Mausoleum Hoffmann. Foto Hahn & Stich, 2010

Mausoleum Hoffmann

 

In ihrem Gutachten zum Denkmalwert des Wilmersdorfer Waldfriedhofs in Güterfelde vom 28. Mai 2001 hoben Marcus Cante und Uta Schaubs vom Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege die besondere Bedeutung des Mausoleums Kurt Hoffmann aus dem Jahr 1915 hervor. Es gehört zu den größten, aufwändigsten und am besten erhaltenen Anlagen seiner Art im Land Brandenburg. Auf dem Güterfelder Friedhof ist es das einzige Mausoleum. Der monumentale Bau entstand in der Frühphase des Friedhofs. Es handelt sich um einen steinsichtigen Bau in den Formen eines monumentalen Barock-Klassizismus mit mächtigen Eckpilastern aus bossierten Quadern, von Säulenstellung flankiertem Eingangsportal, Rundbogenfenstern in den seitlichen, durch Putznutung aufgelockerten Wandflächen sowie geschweiftem Pyramidendach. Es wurde für einen Landbesitzer im kolonialisierten Afrika errichtet.  Der vollständig erhaltene Bau mit farbigen, außen vergitterten Bleiglasfenstern, Ausmalung, Sarkophagen und Möblierung befindet sich noch heute im Familienbesitz.

 

Recherchen von Peter Hahn und Jürgen Stich für diese Webseite führten nun zu neuen Erkenntnissen:

 

Auf der Sitzung der Friedenauer Gemeindevertretung am 2. September 1915 teilte Schöffe Lichtheim mit, dass der Vertrag mit Frau Baurat Hoffmann am Mittwoch zum Abschluss gekommen ist. Die Gemeinde erhält 16000 M. in zwei Raten. Die eine Rate in Höhe der Hälfte des Vertrages sofort, die andere Hälfte am 1. April n. J. Im Protokoll der Gemeindevertretung vom 2. September 1915 wurde vermerkt: Die Gemeindevertretung nimmt Kenntnis von dem Abschluss des Vertrages mit Frau Baurat Hoffmann über den Erwerb von Grabstellen aus dem Gütergotzer Friedhofe gegen eine Summe von 16 000 M.

 

Der Friedenauer Lokal-Anzeiger teilte dazu an 3. September 1915 unter Ortsnachrichten mit: Eine Ruhestätte in märkischer Erde unter Bäumen wünschte sich ein Offizier, Baurat Hoffmann aus Wilmersdorf, der kürzlich aus dem Felde der Ehre den Heldentod für das Vaterland starb. Die sehr vermögende Gattin des Verstorbenen bemühte sich zunächst um einen Begräbnisplatz auf dem Friedhof der Synode in Stahnsdorf, fand aber bei der dortigen Friedhofsverwaltung nicht das erwartete Entgegenkommen. Sie wandte sich darauf an unsern Gemeindevorstand um Überlassung einer Grabstelle auf dem Waldfriedhof in Gütergotz. Die Verhandlungen sind, wie Herr Schöffe Lichtheim in der gestrigen Gemeindevertretersitzung mitteilte, zum Abschluss gelangt. Die Dame erwirbt auf unserem Waldfriedhof einen Begräbnisplatz zur Errichtung eines Mausoleums. Die Kosten für den Platz in Höhe von 16 000 Mark werden von der Dame in zwei Raten gezahlt; die eine Rate sofort, die andere Hälfte des Betrages am 1. April kommenden Jahres. Außerdem leistet die Dame noch an unsere Gemeinde einen Jahresbeitrag zur Unterhaltung der Grabstätte, die auf 150 Jahre festgelegt wurde.

 

Am 13. März 1915 meldete das Centralblatt der Bauverwaltung: Auf dem Felde der Ehre gefallen: Hoffmann, Kurt, Regierungsbaumeister, Berlin-Wilmersdorf. In der Grabinschrift heißt es: durch Überanstrengung im Dienst. Das Mausoleum ließ Kurt Hoffmanns Witwe Frieda Marie geb. Paukztat (1858-1940) errichten. Die Ehe war kinderlos geblieben.

 

Mit der Bildung von Groß Berlin im Jahr 1920 verlor die Gemeinde Friedenau ihre Selbstständigkeit und wurde Ortsteil von Schöneberg. Der 1914 eröffnete Waldfriedhof Friedenau in Gütergotz erhielt den Namen Waldfriedhof Schöneberg in Gütergotz. Am 20. Oktober 1937 wurde Gütergotz im Rahmen der nationalsozialistischen Germanisierung slawischstämmiger Ortsnamen in Güterfelde umbenannt. Im Rahmen einer Berliner Verwaltungsreform wurde der Friedhof dem Bezirk Wilmersdorf zugeordnet. Seither besteht der unglückliche Name Wilmersdorfer Waldfriedhof Güterfelde, der wegen der Existenz des im Jahre 1921 eröffneten Wilmersdorfer Waldfriedhof Stahnsdorf bis heute immer wieder zu Irritationen führt. Es muss davon ausgegangen werden, dass dem nun zuständigen Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf der Vertrag vom 2. September 1915 vorliegt. Details wären für die Öffentlichkeit von Bedeutung, da das Mausoleum unter Denkmalschutz steht und die unklare Formulierung Unterhaltung der Grabstätte, die auf 150 Jahre festgelegt wurde, bis in das Jahr 2065 reicht. Es wäre daher wünschenswert, wenn das Grünflächenamt zu diesem Vorgang wie auch zur Zukunft der Gesamtanlage endlich Stellung beziehen würde.

