Es stand im Friedenauer Lokal-Anzeiger vom 10. November 1909: Die Straße 13, Verbindungsstraße zwischen Laubacherstraße und Südwestkorso (am Friedhof) hat den Namen ‚Offenbacherstraße‘, die Straße 14, Verbindungstraße zwischen Laubacherstraße und Südwestkorso (nahe Taunusstraße) den Namen ‚Deidesheimerstraße‘ und der Teil der Rheingaustraße zwischen Varziner- und Fehlerstraße den Namen ‚Kreisauerstraße‘ erhalten. Die Offenbacher Straße, benannt nach der Stadt Offenbach am Main, überquert die Laubacher Straße und damit die Gemarkungsgrenze zwischen den Ortsteilen Friedenau und Wilmersdorf. So kommt es, dass Nr. 1 bis 5A und Nr. 25 bis 31 zu Friedenau und Nr. 6 bis 24 zu Wilmersdorf gehören, und so kommt es auch, dass die Offenbacher Straße im Berliner Adreßbuch über Jahrzehnte zweigeteilt unter Friedenau und Wilmersdorf auftaucht.
Offenbacher Straße Nr. 1
Bruno Schneidereit & Max Pechstein in Friedenau
Am 7. Juli 1909 meldete der Friedenauer Lokal-Anzeiger, daß der Architekt Schneidereit, welcher das Grundstück Stubenrauchstraße Ecke Straße 13 (Offenbacher Straße Nr.1) erworben hat, dasselbe mit einem Wohnhaus bebauen will. Da das Grundstück in der Bauklasse A liegt, in der die Gebäude an der Nachbargrenze einen Abstand von indestens 5 Meter (Bauchwich) von der Nachbargrenze halten müssen und derselbe an unseren Gemeindefriedhof angrenzt, hat der Eigentümer den Antrag gestellt, die Gemeinde wolle mit ihm an der gemeinsamen Nachbargrenze Giebelgemeinschaft im Sinne des § 52 der Bauordnung vom 28. Mai 1907 machen und gemäß der Vorschriften der Ziffer 8e des angezogenen Paragraphen eine entsprechende Eintrgaung in dem Grundbuche des Gemeindefriedhofsgrundstücks vornehmen lassen.
In der Sitzung der Gemeindevertretung am 8. Juli 1909 berichtet Baurat Altmann über den Antrag des Architekten. Herr Schneidereit wünscht, daß er den vorgeschriebenen Bauwich nicht anlegen brauche und erklärt sich bereit, grundbuchlich entsprechende Eintragungen vornehmen zu lassen.
Nachdem Baurat Altmann an einer Zeichnung die Lage des Grundstücks erläutert hat, stimmt man dem Antrage des Herrn Schneidereit unter folgenden Bedinungen zu: Die architektonische Ausgestaltung der Fassade hat nach den Angaben des Bauamtes zu erfolgen; der Giebel ist architektonisch auszugestalten; die Anpflanzung an der freibleibenden Ecke hat nach den Angaben der Gemeinde zu geschehen; an die Gemeinde ist eine einmalige Entschädigung von 1000 Mark zu zahlen; Herr Schneidereit verzichtet darauf, jemals eine Nebenanlage oder ähnliches auf seinem Grundstücke zu errichten und übernimmt auch die durch die grundbuchliche Eintragung notwendig werdenden Kosten.
Die erste Beschreibung über das Anwesen stammt vom Kunstkritiker Paul Fechter: Max Pechstein hatte Wohnung und Atelier in der Offenbacher Straße in Friedenau, dicht am Südwestkorso. Die Rückseite des Hauses stieß an den Friedhof, so dass wir nachmittags immer die Beerdigungsmusik, die von unten heraufscholl, bei unseren Unterhaltungen mitgenießen konnten. Pechstein gibt Details preis: In der Offenbacher Straße 1 in Friedenau hatte ich mir ein damals verbotenes Dachatelier eingerichtet, das ich freilich nur mit dem Notwendigsten versehen konnte. Ich hatte in diesem einen Raum die Wände mit Nessel bespannt und ringsherum von oben bis unten mit Stoff-Farben bemalt, so dass das Fehlen der Möbel kaum auffiel.
