Nachdem sich der Friedenauer Landerwerb- und Bauverein und die Schöneberger Terrainbesitzer über den Verlauf der Gemarkungsgrenze geeinigt hatten, erhielt die Grenzstraße 1875 den Namen Lauterstraße. Sie beginnt am Bahndamm der Ringbahn und verläuft an Bennigsen-, Hähnel-, Schnackenburg-, Albe- und Niedstraße vorbei bis zur Schmargendorfer Straße. Auf der gesamten Länge wurde sie beidseitig mit Linden bepflanzt. Auf dem namenlosen dreieckigen Platz zwischen Haupt-, Nied- und Schmargendorfer Straße hatten sich vor den Grundstücken Lauterstraße Nr. 14 bis 18 ab Mitte der 1880er Jahre Markthändler aus dem Märkischen niedergelassen. Für Stände und Fuhrwerke brauchten sie mehr Platz, so daß die Gemeinde gezwungen war, den Eigentümern die Vorgärten zu nehmen. Zu dieser Zeit wurde der Name Marktplatz bekannt.
Da das Chaos trotzdem überhand nahm, wurde 1909 eine Polizei-Verordnung für Markttage erlassen: Mittwochs von 8-13 und sonnabends von 8-13, später kam donnerstags von 12-18 hinzu. Zugelassen waren Erzeugnisse des Bodens, der Land- und Forstwirtschaft, der Jagd und Fischerei. Die allerletzte Erinnerung an diese Zeit findet sich im Tagebuch einer Schnecke (1972) von Günter Grass: Wenn wir am Sonnabend auf unseren Friedenauer Wochenmarkt gehen, dann kaufen wir Dill und Gurken, Havelaal und Heilbutt, Birnen und Pfifferlinge, Hasenläufe und Vierländer Mastenten. Lang ist‘s her.
Anfang 1950 wurde mit dem Wiederaufbau des im Zweiten Weltkrieg teilzerstörten Rathauses mit ziemlich vereinfachter Fassade begonnen. Da auf die beidseitige Anpflanzug von Linden auf dem Lauterplatz verzichtet wurde, entstand eine ungewöhnlich große Freifläche – weit entfernt von den ursprünglich für Friedenau vorgesehenen Schmuckplätzen.
1964 wurde der Platz als Erinnerung an das verlorene Schlesien in Breslauer Platz umbenannt und an den marktfreien Tagen zum Parkplatz umfunktioniert.
2009 erteilte das Bezirksamt Schöneberg dem Büro der Landschaftsplaner Fugmann & Janotta einen Auftrag für die Neugestaltung des Breslauer Platzes. Am 12. Dezember 2010 legten Fugmann & Janotta einen Entwurf vor. Zu den Eckpunkten gehörten: Die Parkplätze entfallen. Der Platz erhält einen verkehrsfesten sandfarbenen Bodenbelag. Die Lauterstraße vor den Grundstücken Nr. 14 bis 18 bleibt für den Lieferverkehr erhalten. Das Teilstück zwischen Nied- und Schmargendorfer Straße wird wieder beidseitig mit Linden beplanzt. Der Platz erhält Ruhebänke, neue Laternen und hinter dem Pavillon zum Schutz der Glasfenster der unterirdischen Toilettenanlage eine Bestückung mit Straßenmöbeln. Laut Protokoll des SPD-Kreisbüros gab es bei aller Kritik im Einzelnen eine verhaltene Zustimmung.
Zu einer anderen Einschätzung kamen die Herren Uwe Elfert, Joachim Glässel und Gregor Mann: Das Bezirksamt stellte Pläne vor, die auf den entschiedenen Widerstand des Publikums stießen.
