Hugo Moeller (1840-1911)
Im Vergleich mit dem Erbbegräbnis der Familie von Loebell auf dem Wilmersdorfer Friedhof ist das ebenfalls im Jahr 1911 vom Bildhauer Hans Dammann geschaffene Grabmal der Familie Moeller auf dem Friedhof Stubenrauchstraße eher bescheiden. Es ist ein Wandgrab, dass gleichzeitig mit den dreiseitig eingefassten gleichhohen Seitenwänden und ihren Säulen auch den Eindruck eines „Tempelchens“ erweckt. Nach den noch lesbaren Inschriften haben dort „Hugo Moeller, Kgl. Preuss. Kommerzienrat, Geb. 26. Juni 1840; Gest.12. Nov. 1911, Ehrenbürger von Friedenau“, seine Ehefrau Bertha Moeller geb. Moeller und „Gina Ella Moeller 31.3.1891–16.5.1963) ihre letzte Ruhe gefunden.
Hugo Moellers Vater Julius hatte zusammen mit Clemens Schreiber 1869 in Berlin die „Deutsche Gesellschaft für Hufbeschlagmaterial“ gegründet. Da Hufnägel bis dahin ausschließlich mühsam per Handschmiede hergestellt wurden, hatten sie eine Maschine für die industrielle Fabrikation von Hufnägeln entwickelt. 1871 verlegte das Unternehmen seine Produktion nach Eberswalde.
Der Standort zwischen der Schleuse Kupferhammer des Finowkanals und dem Bahnhof Eberswalde an der Bahnstrecke Berlin-Stettin war wohl überlegt. Erstmals in Europa wurden nach einem patentierten Verfahren Hufnägel maschinell hergestellt. Die „Hufnagelfabrik Moeller & Schreiber“ Eberswalde entwickelte sich binnen weniger Jahre zum marktführenden Unternehmen. 1877 waren bereits 220, bis zum Ersten Weltkrieg 1500 Arbeiter beschäftigt. Mit der 1880 begonnenen Begradigung des Finowkanals konnte das Werksgelände erheblich erweitert und die Produktpalette verbreitert werden.
Nach dem Tod von Mitinhaber Clemens Schreiber (1838-1903), der in einem noch existierenden Mausoleum auf dem Waldfriedhof Eberswalde beerdigt wurde, wurde offensichtlich Hugo Moeller Alleininhaber. Um die Geschichte der Hufnagelfirma zu Ende zu bringen, sei angefügt, dass das Werk in den zwanziger Jahren verkauft und schließlich 1926 stillgelegt wurde. Danach kamen als Nutzer Reichsbahn und Wehrmacht. Ab 1947 gab es den „VEB Nagel- und Drahtziehwerk Eberswalde“, der bis 1971 auf den teilweise noch vorhandenen Maschinen von damals produzierte. Nach der Stilllegung zog die Handelsorganisation HO in die Hallen ein. In den Jahren nach 1989 folgte das Übliche: Verfall und Abriss.