Ein andermal, es war wohl 1912 oder gar schon 1913, war Pechstein nach längerer Abwesenheit aus Italien zurückgekehrt, und wir beschlossen, das Wiedersehen festlich zu begehen. Er hatte nicht nur eine Fülle von Bildern und herrlichen Aquarellen mitgebracht, sondern eine riesige Korbflasche vino nero, ein Gebinde, das wohl dreißig bis fünfzig Liter enthielt. Er hatte sein Atelier in einen Festraum verwandelt: über ein paar Böcke war ein riesiges langen Zeichenbrett gelegt; das diente in Ermangelung eines entsprechend großen Tischtuchs, sorgfältig mit schönem, sauberen Pergamentpapier bespannt, als Festtafel, in deren Mitte ein riesiger Schweinebraten prangte.
Statt der in der Einrichtung der Offenbacher Straße noch fehlenden Weingläser stand bei jedem Platz ein großes Wasserglas; eine riesige gläserne Kanne wurde unter Assistenz der Gäste, wenn sie geleert war, nicht ohne schwere körperliche Anstrengung aus der am Boden stehenden Korbflasche neu gefüllt. Der Abend wurde wahrhaft dionysisch und mehr als das. Wir begannen nicht, wie es vernünftig gewesen wäre, mit dem Braten, wir begannen mit dem vino nero, und zwar aus Wasser-, nicht aus Weingläsern, dass heißt, wir tranken ihn wie Wasser. Die Wirkung war dementsprechend. Ich sehe noch wie durch einen Nebel (Kunsthistoriker) Eduard Plietzsch, sein Glas hoch erhoben, zu Füßen von Frau Pechstein knien und sie beschwören, doch das ‚schöne, wilde Weib‘ zu sein: Frank Wedekind beherrschte damals noch ziemlich intensiv unsere Gemüter, in Sonderheit wenn der Alkohol die Fesseln der Ratio sprengte. Pechstein hatte ein Bedürfnis zu tanzen, was einigen Gipsabgüssen, eigenen wie fremden, das Leben kostete: sie kamen bei den nicht mehr ganz vom sicheren Rhythmus beherrschten, lebhaften Bewegungsvorgängen im Atelier von Schränken und Tischen herunter und zerschellten am Boden. Ich hatte mich, von den Erzeugnissen des italienischen Weinbaues völlig überwältig, in die Stille einer Ecke zurückgezogen: erst gegen Ende des Festes erwachte ich zu neuem Lebe und ergab mich mit erholten Kräften den Freuden und Genüssen der Nacht, die nicht die einzige ihresgleichen bleiben sollte.
Die Pechsteins Unterkunft in der Offenbacher Straße Nr. 1 war illegal – und taucht daher unter seinen Berliner Wohnorten in keinem Berliner Adreßbuch auf. Geblieben vom Dachatelier ist allerdings seine Wanddekoration – im Depot der Nationalgalerie.
Ausführliches Material zu „Bruno Schneidereit & Max Pechstein in Friedenau“ finden Sie unter dem Menüpunkt „Baumeister“.
Offenbacher Straße Nr. 3
Ernst Paul Weise (1880-1981)
Es hat einige Jahre gedauert, bis sich Ernst Paul Weise für eine Berufsbezeichnung entschieden hatte. Als er 1911 in die Offenbacher Straße Nr. 3 einzog, nannte er sich Porträtmale“, später Kunstmaler und schließlich Werbegraphiker. Angefangen hatte es mit der Maschinenfabrik Carl Flohr, die 1898 einen hydraulischen Lift für das Berliner Stadtschloss baute und schließlich 1926 mit dem Fahrstuhl im Funkturm zum führenden Aufzughersteller in Deutschland wurde. Weise entwarf das bis heute bekannte Flohr-Logo. Nächster Auftraggeber war die Elektrotechnische Fabrik Paul Schmidt, die eine Trockenbatterie entwickelt hatte. Weise kreierte 1924 dafür den kursiven Schriftzug Daimon..
