Name seit 12. Januar 1892, vorher Straße 8. Benannt nach dem Bildhauer Peter Vischer der Ältere (1470-1529). Am 16. August 1928 wurden die Straße 104 und am 27. März 1939 die Straße C in die Peter-Vischer-Straße einbezogen.

 

 

Gedenktafeln für die ermordeten Reichstagsabgeordneten

Peter-Vischer-Straße Nr. 19

Rudolf Hilferding (1877-1941)

 

Vor dem Reichstagsgebäude wachsen aus dem Platz der Republik gußeiserne Schiefertafeln heraus. Sie erinnern an 96 vom NS-Regime ermordete Reichstagsabgeordnete, darunter Rudolf Hilferding. Er studiert Medizin, praktiziert als Kinderarzt in Wien und schließt sich der österreichischen sozialdemokratischen Partei an. 1906 gibt er den Arzt auf, zieht in die Rubensstraße Nr. 19 in Schöneberg, wird Lehrer für Wirtschaftsgeschichte und Nationalökonomie an der Parteischule der SPD in Berlin und Redakteur des SPD-Zentralorgans Vorwärts. 1910, da wohnt er bereits als Journalist in der Schöneberger Peter-Vischer-Straße Nr. 19, H. III. (Post Friedenau), erscheint sein politökonomisches Werk Das Finanzkaptal, mit dem er sich als einer der bedeutendsten sozialistischen Theoretiker profiliert. Als im Jahr 2000 ein Faksimile dieser Erstausgabe erscheint, begrüßt Rezensent Gerald Braunberger in der FAZ die Neuauflage dieses Klassikers. Er beschinigt  Hilferdings Überlegungen zum Teil eine überraschende Aktualität. Mancher Gedanke zum Imperialismus finde sich heute in der Diskussion um die Globalisierung wieder.

 

Inzwischen leitet er die Redaktion des Vorwärts, kritisiert mit Beginn des Weltkriegs die Burgfriedenspolitik des Parteivorstandes und fordert die uneingeschränkte Unterstützung des Parteivorstandes für die regierungskritischen Vorwärts-Artikel: Wir dürfen nicht schreiben, wie wir wollen, aber anders schreiben können wir nicht. Mit der Bewilligung der Kriegskredite übernimmt die deutsche Sozialdemokratie eine gewisse Verantwortlichkeit für den Krieg und die sich daraus ergebenden Folgen.

 

Bevor der gebürtige Österreicher als Feldarzt zum Sanitätswesen der Österreichisch-Ungarischen Streitkräfte gerufen wurde, zog er in die Südendstraße Nr. 14, Gartenhaus III. Stock in Steglitz. Er schließt sich der (linkeren) USPD an und wird Chefredakteur des mit dem Vorwärts konkurierenden USPD-Zentralorgans Freiheit. In der Weltbühne vom 3. März 1925 gab Kurt Tucholsky unter Dienstzeugnisse von Kaspar Hauser eine polemische Beurteilung ab: Herr Dr. Rudolf Hilferding wurde vom Reichsverband zur Bekämpfung der Sozialdemokratie in die Redaktion der ‚Freiheit‘ entsandt. Es gelang ihm, das gefährliche Blatt in zwei Jahren derart herunterzuwirtschaften, daß sowohl von einer Gefahr wie von einem Blatt nicht mehr gesprochen werden kann. Herr Rudolf Hilferding gilt in Finanzkreisen als ausgezeichneter Mediziner. Von ihm gibt es ein Aufsehen erregt habendes Werk: ‚Das Finanzkapital‘. Seine Bequemlichkeit hat ihn leider daran gehindert, das Buch zu lesen.

