Karte von der Eisenbahn zwschen Potsdam und Berlin, 1838. Verlag von George Gropius

 

Die Stammbahn

 

1833 war ein Plädoyer Über die Anlage einer Eisenbahn zwischen Berlin und Potsdam und deren Nützlichkeit erschienen. 1835 lag der Plan für eine eingleisige Bahntrasse vor. Nachdem ein Gutachten bestätigt hatte, dass ein kommerzielles Bedürfnis nicht vorliege, diese aber als Anfang einer weitergehenden Verbindung nach Westen hin von großem allgemeinen Werte sei, wurde 1836 das Recht zur Enteignung der beanspruchten Grundstücke eingeräumt. 1837 wurde die Berlin-Potsdamer Eisenbahngesellschaft gegründet und mit dem Bau begonnen. Es erschien die Karte von der Eisenbahn zwischen Potsdam und Berlin mit einer Beschreibung: Die Bahn beginnt bei dem in der Nähe der Berliner Stadt-Mauer am Potsdamer-Tor gelegenen Bahnhof, passiert den Landwehrgraben und berührt in ihrem über die Hälfte des Weges mit der Chaussee fast parallelen Lauf die Dörfer Schöneberg, Steglitz und Zehlendorf. Hier verlässt sie zur Gewinnung des günstigen Terrains die Richtung der Chaussee, berührt, durch den Machnower Wald gehend, bei Kohlhasenbrück den alten Königsweg und Nowawes, und endet auf dem Bahnhof bei Potsdam nahe der dortigen langen Brücke. 1838 wurde die 26 Kilometer lange Berliner-Potsdamer Bahn eröffnet – die erste preußische Eisenbahnstrecke und daher auch Stammbahn genannt.

 

Adolph Menzel (1815-1905) hat dieses Ereignis dokumentiert. 1845 skizierte er auf der Schöneberger Höhe an der Großgörschenstraße die eingleisige Trasse der  Eisenbahn von Berlin nach Potsdam. Aus dieser schlichten Studie entstand 1847 das Ölgemälde Die Berliner-Potsdamer Bahn, dass zur Sammlung der Alten Nationalgalerie Berlin gehört.

 

Schon bald war der Bau eines zweiten Gleises notwendig. 1887 resümierte das Centralblatt der Bauverwaltung, dass die Zahl der auf der Bahn Berlin-Potsdam verkehrenden Personenzüge infolge des wachsenden Verkehrs hat fortgesetzt vermehrt werden müssen. Besonders belastet ist hierdurch die 12 km lange Strecke von Berlin bis Zehlendorf. Die Zahl der auf dieser Strecke täglich zu befördernden Personenzüge, welche im Jahre 1881 zwischen Berlin und Steglitz 80 und zwischen Steglitz und Zehlendorf 76 betrug, ist bis zum Jahre 1886 auf 98 bzw. 96 angewachsen. Hierzu kommen noch 6 fahrplanmäßige Güterzüge und zu manchen Zeiten zahlreiche Sonderzüge, sodass die Züge sich häufig in Zwischenräumen von kaum fünf Minuten folgen. Es erscheint daher mit Rücksicht sowohl auf den lebhaften Verkehr, als auf die Sicherheit des Betriebes geboten, die Zahl der Hauptfahrgeleise zwischen Berlin und Zehlendorf um ein neues Geleispaar zu vermehren und den Betrieb so einzurichten, dass die zwischen Berlin und Potsdam ohne Aufenthalt durchfahrenden Züge die vorhandenen Hauptgeleise benutzen, die an den Stationen bis Zehlendorf haltenden Züge aber auf den beiden neuen Geleisen verkehren.

 

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Beschreibung der Berlin-Potsdamer-Eisenbahn,-1838

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Stamm- und Wannseebahn. Centralblatt der Bauverwaltung, 1891

 

Die Wannseebahn

 

Der Stadtentwickler Johann Anton Wilhelm von Carstenn (1822-1896) und der Borstenviehhändler Johann Christian August Sponholz (1827-1907) könnten als die eigentlichen Ideengeber für die Anlage der Wannseebahn angesehen werden. Carstenn hatte zwischen 1865 und 1868 die Güter Lichterfelde und Deutsch-Wilmersdorf für den Bau von repäsentativen Villen erworben. Um die Gegend für Käufer attraktiv zu machen, finanzierte er an der seit 1847 zweigleisigen Trasse der Berlin-Potsdamer Eisenbahn, auch Stammbahn genannt, den Bau einer Bahnstation. Der Bahnhof Lichterfelde mit einem Empfangsgebäude im Stil einer toskanischen Villa wurde am 15. Dezember 1872 eröffnet.

 

Nach dem Börsenkrach von 1873 gelang dem Borstenviehhändler und Inhaber der Vieh- und Fleischmarktbank „Sponholz, Ehestädt & Schröder“, Johann Christian August Sponholz (1827-1907) der Erwerb von Flächen zwischen Friedenauer Hauptstraße und Stammbahntrasse für den Bau mehrstöckiger Landhäuser. Vom Eisenbahnkönig Bethel Henry Strousberg (1823-1884) hatte er erfahren, dass für die Stammbahntrasse neben den durchfahrenden Zügen der Berlin Potsdamer Eisenbahn auch eine Vorortbahn mit Halt auf Zwischenstationen geplant war – die Alte Wannseebahn. Sponholz überzeugte die Friedenauer Terraingesellschaften, sammelte Geld für ein Stationsgebäude im Schweizerhausstil und stellte dafür 200 Quadratmeter Land zur Verfügung. Die Alte Wannseebahn nahm ab 1. Juni 1874 den Betrieb auf. Am 1. November 1874 wurde der auf Schöneberger Terrain liegende Bahnhof Friedenau eröffnet.

 

Der Vorortverkehr zwischen Berlin, Steglitz und Zehlendorf nahm in den 1880er Jahren stark zu. 1887 wurde mit dem viergleisigen Ausbau begonnen. Zum 1. Oktober 1891 wurde die Neue Wannseebahn auf dem zweiten Gleispaar neben der Stammbahn eröffnet. Zwischen Berlin und Potsdam standen somit zwei getrennte Gleispaare für den Fern- und Vorortverkehr zur Verfügung.

 

Mit Inbetriebnahme der Alten Wannseebahn existierten folgende Stationen: Berlin Potsdamer Bahnhof (1838), Kolonnenstraße (1881), Bahnhof Friedenau (1874), Bahnhof Steglitz (1839), Lichterfelde (1872), Zehlendorf (1838), Schlachtensee (1874), Wannsee (1874), Neubabelsberg (1874), Neuendorf (1862), Bahnhof Potsdam (1838). Nach dem Ausbau von 1891 kamen zu den vorhandenen Bahnhöfen hinzu: Kolonnenstraße (1891), Nikolassee (1902), Mexikoplatz (1904), Botanischer Garten (1909), Feuerbachstraße (1933) und Sundgauer Straße (1934). Am 1. März 1933 wurde der Turmbahnhof Schöneberg als Umsteigebahnhof zur Ringbahn eröffnet. Mit dem Bau des Nord-Süd-S-Bahntunnels fuhren die Züge der Wannseebahn ab 9. Oktober 1939 von Wannsee bis nach Oranienburg.