeger hat in Friedenau eine Reihe von ansehnlichen Mietswohnhäusern geschaffen, an denen wir uns auch nach über einem Jahrhundert noch erfreuen: Albestraße Nr. 30, Goßlerstraße Nr. 8, Roennebergstraße Nr. 15, Schmiljanstraße Nr. 26/27, Wielandstraße Nr. 31, Handjerystraße Nr. 86, Hedwigstraße Nr. 7a, Wielandstraße Nr. 14a/Hedwigstraße 12/12a, Beckerstraße Nr. 8 sowie Menzelstraße Nr. 29 und Menzelstraße Nr. 30. 

 

Am 7. Februar 1918 hatte die Gemeindevertretung die Wiederwahl des stellvertretenden Amts- und Gemeindevorstehers Gemeindeschöffen Architekt Richard Draeger beschlossen und vom Landrat bestätigt wurde. Während der Sitzung am 20. Februar 1919 wurde mitten in den Verhandlungen unserer Gemeindevertretung der Gemeindeschöffe Architekt Draeger plötzlich von einem Unwohlsein befallen. In seiner Nähe sitzende Herren sprangen sofort hinzu und führten ihn aus dem Saal. Gemeindeverordneter Sanitätsrat Dr. Thurmann leistete ihm sofort ärztliche Hilfe und stellte einen Schlaganfall, der eine rechtsseitige Lähmung zur Folge hatte, fest. Richard Draeger verstarb am 4. Januar 1923. Nach einem Tod wird Witwe Marta Draeger geborene Heider (1870-1938) sowohl als Eigentümerin des Hauses Albestraße Nr. 30 als auch Kirchstraße Nr. 26/27 genannt. 1936 übernimmt sein Sohn Dipl. Ing. Winfried Draeger (1892-1974) und spätere Bundesbahnoberrat das Anwesen.

 

Oswald Gette, Spätsommertag an der Havel, 1905. Berlinische Galerie

Menzelstraße Nr. 33

Oswald Gette (1872-1941)

 

Oswald Gette (1872-1941) wurde „Maler der Mark“ genannt. Der Blick auf seine (noch) zugänglichen Bilder macht aber deutlich, dass er sich mit „märkischen Landschaften“ zurückhielt. Es mag daran liegen, dass Gette zwar 1872 in der Lausitz geboren wurde, aber schon als Vierjähriger nach Westpreußen kam. Da wurde sein Vater Georg, Regierungsbaurat der preußischen Staatseisenbahn, nach Graudenz versetzt. Als Vorstand der Eisenbahn-Betriebs-Inspektion II hatte er jene Übereinkunft umzusetzen, die Deutschland und Rußland für eine Trasse von Marienburg über Graudenz nach Warschau vereinbart hatten.

 

Graudenz war Kreisstadt, lag an der Weichsel und hatte etwa 17.000 Einwohner. Es gab eine Oberrealschule und ein „Königlich Evangelisches Gymnasium“. Sein Vater war 1899 noch immer in der Rehdener Straße Nr. 20 wohnhaft. Da hatte der Sohn bereits Landschaftsmalerei an der Berliner Kunstakademie hinter sich und sein Pastell auf Pappe „Landschaft mit Birken“ auf der Großen Berliner Kunstausstellung 1894 präsentiert.

 

 

In der Zeitschrift „Moderne Kunst“ wurde der 22jährige für seine „neue Romantik der Landschaftskunst“ gefeiert, weil diese Malerei „nicht das Ungewöhnliche und Ferne, sondern das Nahe, Scheinbar-Gewöhnliche und dennoch nicht tief genug Erkannte“ darzustellen suchte. Oswald Gette sah es als Glück an, dass er an der Seite von Karl Hagemeister (1848-1933) schaffen durfte, auch im Meisteratelier von Albrecht Hertel (1843-1912), und weist dankbar auf seine Lehrmeister Hans Fredrik Gude (1825-1903), Eugen Bracht (1842-1921) und auf Walter Leistikow (1865-1908) hin.

 

Nachdem er auf den Großen Berliner Kunstausstellungen von 1902 und 1908 seine Arbeiten „Am Müggelsee“ und „Letztes Eis“ gezeigt hatte, wurde den Kritikern klar, dass „Oswald Gelte zwar kein Vollendeter, wohl aber ein guter Vertreter jener neuen Richtung unserer Malerei sei, die mit inniger Liebe dem geheimnisvollen Walten der Kräfte nachspürt, wie sie sich in der Landschaft regen“.

 

1915 zog Oswald Gette nach Neu-Friedenau, zuerst mit Wohnung in der Beckerstraße Nr. 25 und Atelier in der Peter-Vischer-Straße Nr. 15, dann in die Menzelstraße Nr. 33, wo er bis zu seinem Tod 1941 wohnte. Seine Bilder sollen im Preußischen Landtag und im Rathaus Schöneberg gehangen haben. Was an Gemälden geblieben ist, gelangte auf Auktionen. So auch das Ölgemälde „Große Luft“ von 1907, das die Berlinische Galerie 1980 erwerben konnte, und sich mit Gettes „Spätsommertag an der Havel“ (1905) ein weiteres Bild gesichert hatte.