 

Hilferding, seit 1919 deutscher Staatsangehöriger, und aus dem Vorort nach Berlin NW 6, Schiffbauerdamm Nr. 26 gezogen, sorgt schließlich 1922 für den Wiederanschluss der USPD an die SPD. 1923 wird er Reichsfinanzminister im ersten Kabinett der Großen Koalition von Reichskanzler Gustav Stresemann, Mitglied des Reichswirtschaftsrats und Senator der Kaiser-Wilhelm-Akademie. Mit der 2. Wahlperiode wird er 1924 Mitglied des Reichstags. 1925 entwirft er mit Karl Kautsky das Heidelberger Programm der SPD. Unter Reichskanzler Hermann Müller (SPD) übernimmt er 1928/29 erneut das Amt des Finanzministers. 1932 veröffentlicht er die Schrift Nationalsozialismus und Marxismus. Bei der Abstimmung des Ermächtigungsgesetzes vom 24. März 1933 ist Hilferding als krank gemeldet. Er flieht aus seiner letzten Wohnung Berlin W 15, Lietzenburger Straße Nr. 51 nach Zürich. 1934 veröffentlicht er das „Prager Manifest“ – eine Kampfansage an die nationalsozialistische Diktatur und zugleich eine Kritik an der Politik der SPD seit 1918.

 

1935 verliert er die deutsche Staatsbürgerschaft. 1938 zieht er nach Paris. Da ihm eine Wiedereinreise in die Schweiz vom Schweizer Bundesrat 1940 verwehrt wird, flieht er vor der Eroberung von Paris am 22. Juni 1940 in das unbesetzte Marseille. Anfang August erhielt er das Ausnahmevisa für die USA. Da jedoch auch eine Genehmigung des Vichy-Regimes erforderlich war, wurde er am 13. September von den französischen Behörden festgenommen und am 9. Februar in Vichy der Gestapo überstellt. Diese brachte Hilferding nach Paris in das Gefängnis Le Santé. Unter ungeklärten Umständen stirbt er in der Haft am 12. Februar 1941 in Paris.

 

Hans Rascher, 1999. Foto Kurt Bartsch. Archiv Rascher-Tiedtke

Ein persönlicher Einschub von Peter Hahn

 

Unter den gußeisernen Schiefertafeln auf dem Platz der Republik befindet sich auch eine Gedenktafel für den Lehrer Ernst Schneller (1890-1944) Er war ab 1921 Abgeordneter des Sächsischen Landtages und ab 1924 Mitglied der KPD-Fraktion des Reichstags. Für die Reichstagswahl am 5. März 1933 hatte er Klebezettel entworfen, auf denen er den SA-Terror anprangerte. Er wurde verhaftet und am 9. November 1933 wegen Aufforderung zum Hochverrat zu sechs Jahren Zuchthaus und fünf Jahren Ehrverlust verurteilt. 1939 kam er in das KZ Sachsenhausen. Als ein geplanter Aufstand der KPD-Organisation des Lagers aufflog, wurde Ernst Schneller mit 26 weiteren Häftlingen am 11. Oktober 1944 durch Erschießen hingerichtet.

Ehefrau Hilde überlebte die NS-Zeit. Sohn Helmut (1922-2010) wurde durch die Internationale Rote Hilfe zu kommunistischen Familien nach Frankreich gebracht. 1939 wurde er interniert. Er kam nach Deutschland zurück, legte 1941 das Abitur ab und wurde von der Wehrmacht eingezogen. Während der Schlacht bei Wolchow erfrieren 1942 seine Füße, die beide teilweise im Lazarett amputiert wurden. Er wird wegen Kriegsuntauglichkeit entlassen und studiert an der Ingenieurschule Gauß in Moabit.

 

Der in Zehlendorf lebende Helmut Rascher beteiligt sich 1945 am Aufbau der Antifa-Jugend, tritt in die FDJ und KPD ein, die zur SEW wird, und gründet ein FDJ-Kabarett in Zehlendorf. 1947 beginnt er als Toningenieur beim Berliner Rundfunk, zuerst im Haus des Rundfunks in der Masurenallee, später im Funkhaus Nalepastraße. 1953 kommt er als Autor zum Kabarett Distel. Da er im Osten arbeitet und im Westen lebt, legt er sich einen Künstlernamen zu. Aus Helmut Schneller wird Hans Rascher, der Haupttexter der Distel-Programme. 1961 gibt es die Heirat mit Ellen Tiedtke, dem Star der Distel. 1962 zieht er von Berlin West nach Berlin Ost.