Am 26. Januar 2011 gründeten sie die Bürgerinitiative Breslauer Platz. Ziel war die Errichtung einer Fußgängerzone und der damit verbundenen Stilllegung der Lauterstraße vor den Grundstücken Nr. 14 bis 18. Am 18. Mai 2011 teilte die BI unter dem Mail-Absender weissberg mit, daß es gelungen ist, die amtliche Seite von der Überlegenheit unseres Entwurfs gegenüber dem Fugmann-Entwurf zu überzeugen!!! Der nächste Schritt wird also ohne das Architekturbüro stattfinden. Am 25. Juni 2011 gab es die Erste Friedenauer Lesenacht auf dem Breslauer Platz: Evelyn Weissberg liest aus den in der Edition Friedenauer Brücke erschienenen Büchern.
Noch vor den Kommunalwahlen 2011 teilte der damals zuständige Bezirksstadtrat Schworck (SPD) am 22. Juni mit, daß nicht nur die für den Autoverkehr zu sperrende Lauterstraße, sondern auch die Niedstraße vor dem Rathaus durch eine Aufpflasterung zur Vergrößerung des Marktplatzes beitragen soll. Nach der Wahl konnte selbst ein rot-grüner Deal Daniel Krüger (CDU) als Bezirksbaustadtrat nicht verhindern: Ein erfahrener Diplomingenieur und Planer (CDU) gegen die Politstrategen Klotz (GRÜNE) und Schworck (SPD), die am 22. Januar 2014 in der BVV die Schaffung einer ebenen Platzfläche im Bereich Lauterstraße durchsetzten.
Da sich längst abzeichnete, daß die Bürgerinitiative Breslauer Platz mit ihren Wolkenkuckucksheim-Projekten Kulturhaltestelle, mittelalterlicher Marktbrunnen nebst Tiroler Blumenampeln an den neuen Laternen scheitern wird, ging es fortan im Prinzip um eine 3 cm hohe Bordsteinkante vor den Häusern Lauterstraße Nr. 14 bis 18, die nach dem Baurecht für den Anlieferverkehr vorgeschrieben war. SPD, GRÜNE und BI lehnten diese wegen abträglicher Folgen für das angestrebte Erscheinungsbild einer durchgängien Fußgängerzone ab. Nach Baustopp, Planänderungen und diversen Umbauten (mit enormem finanziellen Aufwand) zahlten sich 2014 die engen Verbandlungen zwischen SPD und BI aus. Die Bordsteinkante mit dem ursprünglichen Verlauf der Lauterstraße wurde sichtbar gemacht. Die BI musste allerdings für den Lieferverkehr den Erhalt der Ampelanlage zur Hauptstraße hinnehmen. Kein Problem, da sich die Bürgerinitiative Breslauer Platz längst ein neues Projekt ausgesucht hatte. Im Januar 2017 hatte sie sich entschlossen, auf ihrer Internetseite das Entstehen der neuen ‚Friedenauer Höhe‘ in Schrift und Bild zu dokumentieren.
Im Nachfolgenden veröffentlichen wir ohne Kommentar Aufnahmen von den Baumaßnahmen aus den Jahren 2015 und 2016. Die Bilder sprechen für sich.
Dieser Platz kommt nicht zur Ruhe. Im Herbst 2023 hatte das Bezirksamt Schöneberg auf dem Breslauer Platz zwei Linden und zwei Ulmen gepflanzt, die nicht nur wohltuenden Schatten spenden, sondern auch zur Vermeidung von Hitzeinseln beitragen, und damit der wichtige Stadt- und Marktplatz in Friedenau gestärkt wird. Bringen tun die an den Platzrand gesetzten Bäume gar nichts. Steinwüste und Sonne bleiben. Am 2. Januar 2024 stürzte ein Baum um und verletzte mehrere Personen. Die etwa 42 Jahre alte Roteiche stand in einem von Ruhebänken umgebenen Hochbeet. Obwohl im Juni 2023 untersucht, wurde nun Pilzbefall diagnostiziert und zugleich als Vorsichtsmaßnahme die Fällung von zwei weiteren Bäumen veranlasst. Nun gibt es kein Grün, aber Sonne pur.