 

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Das Mausoleum für Kurt Hoffmann ist das einzige seiner Art auf dem Waldfriedhof. Während der Name des Baumeisters nicht bekannt ist, stammen der Mosaikschmuck des Inneren und die farbigen Glasfenster von der Berliner Mosaikanstalt Puhl & Wagner (Rechnung im Archiv Puhl & Wagner der Berlinischen Galerie erhalten). Ein erster Auftrag bezog sich nur auf das Goldmosaik der Kuppel und der Mittelnische, ein weiterer wurde 1917 zur Einfassung der Gewölbewülste erteilt. 1924 schuf der Maler (Karl) Kleinsang (datiert und signiert) an der Stirnwand des Innenraumes ein Wandgemälde mit nach Fotos gemalten Szenen aus der Familiengeschichte. Der Kontakt kam wohl zustande, weil Frau Kleinsang Anfang der 1920er Jahre Gesellschaftsdame von Frieda Hoffmann war und sie auf Reisen begleitete.

 

Kurt Hoffmann (1853-1915) war der Sohn des Ringofen-Erfinders Friedrich Eduard Hoffmann. Durch den Besitz der Siegersdorfer Keramikwerke in Schlesien war die Familie zu beträchtlichem Wohlstand gelangt. Kurt Hoffmann studierte an der Berliner Bauakademie und wurde danach zum Regierungsbaumeister berufen. Nachdem sich das Deutsche Reich 1885 seine Kolonie Deutsch-Ostafrika „gesichert“ hatte, bat Hoffmann um die Entlassung aus dem Staatsdienst, die am 17. Januar 1891 im Centralblatt der Bauverwaltung verkündet wurde. Er ging nach Deutsch-Ostafrika und betrieb offensichtlich mit Unterstützung des Wegbereiters Richard Hindorf dort die Plantagenbewirtschaftung von Sisal. Noch vor dem Ersten Weltkrieg wurde die Kolonie von britischen, indischen und belgischen Truppen in Kämpfe verwickelt, gegen die die deutsche Schutztruppe wenig auszurichten hatte. Kurt Hoffmann verkaufte seine afrikanischen Besitzungen und meldete sich im Alter von 61 Jahren 1914 freiwillig zum Kriegsdienst.

 

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Am 16. Mai 2003 teilte die Untere Denkmalschutzbehörde des Landkreises Potsdam- Mittelmark mit, dass das Mausoleum Kurt Hoffmann auf Antrag des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege vom 06.12.2002 in das Verzeichnis der Denkmale des Landkreises Potsdam-Mittelmark eingetragen wurde. Die Eintragung des Objektes in das Verzeichnis der Denkmale des Landkreises Potsdam-Mittelmark ist wie folgt begründet: Es handelt sich um einen aus schlesischem Granit errichteten, steinsichtigen Bau auf rechteckigem Grundriss. Er ist in den Formen eines monumentalen Barock-Klassizismus mit mächtigen Eckpilastern aus bossierten Quadern gestaltet. Eine dorische Säulenstellung flankiert das Eingangsportal, dessen Architrav die Inschrift Kurt Hoffmann trägt. In den seitlichen, durch Putznutzung aufgelockerten Wandflächen befinden sich Rundbogenfenster. Ein mächtiges, abgeknicktes und geschweiftes Walmdach mit Kupferdeckung bildet den Abschluss des Baues. Das Innere besitzt ein Kuppelgewölbe mit goldenem Mosaikdekor. Eckpilaster und untere Teile der Wandflächen sind mit Steinplatten verkleidet. An den Wänden finden sich vergoldete Inschriften mit von Kurt Hoffmann verfassten Gedichten und Sprüchen, meist patriotischen Inhalts (auch Verse Friedas). An der Stirnwand gegenüber dem Eingang steht auf hohem Sockel eine Christusfigur (nach der berühmten Statue von Thorvaldsen in der Liebfrauenkirche Kopenhagen). Darüber befindet sich in der Schildfläche ein Wandgemälde mit Szenen der Hoffmannschen Familiengeschichte in Schlesien (links) und im kolonialisierten Afrika (Mitte und rechts) sowie eine Trauergruppe (vorn), beschützt durch Christus mit ausgebreiteten Armen am oberen Bildrand. Palmenmotive zeigen die beiden bei Puhl & Wagner hergestellten farbigen Glasfenster auf der rechten bzw. linken Seite des Raums (außen vergittert). Die wulstigen Schildbögen haben ein stilisiertes Lorbeerblattdekor. Außer der Gewölbezone ist auch die rundbogige Hintergrundfläche der Christusfigur mosaiziert (golden mit Lorbeerkranzrahmung).