 

Es kommt, wie es kommen musste. DDR und Kabarett gehen nicht. Für die SED bestehen bei den Kabarettisten große ideologische Unklarheiten. Sie erfassen nicht den Sinn der Kulturkonferenz. Sie machen von dem Angebot, in politischen Fragen zu helfen, keinen Gebrauch. Sie verstehen die primitivsten Gesetze des Marxismus-Leninismus nicht. Sie sind nicht mehr mit den Problemen verbunden, die uns bzw. das Volk bewegen. Sie leben auf einem Stern. Besonders gilt dies für den Hausautor Hans Rascher. Mit ihm müssen ständig Auseinandersetzungen stattfinden. Und schließlich: Das Programm kann nicht über die Bretter gehen. 1964 beenden Hans Rascher und Ellen Tiedtke die Zusammenarbeit mit der Distel.

 

1972 lernte ich die beiden in ihrer Wohnung in der Möllendorffstraße in Friedrichshain kennen. Der Sammelleidenschaft des MfS der DDR – und den Recherchen von Jürgen Klammer – ist es zu verdanken, dass 2013 über sein Buch Beim Barte des Proleten auch Außenstehende von einem Vorgang in der ‚Distel‘ Kenntnis erlangten. Sowohl in der Stasi-Opferakte ‚RiBaGeRa‘ (Inge Ristock, Kurt Bartsch, Gerhard Geyer, Hans Rascher) als auch in der Stasi-Täterakte ‚Susemiehl‘ finden sich Hinweise aufEin Grimmical ohne Gewähr, aber zum Schießen‘. Hans Rascher hatte es, beauftragt und finanziert vom Kulturfonds der  DDR, Anfang der siebziger Jahre für die Distel geschrieben. Im Jahr 2010 von Jürgen Klammer auf dieses Stück angesprochen, stand er wortlos auf, ging in sein Arbeitszimmer und kehrte mit dem Originalmanuskript in den Händen zurück. So kann im Nachhinein die Geschichte erzählt werden.

 

Hans Rascher hatte die Idee für ein abendfüllendes Kabarettstück mit durchgehender Handlung entwickelt. Die Fabel des Stücks drehte sich um ein Kabarett, in dem es nichts mehr zu kritisieren gäbe. Ein Teufelchen als die zentrale Figur des Stücks behauptete jedoch, dass alles weiterhin noch schlecht sei. An zahlreichen Beispielen, bestehend aus ins aktuelle Zeitgeschehen umgeschriebenen Märchen, sollte bewiesen werden, dass das Teufelchen im Unrecht sei, wenn auch nicht ganz, sonst wäre es ja auch kein Kabarett. Das Teufelchen sollte Ellen Tiedtke spielen. Die Regie wurde Peter Hahn übertragen, das Bühnenbild Thekla Tesch-Ziller, beides junge Theatermacher von der Berliner Volksbühne. Verträge wurden geschlossen und mit Oktober 1972 ein Premierentermin fixiert.

 

Schon beim Lesen der Rohfassung kamen dem Distel-Direktor Anfang 1972 grundlegende Bedenken. Nach Lektüre des fertigen Manuskripts gelangte er zu der Einschätzung, dass durch die geballte massive Kritik über Kultur, Jugendfragen, Bildung, Wirtschaft, Handel, Ideologie und einiger untypischen Verhaltensweisen ist die Aussage des ganzen Stückes so negierend und pessimistisch ist, dass die vorliegende Fassung durch uns nicht spielbar ist. Die Parteigruppe der Distel sowie die Genossen beim Magistrat und im Zentralkomitee der SED kamen einvernehmlich zu der Einschätzung: Nicht machbar!

