Der Spielplatz zwischen Bachestraße und Görresstraße liegt in einer Baulücke, begrenzt von den Brandwänden der Wohnbebauung von 1911/12 und den Bauten des Deutschen Roten Kreuzes von 1975/76. Das Ringsherum legt nahe, dass die Anlage auf einem Ruinengrundstück des Zweiten Weltkriegs entstand. Dem ist nicht so.
Die Geschichte beginnt mit Georg Haberland (1861-1933) und seiner Terrain-Gesellschaft Berlin-Südwest, die das Areal westlich der Kaiserallee (Bundesallee) bebauen und dafür auch auf der bisher unbebauten Fläche zwischen Wilhelmstraße (Görresstraße) und Mainauer Straße Mietswohnhäuser errichten will. Gemeindebaurat Hans Altmann kam dem entgegen, ließ den Bebauungsplan ändern und schuf zusätzlich als Verbindung zwischen Kaiserallee und Mainauer Straße eine Straße 11, die ab 1910 Bachestraße genannt wurde. Allerdings hatte das Bauamt übersehen, dass das Grundstück Wilhelmstraße Nr. 7 mit seinen Bauten bis 6,40 m in die Bachestraße hineinreichte.
Ein gravierender Fehler, der für mehrjährigen Streit zwischen dem italienischen Besitzer Valentino Casal und der Gemeinde Friedenau führte und letztendlich erst lange nach dem Ersten Weltkrieg vom Vergleichs- und Schiedsgericht Rom zwischen dem Deutschen Reich und dem Königreich Italien 1926 mit Entschädigung beigelegt wurde.
Die Rechtslage war eindeutig. Am 24. Januar 1899 hatte Casal für sein erworbenes Grundstück Wilhelmstraße Nr. 7 Bauzeichnungen für ein größeres Atelier eingereicht. Am 16. März 1899 erteilt die Gemeindevertretung die Genehmigung zur Errichtung von Wohn- und Werkstattgebäuden. Allerdings muss sich der Bauherr verpflichten, der Gemeinde die anteiligen Kosten für die noch nicht erfolgte definitive Pflasterung der genannten Straßen sowie für die Anlage eines Entwässerungskanals zu erstatten, wenn die Pflasterung und Kanalisierung der genannten Straßen erfolgt, den Bürgersteig vor dem Grundstück in voller Breite zu pflastern, in der Mitte mit einer 1 m breiten Granitplattenbahn zu versehen und gegen den Straßendamm mit Granitbordschwellen abzugrenzen.
Nachdem 1910/11 bereits dreizehn Mietswohnhäuser errichtet und bezogen waren, sollte die Straße endgültig reguliert und mit Asphaltbelag versehen werden. Da aber die Casal'schen Ateliers weit in die Straße 11 (Bachestraße) hineinragen, so dass der Fuhrwerkverkehr auf derselben behindert werden würde, wenn dieselben bestehen blieben, wird daher deren Beseitigung erforderlich werden. Da Herr Casal diese Räume jedoch für seine Bildhauerwerkstatt nicht entbehren kann, wird der Wiederaufbau derselben an anderer Stelle des Grundstücks notwendig werden. Herr Casal hat seinerzeit seinen Widerspruch gegen die Fluchtlinien der Straße nur unter der Bedingung fallen lassen, dass die durch die Veränderung entstehenden Kosten nicht ihm zur Last fallen. Dieselben werden daher von den Anliegern der Straße gemeinschaftlich zu tragen sein. Der Bauausschuss empfiehlt die Regulierung der Straße unter der Bedingung, dass die Terraingesellschaft Süd-West die für die Regulierung der Straße und die bauliche Veränderung auf dem Casal'schen Grundstücke entstehenden Kosten solange zu verauslagen, bis die entsprechenden Beträge bei einer Bebauung derselben fällig werden.
Am 23. Oktober 1908 teilte Bürgermeister Schnackenburg mit, dass sich keine Einigung hat erzielen lassen und er die Verhandlungen mit Herrn Casal abgebrochen habe. Am 9. Juli 1909 erklärte Baurat Altmann, dass nunmehr alle an der Straße liegenden Grundstücke, außer das Casal'sche Grundstück, bebaut werden sollen. Die Straße kann dann auch, ohne das Casal’sche Grundstück zu berücksichtigen, reguliert werden. Man hofft, vielleicht auf diese Weise Herrn Casal zu veranlassen, dass er seinen Widerstand aufgibt und den Abriss seines in die Straße hineinreichenden Ateliers veranlasst. Bürgermeister Schnackenburg fügte hinzu, dass Herr Casal die Absicht hat, dort wohnen zu bleiben. Man könne ihn zwingen, den auf der Straße liegenden Teil abzureißen, was erhebliche Entschädigungskosten verursache.