Für den Breslauer Platz muss endlich ein Konzept her. Die 1909 festgelegten Marktage, dienstags von 8 bis 13 Uhr, donnerstags von 12 bis 18 Uhr und samstags von 8 bis 13 Uhr, sind nicht mehr zeitgemäß. Dienstags bleiben Händler und Kunden fern. Donnerstags geht es gerade mal so. Der Markt funktioniert einzig an den Samstagen. An vier Tagen der Woche ist menschenleere Steinöde.
Das Bezirksamt hat sich die Aufstellung von Marktwagen und Marktständen aus der Hand nehmen lassen. Besitzstandsrechte dominieren. Dazu kommt, daß vor allem die Betreiber der Marktwagen auf dem Platz keine Bäume wollen. Mit dem gegenwärtigen Durcheinander von Marktwagen und Marktständen geht der Charme – wie auf dem Steglitzer Fritz-Ehlers-Platz mit seinen Bäumen und dem attraktiveren regionalen Angebot – ohnehin verloren.
Wir schlagen vor, den Marktwagen Stellplätze paralell zur Nied- und Hauptstraße zuzuweisen und den großen und kleinen Markständen mit einer durchdachten Wegführung den Platz davor freizuhalten. Die von der BI aufgestellten Pflanzkübel sollten entsorgt werden. Falls endlich auch die unterirdische Toilettenanlage aufgegeben und mit gutem Erdreich verfüllt wird, könnten dort Bäume gepflanzt werden. Letztendlich könnte auch wieder die beidseitige Bepflanzung entlang der Lauterstraße reaktiviert werden. Der Breslauer Platz ist nicht verloren. Es darf Planern und Politikern nur nicht die Luft ausgehen.
PS Ob die Bezeichnung Lauterplatz offiziel oder inoffiziel war, ist inzwischen müßig, da die Schöneberger BVV 2020 dem Investor der Friedenauer Höhe genehmigt hat, dort einen Lauterplatz zu kreieren. Bedauern muss man allerdings die grandiose Malerin, Grafikerin und Dada-Collagistin, die dort mit einem Hannah-Höch-Weg geehrt wird. Das hat sie nicht verdient.
Mehr Schatten auf dem Breslauer Platz
Unter dieser Überschrift ging am 6. Oktober 2023 die Nachricht von Bezirksstadträtin Saskia Ellenbeck ein, daß auf dem Breslauer Platz derzeit zwei Linden und zwei Ulmen gepflanzt werden. Diese Stadtbäume werden nicht nur wohltuenden Schatten spenden, sondern auch zur Vermeidung von Hitzeinseln beitragen. Der Breslauer Platz wird durch die neuen Bäume als wichtiger Stadt- und Marktplatz in Friedenau gestärkt.
Kaum waren diese vier Bäume am Rand des Platzes gesetzt, stürzte am 2. Januar 2024 eine etwa 42 Jahre alte Roteiche an der Lauterstraße um und verletzte mehrere Personen. Obwohl dieser Baum angeblich im Juni 2023 begutachtet wurde, ergab die Untersuchung die Diagnose Pilzbefall. Als Vorsichtsmaßnahme wurde umgehend die Fällung von zwei weiteren Bäumen veranlasst. Es stellt sich die Frage, ob die als Fahrrad-Lobbyistin bekannte Bezrksstadträtin gewissen Pflichten nicht nachgekommen ist.
Die nun gesetzten Linden und Ulmen aus der Baumschule werden 15 bis 35 Meter hoch. Bis sie mit ihrem dichten Blattwerk wuchern können, wird es lange dauern. Bis dahin gibt es auf dem Breslauer Platz Sonne pur - auch zum Jubiläumsfest 150 Jahre Friedenau am 7. Juli 2024.