Hilde Schneller schaltete sich ein. Die DDR machte Ernst Schneller zum Helden. Schulen, Straßen, Erholungsheime, NVA-Einheiten wurden nach ihm benannt. Die paramilitärische GST vergab die Ernst-Schneller-Medaille in Bronze, Silber und Gold für Verdienste bei der Erziehung zur Verteidigungsbereitschaft. Genossin Hilde Schneller war mittenmang. Mit einer Eingabe an die SED hatte sie sich darüber beklagt, dass ihrem Sohn von der Distel wieder einmal ein Stück verboten worden sei. Bei ihr,der sehr ehrenwerten Genossin Schneller‘, hatte sich der für die Inszenierung vorgesehene Regisseur Peter Hahn beschwert. Es brachte nichts. Zu unterschiedlich waren die Auffassungen, was auf einer Kabarettbühne der DDR behandelt werden sollte. Das Stück Tisch deck-dich, Distel-streck-dich, Teufel-aus-dem-Sack! - so der offizielle Titel - versank im Schubfach. Die Verträge wurden ausbezahlt.

 

Peter Hahn hat Ost-Berlin 1973 illegal verlassen. Hans Rascher und Ellen Tiedtke wurden vom MfS befragt. Sagen konnten sie nichts.Er hatte sie über seine geplante Reise nicht informiert. Helmut Schneller alias Hans Rascher starb 2010. Ellen Tiedtke 2022. Beigesetzt wurden sie auf dem Auferstehungskirchhof in Weißensee. Hilde Schneller (1894-1989) bekam ein Ehrengrab in der Gedenkstätte der Sozialisten auf dem Zentralfriedhof in Friedrichsfelde.

 

Peter-Vischer-Straße 3. LDA, 2005

Peter-Vischer-Straße Nr. 3

1902

Entwurf Julius Paesler

Bauherr Ohlert & Macher

 

Eher zurückhaltend gestaltete der Architekt Julius Paesler das 1901-02 ausgeführte Mietshaus Peter-Vischer-Straße Nr. 3, das aus einem viergeschossigen Vorderhaus und einem kurzen Seitenflügel an der westlichen Grundstücksgrenze besteht. Er gliederte die flache Putzfassade zur Straße asymmetrisch mit unterschiedlich breiten Loggien in den Außenachsen und schlichtem Stuckdekor in neobarocken Formen: Das ebenerdige Erdgeschoss ist mit Fugenputz und einer Eingangstür mit Dreiecksgiebel betont, an den oberen Geschossen sind die Fenster von einfachen Rahmungen eingefasst. Die Stuckgirlanden über dem ersten Obergeschoss, das breite Traufgesims mit Zahnschnitt und ein geschwungenes Giebelfeld über der westlichen Loggienachse, auf dem zwei Putti ein Wappen mit den Initialen „WR“ und „NG“ halten, unterstreichen den vornehmen Charakter des Hauses. (Topographie Friedenau 2000)

 

Julius Paesler & Ernst Natho entwarfen 1875 das Mietshaus Blumenthalstraße Nr. 18 in Schöneberg. Als Bauherr fungierte Maurermeister Julius Paesler. Das Mietshaus stellt das am besten erhaltene Beispiel innerhalb der Gebäudegruppe dar. Das elf Fensterachsen breites Haus besitzt nur vier hohe Wohngeschosse. Den herrschaftlichen Charakter des Hauses unterstützt der symmetrische, hierarchische Fassadenaufbau mit einer Mittelachse aus Säulenportal, Erker und einer dreiteiligen Fenstergruppe im Obergeschoss. Vom reich gestalteten Entree mit Marmorfußboden und Stuckmarmorwänden steigt eine gewendelte Treppe mit Oberlicht auf. Die Erschließung der einzelnen Wohnungen erfolgt über einen zum Treppenkern offenen, von Säulen und Balustern gegliederten Umgang. LDA 2018

 

Peter-Vischer-Straße 4, 1953. Sammlung Staudt, Museum Schöneberg

Peter-Vischer-Straße Nr. 4

 

 

 

In Vorbereitung

Louise Schroeder als Abgeordnete der Weimarer Nationalversammlung, 1919

Peter-Vischer-Straße Nr. 5

Louise Schroeder (1887-1957)

 

Ihr Vater weckt ihre Begeisterung für die Sozialdemokratie. 1910 tritt Louise Schroeder mit 23 Jahren in die SPD ein, wo sie sich insbesondere für Sozialpolitik und Frauenrechte engagiert. Als nach der Novemberrevolution und dem Ende der Monarchie in Deutschland auch Frauen das Wahlrecht erhalten, gehört sie 1919 zu den ersten weiblichen Abgeordneten, die in den Reichstag einziehen. Im selben Jahr ist sie maßgeblich an der Gründung die Arbeiterwohlfahrt (AWO) beteiligt.

