Schlächtermeister Carl Matschke, Abt. 12, 21-22. Foto Hahn & Stich, 2020

Carl Matschke (1854-1905)

Schlächtermeister

 

Da Beiträge zu jüngeren Gräbern auf Grund des Datenschutzgesetzes nicht möglich sind, soll das Wandgrab der Familie Carl Matschke aus dem Jahr 1905 stellvertretend für jene Friedenauer stehen, deren Grabstellen das Wesen des Quartiersfriedhofs dokumentieren. Wir zitieren dazu Beiträge aus dem Friedenauer Lokal-Anzeiger:

 

Mitten aus einem schaffensreichen Leben, mitten aus dem Kreise teurer Familienangehöriger hat der unbezwingliche Tod wieder einen unserer beliebtesten Mitbürger, Herrn Schlächtermeister Matschke abberufen. Trauernd stehen die Gattin, die lieben Kinder, treue Freunde an der Bahre des Mannes, der noch vor 8 Tagen in voller Rüstigkeit seinem Geschäfte vorstand, das er durch sein rastloses Schaffen aus kleinem Anfange in den ersten Zeiten Friedenaus in die Höhe gearbeitet hatte und das erst im vorigen Jahre für seine Leistungsfähigkeit auf der deutschen Schinkenausstellung mit Preisen bedacht worden war. Wem es vergönnt war, den Verstorbenen näher zu kennen, der wird ihn jederzeit hochgeschätzt haben wegen seines biederen Charakters und seines offenen Wesens. Die Friedenauer Schützengilde verliert in Herrn Matschke ihren Mitgründer und Rendanten, der Handel-und Gewerbeverein und die Ortskrankenkasse ein rühriges Vorstandsmitglied, der Haus-und Grundbesitzerverein ein eifriges Mitglied.

 

 

Die Vereine betrauern den herben Verlust, den sie durch das Hinscheiden erlitten haben auf Tiefste. Schmerzlich vernahmen sie schon die Kunde von der schweren Erkrankung ihres Mitgliedes an Blindarmentzündung, die eine Überführung in das Britzer Krankenhaus notwendig machte. Mit Freude vernahmen dann am Mittwoch die zahlreichen Freunde, daß die Operation einen günstigen Verlauf genommen habe. Mitten in die sommerliche Schwüle des gestrigen Abends drang damit einem Male die Kunde: Herr Matschke ist tot. Niemand wollte die Trauernachricht glauben und doch fand sie ihre Bestätigung. Wenn auch die Erde die sterbliche Hülle dieses braven Mannes, des lieben Gatten und Vaters, des treuen Freundes decken wird, sein Andenken wird fortleben, bei all denen, die ihn gekannt haben. (29. Juli 1905)

 

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Unter einer ungewöhnlich großen Anteilnahme seitens der Einwohnerschaft fand gestern Nachmittag die Beerdigung des so unerwartet rasch am Freitagabend aus dem Leben geschiedenen Herrn Schlächtermeisters Carl Matschke statt. Um 4 Uhr versammelten sich die Hinterbliebenen mit den Abordnungen der Vereine, denen der Verstorbene angehörte und seinen zahlreichen Freunden im Trauerhause. Herr Pastor Kleine widmete dem Entschlafenen in herzlichen, tröstenden Worten einen warmen Nachruf. Während dann der Sarg zum Leichenwagen getragen wurde, bildeten die Mitglieder der Schützengilde Spalier. Die einzelnen Vereine hatten inzwischen in der Rheinstraße Aufstellung genommen und erwiesen, als der Sarg in den Wagen gehoben wurde, ihrem toten Kameraden und Mitglied die letzte Ehrenbezeugung. Unter Vorantritt der Schützenkapelle setzte sich der imposante Leichenzug durch die Kirchstraße in Bewegung. Der Musikkapelle folgten die Steglitzer Schützengilde, die Friedenauer Schützengilde, Abordnungen des Schützenverbandes Teltow, des Berliner Schützenbundes und der hiesigen Feuerwehr, sowie die Schlächterinnung mit Fahne und Musik. Hinter dem von vier Pferden gezogenen Leichenwagen schritten die Söhne und Verwandten des Entschlafenen, Herr Bürgermeister Schnackenburg, Herr Schöffe Wossidlo, mehrere Herren der Gemeindevertretung, der Handel- und Gewerbeverein, Mitglieder des Haus-und Grundbesitzervereins, Kollegen und Freunde des Verstorbenen und zahlreiche Bürger des hiesigen Gewerbestandes. Langsam unter den Klängen von Trauerweisen bewegte sich der endlos scheinende Leichenzug durch die Kirchstraße über den FriedrichWilhelmplatz durch die Wilhelmstraße zum Friedhofe, wo der treue Kamerad zur letzten Ruhestätte gebettet wurde. Nach Einsegnung der Leiche durch Herrn Pastor Kleine wurde eine Fülle herrlicher Kranzspenden von den Vereinen und dem Trauergefolge auf den Grabhügel niedergelegt. Zwei Kutschen brachten die für den Entschlafenen von Freunden gestifteten Kränzen nach dem Friedhof. Er war ein ganzer Mann, den jetzt die Erde deckt, ein treuer Freund, ein braver Kamerad und mancher schied von dem Grabe mit dem Gedanken: Sie haben einen braven Mann begraben, er war uns mehr. (2. August 1905)