Nachdem der überzeugte Nationalsozialist Albert Schmierer die Löwen-Apotheke in Freudenstadt gekauft und 1935 zum Reichsapothekerführer ernannt wurde, startete er 1936 einen Wettbewerb für ein neues Apotheken-Logo. Den ersten Preis gewann Weise. Er setzte auf einen weißen Grund ein großes gotisches A in gebrochener Grotesk-Schrift, füllte es mit Rot aus und platzierte am unteren Rand des linken A-Standbeins ein weißes Kreuz mit vier gleichen Armen. Wegen der Ähnlichkeit mit dem Schweizerkreuz wurde der Entwurf verworfen und dieses Symbol durch die zeitgemäße Lebens-Rune ersetzt. Ab 1937 galt das Apotheken-A als reichseinheitliche Kennzeichnung von Apotheken.
Nach der NS-Zeit geriet das Runenzeichen in Verruf. Ersatz wurde gesucht, natürlich unverfänglich und mit großem Wiedererkennungswert für das große rote A. Das lieferte der Graphiker Fritz Rupprecht Mathieu. Auf dem Apothekertag in Düsseldorf präsentierte er 1952 seine Änderung: Ein Schalenkelch mit einer sich darum windenden Äskulapschlange. Ganz neu war das auch nicht, denn das Symbol war schließlich vorher das Zeichen der Apothekenkammer Nordrheinprovinz in der britischen Besatzungszone gewesen. Es blieb beim Kelch-Schlange-Symbo mit dem roten Apotheken-A. Einmalig ist es ohnehin, denn das rote Apotheken-A ist nur in Deutschland üblich. International sind Apotheken an einem grünen Kreuz zu erkennen.
In den 1930er Jahren gab Ernst Paul Weise gab Wohnung und Atelier in der Offenbacher Straße Nr. 3 auf und zog nach Dahlem in das Haus Breitenbachplatz Nr. 12, wo er bis zu seinem Tod im Jahr 1981 lebte. Nach dem Zweiten Weltkrieg soll er als Illustrator für Lehrbücher beim Ostberliner Verlag Volk und Wissen tätig gewesen sein. Noch vor Gründung der DDR am 7. Oktober 1949 entwarf er für die Deutsche Post gemeinsam mit dem Graphker Felix Jacob mit 75 Jahre Weltpostverein die erste Briefmarke der DDR. Am 14. Juni 1950 folgte dann (wieder gemeinsam mit Jacob) eine Serie zum 200. Todestag von Johann Sebastian Bach. Der künstlerische Nachlass von Ernst Paul Weise wird von der Kunstbibliothek Staatliche Museen zu Berlin verwaltet.
Offenbacher Straße Nr. 4 & Nr. 5
Die Grundstücke Offenbacher Straße Nr 4 & Nr. 5 hatten die Architekten Benno Fedtke und Hugo Herfort 1910 erworben. Am 2. August 1911 erteilte Gemeindebaurat Hans Altmann die baupolizeiliche Genehmigung – inklusive Bepflanzungsplan für Vorgarten und Entwurf für Vorgartenzaun. 1914 waren die beiden Miethäuser bezogen, vor allem von Kunstmalern und Bildhauern. Ein Blick vom Friedhof Stubenrauchstraße auf die Rückseite des Hauses erklärt (teilweise) bis heute den Grund. Fedtke & Herfort hatten auf der nach Norden ausgerichteten Front einige große Fenster für Ateliers eingesetzt.
Alfred Bürkner hat bereits 1996 in seinem Standardwerk Friedenau darauf hingewiesen. Hier lebten und arbeiteten u. a. die Maler Bruno Richter, Adolf Krause, Heinrich Dahmen, Heinrich Wilke, Hanns Schäfer, die Bildhauer Karl Kuhl, Mathias Schumacher, Richard Scheibe, Wolfgang. Schwarzkopf, Erich Schmidt-Kestner, Hans Haffenrichter, Gerhard Marcks, Karl Möbius, Max Ziegler, Hermann Feuerhahn, Ursula Hanke-Förster. Erinnert sei auch an den Bildhauer Gerson Fehrenbach, der viele Jahre in der Offenbacher Straße Nr. 5 sein Atelier hatte und 2004 nebenan auf dem Friedhof Stubenrauchstraße seine letzte Ruhe fand.
