Situationsplan von 1901

Gymnasium am Maybachplatz

Baugeschichte

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

13.12.1898 Auf dem Gelände am Maybachplatz, das ursprünglich von der Stadt Berlin für den Bau einer Gasanstalt erworben worden war, soll das Friedenauer Gymnasium errichtet werden. Der Teil des Terrains jenseits der Handjerystraße bleibt nach wie vor im Pachtbesitz der Friedenauer Sportpark-Gesellschaft. Der Magistrat hat den Verkauf jedoch an die Bedingung geknüpft, daß das Bauterrain nur zu kommunalen Zwecken und  nicht etwa zur Spekulation verwendet werden darf.

 

21.9.1899 Vertragsabschluss: Das Grundstück ist 1 Hektar 43 Ar 87 Quadratmeter groß und kostet 258.631,20 Mark (pro Quadratrute 255 M). Vom Kaufgeld sind 64.631,20 M. bei der Auflassung zu zahlen, der Rest von 194.000 M. ist mit 4 Prozent zu verzinsen und spätestens am 1. April 1904 zu zahlen. Mit dem Ban des Gymnasiums muss spätestens am 1. Oktober 1900 begonnen werden, widrigenfalls für jeden Monat des Verzuges 100 M. Konventionalstrafe zu zahlen sind.

 

11.11.1899 Beschluss: Drei in Berlin und seinen Vororten ansässigen Architekten sollen bis zum 10.3.1900 drei Skizzen anfertigen. Die Herren, die für die Anfertigung der Skizzen in Aussicht genommen seien, die Anfertigung abgelehnt haben, wenn nicht derjenige, der das beste Projekt macht, auch die weitere Bearbeitung und die Bauleitung erhält..

 

12.1.1900 Die Schule soll erhalten: 24 Klassen, eine Aula für 600 Schüler, 1 Klasse für die naturwissenschaftlichen Sammlungen, 1 Physikklasse mit Kabinett, 1 chemisches Laboratorium mit Kabinett, 1 Kartenraum, 1 Zeichensaal, 1 Lehrerbibliothek, 1 Schülerbibliothek, 1 Zimmer des Direktors mit Vorzimmer, 1 Gesangsklasse, 1 Reservezimmer im Erdgeschoss, 1 Lehrer-Konferenzzimmer im Erdgeschoß, Klosettraum für Lehrer, 1 Schuldienerwohnung aus 2 Zimmern, 1 Kammer, 1 Küche bestehend, 1 Turnhalle und 1 Abortgebäude.

 

31.3.1900 Aus dem Wettbewerb ging der Regierungsbaumeister Paul Engelmann als Sieger hervor. Zur Mitarbeit an seinem Entwurf hatte der Genannte den Regierungsbaumeister Erich Blunck herangezogen. Den Verfassern ist es gelungen, bei in der Hauptsache dreigeschossiger Anlage einen knapp zusammengehaltenen, praktischen Grundriss mit schöner, geräumiger Flur-und Treppenanlage zu schaffen.

                          

20.4.1901 Grundsteinlegung: Die Urkunde hat folgenden Wortlaut: Nachdem die Gemeinde Friedenau beschlossen hat, zur Bildung der heranwachsenden Jugend ein Gymnasium zu errichten, legen wir am heutigen, am 20. April 1901, im Jahre des 200 jährigen Bestehens des Königreichs Preußen, dem 31. Jahre der Wiederaufrichtung und Erneuerung des deutschen Reiches und dem 13. Jahre der Regierung S. M. des Kaisers und Königs Wilhelms II., den Grundstein zu dem Gebäude, das der jungen Anstalt als Heim dienen soll. Beigelegt wurden die zur Erinnerung an das 200 jährige Bestehen Preußens geprägten Münzen, das erste Schulprogramm und mehrere Nummern des ‚Friedenauer Lokal-Anzeigers‘.