 

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie die erste amtierende Oberbürgermeisterin Berlins. Bis zu den Wahlen im Jahr 2021 war sie die einzige Frau an der Spitze der Stadt.

 

Am 2. April 1887 wird Louise Schroeder im heutigen Hamburger Stadtteil Altona geboren. Sie wächst in einfachen Verhältnissen auf; ihr Vater ist Bauarbeiter, ihre Mutter verkauft Gemüse, um zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen. Dennoch ermöglichen ihr die Eltern eine solide Schulausbildung, und so gelingt es ihr nach dem Abschluss der Mittelschule, als Angestellte bei einer Versicherung Beschäftigung zu finden.

 

Als die Nationalsozialisten 1933 die Macht ergreifen, die demokratischen Parteien ausschalten und die Arbeiterwohlfahrt verbieten, zieht sich Schroeder nach Hamburg zurück, denn ein Berufsverbot macht es ihr unmöglich, weiter als Dozentin an der Schule der Arbeiterwohlfahrt und der Berliner Hochschule für Politik tätig zu sein. Immer wieder ist sie politisch motivierten Schikanen ausgesetzt. Schließlich findet sie bei einem Berliner Bauunternehmen Arbeit, in dessen Auftrag sie 1944 nach Dänemark reist. Hier bleibt sie bis zur Kapitulation der NS-Diktatur im Mai 1945.

 

Nach dem Krieg kehrt Louise Schroeder nach Berlin zurück. Das politische Engagement der überzeugten Sozialdemokratin ist vielen noch gut in Erinnerung, und so wird sie als Bürgermeisterin in den Berliner Magistrat berufen, um am Wiederaufbau der zerstörten Stadt mitzuwirken. Als Otto Ostrowski (SPD), der erste gewählte Nachkriegs-Oberbürgermeister von Berlin, im Mai 1947 nach einem Misstrauensvotum seiner Partei seinen Rücktritt erklärt, übernimmt Schroeder als seine Stellvertreterin das Amt. Schon im Juni wird Ernst Reuter zum neuen Oberbürgermeister gewählt, doch die sowjetische Besatzungsmacht verweigert dem einstigen Kommunisten aufgrund seiner inzwischen antikommunistischen Gesinnung die Bestätigung. Louise Schroeder bleibt amtierende Oberbürgermeisterin.

 

Als die Westalliierten in ihrem gesamten deutschen Machtbereich einschließlich West-Berlin die D-Mark einführen, verhängen die Sowjets im Juni 1948 eine Blockade über die westlichen Sektoren der Stadt. Nur noch per Luftbrücke kann die „Insel“ innerhalb der sowjetischen Besatzungszone versorgt werden. In dieser schwierigen Situation ist Louise Schroeder scheinbar unermüdlich präsent, um den Bewohnern ihrer Stadt zu helfen, wo es nur geht. Trotz schwerer Krankheit, derentwegen sie sich ab August für einige Monate im Amt vertreten lassen muss, wird sie für die Menschen in Berlin zur Symbolfigur.

 

Durch die Blockade faktisch in zwei Teile getrennt, wird Berlin bald auch politisch zur geteilten Stadt: Am 30. November erklärt die Stadtverordnetenversammlung von Ost-Berlin den Gesamt-Berliner Magistrat für abgesetzt und wählt einen neuen Oberbürgermeister. Wenige Tage später wählen die Bürger in den Westsektoren ihren eigenen Oberbürgermeister Ernst Reuter. Bis 1951 ist sie dessen Stellvertreterin und Mitglied des Senats. 1949 zieht sie in den Deutschen Bundestag ein, 1950 in die Parlamentarische Versammlung des Europarats. In Anerkennung ihrer Verdienste um die Stadt wird Louise Schroeder am 2. April 1957 als erste Frau zur Ehrenbürgerin von Berlin ernannt. Am 4. Juni 1957 stirbt sie.