Erstaunlich ist, daß in der reichlich erschienenen Friedenau-Literatur der letzten vier Jahrzehnte wenig bis nichts über dieses Künstlerhaus und seine Bewohner geschrieben wurde. Nachfolgend finden Sie einige Berichte zu ausgewählten Künstlern.
Offenbacher Straße Nr. 4
Paul Mersmann (1903-1975)
Die Geschichte mit dem Auerochsen am Alboinplatz ist kurios. Im Rahmen des Künstler-Notstandprogramms erhielt der Bildhauer Paul Mersmann (der Ältere) den Auftrag für ein Monument und dazu etliche Kubikmeter Abbruchgestein aus den Rüdersdorfer Muschelkalkbrüchen. Im Prinzip ging es bei dieser Aufgabe um eine in der Antike angewandte Technik des Zusammensetzens von Einzelsteinen – eine unerprobte Technik. Die Skulptur entstand zwischen April 1934 und Dezember 1936. In Bildhauerei in Berlin scheibt Susanne Kähler: Die Ausführung des Denkmals lag bei Mersmann selbst und einem Gehilfen namens Simon sowie ungelernten Arbeitskräften. Die Skulptur hat eine Länge von neuen Metern, eine Höhe von sechs Metern und besteht einschließlich aus über 3000 kleinen miteinander verfugten geglätteten Quadern aus Rüdersdorfer Kalkstein. Kaum eingeweiht, sollte der Auerochse wieder verschwinden.
Am 28. April 1938 beschied der Oberbürgermeister der Reichshauptstadt Berlin dem Bildhauer Paul Mersmann, wohnhaft in der Offenbacher Straße 5 zu Friedenau: Auf Grund der dringenden Aufforderung der Reichskammer der bildenden Künste sehe ich mich gezwungen, das von Ihnen auf dem Alboinplatz geschaffene Bildwerk wieder abbauen zu lassen. Gründe wurden nicht geliefert. Das Monument blieb. Nach Beseitigung der Kriegsschäden im Herbst 1960 erfolgte zwischen 2003 und 2005 eine umfangreiche Restaurierung.
Offenbacher Straße Nr. 5
Das Künstlerhaus
Die Grundstücke Offenbacher Straße Nr 4 & Nr. 5 hatten die Architekten Benno Fedtke und Hugo Herfort 1910 erworben. Am 2. August 1911 erteilte Gemeindebaurat Hans Altmann die baupolizeiliche Genehmigung – inklusive Bepflanzungsplan für Vorgarten und Entwurf für Vorgartenzaun. 1914 waren die beiden Miethäuser bezogen, vor allem von Kunstmalern und Bildhauern. Ein Blick vom Friedhof Stubenrauchstraße auf die Rückseite des Hauses erklärt (teilweise) bis heute den Grund. Fedtke & Herfort hatten auf der nach Norden ausgerichteten Front einige große Fenster für Ateliers eingesetzt.
Alfred Bürkner hat bereits 1996 in seinem Standardwerk Friedenau darauf hingewiesen. Hier lebten und arbeiteten u. a. die Maler Bruno Richter, Adolf Krause, Heinrich Dahmen, Heinrich Wilke, Hanns Schäfer, die Bildhauer Karl Kuhl, Mathias Schumacher, Richard Scheibe, Wolfgang. Schwarzkopf, Erich Schmidt-Kestner, Hans Haffenrichter, Gerhard Marcks, Karl Möbius, Max Ziegler, Hermann Feuerhahn, Ursula Hanke-Förster. Erinnert sei auch an den Bildhauer Gerson Fehrenbach, der viele Jahre in der Offenbacher Straße Nr. 5 sein Atelier hatte und 2004 nebenan auf dem Friedhof Stubenrauchstraße seine letzte Ruhe fand.
Karl Möbius (1876-1953)
Karl Möbius war der deutsche Kolonialbildhauer. Er wohnte und arbeitete von 1913 bis zu seinem Tod 1963 in diesem Haus. Sein Lieder-Brunnen von 1939, auf dessen Stele ein Soldat mit Akkordeon sitzt, und dessen Reliefs mit Titeln deutscher Heimat- und Soldatenlieder versehen waren, wurden vor dem Einzug der Forces Françaises à Berlin weggemeißelt. Im Volkspark Wilmersdorf existiert noch der Speerwerfer von 1921. Die Bronzeskulptur auf einem Muschelkalksockel wurde 1944 eingeschmolzen und 1954 durch einen Neuguss ersetzt.