 

Er malte „Frauen bei der Feldarbeit“ (1894), „An der Havel“ (Zeichnung, 1895), „Winter im Rohr“ (o.J.), „Kap Arkona auf Rügen“ (1908), „Frühling auf dem Land“ (1913), „Der Arkensee in Tirol“ (o.J.), „Herbstabend“ (o.J.), aber immer wieder Graudenz und die Weichsel, irgendwie vergleichbar mit Leistikow und seinen vielen Darstellungen von mit Kiefern gesäumten Seen. Von Leistikow den Grunewald, von Gette Westpreußen: „Graudenz, Weichselufer mit Wehrspeicher“ (1895), „Graudenz“ (1904), „Weichselblick“ (1905), „Das alte Graudenz. Blick auf die Stadt vom gegenüberliegenden Ufer der Weichsel“ (o.J.), „Herbstmorgen an den Ufern der Weichsel“ (1906), „Steilküste bei Graudenz, Abend an der Weichsel“ (1907), „Das alte Graudenz, Blick vom Schlossturm“ (1909), „Weichselkähne bei Graudenz“ (1920). Einige Werke von Oswald Gette befinden sich in der Berlinischen Galerie, im Westpreußischen Landesmuseum Warendorf und im Museum des heutigen Grudziądz.

 

Menzelstraße 34, 1956. Sammlung Staudt, Museum Schöneberg

Menzelstraße Nr. 34

 

Die Grundstücke Menzelstraße Nr. 23-29 & Nr. 31-34 waren noch 1898 im Besitz der Schöneberg-Friedenauer-Terraingesellschaft, was bedeutet, dass die Gesellschaft für die schon parzelierten und wohl auch technisch erschlossenen Grundstücke keine Abnehmer gefunden hatte. 1901 ist die Gesellschaft selbst als Eigentümer eingetragen. Für das Mietswohnhaus mit Seitenflügel sind im Adressbuch von 1901 zwölf Parteien eingetragen. 

 

Die Fotografie mit dem Titel Dach des zerstörten Hauses in der Menzelstraße Nr. 34, wurde am 3. März 1956 von Herwarth Staudt  im Auftrag des Baulenkungsamtes Schöneberg aufgenommen..

 

 

 

Menzelstraße Nr. 35 & Nr. 36

 

Das Häuser Menzelstraße Nr. 35 und Nr. 36 wurden 1900/01 errichtet, vermutlich nach Entwürfen aus dem Baubüro von Moritz Stöckel. Bauherr und Eigentümer war der Tischlermeister Carl Richter, Fürstenwalde a. d. Spree, Seelower Straße Nr. 12. Während in Nr. 35 neben den Mietswohnungen noch im Erdgeschoss ein Laden für Lebensmittel vorgesehen wurde, war Nr. 36 nur für Mietswohnungen vorgesehen.

 

Die Aufnahmen von den ziemlich zerstörten Häusern wurden von dem Fotografen Herwarth Staudt im Juni und Juli 1950 im Auftrag des Baulenkungsamtes Schöneberg aufgenommen. Es war vorauszusehen, dass beide Häuser für den Abriss freigegeben und später Neubauten genehmigt wurden.

 

 

Menzelstraße 37, 1950. Sammlung Staudt, Museum Schöneberg

Menzelstraße Nr. 37

Ecke Rembrandtstraße Nr. 9

 

Das Kuriose an diesem Grundstück ist, dass die Nr. 37 bis zum Jahr 1900 weder im Bebauungsplan der Schöneberg-Friedenauer Terraingesellschaft noch im Adressbuch existiert. Das fünfgeschossige Haus Menzelstraße Nr. 37 Ecke Rembrandtstraße Nr. 9 wurde 1901/02 von einem bisher unbekannten Architekten errichtet. In Betracht kämen die Baumeister Richard Draeger, Moritz Stöckel oder Tischlermeister C. Richter aus Fürstenwalde a. d. Spree, die seinerzeit ringsum ähnliche Mietshäuser geschaffen hatten. Als Eigentümer und wahrscheinlich auch als Bauherr ist Bankier Oscar Haffer mit Bankgeschäft in Berlin NW Händelstraße Nr. 12 eingetragen. Im Haus gab es von Anfang an acht Wohnparteien und eine Gastwirtschaft. Der Eigentümerwechsel begann bereits 1903. Vor dem Bombentreffer während des Zweiten Weltkriegs ist 1943 Frau M. Wolff-Sebottendorff, wohnhaft Nikolassee, Wahrmundzeile Nr. 31, als Besitzerin eingetragen.

 

Das einzig erhaltene Foto wurde am 17. Juni 1950 vom Fotografen Herwarth Staudt im Auftrag des Baulenkungsamtes Schöneberg aufgenommen. Das teilweise zerstörte Haus wurde als nicht erhaltenswert eingestuft und abgerissen. Auf dem Gelände entstand später ohne Rücksicht auf die eigentlich historisch gebotene Blockrandbebauung ein quer zur Straße gestellter Neubau unter der Adresse Menzelstraße Nr. 35-36, so dass Nr. 37 bis heute als Baulücke übrigblieb. Auf Grund des gegenwärtig anhaltenden Berliner Verdichtungswahns ist nicht auszuschließen, dass Bebauungspläne bereits in der Schublade liegen.