Wirtschaftsgebäude
Westlich des eigentlichen Friedhofs erstreckt sich das großzügige Wirtschaftsareal, zuständig für beide von Wilmersdorf verwalteten städtischen Friedhöfe, den Güterfelder- und den Stahnsdorfer Waldfriedhof. Das stattliche Hauptgebäude (Nr. 11b) enthielt Dienstwohnungen für Friedhofsarbeiter, eine Remise für Fuhrwerke (u.a. Sargwagen), Pferdeställe (nach 1945 für Wohnzwecke ausgebaut) sowie einen riesigen, den Drempelbereich einschließenden Speicherboden. Der eingeschossige Putzbau mit vorgekragtem Fachwerkdrempel (profilierte Balkenköpfe) und hohem Vollwalmdach besitzt durch erkerartig vortretende Ladeluken, eine Laube auf der Westseite, verschiedenartige Gauben und den Risalit mit verbrettertem Dreiecksgiebel ein malerisches Erscheinungsbild. Die abwechslungsreiche Gestaltung wird durch das Nebeneinander unterschiedlicher Oberflächen noch verstärkt. So sind einige Partien mit Kalkstein verblendet (Sockel, westlicher Risalit, Einfassungen der Remisentore). Neben dem Drempel ist auch der südwestliche Treppenaufgang in Fachwerk ausgeführt. Die flachbogigen Tür- und Fensterabschlüsse sowie die Korbbögen der großen Tore bestehen aus Ziegeln. Die schlichte Rückseite wirkt mit ihren einfachen Rechteckfenstern sachlich-modern. Zur beeindruckenden Wirkung des Gebäudes trägt auch das biberschwanzgedeckte Dach mit seinen langen Hechtgauben bei. Es handelt sich um eine weite Zangenkonstruktion mit doppelt stehendem Stuhl und vom Boden ausgehenden Schrägstreben, die oben eine Art liegenden Stuhl bilden. Auch hier besitzt das Treppenhaus (im Nordwesten) eiserne Geländer.
Aus dem Gutachten von Uta Schaubs und Dr. Marcus Cante vom Brandenburgischen Landesdenkmalamt, 28.05.2001
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Diese Ausführungen bedürfen einer Ergänzung. Wir fanden die bisher nicht bzw. kaum bekannten Angaben in diversen Ausgaben des Friedenauer Lokal-Anzeiger der Jahre 1919 und 1920. Nach der Eröffnung der Friedhofsbahn zwischen Wannsee und Stahnsdorf-Friedhof am 2. Juni 1913 hatte die Gemeinde am 30. September 1913 in einer außerordentlichen geheimen Sitzung den Erwerb eines an das Friedhofsgelände in Gütergotz anschließendes weiteres Grundstück beschlossen. 1914 waren für Errichtung, Beförderungs- und Verkehrsmittel sowie für die Verlegung eines Teiles der Gärtnerei Mittel bewilligt worden. Die Arbeiten wurden infolge des Krieges nicht ausgeführt. Einen Monat nach dem Waffenstillstand von Compiègne beschäftigte sich der vereinigte Gärtnerei-, Friedhofs- und Bauausschuss im Dezember 1918 mit der Errichtung baulicher Anlagen auf dem Gütergotzer Waldfriedhof. Nach einer weiteren Beratung am 20. März 1919 wurde die Vorlage betreffend Errichtung von baulichen Anlagen in Gütergotz am 8. April 1919 von der Gemeindevertretung auf den Weg gebracht:
Es dürfte nunmehr, besonders mit Rücksicht auf die zu erwartende Arbeitslosigkeit, zu empfehlen sein, jetzt dem Gedanken der Einrichtung des neuen Grundstücks in Gütergotz erneut und unverzüglich näher zu treten. In Anbetracht des Umstandes, dass die mangelnden Verkehrseinrichtungen den Besuch und die Belegung des Waldfriedhofes nachteilig stark beeinflussen, wird die eventuelle Einrichtung eines regelmäßigen Automobilverkehrs bzw. Bahnhof Stahnsdorf-Friedhof nach dem Waldfriedhof ernstlich zu erwägen sein.
Wenn auch in absehbarer Zeit mit einem Aufhören unseres selbstständigen Gemeinwesens zu rechnen ist, so wird jedoch bei dem fortschreitenden Mangel an Begräbnisplätzen innerhalb des Weichbildes von Groß-Berlin in Zukunft der Waldfriedhof stets als Begräbnisstätte nicht nur für unsere Einwohnerschaft, sondern vielleicht noch für einen Teil der Nachbarschaft gelten, eine Verkehrseinrichtung daher notwendig werden. Im Falle der Neuordnung der Verwaltung von Groß-Berlins könnte eine Zusammenlegung mancher jetzt getrennter Betriebe der Groß-Berliner Gemeindeverwaltungen zu erwarten sein, so dass dadurch die von der Gemeinde in Gütergotz geschaffenen Anlagen eventuell überflüssig würden. Die Ausschüsse sind jedoch der Ansicht, dass ein Teil der Arbeiten unbedingt erforderlich ist, wenn der Betrieb des Friedhofes ordnungsgemäß weitergeführt werden soll und empfiehlt:
1. Herrichtung des Zufahrtsweges von der Chaussee nach dem hinteren Teil des Grundstückes
2. Neuherstellung von mindestens zwei Gewächshäusern, da bei der Zunahme der Begräbnisse und dem steigenden Umsatz an Kränzen und Blumen das notwendigste Pflanzen-und Blumenmaterial an Ort und Stelle in Vermehrungshäusern gezogen werden müsste.
3. Herstellung einer Wagenremise zur Unterbringung der zurzeit im Freien stehenden Wagen der Gemeinde, eines Pferdestalles mit-Kutscherstube und Geschirrkammer, je eines Aufenthaltsraumes für Gärtner und Gärtnerinnen, da es zur Zeit an solchen Räumen in Gütergotz gänzlich mangelt
4. eine Abortanlage
5. Herstellung von Frühbeeten mit mindestens 50 Doppelfenstern für die Gärtnerei in Gütergotz, da die gegenwärtig vorhandenen zum Teil vollständig verwittert sind
Gemeindebaurat Hans Altmann erklärte am 14. Mai 1919, dass für die neuen Bauanlagen in Gütergotz ein Kostenanschlag von 200000 M. aufgestellt sei, den die Gemeindevertretung genehmigte. Mit den Arbeiten wurde sofort begonnen. Die Fertigstellung erfolgte nach dem 1. Oktober 1920, als Friedenau seine Selbstständigkeit verloren hatte und mit Schöneberg zum 11. Bezirk von Groß-Berlin erklärt wurde. Noch vor der Eingemeindung Friedenaus gab Altmann sein Amt auf. Der Friedenauer Lokal-Anzeiger schrieb am 23. Juli 1920: Gemeindebaurat Hans Altmann a. D. Nach eigenen Angaben war er bereits ab 1. April 1918 in freien Beruf als Architekt und Bausachverständiger tätig und von 1919 bis 1925 Gemeinde- und Bezirksverordneter von Friedenau und Schöneberg.