Karl Möbius wird der deutsche Kolonialbildhauer genannt. Seine Werke haben diese Zeit nicht überlebt. Was in Berlin geblieben ist, kann der Kolonialzeit nicht (direkt) zugeschreiben werden: Der Lieder-Brunnen (1936-39) auf dem Gelände der Julius-Leber-Kaserne, auf dessen Stele ein Soldat mit Akkordeon sitzt. Die Reliefs waren einst mit Titeln deutscher Heimat- und Soldatenlieder versehen, Die Vöglein im Walde, Die Trommel schlug zum Streit, Steige hoch du roter Adler. Vor dem Einzug der Forces Françaises à Berlin wurden diese 1945 ausgemeißelt. Schließlich existiert noch der Speerwerfer (1921) im Volkspark Wilmersdorf, eine Bronzeskulptur auf einem Muschelkalksockel, die 1944 eingeschmolzen und 1954 durch einen Neuguss ersetzt wurde.
Hans Haffenrichter (1897-1981)
Hans Haffenrichter gehörte von 1933 bis 1945 zu den guten Kunden der Bildgießerei Hermann Noack. Sein Name steht auch in der Künstlerliste – allerdings ohne jegliche Erklärung. Das ist schwach. Bei Noacks wird über die Nazizeit cht so viel gesprochen. Dabei ließ sich die Firma in der Fehlerstraße Nr. 8 in der Zeitschrift Die Kunstkammer im April 1936 auf dem Titelbild mit Haffenrichters Bronzebüste von Adolf Hitler feiern. 1937 folgte der eigene Werbeprospekt Hoheitszeichen von Prof. Haffenrichter/Aluminiumguß.
Selbst München bekennt, dass das Haus der Deutschen Kunst der Demonstration nationalsozialistischer Kunstpolitik diente und zu deren maßgebenden Institution wurde. Nach Recherchen von Herbert Henck soll Haffenrichter während des Dritten Reiches allein 87 Bronzearbeiten bei der Berliner Gießerei Noack in Auftrag gegeben haben. Die auf ihren unbescholtenen Namen bedachte Firma befördert allerdings mit ihrer Geschichtsklitterung Webseiten wie www.sammlung-pabst.org, die allein das Augenmerk auf vergessene Künstler wie den Bauhaus-Schüler Hans Haffenrichter richtet, oder problematische Ausführungen auf www.haffenrichter.de.
1936 übernahm Haffenrichter das ehemalige Atelier des Bildhauers Johannes Goetz in der Wilhelmstraße Nr. 6 (Görresstraße). Als das Gebäude in den 1930er Jahren durch einen Neubau ersetzt wurde, mietete er 1937 das Atelier in der Offenbacher Straße Nr. 5. Zur Bildgießerei von Noack in die Fehlerstraße Nr. 8 soll er den Weg über den Friedhof genommen haben. Zu den Großen Deutschen Kunstausstellungen in München schickte er Werke, die nur zu einem geringen Teil offene nationalsozialistische Propaganda zeigten: 1939 die Bronzen Schneeleopard, Persischer Leopard, Sibirischer Tiger (1939), Johann Sebastian Bach, Brauner Bär I, Brauner Bär II (1941).
Bereits 1943/44 stellte Haffenrichter die Weichen für die Zeit danach und arbeitete als wissenschaftlicher Zeichner am Kaiser-Wilhelm-Institut. Nach Kriegsende war er dann Kunsterzieher am Information-and-Education-Center der US-Armee in Heidelberg und später Kunstlehrer an der Werkkunstschule in Wiesbaden. Es folgten Aufträge der Industrie für Glasfenster und Glasmosaiken. 1961 zog er sich nach Hittenkirchen an den Chiemsee zurück, wo er 1981 verstarb.
