Atelierhaus Görresstraße 21. Foto Hahn & Stich, 2019

Atelierhaus Görresstraße Nr. 21

vorher Wilhelmstraße Nr. 16

 

1895 verkündete Kaiser Wilhelm II., dass im Tiergarten eine Siegesallee mit 32 Marmor-Standbildern der Fürsten Brandenburgs und Preußens nach Entwürfen von Bildhauern des Kaiserreichs entstehen soll. Altmeister Reinhold Begas warnte: „Sie haben ja von der handwerksmäßigen Technik kaum eine Ahnung. Sie sind ja nur Modelleure, und so wandert Modell auf Modell zum Steinmetz.

 

Das war die Stunde von Valentino Casal. Der Venezianer war 1891 nach Berlin gekommen, hatte den Umgang mit Marmor gelernt, konnte mit dem Punktierkreuz die Maße vom Gipsmodell auf den rohen Stein übertragen, beherrschte Konturieren und Ziselieren, und wusste obendrein um die Qualitäten von Statuario, Bianco und Ordinario. Nachdem er 1897 den ersten Auftrag für die Siegesallee erhalten hatte, packte Casal das Gipsmodell von Markgraf Otto I. des Bildhauers Max Unger ein und machte sich in Carrara an die Ausführung in Marmor. Nach der Einweihung des Denkmals 1898 im Tiergarten brachten auch Emil Graf Görtz zu Schlitz, Ludwig Cauer, Gustav Eberlein, Johannes Götz, Joseph Uphues, Johannes Boese, Max Baumbach, Ludwig Manzel und Reinhold Begas ihre Modelle zu Casal.

 

Valentino Casal hatte 1899 zwischen Wilhelmstraße Nr. 7 und der (späteren) Bachestraße Nr. 10 ein größeres Areal erworben, auf dem ein Wohnhaus für seine Familie und dahinter der Bildhauerhof V. Casal mit mehreren Ateliers errichtet worden waren.

 

Die Wilhelmstraße war als Klein Carrara in Friedenau im Gespräch. Der Steinmetz Otto Wesche (1840-1914), Mitinhaber der Zwickauer Firma Wesche & Ramcke Bildhauerei und Stuckgeschäft, Kunststeinfabrik, Grabdenkmäler, kam 1897 nach Berlin, wohnte in Charlottenburg Schillerstraße Nr. 47 und betrieb ein Atelier in der Brückenallee Nr. 31 in Tiergarten. Als Bildhauer war er mit dem Engel am Westportal des Zwickauer Doms und einem Relief für das Familiengrab Wesche bekannt geworden. Nun witterte er ein Geschäft. 1900 erwarb er von der Fuhrunternehmerin Johanna Pählchen einen Teil des Grundstücks Wilhelmstraße Nr. 15. Fortan adressierte ihr Fuhrhof unter Nr. 15 und das Landhaus unter Nr. 16. Auf einem zusätzlich erworbenen 6 m breiten Landstreifen ließ sich Wesche vom Architekten Otto Rehnig (1864-1925) am hinteren linken Grundstücksrand ein Atelierhaus errichten.