 

 

20.4.1901 Grundsteinlegung: Die Urkunde hat folgenden Wortlaut: Nachdem die Gemeinde Friedenau beschlossen hat, zur Bildung der heranwachsenden Jugend ein Gymnasium zu errichten, legen wir am heutigen, am 20. April 1901, im Jahre des 200 jährigen Bestehens des Königreichs Preußen, dem 31. Jahre der Wiederaufrichtung und Erneuerung des deutschen Reiches und dem 13. Jahre der Regierung S. M. des Kaisers und Königs Wilhelms II., den Grundstein zu dem Gebäude, das der jungen Anstalt als Heim dienen soll.

 

Beigelegt wurden die zur Erinnerung an das 200 jährige Bestehen Preußens geprägten Münzen, das erste Schulprogramm und mehrere Nummern des ‚Friedenauer Lokal-Anzeigers‘.

 

18.4.1903 Einweihung des Gymnasiums am Maybachplatz

 

27.6.1903 Im Zentralblatt der Bauverwaltung erscheint bereits zwei Monate später eine ausführlich Baubeschreibung. Den Originaltext finden Sie auf der folgenden PDF. Darüberhinaus veröffentlichen wir die in diesem Beitrag enthaltenen Fotos .

 

 

ePaper
Das neue Gymnasium in Friedenau
Zentralblatt der Bauverwaltung, 27. Juni 1903

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Wie es weiter ging

 

1943/44 Mit der Bombardierung des Güterbahnhofs Wilmersdorf-Friedenau während des Zweiten Weltkrieges bleiben von der Turnhalle an der Handjerystraße nur noch Reste der Außenmauern bestehen. 1946 zog in das Gymnasium zuerst eine  Polizeidienststelle und später die Berufsschule Berlin-Schöneberg ein. Am 25.7.1948 starben vor dem Haus Handjerystraße Nr. 2 unmittelbar neben der Ruine der Turnhalle die amerikanischen Piloten Robert W. Stuber und Charles H. King in den Trümmern ihrer abgestürzten Douglas C-47 Skytrain. 1958 erhält das Friedenauer Gymnasium am Maybachplatz den Namen Friedrich-Bergius-Schule, benannt nach dem Chemiker und Nobelpreisträger Friedrich Bergius (1884-1949). 1959/60 wird die Turnhalle an der Lauterstraße eröffnet. 2010 wird die Aula der Friedrich-Bergius-Schule baupolizeilich gesperrt. Sie ist seither nicht mehr nutzbar. 2011 wird ein zweigeschossiges Mehrzweckgebäude mit Turnhalle, Mensa sowie Freizeit- und Unterrichtsräumen auf dem Schulhof entlang des Bahndamms eröffnet. 2012 beginnt die Sanierung des Südflügels der Schule.am Perelsplatz. 2014 entdeckt der Restaurator Hans-Jürgen Wunderlich während der denkmalgerechten Wiederherstellung der Aula hinter diversen Tapetenschichten Wandmalereien aus der Erbauungszeit. Nach fünf Jahren scheint die Sanierung des Südflügels mit dem Abbau der Gerüste abgeschlossen. Die Rekonstruktion der Aula wird eingestellt. Sie bleibt gesperrt. Die Sanierung des Westflügels an der Handjerystraße wird abgesagt. 2018 plant das Bezirksamt Schöneberg den Bau einer Wettkampf-Sporthalle Modell TSH 60. Anwohner und Jugendsportvereine protestieren. Die Ausschreibung wird im Januar 2023 gestoppt. Ein Bau ist damit in weite Ferne gerückt.

 

 

 

Die Architekten Erich Blunck & Paul Engelmann

 

Aus dem engeren Wettbewerb unter drei in Berlin und den Vororten ansässigen Architekten für den Bau des Gymnasiums am Maybachplatz ging 1901 der Regierungsbaumeister Paul Engelmann aus Wilmersdorf, Uhlandstraße Nr. 72, als Sieger hervor. Zur Mitarbeit an seinem Entwurf hatte der Genannte den Regierungsbaumeister Erich Blunck aus Berlin herangezogen. Nicht bekannt ist, was zur Zusammenarbeit zwischen Engelmann und Blunck geführt hat. Der Baugeschichte kann entnommen werden, daß Engelmann die Bauleitung und Blunck die architektonische Gestaltung des Baus übernommen hatte.

