Situationsplan von dem Wilmersdorfer Oberfeld, 1874

Johannes Otzen (1834-1911)

 

Der Name Otzenstraße existiert seit dem 30. September 1927, benannt nach dem Architekten Johannes Otzen. Zuvor hieß sie Straße 38. Sie gehört nicht zu Friedenau, da sie auf jenem Gebiet des Ortsteils Schöneberg liegt, der mitunter als Gefühltes Friedenau bzw. Neu-Friedenau bezeichnet wird.

 

Johannes Otzen hat 1871 für den Bauunternehmer Johann Anton Wilhelm Carstenn den Bebauungsplan für Friedenau entwickelt. Als 1987 für die pompöse 750-Jahr-Feier Berlins alles auf den Markt gebracht wurde, erinnerte sich Berlin (West) auch an Baumeister Otzen, der zu Lebzeiten hervorragende Leistungen mit engem Bezug zur Stadt erbracht hatte. Sein Grab auf dem Friedhof Wannsee an der Lindenstraße wurde 1987 Ehrengrabstätte des Landes Berlin. 2009 war es mit der Ehre zu Ende. Zu begreifen ist das nicht, weil Johannes Otzen mit der städtebaulichen Gesamtplanung von Friedenau und Lichterfelde Masterpläne geschaffen hatte, deren Grundstruktur sich bis heute bewährt hat, weil er mit der Heilig-Kreuz-Kirche in Kreuzberg (1884/88) und der Lutherkirche in Schöneberg (1891/94) dem Stadtbild prägende Bauten gegeben hat, und weil sein kunsthistorisch höchst bemerkenswertes Grab ohne öffentliche Hilfe nicht überleben wird.

 

Die Gründe bleiben geheim, da die gutachterliche Stellungnahme laut Senatskanzlei vom 23. September 2016 dem Grundsatz der Vertraulichkeit unterliegt und daher der Öffentlichkeit nicht zur Verfügung gestellt werden kann.

 

Der Architekturhistoriker Peter Lemburg gesteht in der im Jahr 2000 erschienenen Friedenauer Denkmaltopographie ein, dass trotz zahlreicher Schriften zum Wirken von Carstenn im Berliner Umfeld eine umfassende Darstellung seiner Arbeitsweise noch aussteht. Besonders die Autorenschaft ist bislang nicht überzeugend belegt worden. Die Kooperation mit Johannes Otzen hat zu gewagten Interpretationen der städtebaulichen Figur Friedenaus geführt. Das Straßensystem ist ausgesprochen einprägsam und einfach, mit klaren übereinstimmenden Abmessungen, die das ‚reißbrettartige‘ der Planung nach nahezu allen Richtungen unterstreichen.

 

Der hufeisenförmig umlaufende Straßenzug mit Stubenrauch- und Handjerystraße sowie der Nord-Süd-Achse Bundesallee bildet die Friedenauer Carstenn-Figur. Von dem im Zentrum liegenden Friedrich-Wilhelm-Platz befinden sich im Abstand von jeweils 800 Metern vier Plätze: (einst Berliner Platz, später Maybachplatz, heute Perelsplatz, Wilmersdorfer Platz (heute Renée-Sintenis-Platz), Schmargendorfer Platz (heute Schillerplatz) und der ehemalige Hamburger Platz (heute teilweise Friedhof Stubenrauchstraße). Innerhalb dieser bis heute bestehenden Grundstruktur entstanden ab 1906 auf dem Gelände des ehemaligen Sportparks Friedenau das Wagner-Viertel mit dem Wagner Platz (heute Cosima-Platz) sowie die Bauten nördlich und südlich der Mainauer Straße. Auch mit der Anlage des Südwestkorsos durch die Berlinische Boden-Gesellschaft in den Jahren 1906 bis 1908 wurde der von Carstenn und Otzen entwickelte Bebauungsplan für Friedenau respektiert.

 

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Nachruf Johannes Otzen. Berliner Architekturwelt, 1912

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Nachruf Johannes Otzen. Zentralblatt der Bauverwaltung, 1911

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