Am 27. Dezember 1909 erfolgte infolge Bebauung eine Umnummerierung. Dem in die Straße hineinreichenden bisher nicht nummerierten Casal’schen Grundstück wurde die Nr. 10 zugeteilt. Im Adressbuch stand ab 1911: Bachestraße Nr. 10 gehört zu Wilhelmstraße Nr. 7. bzw. Wilhelmstraße Nr. 7 gehört zu Bachestraße Nr. 10. Der Teltower Landrat ersuchte den Gemeindevorstand am 28. Februar 1912, auf eine Beseitigung der durch die auf dem Casal'schen Grundstück vorhandenen Mißstände in der Bachestraße hinzuwirken und dafür zu sorgen, dass durch Beseitigung der in den Fahrdamm der Bachestraße vorspringenden Baulichkeiten die Anlegung des fluchtlinienmäßig festgesetzten Straßenzuges auch vor dem Casal'schen Grundstücke sobald wie möglich durchführbar wird. Es sind daraufhin mit dem Bildhauer Herrn Casal zunächst mündliche, alsdann schriftliche Verhandlungen geführt worden.
Dazu Gemeindebaurat Hans Altmann: Auf die Vorschläge des Gemeindevorstands ist dieser Herr nicht eingegangen. Herr Casal will mit seinem Grundstück bis zur Vorgartengrenze zurücktreten, verlangt aber, dass ihm die Gemeinde dann nach der Wilhelmstraße zu einen neuen Schuppen errichtet. Die Kosten hierfür würden etwa 10.000 M. betragen. Ferner beansprucht er die Freistellung von jeglichen Anliegerbeiträgen, was ebenfalls einen Betrag von 2700 M. ergeben dürfte. Auch die Kanalisations- und gerichtlichen Kosten müsse die Gemeinde tragen, so dass bis zu 14.000 M. Kosten der Gemeinde erwachsen würden. Außerdem stellt Herr Casal aber noch die Bedingung, dass der Streifen, den er abtrete, ihn als bebauungsfähige Fläche angerechnet werde.
Es kam der Erste Weltkrieg. Am 28. August 1916 erklärte Italien Deutschland den Krieg. Bereits am 22. September 1916 schlug auch der Friedenauer Lokal-Anzeiger unter dem Titel Der feindliche Vorsprung in der Bachestraße neue Töne an: Ein schwerer Krieg ist uns aufgedrängt; von allen Seiten Feinde! Dass uns manche unserer Nachbarn nicht besonders grün waren und neidisch auf unsere Entwicklung blickten, wussten wir schon lange. Aber wir fühlten uns sicher, denn wir hatten auch Freunde. Dass wir von einigen derselben in der Stunde der Not verlassen werden würden, konnte niemand wissen, weil wir deren Charakter nicht kannten und die Hinterlist dieser Biedermänner nicht ahnten. Das Rathaus von Friedenau scheint sich noch im tiefsten Frieden zu wähnen, denn sonst wären schon längst Schritte getan worden, um das dem italienischen Staatsangehörigen Casal gehörige, in die Bachestraße vorspringende und diese ganze Straße verunzierende und verunglimpfende Grundstück zum Besten der Allgemeinheit zu enteignen. War zum ersten Mal bei der Anlegung der Straße mit Herrn Haberland die Gelegenheit verpasst worden, ihm die freie Durchlegung zur Bedingung zu machen, so bietet sich jetzt für die Gemeinde nochmals die Gelegenheit, das damals Versäumte endlich und gründlich nachzuholen.
In der Gemeindevertretersitzung vom 16. August 1917 wurde das Ende der Nutzung des dem Bildhauer Valentino Casal gehörigen Grundstücks, im Grundbuche von Friedenau unter Band XVIII, Blatt 999, eingetragen, beschlossen. Das Eigentum des Italieners geht, ungeachtet dessen, dass er mit einer Deutschen verheiratet ist, in den Besitz der Gemeinde Friedenau über. Frau und Kinder dürfen im Haus bleiben. 1921 ging das Anwesen an die Grundstücksverwaltungsgesellschaft Schöneberg. Laut Baubuch wurden bereits Am 22. März 1922 wurden die auf die Bachestraße ragenden Bauteile entfernt. 1925 ging das Grundstück an das Bezirksamt XI (Schöneberg). Am 18. Juni 1934 erklärte sich das Bezirksamt Schöneberg mit dem Abriss sämtlicher Gebäude auf dem Grundstück Wilhelmstraße Nr. 7/Bachestraße Nr. 10 und der Schaffung einer Parkanlage einverstanden. Die Abrissarbeiten wurden 1935 ausgeführt.