Zwei Jahrzehnte danach testet der Kunsthandel Haffenrichters Marktwert. „Ketterer Kunst München“ offerierte auf den Auktionen vier seiner Arbeiten: Figurine Ritter (1923) und Knospenrythmus (1931) sowie Leuchtend Rot mit zartgrüner Struktur (1968) und Zeichen auf leuchtend Blau (1964), www.kettererkunst.de. Obwohl das Auktionshaus in der Objektbeschreibung dazu Bauhaus, Klee, Kandinsky, Muche und Feininger heranzieht, hatten die erzielten Ergebnisse nicht so viel eingebracht wie erwartet.
Gerhard Marcks (1889-1981)
Man hat mich als Expressionisten gelten lassen, als Entarteten gebrandmarkt, als Klassizisten beiseite gelegt und als Realisten wieder hergeholt. Kürzer und prägnanter hätte Gerhard Marcks seine Autobiographie nicht formulieren können. Geistige Freiheit und künstlerische Autonomie – das machen ihn als Künstler und Mensch so sympathisch.
Als er mit dem Versuch, sich die bildhauerischen Techniken autodidaktisch anzueignen, an Grenzen geriet, suchte er die Ateliergemeinschaft mit dem älteren Bildhauer Richard Scheibe. Nach sechs Jahren war es mit Anatomie- und Aktsudien genug, Gerhard Marcks legte sich in der Offenbacher Straße Nr. 5 ein eigenes Atelier für seine Stehenden, Liegenden oder Sitzenden zu.
1919 wird Gerhard Marcks als Lehrer an das (frühe) Weimarer Bauhaus gerufen. Er übernahm die Keramik-Werkstatt im Marstall der Dornburger Schlösser: Architekten, Bildhauer, Maler, wir alle müssen zum Handwerk zurück. Als Gropius aber die Direktive Kunst und Technik mit der Industrie als bestimmene Kraft proklamierte und die Dornburger Werkstatt als Töppchendreherei verspottet wurde, ging Marcks auf Distanz. Mit dem Berufsbeamtengesetz wurde er 1933 entlassen. 1937 wurden aus dem Museum Folkwang Essen seine Skulpturen entfernt.
Mit Einschreiben vom 17. Dezember 1937 teilte ihm der Landesleiter Berlin der Reichskammer der bildenden Künste mit: Laut Angabe der Buch- und Kunsthandlung Karl Buchholz, Berlin W 8, Leipziger Straße 119/120, sind Sie Besitzer nachstehend genannter Werke, die bei einer Sichtung der Ausstellung und des Lagers der Firma Buchholz durch den Herrn Reichsbeauftragten für künstlerische Formgebung beanstandet wurden: Das grosse Tuch (Bronze), Demeter (Bronze), Kleine Sitzende (Bronze), Kleiner Reiter (Bronze), Johannes (Bronze), Ringer (Bronze), Jolo (Bronze), Tanzende Schwestern (Bronze), Katharina (Bronze), Angela (Bronze), Kleine Barbara (Bronze), Große Barbara (Zement), Kinderkopf (Zement), Großer Jüngling (Gips), Selena (Stein), 11 Zeichnungen, Saalemärchen (Holzschnitt), 1 Mappe unverkäufliche Zeichnungen. Auf Ersuchen des Herrn Präsidenten der Reichskammer der bildenden Künste teile ich Ihnen mit, dass diese Werke nicht mehr ausgestellt werden dürfen. Gezeichnet: Heinz Lederer, Landesleiter Berlin.
Nach der NS-Zeit tat sich Deutschland mit dem politisch unbelaseten Gerhard Marcks schwer. Er entschloß sich schließlich für die Kunsthochschule in Hamburg. 1949 erhielt der Altmeister der figürlichen Plastik die Goetheplakette der Stadt Frankfurt am Main. 1955 wurde er Mitglied der Berliner Akademie der Künste. Erst zu seinem 90. Geburtstag fand es die Bundesrepublik Deutschland 1979 angemessen, ihm das Große Verdienstkreuz zu verleihen. Zwei Jahre später ist er 1981 verstorben.
Am prominentesten sind wohl seine Bremer Stadtmusikanten vor dem Rathaus der Hansestadt. Für Bremen entstand 1966/67 auch die Skulptur Der Rufer. Zwei Jahrzehnete später kam eine private Stiftung auf die Idee, 1989 einen Nachguss des Rufers auf den Mittelstreifen der Straße des 17. Juni zu stellen – mit Blick auf die Mauer vor dem Brandenburger Tor. Dieser – politisch motivierter Rufer – ist nur noch einfältig.