Das alles blieb Hugo Moeller erspart. Er kam 1889 nach Friedenau und bezog mit seiner Familie die eigene Villa in der Ringstraße Nr. 33-34 ((heute Saarstraße). Der Kommerzienrat gehörte von 1892 bis 1902 der Gemeindevertretung an. Im Jahre 1902 wurde er unter Verleihung des Titels „Gemeindeältester" zum Ehrenbürger der Gemeinde ernannt. Zu seinem 70. Geburtstag am 23. Juni 1910 wurde der bescheidene und zurückhaltende Moeller „als edler Wohltäter“ gefeiert, der „mancher gemeinnützigen Bestrebung tatkräftig unter die Arme gegriffen“ hatte. Wirklich gedankt wurde ihm nicht. Die lebhafte Bautätigkeit in Friedenau machte vor seinem umfangreichen Villengrundstück an der Ring-, Saar- und Fregestraße nicht Halt. Mit der euphorischen Gründung der Villenkolonie war die „Grenzregulierung zwischen Steglitz und Friedenau“ nicht eindeutig geklärt worden. Am 08.09.1909 berichtete der „Friedenauer Lokal-Anzeiger“:
„Anlässlich der Parzellierung und Bebauung des Villengrundstückes des Kommerzienrates Moeller sind alsdann erneute Verhandlungen wegen einer Regulierung der das Moeller'sche Grundstück ungünstig schneidenden Gemeindegrenze zwischen Steglitz und Friedenau aufgenommen worden, die zu dem Ergebnis geführt haben, dass eine befriedigende, grundsätzliche Regulierung der Grenzen sowohl im Südwesten von Friedenau wie auch auf dem Möller'schen Grundstücke herbeigeführt werden kann. Es wird hierbei vorgeschlagen, die drei zur Zeit zur Hälfte nach Steglitz gehörenden Parzellen des Moeller'schen Besitzes in der Fregestraße nach Friedenau einzugemeinden, während entsprechende Flächen auf der südwestlichen Seite von Friedenau nach Steglitz abgetreten werden sollen. Die hierbei abzugebende Fläche beträgt ca. 1166 qm Bau und Vorgartenland und 700 qm Straßenland, die in Friedenau einzugemeindende Fläche dagegen ca. 1123 qm Bau- und Vorgartenland und ca. 440 qm Straßenland.“
Eine Einigung wurde nicht erzielt. 1907 verließ der 67-Jährige mit seiner Familie Friedenau und zog nach Charlottenburg, Kurfürstendamm Nr. 213. Am 12. November 1911 ließ Ehefrau Bertha Moeller im Namen der Hinterbliebenen wissen, dass „heute Abend mein lieber Mann, unser guter Vater, Schwiegervater, Großvater, Schwager und Onkel der Fabrikbesitzer Hugo Moeller, Königl. Preussischer Kommerzienrat, Ehrenbürger der Gemeinde Friedenau, sanft im 72. Lebensjahr verschied“. Die Friedenauer erfuhren aber auch, dass „die Beerdigung am Donnerstag, den 16. November, nachmittags 3 Uhr von der Kapelle des Friedenauer Kirchhofes aus stattfindet.
Überlassen wir dem „Friedenauer Lokal-Anzeiger“ den Schluss:
„Zu Grabe getragen wurde gestern Nachmittag auf dem hiesigen Friedhofe die sterbliche Hülle unserer Gemeindeältesten Kommerzienrats Hugo Moeller. Reich mit Kränzen und Palmenzweigen bedeckt war der Sarg in der Friedhofskapelle aufgebahrt. Nachdem hier ein Gesangschor einen Choral gesungen, hielt Pfarrer Görnandt die Gedächtnisrede, in der er den leutseligen, edlen Charakter des Verstorbenen, sowie dessen Verdienste um Friedenau in kommunalpolitischer wie kirchlicher Beziehung hervorhob. Nachdem wieder ein Choral gesungen war setzte sich der Trauerzug nach der Gruft zu in Bewegung. Es folgten dem Sarge die Herren des Gemeindevorstandes und der Gemeindevertretung, an der Spitze Bürgermeister Walger, ferner die Vertreter des Gemeindekirchenrates und der kirchlichen Gemeindevertretung, eine Abordnung des Friedenauer Männer-Turnvereins sämtlich mit prachtvollen Kränzen, einige Gemeindebeamte, Abordnungen der Beamten und Arbeiter aus dem Fabrikbetriebe des Verewigten, mit Fahnen und Kränzen. Unter dem Geläut der Kirchenglocken, die der Verblichene einst gestiftet hatte, wurde der Sarg in die Gruft gesenkt. Friedenau wird seinem Ehrenbürger «in ehrendes Gedenken bewahren. Er ruhe sanft in Friedenauer Erde!“