Straßen & Plätze

Von den Anfängen bis zur Gegenwart

 

Es begann mit dem Kaufmann und Stadtentwickler Johann Anton Wilhelm Carstenn (1822-1896), der 1868 das Rittergut Deutsch-Wilmersdorf erwarb, um auf dem sogenannten Wilmersdorfer Oberfeld eine Landhauskolonie zu entwickeln. Es entstand die sogenannte Carstenn-Figur mit der markanten U-förmigen Straße. Dieses „U“ taucht erstmals im Situationsplan von dem Wilmersdofer Oberfeld von 1872 auf. Angertigt wurde der Plan vom Charlottenburger Geometer Otto Busse (1836-1889) im Auftrag von Carstenn, dem zu dieser Zeit der Hauptteil der Schöneberger Wiesen gehörte. Zur Bebauung derselben war 1872 eine eigene AG, die Berlin-Hamburger Immobilien-Gesellschaft gegründet worden – mit Otto Busse als technischer Direktor. Die westliche Seite des halben „U“ wurde als Nassauer Straße, die östliche als Elberfelder Straße bezeichnet.

 

Auf dem am 25. Juli 1874 Situationsplan von dem Wilmersdorfer Oberfeld – Auf Grund des Busse’schen Planes vom Oberfeld, angertigt im Central-Bureau des Rittergutsbesitzers J. A. W. Carstenn in Lichterfelde durch J. Otzen, Köingl. Baumeister, vervollständigt durch den Köigl. Cataster-Controleur Pohl, wird die gesamte U-förmige Straße Promenade genannt. Der östliche Teil gliederte sich in Promenade I, II und III. 1883 erhielt dieser Teil den Namen Ringstraße.  . und erhielt 1883 den Namen Handjerystraße, benannt nach Nicolaus Prinz Handjery (1836-1900), Landrat des Kreises Teltow von 1870 bis 1885. Der westliche Teil wurde ab 1873 in Promenade IV, V und VI gegliedert. 1873 wurde daraus die Ringstra0e und schließlich 1889 die Stubenrauchstraße, benannt nach dem Landrat des Kreises Teltow Ernst von Stubenrauch (1853-1909), Nachfolger von Handjery.

 

Mit dem Friede von Frankfurt wurde am 10. Mai 1871 offiziell der deutsch-französische Krieg beendet. Monate zuvor war das Deutsche Reich entstanden. Berlin wurde Hauptstadt des neuen Nationalstaates. Die Folgen waren starker Zuzug und eklatante Wohnungsnot. Am 9. Juli 1871 wurde unter Vorsitz des Schriftstellers und Grundstücksspeekulanten David Born (1817-1879) ein Landerwerb- und Bauverein auf Actien gegründet. Im Oktober 1872 waren bereits 12 Häuser errichtet und weitere 44 im Bau.

 

Kolportiert wird, daß Auguste Hähnel (1828-1902), Ehefrau des Baumeisters Hermann Hähnel (1830-1894), nach der Unterzeichnung des Friede von Frankfurt vorgeschlagen haben, die Landhauskolonie Friedens-Aue zu nennen. Kaiser Wilhelm I. (1797-1888) griff das auf, und genehmigte mit dem Erlass vom 9. November 1874 die Abtrennung der Kolonie mit einem Flächeninhalt von 141,3516 Hektaren von dem Kommunalverbande des Gutsbezirks Deutsch-Wilmersdorf, Kreis Teltow, und ihre Erhebung zu einer Landgemeinde unter dem Namen Friedenau.