Gerson Fehrenbach (1932-2004)
Skulpturen gehören auf dem kommunalen Quartiersfriedhof Stubenrauchstraße in die Kategorie Rarität. Auch deshalb macht die Skulptur in der Abteilung 13 Grabnummer 372 neugierig. Wie so oft denkt man an Robert Musil, der einst mit dem Vorschlag aufwartete, der Kunst im öffentlichen Raum bewährte Aufschriften zu verpassen, weil Bildhauer, wie es scheint, leider nicht unser Zeitalter des Lärms und der Bewegung verstehen. Nachdem man die namenlose Skulptur genauer betrachtet und auf dem Sockel die Inschrift Gerson Fehrenbach,. Bildhauer, 18.2.1932 – 20.11.2004 gelesen hat, erinnert man sich vage an die nicht unähnliche bronzene Hofgartensäule in Riehmers Hofgarten (1986) und auch an seine Arbeiten im Skulpturenpark des Max-Delbrück-Centrums in Buch. Die Entwürfe dafür entstanden gleich gegenüber im Atelier von Gerson Fehrenbach in der Offenbacher Straße Nr. 5.
Der gelernte Holzbildhauer Gerson Fehrenbach zog mit 22 Jahren aus dem badischen Villingen 1954 nach Berlin und studierte an der Hochschule der Künste. Alsbald gehörte er zu den produktivsten Bildhauern von Berlin (West). Da Bonn bemüht war, das Leben in der geteilten Stadt angenehmer zu machen, initiierte der Senat das Programm Kunst im Stadtraum. Fehrenbach hat während der Mauerjahre Berlin (West) regelrecht möbliert.
Gerson Fehrenbach schuf Denkmale für das Natur- und Grünflächenamt, für den Hof der Wasserschutzpolizei, für den Innenhof des Arbeitsamtes, für die DRK-Wohnanlage, für den Aussichtsberg Britz Garten, für den Rathausvorplatz und den Parkfriedhof in Tempelhof – mal in Bronze, mal in Stein, mal in Beton. Es könnte sein, daß damals nach dem Verhältnis zwischen Kunstwerk und Raum nicht viel gefragt wurde. Nun sind die Werke einmal da und für Interessierte auf der Webseite www.bildhauerei-in-berlin.de einigermaßen dokumentiert.
Offenbacher Straße Nr. 5a
III. Gemeindeschule Friedenau
Die Doppelschule auf dem Grundstück Offenbacher Straße 5A an der Ecke Laubacher Straße wurde 1913/14 als III. Gemeindeschule Friedenau für Knaben und Mädchen nach Plänen von Gemeindebaurat Hans Altmann erbaut.
Die Anlage aus rotem Sichtziegelmauerwerk und reichlichem Terrakotta-Bauschmuck besteht aus zwei dreigeschossigen, winkelförmig zueinander angeordneten Baukörpern, die durch ein Brückenbauwerk miteinander verbunden sind. Der Südflügel an der Offenbacher Straße ist im Grundriss zweibündig; nach Süden orientiert sind die Klassenräume sowie die beiden Treppenhäuser an den Giebeln im Westen und im Osten, nach Norden die beiden Turnhallen sowie die Aula, die alle übereinander angeordnet sind. Eine Segmentbogentonne überwölbt die mit einer Bühne und einer Empore ausgestattete Aula. Diese ist weitgehend original erhalten, die Tonnendecke und die Emporenbrüstung sind reich dekoriert. Im ersten Obergeschoss schwingt sich das Brückenbauwerk auf einem Rundbogen vom Süd- zum Nordflügel und verbindet im ersten und zweiten Obergeschoss - sowie im dritten Obergeschoss als Terrasse - die beiden Flügel. Auch der Nordflügel ist im Grundriss zweibündig angelegt, die Klassenräume sind nach Westen zum Sportplatz und nach Osten zum Friedhof an der Stubenrauchstraße orientiert. Auch in diesem Flügel sind zwei Treppenhäuser an den Giebeln im Norden und im Süden angeordnet.