 

Bekannt ist, dass Paul Engelmann aus Dürrenberg an der Saale stammt, 1884/85 als Studierender des Bau- und Maschinenfaches die erste Staatsprüfung ablegte und zum Regierungsbauführer ernannt wurde. Da er sich durch besonders tüchtige Leistungen ausgezeichnet hatte, wurde ihm eine Studienreise zuerkannt. 1887 veröffentlichte er die Baugeschichte der Klosterkirche in Thalbürgel. 1889 wurde Paul Engelmann zum Regierungsbaumeister im Hochbaufach ernannt. 1905 ist er im Ressort des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten in den technischen Bureaus für das Bauwesen tätig. 1906 taucht er als Autor in der Zeitschrift für Bauwesen mit einem Beitrag über Das Warenhaus Wertheim an der Leipziger Straße in Berlin.auf. 1907 ist er Bauinspektor bei der Ministerial-Baukommission in Berlin. 1911 wird er zum Baurat ernannt. Mehr gibt es nicht.

 

Erich Blunck (1872-1950) besuchte etwa zur selben Zeit wie Heinrich (1871-1950) und Thomas Mann (1875-1955) das Katharineum in Lübeck. Während Thomas Mann (1875-1955) bereits auf dem Progymnasium eine Klasse wiederholen musste, für die drei Klassen der Mittelschule fünf Jahre benötigte und das Institut schließlich als 19-Jähriger nur mit der Mittleren Reife verließ, absolvierten Heinrich Mann (1871-1950) und Erich Blunck die Ausbildung problemlos. Dem Abitur folgte eine dreijährige Maurerlehre beim Innungsmeister Carl Blunck, seinem Vater. In frühen Jahren entstanden bemerkenswerte Architekturzeichnungen. Es folgte ein Studium an der Technischen Hochschule Charlottenburg und nach dem Abschluss eine Grand Tour durch das europäische Ausland. Beim preußischen Ministerium der öffentlichen Arbeiten legte er sein erstes Staatsexamen ab. Nach dem zweiten Staatsexamen wurde aus dem Regierungsbauführer 1899 der Regierungsbaumeister Erich Blunck. Einen langen Beamtenweg strebte er nicht an. Nachdem er für die Architektenzeitschrift Monatskonkurrenz den Entwurf eines Einfamilienhauses mit detaillierten Ansichten, Perspektiven, Grundrissen, Schnitten und Wanddetails, selbst mit Angaben für Lüftung, Heizung und Dachbinderberechnung gefertigt hatte, wurde er 1898 vom Architektenverein zu Berlin mit dem Schinkel-Preis ausgezeichnet: 1900 wurde geheiratet. Ehefrau Karin brachte drei Töchter und fünf Söhne zur Welt: Erich Philipp Carl (1901, später Landwirt), Jenny (1902, später verheiratete Germelmann), Klaus (1905, später Oberbaurat), Otto (1906), Karin Margarethe (1909, später verheiratete Bramigk), Henning (1911), Jochen (1917-1921) und Christine (1918).

 

Von Bluncks Bauten sind bekannt. Bürogebäude Universitätsstraße in Berlin (1903), Haus Blunck Burgunder Straße (1904), Landhaus Borsig (1905), Wohnhaus Otto-Erich-Straße (1906), Villa Lindenallee in Westend (1909), Wohnhaus Kleiststraße in Zehlendorf (1913), Hochbauten auf dem Friedhof Heerstraße (1924), Pfarrhaus der Evangelischen Kirchengemeinde Kranzallee in Westend (1928).

