Buchenwald-Glocke von Wademar Grzimek

Waldemar Grzimek (1918-1984)

Görresstraße Nr. 21

 

Die meisten biographischen Beschreibungen über Waldemar Grzimek beginnen mit dem Jahr 1930, als er im Alter von 12 Jahren für seine Plastik einer ‚Skyeterrier-Gruppe‘ den ersten Preis auf einer Berliner Hundeausstellung gewann. Aufsehen erregte der 15-Jährige 1933 mit seinen Plastiken auf einer Ausstellung in der Akademie der Künste. Ausgestellt wurden ein ‚Nashorn‘, ein amerikanischer ‚Büffel‘ sowie die ‚Skizze des Kopfes seines Vaters‘. Der Bildhauer Richard Scheibe (1879-1964), der seit 1934 an der ‚Hochschule für bildende Künste Berlin‘ lehrte, soll damals privates Interesse am Kauf der Nashornplastik geäußert haben.

 

Nach der Schulzeit begann er 1937 eine Steinmetzlehre bei der Firma Philipp Holzmann in Berlin. Nach Fusion der „Hochschule für die Bildenden Künste“ mit der „Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums“ zur Vereinigten Staatsschule für freie und angewandte Kunst (Hochschule für die Bildenden Künste) begann Grzimek 1939 ein Studium bei Bildhauer Wilhelm Gerstel (1879-1963). Er machte die Bekanntschaft mit den Bildhauern Gerhard Marcks (1889-1981), Fritz Cremer (1906-1993), Gustav Seitz (1906-1969) und soll außerhalb der Schule Ratschläge durch Richard Scheibe erhalten haben.

 

Der Meisterschüler bei Wilhelm Gerstel wurde 1941 zur Marine eingezogen, erhielt allerdings 1942 den Rompreis, dem ein Studienurlaub in der Villa Massimo folgte. 1945 kehrte Grzimek nach Berlin zurück. 1946 wurde er Lehrer einer Bildhauerklasse an der Kunstschule Burg Giebichenstein. 1948 erfolgte die Berufung als Professor an die Hochschule für Bild. Künste  Berlin-Charlottenburg. Nachdem er sich an der vom Deutschen Künstlerbund initiierten Korea-Ausstellung beteiligt hatte, wurde Grzimek 1951 von der Hochschule entlassen.

 

Richard Scheibe, der nach 1945 bis zu seiner Emeritierung an der Hochschule lehrte, war nach dem Zweiten Weltkrieg in die Deidesheimer Straße Nr. 23 gezogen. Ganz in der Nähe hatte er in der Görresstraße Nr. 21 sein Atelier. Bei Wikipedia heißt es, dass der Maler, Grafiker, Designer und Bildhauer Otmar Alt (geboren 1940) zwischen 1964 und 1966 Meisterschüler bei Hermann Bachmann war. Der junge Künstler bezog mit Waldemar Grzimek ein Atelier in der Görresstraße, das zuvor dem Bildhauer Richard Scheibe gehört hatte. Es wird wohl eher zutreffen, dass Otmar Alt dazu kam, da Richard Scheibe (Grzimek) sein Atelier zur Verfügung stellte.

 

1956 trat Waldemar Grzimek an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee eine Professur für bildende Kunst an. In der Stalinallee Nr. 284 bekam er eine Bildhauerwerkstatt. Dort entstand wohl auch sein Entwurf für die auf der Oberfläche mit Stacheldraht-Reliefs überzogene Glocke im Turm der Nationalen Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald auf dem Ettersberg, für die der Bildhauer Fritz Cremer auch die monumentale Skulpturengruppe entwarf. Im Gegenzug erhielt Grzimek die Aufträge für die Skulpturen der am 23. April 1961 eröffneten Gedenkstätte Sachsenhausen sowie die lieblichen Bronze-Skulpturen, Schwimmerin, Hockende, Kleine Stehende, Ruhender Tänzer, Kellnerin, Keiler, für den Wohnsitz des SED-Politbüros in Wandlitz.

 

Am Tag des Mauerbaus 1961 hielt sich Waldemar Grzimek zufällig in West-Berlin – und blieb. Geschadet hat es ihm nicht. Ihm gelang als Bildhauer das Kunststück, in Ost und West gleichermaßen Karriere zu machen.