Die nachfolgenden Pläne von 1922 stellte uns das Bezirksamt Schöneberg zur Verfügung. Der erste Plan zeigt den Stand der Bebauung auf dem Grundstück zwischen Wilhelm- und Bachestraße mit dem Wohnhaus der Familie Casal und den dahinterliegenden Ateliergebäuden.
Der zweite Plan zeigt die der Bachestraße zugekehrten Gebäudeteile, die die Baufluchtlinie erheblich überragen. Er beinhaltet Änderungsvorschläge zum Rückbau (rote Markierung).
Friedrich Bache (1841-1917)
Kommunalpolitiker
Sein Tod kam plötzlich und unerwartet. Bei einer häuslichen Beschäftigung wurde er gestern Vormittag vom Schlage gerührt. Seine Gattin fand ihn einige Zeit später leblos auf. Drei Tage später gab es eine Trauerfeier in der Kirche Zum guten Hirten und die Beisetzung auf dem hiesigen Friedhofe. Das Grab des Kommunalpolitikers Friedrich Bache auf dem Friedhof Stubenrauchstraße existiert nicht mehr. Da half es auch nichts, dass ihn die Gemeindevertretung 1910 zum Ehrenbürger von Friedenau ernannte. Geblieben ist die Straße 12, die 1910 den Namen Bachestraße erhielt, geblieben ist auch sein Landhaus in der Handjerystraße Nr. 88.
Bache war zum Königl. Rath im Ministerium der öffentlichen Arbeiten in Berlin aufgestiegen, erwarb 1887 das Haus Handjerystraße Nr. 50 und ließ sich parallel dazu vom Architekten Max Nagel 1893 das eingeschossige Landhaus Handjerystraße Nr. 88 auf hohem Souterrain in gelben Ziegeln mit einer Fülle von Mustern aus Streifen und Kreuzen als Rohziegelbau errichten.
Friedrich Bache war gut vernetzt, gehörte dem Gemeindekirchenrat an, war Mitglied des Haus- und Grundbesitzer-, Krieger- und Landwehr-, Flotten- und Feuerwehrvereins. Am 10. August 1893 wurde er in den Gemeindevorstand gewählt. Bache registrierte, dass es um die Schulen in Friedenau in diesen frühen Jahren nicht gut bestellt war, und so stürzte er sich als Dezernent in diese Aufgabe. Dekoriert wurden seine Bemühungen mit der Verleihung des preußischen Roten Adlerordens. Es blieb nicht aus, dass Geheimrat Bache die Gemeinde Friedenau im Teltower Kreistag vertrat und schließlich auch als Vertreter des Kreises in den Provinziallandtag von Preußen gewählt wurde.
Bache hat während seiner 24-jährigen Tätigkeit für die Gemeinde Friedenau einige Veränderungen erlebt, wenn nicht sogar mit veranlasst. Auf die Gründergruppe um Robert Hertel (im Hauptberuf Geheimer Rechnungsrat im Kriegsministerium), Wilhelm Fröauf (Geheimer Rechnungsrat der Gewerbeakademie) und Georg Roenneberg (ehrenamtlicher Gemeindevorsteher), die die Geschicke des Ortes wie einen Schrebergartenverein lenkte, folgte Roennebergs Bruder Major a.D. Albert Roenneberg als hauptamtlicher Gemeindevorsteher und schließlich der erfahrene Verwaltungsfachmann Bernhard Schnackenburg (1867-1924) als Bürgermeister. Als der sich 1909 von Friedenau verabschiedete und Oberbürgermeister von Altona wurde, war Bache wohl entscheidend an der Wahl des neuen Bürgermeisters Erich Walger (1867-1945) beteiligt, der dann auch den Nachruf lieferte: Wir beklagen das Dahinscheiden dieses um die Gemeinde hochverdienten Mannes und werden ihm stets ein ehrendes Gedenken bewahren. Witwe Pauline Bach geb. Bamberg wohnte noch bis 1928 im Landhaus Handjerystraße Nr. 88. Im Jahr 1929 sind Bachesche Erben als Eigentümer eingetragen und ab 1931 das von Eva Tiele-Winckler (1866-1930) gegründete Diakonissenhaus Friedenshort (Schlesien). Das Haus gehört inzwischen zur Stiftung Diakonissenhaus, nennt sich Tiele-Winckler-Haus und betreibt dort Wohnheim, Werkstatt und Tagesförderstätte für Behinderte.