Im Nordflügel befindet sich im dritten Obergeschoss eine weitere, kleine Aula. Die beiden dreigeschossigen Bauten auf hohem Souterrain mit steilen Walmdächern sind als Pfeilerbauten ausgeführt. Je drei Fensterachsen belichten einen Klassenraum, je drei Achsen sind zu einem Risalit oder zu einer Rücklage zusammengefasst. Die Hauptfassaden des Nordflügels werden durch drei um ein Geschoss überhöhte Risalite gegliedert, die mit steilen Giebeln bekrönt sind, und die Schmalseiten durch einen überhöhten Risalit und Giebel betont.
Die Hauptfassaden des Südflügels werden ebenfalls durch Eckrisalite gegliedert. Die Nordfassade wird durch sechs Giebel, hinter denen die Aula liegt, rhythmisiert, die Südfassade jedoch nur durch zwei Giebel bekrönt und durch zwei Erker belebt. Im Erdgeschoss befinden sich neben den Treppen zwei rundbogige Eingangsportale mit Kindergruppen aus Terrakotta an den Portalgewänden sowie mit Kinderköpfen aus Terrakotta an den Archivolten. Die Terrakotten stammen von dem Bildhauer Bernhard Butzke. An der Ostseite des Südflügels ist eine halbrunde Terrakotta-Platte mit der Inschrift "Erbaut im Jahre 1913" eingelassen.
Das Charakteristische ist die Klinkerbauweise mit glasierter Keramik, wie sie in Berlin selten zu finden ist. Der angesehene Architekt und Baumeister hatte damals nur drei Bauten in dieser Weise verwirklicht. Eine Besonderheit ist der aus Keramik gefertigte Bogenpfeiler am Haupteingang. Zu dem gesamten Gebäudekomplex gehört auch die Urnenhalle des angrenzenden Friedhofes. Die an den Fassaden befindlichen Keramikarbeiten sind in Handarbeit von den Bildhauern Kuhl und Butzke angefertigt worden. Ein Gedenkstein befindet sich im Seiteneingang der Schule.
Das Turngerätehaus an der Ecke Laubacher Straße/Fehlerstraße ist ein eingeschossiger, winkelförmiger Bau nach Plänen von Altmann. An der Ecke erhebt sich auf einem hohen Souterrain ein eingeschossiger Rundbau auf ovalem Grundriss aus rotem Sichtziegelmauerwerk, zu dem eine leicht gebogene Freitreppe hinaufführt und der mit einem Mansarddach gedeckt ist. Zur Ecke hin ist dem Mansarddach ein gebogener Quergiebel mit zwei Fenstern vorgesetzt. In beiden Straßen schließen sich walmdachgedeckte Holzbau-Seitenflügel mit vertikaler Holzverschalung an, die sich ursprünglich als Veranden zum Sportplatz hin öffneten und heute verglast sind. Quelle: Erwin Ehrenberg: Hans Altmann, Berlin 1927
Unmittelbar nach der Fertigstellung begann der Erste Weltkrieg. Aus dem Haus wurde ein Reserve-Lazarett für Verwundete. Erst ab Ostern 1919 konnte es als Schule genutzt werden. Im Zweiten Weltkrieg kam die Wehrmacht, im Frühjahr 1945 die Rote Armee und ab Sommer das US-Office of Military Govenment for Germany. Im April 1947 konnte das Gebäude erstmals als Schule genutzt werden.
1956 wurden die Schöneberger Schulen mit Namen nach Landschaften jenseits des Eisernen Vorhangs bedacht. Die Doppelschule bekam gleich zwei Namen: Ruppin-Grundschule und Bobertal-Oberschule. Ruppin bezog sich auf die Mark Brandenburg und die Ruppiner Schweiz. Mit Bobertal wurde an den Fluss Bober im ehemaligen Schlesien erinnert. 2009 verschwand der Name. Beide Gebäudeteile firmieren nun unter Ruppin-Grundschule. Geblieben ist das Turngerätehaus, das von der TSC Friedenau als Vereinshaus und Casino genutzt wird: Der Sportplatz gehört der TSC und wird von Verein und Schule gemeinsam genutzt.