 

Gleichzeitig wurden auch die – bis heute verbindlichen – Grenzen von Friedenau festgelegt: Gegen Norden: durch die südliche Seite des Bahndammes der Ringbahn bez. des an derselben entlang führenden Weges, und zwar von der Grenze zwischen der Gemeinde und Gutsgemarkung Deutsch-Wilmersdorf bis zum Eintritt der Ringbahn an die Schöneberger Feldmark; Gegen Osten: durch die Grenze der Schöneberger Feldmark von der Ringbahn bis zur Grenze der Gemarkung von Steglitz; Gegen Süden: durch die Grenze der Gemarkung von Steglitz vom Schnittpunkte mit der Schöneberger Grenze ab bis zur Berlin-Potsdamer Landstraße, dann in südwestlicher Richtung durch die Ostseite dieser Landstraße bis zur Gabelung derselben mit der späteren Kaiser-Allee benannten Straße nach Wilmersdorf und von dort ab durch eine in nordwestlicher Richtung führende gerade Linie bis zur Grenze der Gemeinde Deutsch-Wilmersdorf; Gegen Westen: durch die Grenze der Feldmark der Gemeinde Deutsch-Wilmersdorf vom Schnittpunkte der Steglitzer und Wilmersdorfer Gemeindegrenze ab in östlicher Richtung bis zum Wege von Steglitz nach Wilmersdorf und von dort ab in nördlicher Richtung an der Ostseite dieses Weges entlang bis zur Ringbahn.

 

Aus dem Bebauungplan von 1903 wird ersichtlich, daß sich das Baugeschehen vorrangig auf den östlichen Teil um die Handjerystraße konzentrierte – was wohl vor allem auf die Nähe von Stamm- und Wannseebahn mit der Station Friedenau und der schnellen Verbindung nach Berlin zurückzuführen ist. Unabhängig von der amtlichen Grenze erfolgte die Entwicklung bis hin zur Rubensstraße in zeitlicher Anlehnung an die Bebauung von Friedenau. Dafür haben sich Begriffe wie Gefühltes Friedenau, Hinter der Wannseebahn und Friedenauer Ortsteil von Schöneberg eingebürgert. Postalisch gehörte die Gegend zu Friedenau, politisch zu Schöneberg.

 

Am 17. Dezember 1874 wurde von den allein stimmberechtigten Grundbesitzern das Statut betreffend die Bildung einer gewählten Gemeindevertretung für die Gemeinde Friedenau beschlossen. Am 11. Januar 1875 fand die Wahl der Gemeindeverordneten statt. Zum ersten (ehrenamtlichen) Gemeindevorsteher wird der Geheime Rechnungsrat Georg Roenneberg (1834-1895) gewählt. Ihm folgte (wiederum als ehrenamtlicher) Gemeindevorsteher 1892 sein Bruder Major a. D. Albert Roenneberg (1842-1906).

 

Inzwischen machte sich bemerkbar, dass die Infrastruktur nicht im gleichen Maß wie die Siedlung mitgewachsen war. Die Gründergeneration hatte zu lange die Geschicke von Friedenau nach den Regeln eines Vereins gelenkt. 1902 trat Albert Roenneberg (aus gesundheitlichen Gründen) zurück. Am 1. April 1903 wählte die Gemeindevertretung den erfahrenen Verwaltungsfachmann Bernhard Schnackenburg (1867-1924) zum hauptamtlichen Bürgermeister. Gewaltige kommunale Aufgaben standen an: Es fehlten Bebauungspläne, Schulen, Sportplätze – ein Rathaus mit einer funktionirenden Verwaltung gab es nicht. Am 1. April 1906 wurde Regierungsbaumeister Hans Altmann (1871-1965) zum Gemeindebaurat von Friedenau ernannt. In den folgenden zehn Jahren entstanden Realgymnasium Schwalbacher Straße (1910), Königin Luise Lyzeum Goßlerstraße (1912) und III. Gemeindeschule als Doppelschule Offenbacher Straße (1913). Ganze Wohnviertel kamen hinzu, auf dem ehemaligen Sportparkgelände das Wagner-Viertel mit dem Cosimaplatz, die Bebauung rund um den Südwestkorso und schließlich das Rathaus Friedenau am Lauterplatz (1917). Mit all dem ist Friedenau bis heute gut bedient.