 

Wandgemälde von Vital Schmitt in der Aula. Quelle Friedrich-Bergius-Schule

Die Aula

 

Der Maler Vital Schmitt (1858-1935), Lehrer am Kunstgewerbemuseum, hat in einem Schreiben an den Gemeindevorstand sich erboten, die zwei Längsseiten der Aula unseres Gymnasiums am Maybachplatz mit Monumental-Wandgemälden auszumalen. Die Größe der Wandfläche beträgt 80 Quadratmeter. Zu der einen Wandfläche hatte Herr Prof. Schmitt eine Skizze angefertigt, die im Sitzungssaal ausgestellt war. In der Mitte stellt eine weibliche Figur die Muse der Geschichtsschreibung dar. Links sind die vier alten Sprachen, die in der Schule gelehrt werden, durch Pallas Athene, Cicero, Homer und einem alten Germanen, der liegend die Rede Ciceros anhört, bildlich verkörpert. Rechts sollen die Figuren von Moliere, Schiller, Goethe und einem Deutschen die neueren Wissenschaften darstellen. Das andere Gemälde soll die Realien verbildlichen, die in der Schule gelehrt werden.

 

Die Figuren werden eine Höhe von etwa 2 Meter erhalten. Als Honorar verlangt Herr Schmitt 6000 M. Gegen die Ausführung der Ausschmückung machen sich nur die Bedenken geltend, dass die Wände noch nicht trocken sein werden, da sonst die Malerei leiden würde. Dem gegenüber wird ausgeführt, dass die Ausmalung der Wandgemälde erst im nächsten Sommer stattfinden sollen. Es handele sich jetzt nur um die Zustimmung des Plans, damit der Farbenton der Gemälde mit dem der dekorativen Ausschmückung der Aula einheitlich wirke. Letztere müsse bei der Einweihung fertig gestellt, damit der Unterricht der Anstalt nicht gestört wird. Übrigens sei der Preis nur eine Ehrengabe für den Künstler. Es wird darauf in erster Lesung für die Ausführung der Wandgemälde die Summe von 6000 Mark bewilligt.

 

Die Aula im zweiten Obergeschoss wurde für 700 Personen ausgelegt. Sie ist mit dem Gesangssaal im ersten Obergeschoss durch eine Treppe verbunden. Damit ist es möglich, dass der Chor ohne Nutzung der Flure unmittelbar nach dem Sängerpodium in den Festsaal gelangen kann. Wichtig ist diese Anordnung auch für Konzert- und Theateraufführungen bzw. Sitzungen der Gemeindevertreter, zu welchen der Festsaal gelegentlich benutzt werden soll. Die Gesangsklasse kann dann als Ankleidezimmer dienen. Eine zweite bis zum Hof hinabführende Treppe an der Ostseite dient als Nottreppe.

 

 

Im Jahr 2012 wird mit der Sanierung des Südflügels der Schule begonnen. Die Aula wird gesperrt und entkernt. Sichtbar werden die ursprüngliche architektonische Struktur des Raumes und die 1902/3 gefertigten Wandmalereien von Vital Schmitt. Im Mai/Juni 2014 gibt der vom Schöneberger Bezirksamt beauftragte Restaurator Hans-Jürgen Wunderlich das detailierte Gutachten zur denkmalgerechten Wiederherstellung der Aula ab. Zeitgleich entsteht die Magisterarbeit von Diana Walter für die Universität Viadrina in Frankfurt/Oder: Der Umgang mit teilzerstörten, figürlichen Wandgemälden von 1903 der Aula Friedrich-Bergius-Oberschule in Berlin-Friedenau. Im Sommer 2017 findet letztmalig eine Baubesprechung unter Beteiligung von Landesdenkmalamt Berlin und Bezirksamt Schöneberg statt. Vereinbart wird eine Denkpause. Seither gibt es keine Bauaktivitäten. Die Aula ist gerade in diesen schwierigen Zeiten für den Unterrichtsbetrieb nicht nutzbar. Zuerst fehlen die finanziellen Mittel, nun fehlt dem Stadtbauamt von Tempelhof-Schöneberg das Personal, so dass noch nicht einmal die erforderliche Ausschreibung formuliert werden kann.