 

In der Raummitte befindet sich rechts die Grabplatte Kurt Hoffmanns mit der Inschrift: Hier ruht in Gottes Frieden ein stolzer Sohn der Mark, ein edler Menschenfreund, Dichter und Künstler, Kurt Hoffmann, Kaiserlicher Baurat, Hauptmann und Bataillonsführer, geb. 2. Januar 1853 in Berlin, gestorben 2. März 1915 durch Überanstrengung im Dienst in St. Quentin. Er lebte und starb für sein Vaterland. Links liegt die Grabplatte für Frieda Hoffmann. Außerdem haben sich im Mausoleum zahlreiche Einrichtungsgegenstände erhalten. Zur Originalausstattung gehören: Jerusalembibel mit Olivenholzeinband (Ende 19. Jh.), mitgebracht von einem Besuch in der Grabeskirche; Büste Kurt Hoffmanns, aus den Siegersdorfer Werken; Porträt Kurt Hoffmanns, Ölgemälde, hing ursprünglich über der Eingangstür (Christus gegenüber); Betstuhl in neobarocken Formen; Kleiderschrank, mit aufwändigen Schnitzereien in neogotischen Formen, u. a. Apostelreliefs; Kleiderständer, gusseisern (um 1900), stand ursprünglich links hinten neben dem Eingang; Federwisch, ursprünglich im Schrank. Die schmucklosen Haken an den Wänden dienten wohl für Blumen oder Kränze. Auf den Simsen in Höhe der Fensterunterkante stand ursprünglich Keramik aus den Siegersdorfer Werken (wohl 1945 geplündert bzw. zerbrochen; weitere an den Haken). Seit längerem verloren ist ein Sessel, Pendant zum Betstuhl.

 

Nach dem Tode Frieda Hoffmanns wurden weitere Stücke abgestellt, die keinen direkten Bezug zur Einrichtung eines Mausoleums haben: Büste von Kurt Hoffmanns Mutter Bertha, jetzt auf dem Kleiderschrank abgestellt; Portrait Frieda Hoffmanns als Verlobte, großformatiges Ölgemälde, hing ursprünglich in ihrem Wohnzimmer und wurde erst nach ihrem Tode im Mausoleum abgestellt; Porträts von Friedrich und Bertha Hoffmann, den Eltern Kurts, Ölgemälde, auch dafür ursprünglich kein angemessener Platz im Mausoleum vorgesehen; zwei Kreidezeichnungen der Schwestern Frieda Hoffmann und Luise; zwei Ölskizzen zum Leben in Deutsch-Ostafrika (Studien für das Wandbild); kleiner Tisch mit Schublade; Stühle - sechs in Neorenaissanceformen stammen aus dem Esszimmer Frieda Hoffmanns, sie verdecken teilweise die Texte an den Wänden; außerdem ein Küchenstuhl in bäuerlichem Stil; Truhe (kleine Sitzbank), reich gestaltet in Neorenaissanceformen, wohl auch später hineingelangt, da sie den Umgang um die Grabplatte behindert hätte; Zinksarg.

 

Mit seiner sehr individuellen Ausgestaltung hat das Mausoleum einen in dieser Form seltenen persönlichen Charakter. Damit belegt es eindringlich ein Lebensschicksal während des Kaiserreiches und hat auf diese Weise zugleich eine über die Einzelperson hinausgehende geschichtliche Bedeutung. Es wurde für den Sohn des Keramikfabrikanten Friedrich Hoffmann errichtet. Der Architekt Kurt Hoffmann hatte sich zeitweilig im kolonialisierten Afrika niedergelassen und Sisalproduktion betrieben. Erinnerungen daran sind die farbigen Bleiglasfenster mit Palmendarstellungen sowie das Wandgemälde. Der vollständig erhaltene Bau belegt zusammen mit den familiären Überlieferungen einen sehr intensiven Ahnenkult, der vor allem durch die Witwe Frieda Marie gepflegt wurde. Um nahe beim Grab zu sein, zog sie nach Stahnsdorf und kam täglich zu Andacht und Gebet ins Mausoleum. Davon zeugen der Schrank, in dem sie ihren Mantel aufhängte, ihr Betstuhl und ein Staubwedel. Das Mausoleum besitzt baukünstlerische und baugeschichtliche Bedeutung. Der monumentale, in hoher handwerklicher Qualität ausgeführte Bau verkörpert die späthistoristische Architektur des wilhelminischen Kaiserreichs. Im Inneren hat sich der Mosaikschmuck der Firma Puhl & Wagner erhalten. Diese berühmte Mosaikanstalt hatte ihre Blütezeit im Kaiserreich und trug zur künstlerischen Ausgestaltung zahlreicher Bauten bei (vieles davon ging durch Kriegsschäden und spätere Modernisierungen verloren). In seiner vollständigen Einrichtung, zu der auch aufwändige Möbel in verschiedenen Stilrichtungen gehören, gibt das Mausoleum ein anschauliches Bild von Farbigkeit und Reichtum wilhelminischer Innenräume.