Baumscheibenerweiterung
Die grüne Bezirksstadträtin Saskia Ellenbeck hat sich etwas einfallen lassen. Da es mit den Fahrradstraßen nicht so recht vorwärts geht, widmet sie sich nun der Baumscheibenerweiterung. Diese seien zu klein, um ausreichend Wasser für eine gesunde Entwicklung des Baumes aufzunehmen. So sollen Baumscheiben in der Taunusstraße, Deidesheimer Straße und Görresstraße vergrößert werden. Ellenbeck spricht von rund 30 Baumscheiben, die auf eine Breite von 2 und eine Länge von 4 Metern erweitert werden. Die Beauftragung sei bereits erfolgt und werde bis Ende 2024 umgesetzt.
Das Projekt verwundert, zumal die Bezirksstadträtin nicht verrät, welche 30 Bäume sie genau im Blick hat. Mit ihrer halbgaren Presseerklärung können Anwohner nichts anfangen, da – wie häufig – ein Plan über die Standorte nicht beigefügt wurde. Die drei Straßen sind – typisch Friedenau – schmal, desgleichen die Gehwege, an deren Rändern die Bäume stehen. Die üblichen Baumscheiben mit rund einem Meter Breite gehen gerade mal so und sind der überlieferten Straßenstruktur geschuldet. Ganz anders ist es in Neubaugebieten, wo die Fußverkehrsplanung den Kommunen eine Seitenraumbreite von 2,50 m vorschreibt und Baumscheiben die optimale Größe von 8 Quadratmetern erhalten.
Eine hin- und wieder eingestreute Baumscheibenbreite von 2 x 4 Meter bedeutet doch auch, daß der Platz für Fußgänger, Rollatoren, Rollstühle und Babboe enorm eingeschränkt wird. Um den Effekt von Belüftung und Regenwasserbewässerung zu sichern, müssten die Baumscheiben vor Betreten und Befahren geschützt werden. Hier kämen dann die von Saskia Ellenbeck geliebten Pfähle und Bügel zum Einsatz. Kurzum: Baumscheiben mit acht Quadratmeter Fläche sind eigentlich völlig illusorisch.
Die Bezirksstadträtin argumentiert mit den in diesen Tagen gängigen Begriffen Entsiegelung, Hitzeschutz und Stärkung der Bäume. Aber mitten in einem über hundert Jahre gewachsenen Viertel an 30 Stellen teuer herumzuwursteln, ist mal wieder Aktionismus an der falschen Stelle. Die Hitzeinseln in Friedenau sind doch nicht die mit vielen Bäumen ausgestatteten, schmalen Straßen! Wäre es nicht viel sinnvoller, die rot-grünen Fehlentscheidungen am Breslauer Platz endlich zu erkennen und rückgängig zu machen? Überfällig ist eine klimagerechte Umgestaltung dieses zugepflasterten Aufmarschplatzes – inklusive Wiederherstellung beider Baumreihen der Lauterstraße zwischen Nied- und Schmargendorfer Straße. Doch dazu fehlt Frau Ellenbeck der Mut, weil sie diese Maßnahmen gegen Interessen von Markthändlern durchsetzen müsste.
In Erinnerung sei gerufen, daß auf dem Breslauer Platz Anfang Januar 2024 eine Roteiche im Alter von etwa 42 Jahren mit einem Stammumfang von etwa 146 Zentimetern umstürzte und vier Menschen verletzte. Daraufhin veranlasste Frau Ellenbeck (aus Sicherheitsgründen) die Fällung von zwei weiteren Bäumen in den Hochbeeten. Anstatt die nachweislich baumschädigenden Hochbeete zu entfernen und nach Lösungen für Neupflanzungen zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu suchen, tut sich dort gar nichts. Hier könnte nachgepflanzt werden – gerne auch mit üppigen Baumscheiben. Bei der Baumscheibe in einer Nebenstraße geht’s vielleicht einfacher – der große Wurf, gar eine Erfolgsmeldung ist das beileibe nicht.