Bachestraße Nr. 3
Klaus Roehler (1929-2000)
Nachdem sich die US-Army aus den von ihnen besetzten Gebieten Thüringens zurückzogen und klar wurde, dass sich die künftige Demarkationslinie zwischen den Besatzungszonen an der thüringisch-bayerischen Landesgrenze orientiert, machte sich Klaus Roehler 1947 mit 18 Jahren auf den Weg nach Oberfranken. Dort verdiente er sein Geld als Porzellandreher, was nahelag, da er in Königsee mit der Porzellanfabrik aufgewachsen war. Auf das Porzellan folgte das Studium von Geschichte und Philosophie in Erlangen. 1958 erschien im Piper Verlag München sein erstes Buch: Die Würde der Nacht. In den sieben Erzählungen über den westdeutschen Alltag deckte er für Hans Magnus Enzensberger die miserablen Wunden der Gesellschaft auf.
Hans Werner Richter (1908-1993), die graue Eminenz der Gruppe 47, und Günter Grass (1927-2015) waren es, die Klaus Roehler eigentlich davon abhielten, sich als Schriftsteller zu profilieren. Beide erkannten seine analytischen Fähigkeiten, nutzten seine finanzielle Lage aus und beschäftigten ihn freiberuflich als persönlichen Lektor. Roehler bewertete ihre Texte nach Inhalt und Sprache und schlug ihnen Änderungen vor. Bei Grass wären zu nennen Die Blechtrommel (1959), Katz und Maus (1961), Hundejahre (1963) – sämtlich bei im Luchterhand Verlag erschienen. Nach diesen Vorleistungen – und sicher auch auf Drängen von Grass – wurde Roehler 1965 angestelllter Lektor beim Luchterhand Literaturverlags in Berlin. 1966 zog er nach Friedenau in die Bachestraße Nr. 3. Von Günter Grass erschienen bei Luchterhand örtlich betäubt (1969) und Aus dem Tagebuch einer Schnecke (1972).
Mit der immer wiederkehrenden formalen und inhaltlichen Überprüfung von Texten war Roehler unterfordert. Lektorat reichte nicht. Schon in Erlangen hatte ihn die historische Sammlung der Einblattdrucke fasziniert. So heterogen diese auch zusammengesetzt war, so deutlich wurden die Zusammenhänge über Zeiten hinweg. Er gewann Elisabeth Borchers und Günter Grass für die Idee und gab ab 1966 die Einblattdrucke von Luchterhand heraus. Gedruckt wurden besondere Stücke von Ilse Aichinger, Hans Arp, Wolf Biermann, Bert Brecht, Günter Eich, Günter Grass, Peter Handke, Sarah Kirsch, Karl Krolow, Günter Kunert, Reinhard Lettau, Gert Loschütz, Christph Meckel, Nelly Sachs, Gabriele Wohmann, H. M. Enzensberger, auch Graphiken von Uwe Bremer, Günter Grass, Günter Bruno Fuchs, Christoph Meckel, Karl Schöning. Ungleichartig und doch homogen: Luchterhands Loseblatt Lyrik 1-26. Nach vier Jahren war Schluss.
Im September 1973 dann die Nachricht, dass der Luchterhand Verlag wegen des steigenden Kostendrucks im Verlagsgeschäft seine Außenstelle in West-Berlin auflöst. Dem Lektor Klaus Roehler wurde gekündigt. Hausautor Günter Grass beruhigte: Ich bin sicher, das kommt wieder in Ordnung bei Luchterhand. Klaus Roehler wurde wieder eingestellt. Neben der Firmenzentrale in Neuwied wurde eine Depandance in Darmstadt eröffnet – weil die dort ansässige Druck- und Verlagsgesellschaft zu Luchterhand gehörte, die Buchmesse in Frankfurt nicht weit war und in Darmstadt der Georg-Büchner-Preis verliehen wurde. Roehler zog in die Darmstädter Viktoriastraße Nr. 76 und behielt die Wohnung in der Bachestraße Nr. 3 bis in die 1980er Jahre. Betreute weiterhin Günter Grass Der Butt (1977), Das Treffen in Telgte (1979), Kopfgeburten oder Die Deutschen sterben aus. (1980), Die Rättin. (1986).
Auf Initiative von Günter Grass, so wird berichtet, richtete der Luchterhand Literaturverlag 1976 einen Autorenbeirat ein, der die Mitbestimmung der Autoren sicherstellen sollte – ein Mitspracherecht der Autoren bei einem eventuellen Verkauf des Verlags ein Mitspracherecht hatten. Geholfen hat es nichts. Der Luchterhand Literaturverlag gehört seit 2001 zur Verlagsgruppr Random House. Die Werke von Günter Grass erscheinen im Steidl Verlag Göttingen.
Klaus Roehler starb am 9. Februar 2000 in Darmstadt – ein Lektor, der ein Autor war. Für seinen Kollegen Klaus Siblewski war er in mehr als 30 Jahren der stilsicherste Lektor der Nachkriegszeit. Günter Grass wusste es wohl zu schätzen.